Popkultur
„The Metallica Blacklist“: Elton John, Dave Gahan & mehr sprechen über ihre Metallica-Cover
Zum 30-jährigen Jubiläum des Schwarzen Albums covern über 50 Künstler*innen der verschiedensten Genres und Generationen die Metallica-Klassiker dieses Releases – darunter auch Legenden wie Dave Gahan und Elton John, Rock-Schwergewichte wie Volbeat und Pop-Sensationen wie St. Vincent und Sam Fender. Hier erzählen sie von ihrer Verbindung zu Metallica und einem der ikonischsten Metal-Alben der Geschichte.
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Was ist die schönste Erinnerung, die du mit Metallica verbindest? Ist es ein Konzertbesuch, der erste Kontakt mit ihrer Musik – oder das Covern bzw. Interpretieren ihrer Songs?
Michael Poulsen (Volbeat): Nun, das sind ehrlich gesagt ganz schön viele Erinnerungen, schließlich waren wir ziemlich häufig mit Metallica auf Tour, und dafür bin ich ihnen bis heute sehr dankbar. Das war jedes Mal großartig, und dementsprechend viele tolle Erinnerungen habe ich. Wenn ich aber eine davon auswählen müsste, dann würde ich wohl den Madison Square Garden nehmen, weil das echt etwas ganz Besonderes war. Was für ein legendärer, ikonischer Ort: Madison Square Garden! Ich bin ein riesiger Fan von Boxkämpfen, und zusammen mit meinem Vater habe ich mir all die Aufzeichnungen der großen Kämpfe angeschaut. Wir sahen Muhammad Ali und Tyson, sahen Kämpfe von Larry Holmes, Evander Holyfield und Lennox Lewis. All die ganz, ganz Großen waren schon da, auch Elvis Presley und Johnny Cash. Ja, und plötzlich stand ich da also auch – auf dieser Bühne im Madison Square Garden. Und dann auch noch zusammen mit der größten Heavy-Rockband aller Zeiten – Metallica. Das ist schon eine ganz besondere Erinnerung.
„Viele Erinnerungen und Anekdoten aus den letzten 40 Jahren“
Dave Gahan: Ja, die gibt’s, und ehrlich gesagt sind das viele Erinnerungen und Anekdoten aus den letzten 40 Jahren, in denen wir uns irgendwo begegnet sind, sich unsere Pfade gekreuzt haben – einfach, weil wir im selben Hotel untergebracht waren oder am Ende des Abends in derselben Bar gelandet sind. Da kamen immer mal wieder unterschiedliche Mitglieder meiner Band mit den Jungs von Metallica zusammen. Aber wir waren mal bei diesem Festival, ich kann nicht mal mehr sagen, wo genau das war, ist auf jeden Fall ein paar Jahre her. Den einen Abend waren Metallica die Headliner, den anderen waren wir Headliner, und dann standen darunter noch unzählige andere Bands auf dem Plakat. Wir hatten echt viel Spaß da im Backstage-Bereich, haben richtig abgehangen. Eigentlich ist das ja so ein Ort, wo man am wenigsten damit rechnet, dass man sich da mit anderen Künstler*innen anfreundet. Denn eigentlich haben wir doch alle dasselbe Ziel mit unserer Musik: Wir wollen an diesen Punkt kommen, dort oben diesen einzigartigen Moment kreieren, wo du spürst, dass du etwas im Studio Erschaffenes auf die Bühne übertragen hast – und da nun plötzlich die Fans live dabei zuhören, entsteht etwas ganz Besonderes. Es gibt ja so viele Festivals, und man hört in dem Rahmen auch immer wieder andere Leute. In diesem Fall war es toll, bei einem Festival zu sein und im Hintergrund die ersten Töne von Enter Sandman zu hören: So ein ikonisches Riff, das aus dieser riesigen PA-Anlage dröhnt! Ja, ich würde also sagen: Wahrscheinlich im Backstage-Bereich, wie ich ihre Musik von der Garderobe aus mitverfolge, weil wir auf derselben Bühne auftreten.
Elton John: Als ich ihnen zum ersten Mal begegnet bin, haben wir so eine Sache für die Billboard Awards gemacht. Ich traf also James Hetfield, was ich extrem aufregend fand – persönlich einen der Jungs von Metallica zu treffen! Ich liebe all ihre Alben. Derartige Erinnerungen sind durch ihre Songs für immer Teil meines Lebens… aber James zum ersten Mal zu begegnen, das war wirklich unglaublich beeindruckend.
St. Vincent: Ich weiß noch, wie ich ihren Sound zum ersten Mal gehört habe. Und schon bevor diese Kiste mit CDs wie durch ein Wunder in unserem Vorgarten aufgetaucht ist, hab ich bis zum Abwinken MTV geschaut, und ich weiß noch, wie ich das Video zu Enter Sandman gesehen hab. Einfach immer und immer wieder, es lief wohl bei 120 Minutes oder wie das hieß. Und bei mir löste das einfach mal richtige Angstzustände aus! Ja und heute, oh Mann, heute liebe ich dieses Gefühl, Musik zu hören, die es wirklich schafft, einen derart in Angst und Schrecken zu versetzen. Nur weckt sie zwar einerseits diese Angst, aber zugleich denkt man auch: ‘Hmm, darüber möchte ich doch eigentlich gerne noch etwas mehr erfahren.’ Man weiß nicht so genau, weshalb, aber man spürt ganz klar diese eigentümliche Anziehungskraft.
„Ich muss Metalhead werden!“
Sam Fender: Ich glaube, meine schönste Metallica-Erinnerung stammt aus meiner High-School-Zeit. Mit elf Jahren war ich eher so der Typ Schweinchen Dick, echt kein bisschen cool, aber immerhin lernte ich damals Gitarre. Es gab da diesen älteren Jungen, er hieß Sam Rowland, glaube ich, der hatte so eine lange Lockenmähne und eine extrem hübsche Freundin. Ich sagte mir: Wow, eines Tages, wenn ich erst ein richtig guter Gitarrist bin, dann werde ich wie er – und vielleicht habe ich dann auch eine Freundin. Vielleicht muss ich dann nicht für den Rest meiner Tage der absolute Verlierer sein. In derart schmalen Bahnen bewegen sich nun mal die Gedanken eines Elfährigen, der obendrein auch noch ein bisschen dicklich ist. Ich lief von der Schule nach Hause und konnte ihn aus der Ferne erkennen: Er ging die Straße runter – und hatte seine Gitarre dabei. Das war eine Flying V oder etwas Ähnliches, und er lief damit einfach so die Straße runter, ohne Gitarrenkoffer. Ich sagte mir nur: Scheiße, der Typ ist eine Legende! Und dann noch diese langen Locken dazu! Er sah aus wie jemand, der bei Metallica mitspielt, und ich bin ihm dann einfach gefolgt, immer schön auf meinem Roller hinter ihm her, bis zu einer Kirche. Ich sah also, dass er in diese Kirche ging, die bei mir gleich um die Ecke war, und von drinnen hörte man einfach nur [imitiert ultralaute Heavy-Metal-Schlagzeugsounds]. Ich dachte nur: Was zur Hölle ist das bitte?! Ich rollerte also zum hinteren Fenster, ging schließlich rein, und da waren sie: Ballerten die härtesten Metallica-Songs raus – und ich weiß noch wie ich dachte: ‘Wow, so muss man also abgehen, wenn man richtig hart rüberkommen will.’ Na ja, also ging ich nach Hause und brachte mir erst mal die Chugging-Spieltechnik bei. Das ist wahrscheinlich meine früheste Metallica-Erinnerung. Ich kann nicht mal mehr sagen, was sie da genau gemacht oder gespielt haben, vielleicht war’s etwas von Master of Puppets oder so… aber jedenfalls sagte ich mir: ‘Yeah, das will ich auch machen.’ Er beherrschte auch so krasse Solos, so Picking-Sachen, und ich wusste ab da: ‘Heilige Scheiße, so krass abrocken will ich irgendwann auch!’ Und dazu vielleicht noch ein bisschen abnehmen und nicht mehr so ein kleines Schweinchen Dick sein! Ich muss Metalhead werden! Tja, und heute sehen wir ja, was daraus geworden ist – ich mache softe Indie-Mucke.
Warum habt ihr gerade diesen Song von Metallica ausgewählt und aufgenommen?
Michael Poulsen (Volbeat): Nun ja, wir waren so oder so gerade im Studio, und dann kam plötzlich die Anfrage von Q Prime und Metallica rein, was echt eine riesengroße Ehre für uns ist. Und dann haben wir uns eigentlich nur darauf geeinigt, dass wir keinen der großen Hits von diesem Album angehen wollten – was echt verdammt schwierig ist, denn irgendwie sind das ja alles Hits. Aber zu hören, wie wir einen der ganz großen Hits interpretieren, war für uns uninteressant, also haben wir ein Stück von diesem Album ausgewählt, das man sonst etwas weniger häufig zu hören bekommt. Am wichtigsten war dabei, einen Song auszuwählen, den wir in einen Volbeat-Song verwandeln konnten, und Tread On Me hatte genau die passende Energie dafür. Da war dieser Schwung, den ich sehr gut in den Schwung von Volbeat übersetzen konnte – und es ist auch wirklich großartig geworden.
„Unsere Version sollte sich filmischer und großformatiger anfühlen als Metallicas Original“
Dave Gahan: Es ging um die Idee, dass ich einen Song auswählen und ihn dann für ein Album aufnehmen sollte, das Teil der Jubiläums-Edition von Metallicas Black Album sein würde, was ja auch schon vor 30 Jahren entstanden ist, wie ich überrascht feststellen musste. Tja, wir alle sind halt schon eine ganze Weile dabei. Also befasste ich mich wieder intensiv mit diesem Album, das ich natürlich kannte; ich hab’s damals gehört, als es gerade rauskam. Wie auch davor schon, war es wieder der Song Nothing Else Matters, der für mich sofort herausstach. Danach bestand die eigentliche Herausforderung gar nicht mal darin, diesen Song oder die Aufnahme irgendwie zu verbessern, sondern eine Antwort auf die Frage zu finden, was zu diesem Stück passt – und einfach anders klingt. Das war also die Aufgabe. Gewählt habe ich diesen Song, weil ich darin so ein Gefühl der Einsamkeit und so eine Intimität entdeckt habe, nur ist es das Gefühl eines Menschen, der in Wirklichkeit von einem ganzen Raum voller Menschen umgeben ist. Allerdings ist da eben trotzdem diese Einsamkeit. Das hörte ich raus aus dem Song, und damit konnte ich mich richtig gut identifizieren… besonders mitten in der Pandemie, wo wir alle zu Hause im Lockdown saßen. Ich hatte das Glück, dass ich in New York mein eigenes kleines Studio nutzen konnte. Da Kurt Uenala, ein guter Freund von mir, mit dem ich sonst immer arbeite, gerade nicht da war, sprang dessen Freund Adrian ein, und wir trafen uns mit Maske im Studio: Er schickte mich in die Kabine und machte die Aufnahme. Der Rest des Songs entstand daraufhin genau genommen in Island, wo Kurt zusammen mit ein paar anderen Musikerinnen und Musikern lebt, in Reykjavik. Sie kreierten dort so eine Stimmung, an der wir dann hier in New York weiter feilten, aber die Nummer war damit immer noch nicht fertig. Wir hatten jetzt die Richtung definiert, denn unsere Version sollte sich filmischer und großformatiger anfühlen als Metallicas Original auf dem Black Album. Also arbeiteten wir weiter daran, schickten uns die Sachen hin und her, bis wir schließlich bei exakt derjenigen Version ankamen, die uns vorschwebte. Und ja, ich finde, diese Version klingt wirklich ganz anders, und ich fühle mich sehr geehrt, dass ich überhaupt gefragt wurde – ein wirklich tolles Kompliment ist das. Also, ich hoffe, mein Song gefällt euch!
Elton John: Ich wurde von Andrew Watt, dem Produzenten des Tracks, gefragt, ob ich dafür das Klavier einspielen könnte. Die Originalversion von Nothing Else Matters beginnt ja mit einer Gitarre, und er hatte nun folgende Vision: ‘Ein Klavier ganz allein, damit würde ich gerne anfangen, und am Schluss beenden wir den Song wieder mit dem Klavier, wieder ohne Beiwerk.’ Also war ich dabei und machte von London aus mit, über Zoom. Ich hatte sehr viel Spaß dabei, weil ich diesen Song schon immer geliebt habe, allein der Gesang und das alles, und dann dieser Track, wer da alles mitgewirkt hat! Ich habe meinen Part als Vorletzter beigesteuert, und als ich meinen Teil dann fertig hatte und das alles so wunderbar funktionierte, fragte er auch noch Yo-Yo Ma, um das Solo im Mittelteil und den Schluss gemeinsam mit mir aufzunehmen. Ja, er lag damit goldrichtig; seine Vision war unglaublich, wenn man bedenkt, wie unfassbar gut das alles zusammen funktioniert.
„Ein zähes, fleischiges Stampfen im Sumpf“
St. Vincent: Ich habe Sad But True aufgenommen, weil der Song einfach schon immer zu meinen absoluten Lieblingsstücken von Metallica zählt. Das Tempo dieses Songs: Es fühlt sich an wie ein zähes, fleischiges Stampfen im Sumpf.
Sam Fender: Ich habe Sad But True aufgenommen, weil ich einfach wusste, dass ich ihn auf gar keinen Fall mit einer Band nachspielen oder überhaupt in irgendeiner Form versuchen konnte, ihn wie Metallica klingen zu lassen – denn das hätte einfach mal richtig Scheiße geklungen. Andererseits wusste ich, dass man einen großartigen Song komplett verändern und ihn auf ganz andere Art spielen kann – und es wird immer noch ein großartiger Song sein. Obwohl ich ja eigentlich kein Klavierspezialist bin, habe ich mich dann fürs Piano entschieden und darauf eine Akkordfolge herausgearbeitet. Und es stimmt: Es ist immer noch ein verdammt großartiger Song, selbst wenn man ihn am Klavier spielt und ihn in eine ziemlich schräge Ballade verwandelt. Für mich war das eine echt magische Erfahrung, und der Auslöser war wohl, dass dieser Song eines meiner absoluten Lieblingsriffs vom ganzen Album enthält. Auch wenn ich es hinterher gar nicht nachgespielt habe, gab’s zwischendurch schon eine Version, in der nach dem Schluss noch dieses [singt das zentrale Gitarrenriff] kam. Ist dann zwar rausgeflogen, aber ursprünglich war das für mich das Riff, ich liebe es schon seit Ewigkeiten – und deshalb ist meine Wahl wohl auch auf diesen Song gefallen. Nur dann habe ich das Stück eben doch noch mal komplett umgebaut.
Welche Bedeutung hat Metallicas Black Album für dich?
Michael Poulsen (Volbeat): Also, das ist mal ein historisches Werk, ein wirklich extrem wichtiges Album, finde ich. Im Bereich Heavy Metal hat es Geschichte geschrieben, und im Rockbereich genauso. Und nun hat es sich schon so lange immer wieder als Klassiker bewährt – und wird das auch bis in alle Ewigkeit tun. Dass wir an so einem Albumprojekt wie diesem mitmachen können, ist wirklich eine riesige Ehre. Es bedeutet uns extrem viel, und wir sind sehr stolz, an einem derartigen Projekt mitwirken zu dürfen.
„Sie wollten eine Platte machen, die größer und besser als alles Bisherige war“
Dave Gahan: Nun, dieses Album ist vor 30 Jahren erschienen, was ungefähr jene Zeit ist, in der unsere Band Depeche Mode auch richtig durchstartete. Ich glaube, wir haben in jenen Tagen unser Album Songs of Faith and Devotion veröffentlicht. Das war eine Phase, in der wir gerade die Spitze erobert und wirklich ganz, ganz oben angekommen waren. Wir waren an einem Punkt angelangt, an dem wir schon viel mehr erreicht hatten, als wir je erträumt hätten. Ich denke mal, dass Metallica an einem ähnlichen Punkt standen: Auch sie wollten eine Platte machen, die größer und besser als alles Bisherige war. Die einfach anders war. Die den ganzen Herausforderungen gerecht wird, denen man sich immer wieder selbst stellt – weil man schließlich weiß, dass man noch einen Schritt weitergehen und alles geben muss, um etwas zu kreieren. Gewiss hat man seine Einflüsse, die man immer in sich trägt, aber zugleich versucht man eben auch Neuland zu entdecken. Dieses Album war riesig, als es in jenen Tagen herauskam. Ich glaube, sie waren endlos lang damit auf Tour, ganz ähnlich wie wir mit Songs of Faith and Devotion auch. Und wahrscheinlich haben sich unsere Pfade damals ganz häufig gekreuzt, nur haben wir eben jeweils unser eigenes Ding gemacht. In den Jahren danach gab’s ja auch noch Begegnungen, und zum Glück haben wir uns da auch häufiger mal hallo gesagt und ein wenig Zeit miteinander verbracht. Das war echt supernett. Ich habe wahnsinnig viel Respekt für Metallica, denn es gehört wirklich eine ganze Menge dazu, so eine Band über einen dermaßen langen Zeitraum zusammenzuhalten. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Wenn man das nämlich durchhält, ist man immer wieder überrascht darüber, was da um einen herum so alles passiert – zumindest, wenn man es schafft, sich lange genug bedeckt zu halten, einfach Teil einer Sache zu sein, anstatt immer diesem Gefühl nachzujagen, unbedingt der Anführer oder ‘Frontmann’ oder so sein zu müssen. Ich bin mir sicher, dass James genau versteht, was ich damit sagen will. Aber ja, das Black Album war für mich ganz klar der Punkt, an dem Metallica ihren großen Moment erreicht hatten. Sie haben da also ihr größtes Album abgeliefert, aber was macht man dann als nächstes? Weißt du, sie sind immer noch da, machen immer noch Alben, sind immer noch auf Tour, und ich bin mir sicher, dass viele Songs von diesem Album Teil ihres Kernrepertoires sind, das sie bei ihren Konzerten spielen. Genau wie bei uns und den Hits, die auf Violator und Songs of Faith and Devotion vertreten waren. Es gibt eben so gewisse Anker, die man im Verlauf seines Live-Sets immer wieder setzt, an denen führt auch gar kein Weg vorbei: Ich bin mir sicher, dass Nothing Else Matters ein solcher Song ist, und ich schätze mich wirklich glücklich, dass ich meine eigene Version von diesem Stück aufnehmen durfte.
St. Vincent: Metallica und das Black Album… nun, ich habe diese Musik gehört, da war ich noch keine 10 – und ich weiß noch sehr genau, wie sich das anfühlte: ‘Wow, das Zeug ist richtig gefährlich,’ dachte ich nur. Es fühlte sich aufregend an und unheimlich, und doch wollte ich unbedingt mehr darüber wissen.
„Es war für mich gewissermaßen die erste Ausfahrt nach Shredding“
Sam Fender: Also, das Black Album ist mit absoluter Gewissheit eines der allergrößten und großartigsten Rock/Metal-Alben aller Zeiten. Ganz klar in der obersten Liga, das kann man schon mal festhalten. Und als ich persönlich diese ganzen Heavy-Sachen für mich entdeckte, so mit 12, 13, als ich gerade Gitarre lernte, da war es für mich gewissermaßen die erste Ausfahrt nach Shredding. Nicht, dass ich in den Jahren danach besonders viele derart harte, schnelle Sachen gespielt hätte, aber es war ganz klar eines von diesen Alben, aus denen man als Gitarrist ein paar zentrale Skills mitnimmt – Techniken, die ich wohl nie gelernt hätte, wäre ich nicht so krass auf diese LP abgegangen. Und natürlich war ich in diesem Alter, in dem man alles zum Kotzen findet, und gerade deshalb war es so großartig, ja, und ich glaube, damit fing das alles eigentlich erst an. All die ganzen harten Sachen, die ich mit 12, 13 gehört habe, die einem diese Energie und diese Aggression gaben, diesen Willen, ein noch besserer und noch wütenderer Gitarrist zu werden – so etwas in der Art muss es wohl gewesen sein. Ich und mein Freund Jack hatten das Black Album und St. Anger, und natürlich haben wir uns als Kids auch den Dokumentarfilm angeschaut und uns immer wieder gestritten, weil wir schließlich in einer Band waren… ich weiß noch, wie sich Jack eines Tages umdrehte und einen auf Lars Ulrich machte: Er machte seine ‘Deine Riffs sind so megakrass’-Imitation, über die wir heute noch manchmal lachen. Denn jedes Mal, wenn es in irgendeiner Form Streit gibt, sagt irgendwer ‘your fucking riffs are stark, man’ – und das bezieht sich auf einen Ferientrip aus einer Zeit, als wir echt noch richtig junge Kids waren. Diese ganze Zeit war wirklich unglaublich… eine magische Zeit, als die Musik nichts als so ein großer, mit ganz viel Ehrfurcht verbundener Traum war. Insofern sage ich: Danke, Metallica!
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„The Metallica Blacklist“: 53 Künstler*innen covern Metallicas „The Black Album“

Popkultur
Interview mit Mike Rutherford: „Die letzte Genesis-Show war bizarr“
Kaum hat er die eine Band zu Grabe getragen, führt er die nächste spazieren: Im Interview vor der anstehenden Deutschlandtour von Mike And The Mechanics spricht Mike Rutherford über das Touren, seine zweite Heimat Kapstadt und die allerletzte Show von Genesis.
von Björn Springorum
Ab dem 31. Mai 2023 gastiert Mike Rutherford mit seinen Mechanics in Deutschland. Für die Konzerte verspricht er alle Hits von Mike And The Mechanics und einen „Tropfen“ Genesis. Sechs Auftritte sind in Deutschland geplant – natürlich auch in seiner deutschen Lieblingsstadt Berlin.
„Ich wollte das Gefühl eines Neuanfangs, ohne das Alte aufgeben zu müssen.“
Mike, du hast Mike And The Mechanics 1984 gegründet, als Genesis eine Pause einlegten. Die Jahre davor waren ja ein einziger Wirbelwind, wäre da nicht ein längerer Urlaub auch eine gute Idee gewesen?
Aus heutiger Sicht ist das eine wirklich gute Frage. Ja, ich glaube, das wäre eine wirklich gute Option gewesen. (lacht) Genesis sind aber eben anders als andere Bands. Früher oder später starten andere Musiker ihre Soloprojekte und distanzieren sich von ihrer Hauptband. Bei uns war das anders. Wir liebten es, zusammen zu spielen. Unser Geheimnis war wohl immer die Vielfalt: Wir hatten Genesis, und wenn es bei Genesis mal etwas ruhiger wurde, hatten wir alle unsere anderen Spielplätze, auf denen wir uns eine Weile verlustieren konnten. Irgendwann kamen wir wieder mit frischen Ideen zu Genesis zurück und freuten uns darauf, weiterzumachen. Das sorgte dafür, dass wir uns und unsere Band noch mehr zu schätzen wussten.
Du hast ja schon vor Mike And The Mechanics Soloplatten veröffentlicht. Wieso brauchtest du eigentlich noch eine weitere Band?
Es ging mir nicht zwangsläufig darum, etwas ganz anderes zu machen. Es ging mir auch nicht darum, Dinge zu verwirklichen, die vielleicht keinen Platz bei Genesis gefunden hätten; es ging mir einfach darum, auch mit anderen Menschen Musik zu machen. Ich wollte das Gefühl eines Neuanfangs ohne das Alte aufgeben zu müssen. Klingt verwöhnt, ich weiß.
„Ich glaube weiterhin an das Albumformat.“
Die letzte Mechanics-Platte Out Of The Blue ist über vier Jahre alt. Ist das was Neues in Planung? Oder glaubst du etwa nicht mehr an das Albumformat?
Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr so genau, was ich von all diesen Entwicklungen halten soll. Ich glaube aber weiterhin an das Albumformat und halte nichts davon, einfach nur einzelne Songs zu veröffentlichen. Aber ich bin eben ein Dinosaurier, ich komme aus einer Zeit, in der das Albumformat große Relevanz hatte, in der man sich eine absurd lange Zeit mit der richtigen Reihenfolge der einzelnen Songs befasste. Das kriegt man nicht mehr raus aus mir. Auf einem Album zählt jeder Song, alles muss an seinem Platz sein. Das gefällt mir. Die letzte Platte ist wirklich schon eine Weile her, aber es war ja erst Corona und dann die Genesis-Tour. Wird wohl mal wieder Zeit, was?
Wie funktionieren Mike And The Mechanics? Wie planst du neue Platten oder Tourneen?
Früher haben Genesis natürlich in gewisser Weise das Tempo von Mike And The Mechanics vorgegeben. Seither haben wir natürlich mehr Freiheiten und können agieren, wie wir es möchten. Natürlich gibt es uns auch schon seit 1984, also bald 40 Jahre, und es gab auch in unserer Karriere große Einschnitte: Der Tod von Paul Young oder der Ausstieg von Paul Carrack etwa. Doch Mike And The Mechanics blieben davon unberührt immer Mike And The Mechanics. Wenn ich etwas schreibe, das nach dieser Band klingt, dann kommt auch der Name dieser Band darauf. So einfach ist das.
Du bist gerade auf deiner ersten Mechanics-Tour seit 2019. Seither hat sich die Welt des Tourens radikal verändert. Wie ist es, wieder unterwegs zu sein?
Es ist schon richtig, seither ist eine Menge passiert. Nichts ist mehr so wie es war, habe ich manchmal den Eindruck. Natürlich freue ich mich unheimlich, wieder auf der Bühne zu stehen, aber ein wenig Unsicherheit bleibt nach all dem, was passiert ist, durchaus zurück. Zum Glück sind die Besucherzahlen soweit sehr in Ordnung. Das ist ja auch nicht mehr garantiert.
Auf der Tour spielst du neben Mechanics-Hits auch Genesis-Klassiker wie Jesus He Knows Me, Invisible Touch oder I Can’t Dance. Fühlt sich das auf der Bühne eigentlich unterschiedlich an?
Natürlich fühlen sich die Mechanics-Songs für uns als Band natürlicher an. Die Genesis-Stücke sind mir aber mindestens ebenso nah und teuer. Die beiden Welten klingen vielleicht ein wenig anders, aber ich spüre da keine großen Unterschiede.
„Wer das in unserem Alter noch macht, sollte es genießen.“
Wie ist das Touren mit Mike And The Mechanics im Vergleich zu Genesis?
Ich habe zwei Persönlichkeiten, wenn ich toure: Mit Genesis zu touren ist die wohl wundervollste Art und Weise, die Welt zu bereisen: Privatjet, Limousinen, die schönsten Hotels, das feinste Essen, reichlich Zeit zwischen den Auftritten. Bequemer und schöner geht es nicht. Bei den Mechanics geht es noch ein bisschen handfester zu: Kleinere Hallen, weniger Glamour. Beides macht Spaß, keine Frage, ist aber sehr unterschiedlich. Viele Menschen in meinem Alter beschweren sich über die langen Tourneen, aber zu denen sage ich dann nur: Dann hört doch einfach auf damit! Wer das in unserem Alter noch macht, sollte es genießen. Ich für meinen Teil liebe es. Ich liebe es, die Welt zu sehen, herumzureisen, all die verschiedenen Spezialitäten zu essen…
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Wenn du nicht tourst, so heißt es, teilst du deine Zeit auf England und Südafrika auf…
… das stimmt so nicht ganz. Ich lebe seit 43 Jahren in Loxwood im Süden Englands. Das ist mein Zuhause, meine Heimat. Ich habe zwar ein Haus in Kapstadt, in dem wir regelmäßig sind, aber ich würde Kapstadt nie als Zuhause bezeichnen. Eher als Möglichkeit, dem englischen Wetter zu entkommen, wenn ich es mal nicht mehr aushalte. Aber so oft passiert das nun auch nicht, ich bin schließlich Engländer. Ich war so viel unterwegs, da reicht es mir mittlerweile eigentlich, an einem Ort zu sein. Aber dann und wann ein wenig Urlaub kann ja auch nicht schaden.
Wie kam es zu diesem Haus in Kapstadt?
Meine Großmutter war aus den Niederlanden und hatte Kontakte nach Südafrika. Ich habe dort unten auch Verwandte, hatte sie aber nie besucht. Dann zeichneten wir mit den Mechanics eine Fernsehsendung in Kapstadt auf, das war irgendwann in den Achtzigern. Seither komme ich wieder und genieße es sehr: Keine Zeitverschiebung, das ganze Leben findet draußen statt, überall ist was los.
„Niemand dachte auch nur ansatzweise daran, dass man aus Musik eine Karriere machen konnte.“
Genesis gründeten sich vor 55 Jahren und spielten 2022 ihr letztes Konzert. Hättest du eine lebenslange Karriere wie diese damals überhaupt für möglich gehalten?
Ach was! Niemand dachte auch nur ansatzweise daran, dass man aus Musik eine Karriere machen konnte, noch dazu eine derart lange. Ich meine, die Beatles gab es gerade mal vier, fünf Jahre, als wir Genesis gründeten, und das war für die damalige Zeit schon eine Ewigkeit. (lacht) Wir dachten alle, das hört irgendwann einfach automatisch wieder auf. Hörte es aber nicht.
Gewisse Dinge hören aber eben doch auf: Genesis gibt es ganz offiziell nicht mehr. Wie war die letzte Show?
Nostalgisch natürlich. Zumindest ein wenig. Aber so ist das eben: Dinge enden. Und nach 53 Jahren kann man sich auch damit abfinden. Insbesondere als Band wie Genesis, die so viel getourt ist. Das Schönste war, als wir nach der Show mit Peter Gabriel und unserem alten Tourmanager Richard McPhail in der Garderobe waren. Die Show an sich war bizarr. Alles war okay, bis ich auf die Setlist blickte und sah, dass es nur noch vier Songs waren. Das schwarz auf weiß zu sehen, machte mich durchaus emotional.
Das Ende von Genesis ist aber eben nicht das Ende der Karriere von Mike Rutherford. Du bist 72 – was lässt dich weitermachen?
Der englische Arbeitsethos natürlich. Zudem habe ich einen Job, in dem man auch mal etwas kürzer treten kann, wenn man das denn will.
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Mike Rutherford wird 70: 6 Fakten aus dem Leben der Genesis-Legende
Popkultur
Zeitsprung: Am 31.5.1948 kommt John Bonham von Led Zeppelin zur Welt.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.5.1948.
von Christof Leim
Am 31. Mai würde John Bonham seinen Geburtstag feiern. Doch leider starb der legendäre und ungemein einflussreiche Schlagzeuger von Led Zeppelin 1980 mit nur 32 Jahren. Blicken wir zurück auf ein ziemlich lautes Werk voller Kraft, Finesse und Groove.
Hört hier in die besten Songs von Led Zeppelin rein:
John „Bonzo“ Bonham gehört immer noch zu den ganz Großen: Dekaden nach seinem Tod steht der Drummer von Led Zeppelin regelmäßig an der Spitze diverser Ranglisten. So wählten die Leser des Rolling Stone den Briten gleich mehrfach zum „Besten Drummer aller Zeiten“. Als die Metal-Newsseite Blabbermouth 2008 fragte, welchen verstorbenen musikalischen Star die Fans gerne wieder zum Leben erwecken würden, nannten sie vor allem Bonham, noch vor Freddie Mercury und Elvis Presley. Bonham genießt weiterhin hohes Ansehen wegen seines besonderen Gespürs für den Groove eines Stückes, wegen seines eigenständigen Sounds, seiner Vielseitigkeit und nicht zuletzt wegen seiner Wucht und Geschwindigkeit, wenn es mal ordentlich zur Sache gehen musste.
Telegramm in die Kneipe
Das Gehämmer startet schon früh und ganz klassisch: Der am 31. Mai 1948 geborene John Henry Bonham setzt sich schon mit fünf Jahren vor Töpfe und Kaffeedosen, um seinen Vorbildern Gene Krupa und Buddy Rich nachzueifern. Als Zehnjähriger bekommt er von seiner Mutter eine Snare-Drum, mit 15 schenkt ihm sein Vater ein richtiges Drumkit. Unterricht nimmt John nie, doch er lernt von anderen Schlagzeugern aus seinem Heimatort Redditch in der Nähe von Birmingham. Mit 16 verlässt der Junge die Schule, der Schulleiter notiert: „Er wird entweder Müllmann oder Millionär.“ Von der Tischlerlehre bei seinem Vater hält er nichts, er schließt sich lieber seiner ersten semiprofessionellen Band an: Terry Webb & The Spiders. 1966 stößt er zu der Blues-Combo Crawling King Snakes. Ihr Sänger: Robert Plant. Die beiden starten die Band Of Joy, bis 1968 der erfolgreiche Sessiongitarrist Jimmy Page eine neue Gruppe gründet: Led Zeppelin. Er rekrutiert Plant, der wiederum schlägt seinen trommelnden Kumpel vor. Bonham lässt sich zunächst bitten, schließlich hat er auch Angebote von Joe Cocker und Chris Farlowe in der Tasche. Doch Page und Manager Peter Grant bleiben dran, sie schicken fast 50 Telegramme an Bonhams Stammkneipe. Es ist bezeichnend, dass man den Schlagzeuger anscheinend schon damals am ehesten dort antreffen konnte.
Damit sind Led Zeppelin geboren, eine der größten, wichtigsten, tollsten Bands in der Geschichte des Rock. Bassist John Paul Jones kommentiert später gegenüber dem Bonham-Biografen Chris Welch: „Schon als ich John Bonham das erste Mal spielen gehört habe, war mir klar, dass das großartig werden würde. Er wusste, was er tut, und er hatte einen verdammten Swing. Wir haben von Anfang an hervorragend zusammengepasst.“ 1969 erscheint das Debüt Led Zeppelin, der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. (Das Wichtigste zur Entstehung dieser ersten Platte könnt ihr hier nachlesen.).
Kunstvolles Geknüppel
Mit 21 Jahren gehört Bonzo zu einer der aufregendsten Bands der Welt. An deren Erfolg trägt er einen großen Anteil, denn bei Led Zeppelin liefert das Schlagzeug nicht nur einen netten Beat aus dem Hintergrund, sondern treibt und formt die Songs. Das hört man natürlich insbesondere bei den lauten Stücken, und laut kann er: In seinen Anfängen fliegt Bonzo mehr als einmal aus Clubs raus, weil er schlicht zu viel Lärm macht. Er benutzt die längsten und dicksten Schlagzeugstöcke, die er selbst „Bäume“ nennt, und nicht selten wird er – neben Cozy Powell und Keith Moon – als Inspiration für das kultige Trommelmonster Animal aus der Muppet-Show genannt.
Led Zeppelin 1975 in Chicago. Credits: more19562003
Aber Bonham kann nicht nur „feste“: Seine Fähigkeit zur Dynamik, zum Wechsel zwischen lauten und leisen Passagen, zeichnet Stücke wie No Quarter und das majestätische Stairway To Heaven aus. Zudem musiziert er höchst agil: Bei den ersten Aufnahmen des Songs Communication Breakdown lässt Kapitän Jimmy Page seinen Drummer einmal ein Kit mit zwei Bass-Drums benutzen, doch vergisst diese Idee schnell wieder, weil der Trommler einfach zu viel spielt. Auch Improvisation liegt Bonzo im Blut: Sein Drumsolo Pat’s Delight, aus dem später Moby Dick wird, dauert nicht selten über 20 Minuten.
Man hat es oder auch nicht
Dabei benutzt er sogar seine bloßen Hände, um andere Sounds zu ermöglichen. In späteren Werken wie Royal Orleans und Fool In The Rain lässt er sogar Latin- und Funk-Einflüsse hören. Bonham spielt nicht nur “Bumm-Tschak”, sondern variantenreich und melodisch (ja, das gibt es auch am Schlagzeug). Vor allem aber hat der Mann einen Groove am Leib, dass es nur so eine Art hat. Gemeint ist diese seltene und schwer zu fassende Qualität, einen Rhythmus besonders mitreißend klingen zu lassen. Wir empfehlen als Referenzen an dieser Stelle insbesondere den mächtigen Wumms von When The Levee Breaks, die Schubkraft von Rock’n’Roll sowie die Kopfnickerqualitäten und Experimentierfreudigkeit von Bonzo’s Montreux.
Natürlich zieht großer Erfolg einen gewissen Lebenswandel nach sich: Nicht nur verdienen Led Zeppelin eine gewaltige Menge an Geld und reisen mit einem hochgepimpten Luxusflugzeug durch die Gegend. Sämtliche Versuchungen und Erfrischungen stehen und liegen für die vier Musiker bereit. Bonhams Laster? Er trinkt gerne und viel. Als die vier Mitglieder sich für das Album Led Zeppelin IV (1971) jeweils ein Symbol ausdenken, wählt Bonzo ein Muster aus drei sich überschneidenden Kreisen. Das sieht mystisch aus und verspricht eine versteckte Bedeutung, doch laut Rolling Stone erinnert es vor allem aus wie das Logo einer Biermarke, die unserem Helden schmeckt.
Harley im Hotel
An seinem 25. Geburtstag befindet sich die Band gerade auf Tour in den USA, im Gepäck das brandneue Album Houses Of The Holy. Seine Bandkollegen schenken ihrem Drummer zur Feier des Tages eine brandneue Harley-Davidson. Wie man es halt so macht unter Kumpels auf dem Rockolymp. Bev Bevan, Schlagzeuger bei The Move und ELO, erzählt: „Damit ist er später ein paar Hotelflure rauf und runter gefahren und hat anscheinend eine ziemliche Verwüstung hinterlassen. Aber er ist am nächsten Tag für alle Schäden aufgekommen und hat sogar das Motorrad dagelassen. Unglaublich, aber so war er.“ Daneben liebt John Bonham historische Sportwagen, die er auf seiner Farm namens The Old Hyde in England sammelt. Dort lebt er mit seiner Frau Pat und den Kindern Zoë und Jason.
Doch die Tragödie naht schon: Am 24. September 1980 sammelt ein Assistent der Band, den Schlagzeuger ein, um ihn zu einer Probe für die anstehende Nordamerika-Tour zu bringen. Noch während der Fahrt gelüstet es Bonham nach einer Stärkung zum Frühstück: Bei einem Stopp kippt er vier Screwdriver, also Wodka-Orange, und zwar jeweils in vierfacher Stärke, „doppelte Doppelte“, wenn man so will. Während der Probe trinkt er weiter, weswegen sie manchen Quellen zu Folge auch abgebrochen wird. Die ganze Mannschaft zieht sich in das Haus von Jimmy Page zurück. Dort schläft Bonham nach Mitternacht ein und wird in ein Gästebett gelegt. Als am darauffolgenden Nachmittag Tourmanager Benji LeFevre und Bassist John Paul Jones nach ihm schauen, reagiert er nicht mehr. John Bonham ist tot. Er wurde nur 32 Jahre alt.
Zu viel ist zu viel
Eine Untersuchung ergibt, dass der Drummer innerhalb von 24 Stunden etwa 40 „shots“ Wodka in sich hinein gekippt hat, was etwa 1 bis 1,4 Liter entspricht. Das kann nicht gut gehen: Bonham muss sich während der Nacht erbrechen und erstickt daran. Weitere Drogen werden in seiner Blutbahn nicht nachgewiesen, auch kein Heroin, von dem er erst kurze Zeit vorher losgesagt hatte. Allerdings nahm er das Psychopharmakum Motival, um Anspannung und Angstzustände zu bekämpfen. Ob dieses Mittel mit dem Alkohol interagierte, ist unklar. John Bonham wird eingeäschert und am 12. Oktober 1980 bestattet. Seine Tochter Zoë ist zu diesem Zeitpunkt fünf Jahre alt, später wird sie erfolgreiche Sängerin. Sein Sohn Jason war damals 14, er lernt ebenfalls das Schlagzeugspielen und trommelt in der Folge unter anderem bei UFO, Foreigner, Black Country Communion und seiner eigenen Band Bonham. Er trommelt auch beim letzten Reunionkonzert der überlebenden Led Zeppelin-Mitglieder 2007 in London.
Der Schock sitzt tief. Zu wichtig ist Bonzos Einfluss für die Band, als dass sie ihn ersetzen könnte. Am 4. Dezember veröffentlichen Led Zeppelin eine Erklärung: „Wir möchten bekannt geben, dass der Verlust unseres geliebten Freundes und der tiefe Respekt gegenüber seiner Familie in Verbindung mit dem Gefühl von unteilbarer Harmonie uns zu der Entscheidung gebracht haben, nicht weiter zu machen.“
Doch Bonzos Vermächtnis lebt in Tausenden Rocksongs weiter. Dave Grohl von den Foo Fighters formuliert es so: „John Bonham spielte Schlagzeug, als wüsste er nicht, was als nächstes passiert. Als würde er am Rand einer Klippe herumtaumeln. Niemand konnte ihm seitdem das Wasser reichen, und ich glaube, das wird auch nicht passieren. Er wird für immer der beste Drummer aller Zeiten bleiben.“
John Bonhams Grab. Credits: Ebbskihare
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Zeitsprung: Am 25.10.1968 heißen Led Zeppelin zum ersten Mal Led Zeppelin.
Popkultur
Marie Fredriksson wäre 65 geworden: Die Roxette-Sängerin im Porträt
Sie sind der zweitgrößte schwedische Pop-Export, gleich hinter ABBA. Mehr als 30 Millionen Platten haben Roxette im Lauf ihrer jahrzehntelangen Karriere verkauft. Eins der beiden Gesichter der Gruppe: die viel zu früh verstorbene Frontfrau Marie Fredriksson. Sie wurde nur 61 Jahre alt. Das ist ihre Geschichte.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch einige der größten Hits von Roxette anhören:
Zur Welt kommt Gun-Marie Fredriksson am 30. Mai 1958 in der Nähe des schwedischen 200-Seelen-Dorfes Össjö. Als sie vier Jahre alt ist, verkaufen ihre Eltern den Bauernhof der Familie und ziehen in das geringfügig größere Östra Ljungby um. Weitere drei Jahre später stirbt Maries älteste Schwester Anna-Lisa bei einem Autounfall; der Schock in der Familie sitzt tief. „Danach war ich auf mich allein gestellt“, verrät Marie in einem Interview. „Ich war erst sieben Jahre alt.“
Maries Eltern arbeiten Vollzeit, können sich aber keine Kinderbetreuung leisten, weshalb Marie und ihre Geschwister viel Zeit zuhause verbringen. Sie lernen das Notenlesen, singen und üben auf verschiedenen Instrumenten. Dabei spielt auch der Pastor in Östra Ljunby eine zentrale Rolle, der die musikinteressierten Kinder unterstützt. „Ich habe sehr schöne Erinnerungen an Östra Ljungby, sogar nachdem meine große Schwester gestorben war“, erinnert sich Fredriksson. Ihre Musikbegeisterung wird sie nicht mehr verlieren.
Marie Fredrikssons musikalische Anfänge
Als Marie älter wird, entdeckt sie die Beatles, Joni Mitchell und Jimi Hendrix, schreibt sich mit 17 an einer Musikschule ein und komponiert Musik für die Amateurtheaterstücke ihrer Freunde. Das Problem: Keiner aus dem Cast hat einen ähnlichen Stimmumfang wie die junge Musikerin, weshalb sie sich schließlich selbst auf die Bühne stellt. Mit einem Musical, das Fredriksson mitkomponiert hat, tourt die Gruppe durch Schweden — und absolviert sogar einen Auftritt vor dem damaligen Premierminister Olof Palme.
Nach ihrem Abschluss im Jahr 1977 zieht Fredriksson nach Halmstad, wo sie in die Indie-Szene eintaucht und eine Punk-Band gründet — wie man das halt Ende der Siebziger so macht. Die Gruppe heißt Strul und mit ihr feiert Fredriksson ihre erste Erfolge. So spielt sie mit dem Projekt zahlreiche Konzerte und tritt im Fernsehen auf. Zu Beginn der Achtziger ist die Luft raus: Nach einem „desaströsen“ Konzert, das auch noch im schwedischen Radio übertragen wird, lösen sich Strul auf.
Marie Fredrikssons Karriere mit Roxette
Fredrikssons nächstes Projekt heißt MaMas Barn und die Gruppe teilt sich einen Proberaum mit der erfolgreichen schwedischen Gruppe Gyllene Tider. Dort spielt auch ein Herr namens Per Gessle mit — und er soll ein wichtiger Bestandteil von Fredrikssons Leben werden. Zunächst überredet der Gitarrist Fredriksson noch zu einer Solokarriere. Doch 1986 schließen sich die beiden zusammen und gründen eine Band, die Pop-Geschichte schreiben wird: Roxette.
Ob It Must Have Been Love, Listen To Your Heart oder The Look: Im Lauf ihrer jahrzehntelangen Karriere landen Roxette großartige Hits, werden zu Dauergästen in den Charts und feiern auch in Übersee große Erfolge — und das obwohl der amerikanische Ableger der Plattenfirma von Roxette dem schwedischen Duo damals bescheinigt hatte, nicht zum US-Markt zu passen. Sieben Hit-Alben veröffentlichen Roxette von 1986 bis 2001. Doch dann schlägt das Schicksal zu.
Marie Fredrikssons viel zu früher Tod
Als Marie Fredriksson am 11. September 2002 mit ihrem Mann Mikael Bolyos joggen geht, fühlt sie sich plötzlich unwohl. Sie bricht im Badezimmer zusammen, zieht sich dabei eine Schädelfraktur zu und erleidet einen epileptischen Anfall. Nicht „nur“ das: Bei der anschließenden Untersuchung kommt raus, dass sie an einem Hirntumor leidet. Er kann in einer aufwändigen Operation entfernt werden; anstrengende Chemo- und Strahlentherapien sind die Folge. Doch Fredriksson kämpft sich ins Leben zurück.
Gemeinsam mit ihrem Mann nimmt sie neue Musik auf, als eine Art Therapie. Das daraus resultierende Album heißt The Change, erscheint am 20. Oktober 2004 und gerät zu einem vollen Erfolg. „Es waren drei schwere Jahre, aber ich bin gesund“, meldet sich Fredriksson 2005 in einem Interview zurück. Roxette liegen zunächst auf Eis. Das ändert sich im Jahr 2009: Fredriksson und Gessle gehen wieder gemeinsam auf Tour. 2011 erscheint mit Charm School das erste Roxette-Album seit zehn Jahren; drei weitere Folgen.
Im Jahr 2019 wird offensichtlich, dass Fredrikssons Krebserkrankung nicht so besiegt ist wie gedacht. Am 9. Dezember lautet die traurige Nachricht: Marie Fredriksson ist im Alter von gerade einmal 61 Jahren verstorben. Sogar der schwedische König Carl XVI. Gustaf zollt der Sängerin seinen Respekt und sagt: „Für viele Menschen in unserem Land, auch in meiner Familie, ist ihre Musik eng mit Erinnerungen an besonders wichtige Momente im Leben verbunden.“ Sorgen wir dafür, dass die Erinnerung bleibt. Ruhe in Frieden, Marie.
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