------------

Popkultur

Zum 70. Geburtstag von Udo Dirkschneider: Der Urschrei des Heavy Metal

Published on

HEADER
Foto: Pete Cronin/Getty Images

Heavy-Metal-Sänger gibt es viele. Aber niemand ist wie Udo Dirkschneider. Zum 70. Geburtstag des Sängers blicken wir auf über 50 laute Jahre zurück – und stellen fest, dass immer noch kein Ende in Sicht ist.

von Björn Springorum

Für Udo Dirkschneider war sehr früh klar: Sein Leben würde irgendwas mit Stahl zu tun haben. Entweder er würde die elterliche Werkzeugfabrik übernehmen – oder sein Leben in den Dienst des Heavy Metal stellen. Schwermetall an allen Fronten also, eine mehr als schicksalhafte Ausgangsposition für die prägendste Stimme im deutschen Heavy Metal. Dabei fing musikalisch strenggenommen sogar alles mit einem Keyboard an. Der Traum vom wilden Leben als Rock’n’Roller sieht zwar anders aus, aber man muss ja mal irgendwo starten.

Stimme wie ein Skalpell

Es blieb natürlich nicht beim Keyboard und auch nicht bei den ersten musikalischen Gehversuchen in einem Kinderzimmer irgendwo in Wuppertal. Stattdessen bei der Band X, gegründet noch in den späten Sechzigern. 1971 dann die Umbenennung in Accept, ein merkwürdiger Name eigentlich für eine harte Band, aber eben von den Briten Chicken Shack entlehnt. Das war die Band, deren Gitarrist Stab Webb mit einem 60 Meter langen Kabel bei Konzerten zwischen den Zuschauern umherstromerte.

Ansonsten ist der junge Dirkschneider Fan der Stones und von Queen, covert gern auch mal deren Songs. Erste eigene Gehversuche gestalten sich als schwierig. Das Debüt Accept kommt 1979 noch im Hard-Rock-Gewand daher, auch der Nachfolger I’m A Rebel wird eher lauwarm empfangen. Was damals schon durchdringt, sind Udo Dirkschneiders unnachahmlicher Gesang, der wie ein Skalpell ins Gehör dringt, und Wolf Hoffmanns muskulöse Gitarrenarbeit. Der Urschrei ist getan.

Einfluss für Metallica und Slayer

Der Siegeszug des New Wave Of British Heavy Metal wird auch für Accept zum Sprungbrett. Mit ihrer dritten Platte Breaker gelingt ihnen der Sprung aufs internationale Parkett, eine (finanziell verlustreiche) Tour mit Def Leppard und Judas Priest tut ihr Übriges, um Accept als deutsches Stahlqualitätsprodukt zu etablieren. Solingen kann eben Stahl.

Vor 40 Jahren dann beginnt die goldene Ära der Band: Dirkschneider, Hoffmann und ihre Crew veröffentlichen in rapider Sukzession die Alben Restless And Wild, Balls To The Wall und Metal Heart. Jedes für sich ist ein Wegweiser, ein Leuchtturm, ein Meilenstein der deutschen Heavy-Metal-Geschichte, auf die sich noch heute Legionen von Bands beziehen. Selbst Metallica und Slayer nennen Accept als ihre Einflüsse – und für Sebastian Bach von Skid Row ist Dirkschneider eh the most metal name ever.

Rausschmiss aus der eigenen Band

Paradoxerweise verkennt die Band, dass Accept zu einem nicht geringen Teil wegen Dirkschneiders Sirene überhaupt erst so erfolgreich werden konnten. Angestachelt vom Erfolg (allein von Restless And Wild kann die Band über zwei Millionen Exemplare absetzen) will sie kommerzieller werden und setzt Gründer, Aushängeschild und Frontmann Dirkschneider 1986 einfach vor die Tür. Man kann sich ja denken, dass das keine gute Idee ist.

Dass es so eine schlechte Idee ist, kann man dann aber aber auch wieder nicht vorhersehen: Das Album Eat The Heat ist ein Flop, bei einer USA-Tour kloppen sich die Bandmitglieder, die Band wird kurzerhand aufgelöst. Dirkschneider lässt sich nicht unterkriegen, formiert in Rekordzeit seine neue Band U.D.O. und veröffentlicht noch 1987 sein Debüt Animal House. Geschrieben wurde es noch von seinen alten Bandkollegen, quasi als Abschiedsgeschenk. „Man hat mir mein Soloprojekt auf dem goldenen Tablett präsentiert“, so resümierte er mal. War ja aber eigentlich auch das Mindeste.

Der Heavy Metal als Konstante

Während seine alte Band erfolglos versucht, im Fahrwasser der Scorpions noch größer zu werden, macht Dirkschneider mit U.D.O. einfach weiterhin das, was er am besten kann: Klassischen Heavy Metal, besessen von einer Stimme, die klingt wie keine zweite. Das kommt an: Er spielt Touren mit Guns N’Roses und Ozzy Osbourne, gibt weiter Gas, raucht aber auch wie ein Schlot. Ein Herzinfarkt später muss er die Dinge etwas ruhiger angehen, versöhnt sich mit Accept und veröffentlicht in den Neunzigern noch mal drei Platten mit ihnen.

Der Dark Schneider

2005, nach einer weiteren vorübergehenden Reunion, kommt es endgültig zum Bruch zwischen ihm und seiner alten Band, die Streitereien gehen sogar vor Gericht. Der Heavy Metal bleibt die einzige Konstante in seinem Leben. Und die Verehrung seiner Fans ist ihm gewiss. In der japanischen Animeserie Bastard!! gibt es mit Dark Schneider sogar einen Charakter, der nach ihm benannt ist.

Bis heute veröffentlicht er unter U.D.O., Dirkschneider oder auch als Dirkschneider & The Old Gang regelmäßig Platten, geht auf Tournee, gastiert auf den größten Festivals. Der Dienst für den Heavy Metal, er kennt eben keinen Ruhestand. Am 22. April wird das Album My Way ercsheinen, eine persönlich kuratierte Sammlung von Coverversionen prägender Songs. Sogar auf deutsch singt Dirkschneider da mal – beim Wolfsheim-Cover Kein zurück.

Udo Dirkschneider, das sind 70 Jahre Heavy-Metal-Kult. 168 Zentimeter purer Stahl. Der Urschrei des Heavy Metal feiert runden Geburtstag – hoch soll er leben!

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Zeitsprung: Am 2.10.1982 geben sich Accept „Restless And Wild“.

Don't Miss