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Popkultur

Wie Shirley Bassey dank George Harrison vor 50 Jahren ihr Comeback gelingt

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Foto: David Redfern/Redferns/Getty Images

An der Seite von 007 wurde sie zum Weltstar, doch gegen Ende der Sechziger beginnt ihr Stern zu sinken. 1970 nimmt sie Something von den Beatles auf – und startet überraschend in ihre erfolgreichste Phase.

von Björn Springorum

Shirley Bassey ist eine der bedeutendsten britischen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Aktiv seit fast 50 Jahren, dekoriert mit einem Ritterorden ebenso wie mit einem Brit Award für die beste britische Sängerin. Als jüngstes von sechs Kindern ist das schon ein ziemlich beachtlicher Lebensweg – und für eine Frau, die als Tochter eines nigerianischen Vaters und einer nordenglischen Mutter in einfachen Verhältnissen in dem walisischen Nest Splott aufwächst, gleich noch mal so viel.

Vom Pub auf die Kinoleinwand

Lange bevor sie ihren weltweiten Triumph als unverkennbare, ebenso kraftvolle wie lockende Stimme im Bond-Klassiker Goldfinger (1964) feiert, singt sie an den Wochenenden in Pubs. Glaubt man ihrer Biografie, war sie damals 14. 1955, die junge Bassey ist mittlerweile volljährig, hat sie es  ins Londoner West End geschafft, mit 20 singt sie in New York City und Las Vegas und beginnt ihre Karriere als Interpretin.

Wirklich los geht ihre Karriere aber eben erst mit dem Titelsong für Goldfinger, der 1965 die Charts erobert. Was kaum jemand weiß: Noch im selben Jahr singt sie das Titelstück der James-Bond-Parodie The Liquidator, was schon von ziemlich viel Selbstironie und Selbstbewusstsein zeugt. Bei so einer Stimme aber kein Wunder: Kopfstimme trifft Bauchstimme, Technik trifft Gefühl – Bassey singt so durchdringend, dass ihr die Welt zu Füßen liegt. Und erfindet so ganz neben bei eine popkulturelle Tradition.

Selbstironisch und mutig

Die begeisterten Bond-Produzenten heuern sie für den nächsten 007 gleich schon wieder an. Doch ihr Mr Kiss Kiss Bang Bang wird letztlich doch nicht in Thunderball verwendet. Bassey dürfte das zu diesem Zeitpunkt noch egal gewesen sein, dass ihr walisischer Kollege Tom Jones stattdessen den Titelsong croonen darf. Wenig später sinken ihre Verkäufe in Großbritannien aber beträchtlich, Bassey ist auf bestem Wege zum One-Hit-Wonder. Mit so einer Stimme darf das natürlich nicht passieren, doch der Markt ist streng: Selbst Big Spender, längst weltberühmt, schafft es 1967 nicht mal in die UK Top 20.

Die Siebziger beginnen für sie zunächst also nicht sonderlich verheißungsvoll. Leichter wäre es ihr sicherlich gefallen, wenn sie gewusst hätte, dass sie noch vor Ende dieses Jahrzehnts mit Moonraker ihren dritten Theme-Song für einen Bond-Film abliefern und schon 1971 mit Diamonds Are Forever einen der besten 007-Songs überhaupt platzieren würde. Zunächst sind da aber mal der fehlende Erfolg und die Unsicherheit. Einer BBC-Show folgt dann eine intime, aber überaus erfolgreiches Engagement im legendären Talk Of The Town-Nachtclub.

Erfolgreicher als die Beatles

Und dann kamen, wie so oft, die Beatles. Für den Titeltrack ihres Comeback-Albums Something sucht sie sich die wunderschöne Abbey Road-Nummer von George Harrison aus, diesen Song also, den Sinatra zum größten Liebeslied aller Zeiten erklärte – und feiert damit größere Erfolge als seinerzeit die Originalaufnahme! Mit Fool On The Hill enthält die CD-Fassung sogar noch ein weiteres Beatles-Cover, doch ihre grandiosen Rückkehr auf die Bühne der Welt hat in diesem Fall eher mit der Harrison-Nummer zu tun. Besser gesagt mit ihrer spektakulären Umsetzung: Dramatisch, glamourös, dem Kern des Songs treu ergeben: Bassey trifft 1970 einen Nerv, der ihre erfolgreichste Karrierephase mit 18 erfolgreichen Platten binnen einer Dekade einläutet – und in Moonraker kulminiert.

Mal wieder bemerkenswert. Denn eigentlich rät man ihr ab, diese Nummer aufzunehmen. „Jeder sagte mir: Das ist ein Beatles-Lied, es ist für eine Band!“, erinnert sie sich später. „Doch je mehr sie mir sagten, dass ich es nicht tun sollte, desto mehr wollte ich es tun.“ Geschenkt, dass sie ganz zu Anfang nicht mal wusste, wer die Nummer komponiert hatte; wichtiger ist, dass sie den Männern in der Industrie nicht die Oberhand überlässt. Und sie eines Besseren belehrt.

Das Cover von „Something“

Hat sich gelohnt: Bis heute ist Bassey britisches Nationalheiligtum. Sie singt bei Queen Elizabeths Geburtstag, bei den Oscars und wird im Jahr 2000 zur Dame Commander of the Order of the British Empire (DBE) ernannt. Noch Ende 2019, kurz vor ihrem 83. Geburtstag, tritt sie live auf – noch immer so viel mehr als die Dame, die den Bond-Song erfand.

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