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Popkultur

Tommy Tedesco – Portrait vom großen Gitarristen mit dem großen Herzen

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Heute wenden wir uns mal einem Mann zu, der zwar nie als schillernder Rockstar auf der Bühne von Tausenden bejubelt, aber dennoch von Millionen gehört wurde. Dessen Melodien jeder vor sich hin summen kann und der auf sechs Saiten mehr Musikgeschichte geschrieben hat, als die meisten Seiner Kollegen zusammengenommen. Tommy Tedesco war seit den 50er Jahren einer der gefragtesten Studio-Gitarristen seiner Zeit und ja, Tommy hat mit den ganz schweren Mädels und Jungs gespielt.

Aber bevor wir jetzt mit dem obligatorischen Name-Dropping aller möglichen Popstars und Legenden anfangen, hier die wahrscheinlich beste Nummer aus seiner Karriere vorweg: Tommy hat die legendäre Bonanza Melodie eingespielt! Oh ja, so unwirklich das jetzt auch klingt, aber zu seinen Gitarren-Künsten sind Little Joe und Co. durch die Flimmerkiste geritten! Also, wer jetzt  noch nicht darauf brennt zu erfahren, wie dieses kleine Ausnahme-Künstler Portrait wohl weiter gehen mag, dem können wir auch nicht mehr helfen.


 

Musik-Kritiker Michael Leonard hat die vielleicht treffendsten Worte gefunden, mit den man einen Text über Tommy Tedesco eröffnen könnte: The most famous Guitarist you’ve never heard of.

Wie gesagt, das mit dem „never heard of“ gilt in vielen Teilen wahrscheinlich nur für seinen Namen, nicht für seine Arbeit. Denn Tommy war als Studio- und Session-Gitarrist der „First Call“ in den Kalifornischen Studios. Sprich: Immer wenn ein großer Star oder eine große Fernseh-Produktion (oder beides) Gitarren eingespielt haben wollte, ging bei Tommy zu Hause das Telefon. Und nicht nur das, als Teil der Wrecking Crew war er auch Teil eines Musiker-Kollektivs, das zusammen als eines der besten und hochkarätigsten Studio-Bands aller Zeiten gilt. Der heilige Gral eines jeden Session Musikers also. Wie er es dorthin geschafft hat? Fangen wir am besten ganz vorne an…


Schaut euch hier ein Video mit Tommy Tedesco und seinen großartigen Gitarrenkünsten an:


 

Geboren im Juli 1930 auf der Amerikanischen Seite von Niagara Falls, zieht es den jungen Tommy bereits mit Anfang 20 weg von der Ostküste hin nach Los Angeles, unter die freundlich lächelnde Kalifornische Sonne. Stück für Stück machte er sich einen Namen in den Studios der Entertainment Hauptstadt, die wohl mit dem höchsten Konkurrenzdruck für Musiker aufwarten kann. Denn dort, in L.A. will wirklich jeder den großen Durchbruch schaffen. Wir reden hier ja schließlich nicht von Onkel Herberts Cover-Band, die mit schlecht programmiertem Ohren-Missbrauch das Bierfest im Nachbardorf aufzuheizen versucht. Nein, wir reden von Phil Spector, Frank Zappa, Elvis Presley oder Frank Sinatra. Richtig, da sollte man schon wissen, was man macht. Und das, da konnte man sich sicher sein, wusste Tommy.

Zu seinem Glück bemerkten das auch bald die hiesigen Arrangeure, Produzenten und Sänger, die in der Stadt ihr Unwesen trieben. Aber nicht nur sein begnadetes Talent an der Gitarre und anderen besaiteten Instrumenten oder seine Fähigkeit, die ihm vorgelegten Noten schnell verinnerlichen zu können verhalfen ihn zu dieser begnadeten, ja im Grunde unvergleichlichen Situation. Mindestens genauso wichtig war seine Persönlichkeit, sein freundliches und zuvorkommendes Verhalten und – last but not least – sein berühmt berüchtigter Humor, mit dem er selbst den ganz stressigen Sessions eine beschwingte Stimmung geben konnte.


Diese rare Mischung aus großem Talent, stetiger, harter Arbeit und einem – trotz allem Drucks – leichtherzigem Witz brachten seine Klänge auf all diese wunderbaren Platten und Songs. Nehmen wir nur einmal den erhebenden Schwung in God Only Knows von den Beach Boys oder den belebenden Drive in Be My Baby von den Ronettes und wir wissen, welche Qualitäten unser Italo-Amerikanische Freund in die Studio-Luft feuern konnte.


 

Aber nicht nur sein Popmusik-Kundenportfolio liest sich wie die Gästeliste beim letzten Abendmal der Plattenindustrie, auch seine Referenzen in Sachen Film und Fernsehen klingen irgendwie – naja, was ist jetzt ein passendes Wort dafür? – übermenschlich? Nicht von dieser Welt? Wie ein wunderbarer Fiebertraum? Wir können uns nicht entscheiden, aber irgendetwas dazwischen wird es wohl sein. Wir hatten es ja grade schon: Mit der Bonanza-Theme war Tedesco immer mit uns auf der Ponderosa Ranch, aber auch in der Batman Serie ging er mit uns in Gotham auf Verbrecher-Jagd, hat mit Indiana Jones den Tempel des Todes bezwungen, mit Rocky im Ring gestanden und dem Paten bei seinen sauberen Geschäften geholfen. Genau, da war was mit Schuhen aus Beton und im Fluss baden gehen – aber das ist jetzt eine andere Geschichte.


 

Jedenfalls könnte man diese pophistorische Gigantenliste noch unbeirrt über einige Seiten fortführen – machen wir aber nicht. Denn der wichtigste Punkt sollte klar geworden sein: Tommy Tedesco hat so ziemlich jedem großen Werk zwischen den 50er und 90er Jahren seine „Wärme“ verliehen, wie er es selbst gerne nannte. Ob es irgendwann einen zweiten Tedesco geben wird, steht in den Sternen. Jedenfalls sind es große Fußstapfen, die da gefüllt werden müssen. Aber Tommy, mit seinem großen Herzen, würde es wahrscheinlich jedem talentierten Newcomer gönnen. Am 10. November 1997 ist Tommy Tedesco gestorben… und am besten erinnern wir uns mit einem Zitat, das sich jeder Musiker gerne mit in den Proberaum nehmen kann: „,Üben’ ist ein Wort, das ich nicht benutze. Ich sage ,spielen’ dazu. Wenn du spielst, wirst du besser. Ich spiele eine ganze Menge, also werde ich auch jeden Tag besser!“

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