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Popkultur

Lana Del Rey – Das Desperate Housewife der Popmusik…

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… Oder doch das American Dreamgirl?

Schaut man sich Interviews, Songs und Videos dieser (scheinbar) hochstilisierten Kunstfigur an, ist eine eindeutige Antwort nicht zu treffen – ob sie nun ein armes Trailerpark-Mädchen oder doch ein gut durchdachtes Konstrukt der Plattenindustrie ist, weiß letztendlich nur Elizabeth Woolridge Grant (so ihr bürgerliche Name) selbst. Fakt ist, dass sich Fans und Journalisten seit ihrem ersten Auftreten genau darüber den Kopf zerbrechen und Lana in ihren Aussagen über ihre Herkunft und Authentizität stets vage bis skurril bleibt.


Höre dir hier Lana Del Reys jüngstes Album Honeymoon an und lies weiter:


Wir wollen uns gar nicht anmaßen, den gordischen Knoten namens Lana Del Rey zu lösen, sondern werfen einfach einen Blick auf die Selbstinszenierung und die Bildsprache ihrer Veröffentlichungen. Danach kann sich jeder selbst eine Meinung bilden.

P.S.: Wir sehen jetzt mal von den Lizzy Grant Veröffentlichungen ab, die sie zuvor unter ihrem Spitznamen herausgebracht hat (als da wären Sirens (noch unter dem Pseudonym May Jailer) und Kill Kill).

Lana Del Rey a.k.a Lizzy Grant (2010)    

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LDR aka Lizzy Grant

Das 2010 erschienene Debüt wurde noch nicht so wahrgenommen, wie es spätere Veröffentlichungen vermochten. Das Cover zeigt sich denkbar einfach: Lana mit Platinblonden kurzen Haaren in einer gewagten Kombination aus schwarz-güldener Football-Jacke und silbernem Glitzer-Top vor beige-gelbem Hintergrund. Auch wenn Titel wie Raise Me Up (Mississippi South), Pawn Shop Blues oder Queen of the Gas Station auf die Americaness der Sängerin weisen, spielt dieses Cover noch nicht mit ihrem später so markanten Lolita-Look und ihrer kulturellen Verwurzelung in den USA.

Das Video zum Song Kill Kill deutet bereits in die Richtung ihrer nächsten Alben: collagenartige Super-8 Aufnahmen und mittendrin eine leidende, blumenbekräzte Lana, die von ihrer Liebe zu einem sterbenden Mann singt.

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Lana realisiert, dass sie einen sterbenden Mann liebt.

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Kurz darauf: Lana hoola hoopt sich aus dieser misslichen Situation.

Die leicht düstere Symbolik, die körnigen Footage-Schnipsel, sowie der Ausdruck ihrer gequälten Seele, kulminieren schließlich in ihrem Durchbruchsalbum Born To Die.

Born to Die (2012)         

Born to Die! Das muss man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen… dass ein wunderschönes Mädchen, in einem der reichsten Länder der Welt davon singt, geboren zu sein um zu sterben (was ja quasi unvermeidlich ist – wobei sich die meisten Menschen sich lieber auf die Zeit dazwischen fokussieren). Egal. Auf jeden Fall kommen zu diesem melancholischen Titel jetzt die Farben des Star-Spangled Banners hinzu: Ein roter BH blitzt unter der weißen Bluse hervor, der Himmel ist unnatürlich blau. Lana steht mit wallendem Haar und klimpernden Augen vor einem Gartenzaun mit traurigem Blick und gespitzten Schmolllippen, über deren Echtheit übermäßig viel spekuliert wurde.

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Das Cover zu Born to Die.

Bereits die erste Single Video Games lenkte die volle Aufmerksamkeit der Medien auf Lana Del Rey – plötzlich konnte man kein Musikmagazin aufschlagen oder eine Internet-Seite aufrufen, ohne dass einem Lanas Gesicht entgegen blickte und diverse Spekulationen über ihre Herkunft, Absichten, die Ästhetik ihrer Videos und schließlich auch über ihre Musik geäußert wurden. Video Games beginnt mit Uhrschlägen und Harfenklängen (offenbar einen Rückblick verdeutlichend, ähnlich wie in billigen Sitcoms) und der Song gibt sich langsam einer schweren Melancholie hin, die für Lana schließlich stilbestimmend wird. Devot singt sie „It’s you, it’s you, it’s all for you / Everything I do, I tell you all the time / Heaven is a place on earth with you” – dass der Text komplett ironisch gemeint ist, wagen wir an dieser Stelle mal zu bezweifeln.

Das zugehörige Video zeigt Lanas Blicke ins Leere, lediglich unterbrochen durch das romantische Bild einer amerikanischen Muster-Jugend gebannt auf Zelluloid und Super-8 Kameras. Die pastelligen Bonbonfarben und eine schmollende Lolita runden das Bild einer perfekten heilen Welt ab, wäre da nicht dieser komplett devote Text eines Mädchens, dass sich ihrem Partner mit Haut und Haar verschreiben hat. Ist das Ironie? Eine unabsichtliche Brechung? Oder doch pure Berechnung?



Das Video beginnt mit dem Traum von Freiheit und unbeschwerter Jugend: Freunde springen in den Pool, Pärchen sitzen zusammen auf Motorollern und fahren die Landstraße entlang. Die amerikanische Flagge weht in der Abendsonne. Auftritt Lana: Mit leichtem Silberblick und Haartolle singt sie „Whistling my name / Open up a beer / And you say: get over here / And play a video game”.


video games 1 lana schmollt

Lana denkt nach. Oder blickt ins Leere. Schwer zu sagen.


Mehr collagenartige Aufnahmen, mehr devote Textzeilen folgen (I’m in his favorite sun dress / Put his favorite perfume on / It’s you, it’s you, it’s all for you). Ach ja, und Hollywood darf auch nicht fehlen:

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Darf bei Lana Del Rey nicht fehlen: Hollywood!


Wehende Fahnen, unbeschwerte Aufnahmen, der Walk of Fame… und dann eine sich leicht öffnende Rose. Ein Euphemismus? Eine Allegorie? Mag Lana gern Rosen? Oder gab es nicht genug random Super 8-Bildmaterial?

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Nur schön oder eine Metapher? Gleiches könnte man sich über Lana selbst fragen.


Nach diversen Selfie Perspektiven, Skylines und Hollywood Referenzen ist das Video vorbei. Auch die anderen Single-Auskopplungen Born to Die, Blue Jeans oder Summertime Sadness folgten dieser ästhetischen Linie.

Ultraviolence (2014)

Der Nachfolger Ultraviolence wurde von der Kritik recht gut aufgenommen, allerdings performte das Album nicht annähernd so überzeugend in den Charts wie der Vorgänger. Ultraviolence sei ein Konzeptalbum einer Konzeptperson schrieb Mark Richardson von Pitchfork – dieser Satz bringt die Platte sowie Lana als Person auf den Punkt.

Die Songs heißen West Coast, Sad Girl, Shades of Cool, Fucked My Way Up to the Top oder Ultraviolence. Letzteres spielt mit dem Titel auf Anthony Burgess Torture-Klassiker A Clockwork Orange an. Kyle Anderson schrieb in Entertainment Weekly dazu „Kubrick would have loved Del Rey—a highly stylized vixen who romanticizes fatalism to near-pornographic levels, creating fantastically decadent moments of film-noir melodrama. It’s an aesthetic that demands total commitment from both artist and listener, and it would be difficult to buy into if she didn’t deliver such fully realized cinema”.

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Das schwarz weiß Cover.

Der Sound von Ultraviolence changiert dabei zwischen Psychedelic Rock, Dream Pop und Blues-Elementen. Dass der Klang fast zu dicht und ein wenig zu glatt ist, liegt wohl vor allem an den Mitmischern des Albums – die Namen reichen von Dan Auerbach (Produzent und Sänger der Black Keys) und Paul Epworth (produzierte Bloc Party, Death from Above 1979, New Order) bis zu Greg Kurstin (produzierte Songs von Peaches, Karen O, The Flaming Lips oder The Shins).

Inspiration holte sich Lana zu dieser Platte, die sie eigentlich gar nicht herausbringen wollte (da sie auf Born To Die schon alles gesagt hatte) übrigens von der amerikanischen Westküste (Überraschung: West Coast) oder New York (Überraschung: Brooklyn Baby). Des Weiteren hegte sie eine Faszination für Lou Reed und dessen Kaputtness – doch ein Treffen der beiden kam nicht zustande, da er einen Tag vor einem Treffen mit ihr verstorben ist.

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Das alternative Urban Outfitters Cover.

Auf dem offiziellen schwarz weiß Cover steht sie mit Hollywood Big Hair vor einem offenen Cabrio und guckt (Überraschung) traurig. Für das Hipster-Mekka Urban Outfitters, bei dem man Coolness gegen viel Geld tauschen kann, gab es sogar ein alternatives Cover, das auch optisch hipper ist: übersättigte Farben, ein Knie mit zerrissener Jeans, College Jacke. Bild und Titel bilden hier eine gtelungenere Einheit als auf dem regulären Titel.

Im Video zu Ultraviolence kann Lana endlich ihren Liebesten an sich binden. In übersättigten Farben bindet sie sich ihren Brautschleier um und räkelt sich im Brautkleid in einem Garten (warum auch nicht). In Anbetracht der Tatsache, dass das Wort ‘Ultraviolence’ dem Burgess Roman entliehen ist und sie lasziv die Finger ihres Kamermanns ablutscht, kann man das Video eigentlich gar nicht anders als es unterwürfig bis masoistisch zu deuten. Viele Kritiker werfen ihr daher auch vor, häusliche Gewalt zu verherrlichen und Lana selbst dementierte diese Aussagen nicht. Ihr sei Feminismus auch egal, gab sie in diesem Zuge zu. Ah ja. Danke dafür Lana.


Schaut euch hier das offizielle Video zu Lana Del Reys Song Ultraviolence an und lest weiter:

Das Musikvideo wurde übrigens komplett mit einer iPhone 8mm Vintage Kamera App gedreht.


Honeymoon (2015) – Von wegen Flitterwochen

„Verliebt, Verlobt, Verheiratet, Geschieden. Wie viele Kinder wirst du kriegen? 1… 2… 3…“ lautet ein alter Springseil-Reim. Nun kann man sich bei Lana fragen: Was kommt nach dem Honeymoon? Nach der unterwürfigen Heirat in Ultraviolence folgen nun die Flitterwochen.

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Das Cover zu Honeymoon: weiß-blau-rot und Lana.

Das vorab Video zeigt schon mal eine selbstbestimmtere Lana. Endlich! (I’ll do it on my own / Don’t need your money, money / To get me what I want). Entgegen des positiven Titels Honeymoon (Flitterwochen, Honigmond, Sommer) steht auch die Tonalität der neuen Single High By the Beach wieder in der Tradition ihres Ach. So. Schweren. Leidens. (Now you’re just another one of my problems / Because you got out of hand / We won’t survive / We’re sinking into the sand.)

High By the Beach zeigt ein seltsam anmutendes Szenario: Lana wälzt sich auf ihrem Motel(?)-Bett, Vorhänge wehen ähnlich dramatisch wie in den grandios surrealen Musikvideos der 80er Jahre. Am Ende gibt es allerdings einen Twist, den man ihr so nicht zugetraut hätte:

Der Name ist Programm. Lana wirft sich aufs Bett und wandert orientierungslos durchs Haus. Lana ist offensichtlich High By The Beach. Um ihr Strandmotel kreist ein Hubschrauber und das irritiert Lana offensichtlich so, dass sie am Ende ein großes Maschinengewehr aus einem Gitarrenkoffer (WTF-Moment) zaubert um den Helikopter abzuschießen. Welch Strandidylle. Aber gut für dich Lana, nimm dein Leben selbst in die Hand! Statt der unsicheren, sich selbst bemitleidenden Diva könnten wir vielleicht jetzt endlich eine Lana sehen, die ihrer Hollywood-Eleganz gerecht wird und den American Dream nicht nur in den Farbtönen und Textreferenzen verkörpert, sondern auch in dem Streben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Vielleicht aber auch nicht, warten wir es ab.



Am 18. September 2015 erscheint Honeymoon und laut Lana Del Rey soll es stilistisch mehr in Richtung des zweiten Albums Born To Die gehen. Wir sind gespannt.

Und was bleibt? – Die Quintessenz Lanas Ästhetik

Todeswünsche, tiefsitzende Traurigkeit und schwerfällige Melancholie, Sehnsuchtsmotive und das Festhalten an alter Liebe – insgesamt ist das Motivspektrum, auf das die Kunstfigur Lana Del Rey hier zurückgreift, der Epoche der Romantik entliehen und in das Amerika des 21. Jahrhunderts gehoben. Statt Casper David Friedrich schaut hier Lana in die Ferne und/oder Vergangenheit und gibt sich den schweren Gedanken hin, scheinbar ohne etwas gegen ihr Leiden unternehmen zu wollen. Diese Passivität und ihre unterwürfigen Texte lassen Lana Del Rey nicht unbedingt sympathisch wirken. Gespickt mit amerikanischen Symbolen und an alte Hollywood Ikonen erinnernd, hat es Lana aber dennoch geschafft eine unglaubliche Fanbase um sich zu scheren.

Und auch wenn das Drumherum dieser Lolita nicht jedermanns Sache ist, muss man sich eingestehen, dass ihre Stimme heute ihresgleichen sucht. Keine Tylor Swift oder Beyonce transportiert so viel Gefühl wie die tiefe Stimme einer Lana Del Rey. Lana ist nicht piepsig, nicht laut, nicht austauschbar. Ihr markantestes Merkmal ist ihre Stimmfarbe, auch wenn sie textlich in den 50er Jahren verhaftet scheint. Sie selbst bezeichnet ihre Musik übrigens am treffendsten als „Hollywood Sadcore“.

Vielleicht macht sich Lana Del Rey aber auch gar keine Gedanken um falsche Messages oder kulturelle Codes, denen sie nicht gerecht wird. Vielleicht passt sie einfach in einen Zeitgeist, in dem sich Menschen mehr mit Coolness und Selbstmitleid identifizieren können, als mit großen Aussagen oder Vorbildfunktionen. Ist Lana komplett konstruiert? Ist sie authentisch? Wahrscheinlich ist es letztendlich auch egal: Wir genießen einfach Lana’s Musik.


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Popkultur

Zeitsprung: Am 1.4.2008 feuern Velvet Revolver ihren Sänger Scott Weiland.

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Header-Bild Credit: Kreepin Deth/Wiki Commons

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.4.2008.

von Christof Leim

Das sah schon nach „Supergroup“ aus, was sich da 2002 zusammenbraute: Drei Musiker von Guns N’ Roses und der Sänger von den Stone Temple Pilots gründen Velvet Revolver. Doch sechs Jahre später ist der Ofen aus und Scott Weiland raus. Vorher gab es noch eine lahme Platte, Streit im Internet und die ganz kalte Schulter.

Hört euch hier das Velvet-Revolver-Debüt Contraband an:

Natürlich hat die ganze Welt mit Spannung zugehört, als Slash, Duff McKagan und Matt Sorum zusammen mit dem Gitarristen Dave Kushner und dem Frontmann der Stone Temple Pilots, Scott Weiland, eine Band gründen. Beim Debüt Contraband von 2004 kommen nicht ganz unerwartet zwei musikalisch benachbarte Welten zusammen: Classic Rock und alternative-lastiger Grunge-Sound. Die Scheibe wird zum Erfolg, doch der Nachfolger Libertad bleibt 2007 weit hinter den Erwartungen zurück.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Velvet Revolver live 2007. Foto: Kreepin Deth/Wiki Commons.

Den weltweiten Touren der Band tut das keinen Abbruch, diverse Aufenthalte in Entzugskliniken, Visa-Probleme und kurzzeitige Verhaftungen durchkreuzen einige Pläne allerdings schon. Als Velvet Revolver im Januar 2008 ihre Rock’n’Roll As It Should Be-Tour durch Europa starten, hängt der Haussegen bereits schief. Am 20. März 2008 verkündet Weiland sogar auf offener Bühne in Glasgow: „Ihr seht hier etwas Besonderes: Die letzte Tour von Velvet Revolver.“

Längt beschlossene Sache

Was er nicht weiß: Seine Kollegen haben da längst beschlossen, ohne ihn weiterzumachen, wie Slash später in einem Interview eröffnet. Das liegt unter anderem daran, dass Weiland ständig die Fans ewig lang warten lässt, und das können die Guns N’ Roses-Jungs nach dem Dauerdrama mit dem notorisch verspäteten Axl Rose nicht mehr akzeptieren. Slash, der zottelhaarige Gitarrengott, berichtet auch, dass die Bandmitglieder während der UK-Shows so gut wie kein Wort mit ihrem Sänger wechseln. „Wir haben ihm die kalte Schulter gezeigt, dass es nur so eine Art hatte.“

Kein einfacher Zeitgenosse: Scott Weiland. Credit: CRL.

Nach dem Debakel von Glasgow, das in einer halbherzigen Performance gipfelte, tragen die Musiker zudem ihren Zank in die Öffentlichkeit: Drummer Matt Sorum veröffentlicht ein Statement, das ohne Namen zu nennen deutlich mit dem Finger auf Weiland zeigt. Der wird in seiner Antwort ein gutes Stück bissiger und ziemlich persönlich. Dass das alles nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand. Am 1. April 2008 schließlich verkünden Velvet Revolver offiziell, dass Scott Weiland nicht mehr zur Band gehört.

Wie sich rausstellt, endet damit auch die Geschichte dieser Supergroup, sieht man von einer einmaligen Live-Reunion am 12. Januar 2012 bei einem Benefizkonzert ab. Denn leider können die Herren jahrelang keinen geeigneten Nachfolger finden, obwohl Könner wie Myles Kennedy von Slashs Soloband und Alter Bridge, Sebastian Bach (ehemals Skid Row), Lenny Kravitz und Chester Bennington (Linkin Park) als Kandidaten gehandelt werden. Slash und McKagan kehren schließlich zu Guns N’ Roses zurück, während Weiland bis 2013 bei den Stone Temple Pilots singt und anschließend mit seiner eigenen Band The Wildabouts unterwegs ist. Am 3. Dezember 2015 wird er tot in deren Tourbus gefunden. Rest in peace.

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Zeitsprung: Am 15.5.1995 klicken bei Scott Weiland zum ersten Mal die Handschellen.

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Popkultur

„The Record“: Was kann das Debüt der Supergroup Boygenius?

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Foto: Noam Galai/Getty Images

Supergroups kennt man ja eher von Männern. Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus, die drei prominenten Damen hinter Boygenius, ändern das. Ihr Debüt The Record klingt zumeist sanft, verträumt, melancholisch, bricht aber manchmal wie entfesselt los. Indie-Album des Jahres? Gut möglich.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch The Record anhören:

Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus sind jede für sich Ikonen, einflussreiche Künstlerinnen, die es mit unter 30 zu prominenten Figuren gebracht haben. Bei Boygenius bündeln die drei ihr kreatives Genie in einem Trio, das es in der Indie-Welt so noch nicht gegeben hat – und das ist angenehmerweise mal keine hohle PR-Übertreibung. Jede von ihnen kann als Stimme ihrer Generation gewertet werden, jede von ihnen gehört zu einer neuen Ära von selbstbestimmten Künstlerinnen, die auf ihre Weise den Boys-Club der Rockmusik unterwandern, aushöhlen, obsolet machen wollen.

Wie einst Nirvana

Das tun Boygenius auf ihrem Debüt The Record nicht etwa laut, schrill, wütend. Sondern mit Sanftmut, melancholischer Ruhe und bockstarken Songs. Ist doch eh cleverer und nachhaltiger, das geballte Talent sprechen zu lassen, das die drei Künstlerinnen auch im Verbund auf wundersame Weise zu kanalisieren wissen. Und dann sind da eben noch die subtilen kleinen Spitzen, die Hinweise: Auf dem Cover ihrer ersten EP, die bereits 2018 erschien und ein langes Schweigen einläutete, sitzen sie genau so da wie Crosby, Stills & Nash auf ihrem Debüt. Und auf dem Rolling-Stones-Cover Anfang des Jahres stellen sie die Pose des Nirvana-Covershoots von 1994 nach. Kurt Cobain hätte das gefallen.

Warum wir eine reine Girl-Supergroup gebracht haben, wird schnell klar: Wo männliche Supergroups dann eben doch irgendwann an den exorbitanten Alpha-Male-Egos zerschellen wie Hagelkörner auf Asphalt, gehen Bridgers, Baker und Dacus die Sache beeindruckend egalitär und basisdemokratisch an. Niemand drängt sich in den Vordergrund, weil alle gleichberechtigt sind. Keine Frontfrau, keine Divaallüren. „Wir ziehen uns gegenseitig hoch“, so sagte Bridgers damals dem Rolling Stone. „Wir sind alle Leadsängerinnen und feiern uns gegenseitig dafür.“ Männer bekommen das eben irgendwie deutlich schlechter hin, ist einfach so.

Die Avengers der Indie-Welt

Das alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn The Record nicht alle hohen Erwartungen spielend überflügeln würde. Es ist ein Album, um es kurz zu machen, das einem den Glauben an die Zukunft der Gitarrenmusik zurückbringt. Es ist mal laut, mal ahnungsvoll, mal zart, mal ruppig. Vor allem aber ist es ein homogenes, reifes Werk, das in seiner Lässigkeit die Jahrzehnte transzendiert. Offenkundig sind die Einflüsse der „Avegners der Indie-Welt“, wie eine enge Freundin der Band das mal auf den Punkt brachte: Classic Rock, die Laurel-Canyon-Szene, Grunge, der Folk von Crosby, Stills & Nash, von denen sie gleich auch die verschiedenen Gesangsharmonien haben.

Eins der ganz großen Highlights ist $20, ein furioser Rocker mit schroffer Lo-Fi-Gitarre, der sich plötzlich öffnet und von allen drei Stimmen ins Ziel getragen wird. Die Mehrheit des Materials ist ruhig, verträumt, am ehesten trifft es wohl lakonisch. Emily I’m Sorry etwa oder das kurze Leonard Cohen, inspiriert von einer unfreiwilligen Geisterfahrt der Drei auf einer kalifornischen Interstate. Die Ausbrüche wie Anti-Curse, in denen Baker von einer Nahtoderffahrung im Pazifik singt, läuten deswegen umso lauter, dringlicher. Dynamik ist König, das wissen die drei. Oder besser Königin.

Musste Rick Rubin draußen bleiben?

Sie wissen eh sehr viel. Wie schwer sie es haben würden, zum Beispiel. So kamen sie überhaupt erst auf ihren Namen Boygenius: Nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden männlichen Kollaborateuren, die von der ganzen Welt gefeiert werden, nannten sie sich selbst so, um sich Mut zuzusprechen. Ob das auch für Rick Rubin gilt? Aufgenommen haben sie zumindest in dessen Shangri-La Studio in Malibu. Aber er hat keinen Recording Credit und durfte vielleicht nur kiffend im Garten sitzen. Vorstellbar.

The Record ist ein geniales Debüt. Es ist aber mehr, ein Instant-Klassiker, ein Album, das sich einreiht in die großen Singer/Songwriter-Momente der letzten 50 Jahre. Es ist radikal ehrlich, direkt, ungefiltert, unaufgesetzt und das Testament großen Willens. Alle Songs hätten auch auf den jeweiligen nächsten Alben der drei Solitärinnen auftauchen können. Aber dann würde ihnen etwas fehlen. The Record ist ein Album voller Risse, durch die das Licht hineingelangt, um bei Leonard Cohen zu bleiben. Ein heilsames Stück Musik, durchwirkt von Insider-Jokes, kleinen Hieben geben das Patriarchat und jeder Menge Beweise für diese besondere Freundschaft. Das wird Grammys hageln.

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boygenius: Wer steckt hinter der Indie-Supergroup?

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Popkultur

Zeitsprung: Am 31.3.1958 veröffentlicht Chuck Berry „Johnny B. Goode“.

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Chuck Berry Johnny B Goode Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1958.

von Christof Leim

Das sind die Grundlagen des Rock’n’Roll, liebe Brüder und Schwestern. Hier kommt viel der großartigen Krachmusik her, die wir im Zeitsprung feiern: Am 31. März 1958 veröffentlicht Chuck Berry den Klassiker Johnny B. Goode. Keine drei Minuten lang ist das Ding, Bluesschema in A, dazu ein flotter Backbeat und eine heiße Leadgitarre, und ab geht die Revolution. Bei Songs wie diesem haben sie alle zugehört, die Beatles, die Stones und AC/DC.

Geschrieben hatte Chuck Berry die Nummer bereits 1955 über einen „country boy“, einen Jungen vom Lande, der nicht richtig lesen und schreiben kann, aber so mühelos Gitarre spielt, als müsse er nur eine Glocke läuten. Und eines Tages wird sein Name auf allen Plakaten stehen… Wie sich später herausstellt, singt Berry hier über sich selbst. Darauf weist alleine schon der Titel hin, denn der Musiker wurde in der Goode Avenue in St. Louis geboren. Nur anfangs diente sein Pianist Johnnie Johnson als Namenspate für den Song. Der spielt jedoch nicht mal mit; bei den Aufnahmen am 6. Januar 1958 in den Chess Studios in Chicago haut Lafayette Leake in die Tasten. Den Bass bedient der nicht ganz unbekannte Blueser Willie Dixon. Das markante Eingangslick leiht sich Chuck Berry vermutlich bei Ain’t That Just Like A Woman, einer Nummer von Louis Jordan aus dem Jahr 1946, und zwar Note für Note, wie man hier hören kann. Die Originalversion der Single samt Text findet ihr hier.

Urvater des Rock’n’Roll: Chuck Berry

Aus dem Stand ein Hit

Johnny B. Goode wird zum Hit beim Publikum, und zwar unabhängig von der Hautfarbe, was Ende der Fünfziger keinesfalls als selbstverständlich gesehen werden kann. Der Track erreicht Platz zwei in den Billboard Hot R&B Sides Charts und Platz acht in den Hot 100 Charts. Wo der Unterschied zwischen diesen Hitparaden liegt, wissen wir nicht, aber fest steht: Mit der Nummer ging was. Um das zu erreichen, muss Berry eine kleine Änderung im Text vornehmen: Ursprünglich singt er von einem „little coloured boy“, ändert das aber in „little country boy“, um auch im Radio gespielt zu werden. Keine einfachen Zeiten für einen Schwarzen als Rockstar.

Die Goldene Schallplatte an Bord der Raumsonde Voyager. Johnny fliegt mit.

Heute gilt Johnny B. Goode als der wichtigste Chuck-Berry-Song. Er wird mit Preisen geehrt und in Bestenlisten aufgenommen, nicht zuletzt wird er 1977 mit der Voyager in den Weltraum geschossen. An Bord dieser Raumsonde befindet sich nämlich eine goldene Schallplatte mit Audioaufnahmen von der Erde, etwa der Stimme eines Kindes, Klassik von Johann Sebastian Bach – und eben Rock’n’Roll von Chuck Berry.

Da kommt noch mehr

Vier weitere Stück schreibt der Sänger und Gitarrist im Laufe der Jahre über den Charakter Johnny B. Goode: Bye Bye Johnny, Go Go Go, Johnny B. Blues und Lady B. Goode. Außerdem nennt er ein Album und dessen 19-minütiges instrumentales Titelstück danach: Concerto In B. Goode. Einen weiteren Popularitätsschub erhält das Lied 1985 durch Film Zurück in die Zukunft mit Michael J. Fox.

Die Liste der Coverversionen ist endlos und streift alle möglichen Genres, sie reicht von Jimi Hendrix, AC/DC und Judas Priest über NOFX und LL Cool J bis zu Motörhead und Peter Tosh. Und vermutlich fetzt noch heute irgendwo eine halbstarke Nachwuchskapelle bei ihrer dritten Probe durch das Bluesschema in A.

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Zeitsprung: Am 7.9.1955 macht Chuck Berry den „Duck Walk“. Später freut sich Angus.

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