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Popkultur

Review: Pearl Jam klingen auf „Dark Matter“ so gut wie zuletzt in den Neunzigern

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Pearl Jam
Foto: Danny Clinch

Andrew Watt hat es wieder getan: Nach den Stones revitalisiert der Produzent auch Pearl Jam – und ermöglicht ihnen mit Dark Matter das beste Album seit Vitalogy. Ein Triumph!

von Björn Springorum

Alle sind Swifties. Sogar Eddie Vedder. Der verglich die Community bei einem Taylor-Swift-Konzert kürzlich mit der Energie und dem Zusammenhalt früher Punk-Shows. Heute erscheint das neue Album seiner Band Pearl Jam – am selben Tag also wie The Tortured Poets Department von Taylor Swift. In Sachen Verkaufszahlen sind natürlich eher Pearl Jam der Punk, an Swift wird es kein Vorbeikommen geben. Aber auch das dürfte einem wie ihm nichts ausmachen. Seine Band und er befinden sich in einer außerordentlich guten Phase, sind sehr zufrieden mit der neuen Platte Dark Matter.

Am Anfang steht ein Stones-Riff

Ganz kurz muss man im Opener Scared Of Fear dann aber die Stirn runzeln: Das Auftaktriff lässt eher einen Stones-Song als Pearl Jam vermuten. Vielleicht ist das ja die Schuld von Andrew Watt, der nicht nur Hackney Diamonds so klingen ließ wie das Album von einer Band, die halb so alt ist wie die Stones; auch Pearl Jam hat er verjüngt, energetisiert, dafür gesorgt, dass sich die Band neu in sich selbst verliebt. Da kann man schon mal was verwechseln.

Etwas besseres hätte Eddie Vedder und Kollegium aber gar nicht passieren können. Und davon haben natürlich auch wir alle etwas. Angekündigt als das härteste Pearl-Jam-Album seit Jahren, brilliert Dark Matter vor allem durch sein unbändiges Energielevel. Das Album ist im besten Sinne explosiv, springt einen direkt an, verbeißt sich. Auch der zweite Song React, Respond ist ein Sprengsatz, aufgeladen mit roher Emotion, gewaltigen Riffs und einem entfesselten Vedder am Mikro. Unglaublich, dicht, ergreifend – und so gut wie zuletzt vor 30 Jahren.

Grunge-Veteranen in Bestform

Vitalogy kommt einem unweigerlich in den Sinn, dieses große Rockalbum der Neunziger, aber auch Vedders folkige, Springsteen-eske Solosachen. Der Fokus des Albums liegt aber auf übergroßen, kolossalen Rock-Epen. Dazu zählt auch der gewaltige Titeltrack. Das Tempo nehmen sie nur zwischendrin raus. Die allerbesten Atempausen sind das nicht: Won’t Tell etwa kommt zwischen Country-Vibe und Stadionrock etwas beliebig daher; besser macht es da schon das langsam ansteigende, sehnsüchtige Upper Hand. Am allerbesten bleibt die Band aber, wenn sie auf Elf dreht. Und ihrer eigenen Vita, insbesondere den prägenden Alben der Neunziger, durch die Brille der Gegenwart einen Besuch abstattet. Bestes Beispiel dafür ist Waiting For Stevie – ein getragener, gezeichneter Song mit Grunge-Vibe und kratziger Stimme. 


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Inhaltlich setzt sich Vedder vornehmlich mit Dingen auseinander, die zu Ende gegangen sind, bald zu Ende gehen oder eventuell zu Ende gehen könnten. Das musikalische Pendant dazu ist aber eben alles andere als eine Nostalgiebutterfahrt, sondern eher die Ouvertüre für eine neue Ära in der Karriere der Seattle-Helden. Der Bass blubbert, die Soli begeistern, die Riffs rasieren, die Produktion ist kantig, präsent, muskulös: Dark Matter ist ein Destillat aus ihren Heldentaten der Neunziger, unterlegt mit Vedders Vorliebe für Fernwehmusik und jahrzehntelanger Erfahrung.

Ein lauter zweiter Frühling

Viele hatten Pearl Jam im neuen Jahrtausend schon abgeschrieben, ihre Musik klang blutleer, lustlos, irrelevant. 2020 zeigten Pearl Jam dann mit Gigaton, dass man sie vielleicht doch noch nicht ganz vergessen sollte. Und vier Jahre später jetzt das. Ein definitives Statement, ein zweiter Frühling, eine Band, die sich neu er- und gefunden hat. Das macht 48 Minuten lang tierisch viel Spaß – eben weil man hört, dass die Band selbigen beim Einspielen hatte.

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