Popkultur
Zeitsprung: Am 26.4.1982 fallen The Clash-Shows aus: Joe Strummer ist verschwunden.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.4.1982.
von Christof Leim
Kurz vor dem Erscheinen des Albums Combat Rock überredet der Manager von The Clash seinen Sänger und Gitarristen Joe Strummer, für eine Weile „unauffindbar“ zu sein. Mit diesem künstlichen Drama sollen die Vorverkäufe für eine anstehende Tour angekurbelt werden. Doch Strummer verschwindet „in echt“: Wochenlang weiß keiner, wo er sich aufhält. Deshalb wird am 26. April 1982 das erste Konzert abgesagt, der Rest der Tour lässt sich ebenfalls nicht lange halten… Und Strummer? Der läuft währenddessen beim Paris-Marathon mit. Bitte was? Hier kommt die ganze Geschichte.
Hört zur Lektüre in die besten The Clash-Songs rein:
Ganz rund läuft es nicht für The Clash Anfang 1982: Zwar haben die britischen Punkrocker ein neues Album namens Combat Rock im Kasten und zu seinem geplanten Erscheinen im Mai eine Tour quer durch Großbritannien gebucht, doch die Truppenmoral lässt zu wünschen übrig. Frontmann Joe Strummer und Gitarrist Mick Jones bekommen sich ständig in die Haare, während Drummer Topper Headon zu viele ungesunde Substanzen konsumiert. Als dann auch noch der Kartenvorverkauf für die 19 Shows schlecht läuft, lässt sich Manager Bernie Rhodes einen cleveren Plan einfallen: Joe Strummer soll ganz mysteriös für eine Weile verschwinden, alle sollen nach ihm suchen, vor allem sollen alle über The Clash reden – und ganz viele Tickets kaufen. Dafür müsste der damals 29-jährige Sänger und Gitarrist nur zu einem Kumpel nach Texas fliegen und ein paar Tage den Ball flach halten.
Gemütlich in Paris
Doch Mr. Strummer hat andere Pläne: Er verwandelt kurzerhand sein gefälschtes Verschwinden in ein echtes. Nach einem Interview am 21. April 1982 fährt er mit dem Schiff nach Paris. Da macht er es sich mit seiner Freundin Gaby Salter gemütlich, hängt in Kneipen rum und lässt sich einen Bart wachsen. Er selbst erzählt das in der Dokumentation Joe Strummer: The Future Is Unwritten: „Ich fand es witzig, Bernie kein einziges Mal anzurufen. Er würde sich dann ernsthaft fragen, wo ich abgeblieben bin. Ach ja, beim Paris-Marathon bin ich auch mitgelaufen. Irgendwann haben sie einen Privatdetektiv angeheuert, um mich zu finden.“ Halt, Stopp. Ein Marathon, 42,195 Kilometer? Das kann ein hart lebender Rock’n’Roller doch nicht einfach so mal machen. Oder doch? Mehr dazu gleich.
Weil Strummer sich nach seinem geplanten Texas-Trip nicht zurückmeldet und niemand etwas von ihm hört, beginnen Management und Freunde, sich Sorgen zu machen. Zudem geht der ursprüngliche „schlaue“ Plan völlig nach hinten los, denn die Fans kaufen sich angesichts einer Band ohne Frontmann nicht mehr Tickets, sondern weniger.
Es entgleitet
Am 26. April 1982 wird schließlich offiziell der erste Termin der Tour in Aberdeen abgesagt, am nächsten Tag auch die Show in Inverness. Damit wird die Angelegenheit immer weiter bekannt. Drei Tage später fordert die neue Ausgabe der Zeitschrift NME sogar die Fans auf, sich mit Spuren und Hinweisen in der Redaktion zu melden. Am 4. Mai, ganze 13 Tage nach dem letzten Lebenszeichen von Strummer, sind weitere elf Termine auf den Sommer verschoben worden. Und immer noch weiß niemand, wo der Herr Musiker sich rumtreibt. Allerdings tauchen Gerüchte auf, er sei in London und Paris gesichtet worden. Deshalb verkündet am 8. Mai ein enger Freund und Bandintimus namens Kosmo Vinyl, dass man einen Privatdetektiv engagiert habe. Am 14. Mai erscheint trotz dieses Durcheinanders die fünfte Clash-Platte Combat Rock. Kurz darauf werden alle anderen Konzerte abgesagt, und Kosmo Vinyl begibt sich nach Paris. Erst am 18. Mai, einen Monat nach seinem Verschwinden, wird Joe Strummer dort in seiner Lieblingskneipe aufgespürt. Die Details erinnern an eine Detektivgeschichte (siehe hier), der zeitliche Ablauf lässt sich hier nachlesen.
Verschwindet für einen ganzen Monat: Joe Strummer von The Clash
Der Rock’n’Roll hat Joe Strummer nun wieder, und die Maschine rollt sofort los: Am 20. Mai spielen The Clash bereits auf dem Lochem Festival in den Niederlanden – und sind angeblich fürchterlich. Es ist der letzte Gig mit Drummer Topper Headon. Originalschlagzeuger Terry Chimes kehrt zurück, die Band tourt ausführlich in Nordamerika und holt die ausverkauften UK-Shows nach. Combat Rock wird dank der Songs Should I Stay Or Should I Go und Rock The Casbah zum größten Erfolg der Truppe. Jahre später erläutert Strummer erneut im NME die Gründe für sein Abtauchen: „Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich noch am Leben bin. In einer Band zu spielen, hat sich angefühlt, als wäre ich ein Roboter. Anstatt durchzudrehen oder verrückt zu werden, hielt ich es für klüger, das zu tun, was ich da getan habe, und wenn es nur für einen Monat ist.“
Marathon? Ernsthaft?
Aber was war denn nun mit dem Marathon? Es fällt schwer zu glauben, dass ein nicht notwendigerweise gesund lebender Rocker 42 Kilometer weit laufen kann oder will. Der Sport- und Popkultur-Blog Grantland nimmt diese Behauptung ausführlich unter die Lupe und verfolgt eine Menge an Indizien: So fehlt auf dem Bildmaterial so etwas wie eine Startnummer, aber Strummer trägt eine Art Medaille um den Hals. Der Fotograf bestätigt die Geschichte, dass der Sänger gelaufen sei, will aber nicht ins Detail gehen, und die Freundin klingt noch nebulöser. Die offiziellen Aufzeichnungen des Paris-Marathons führen weder eine Gaby Salter noch einen Joe Strummer, auch nicht unter seinem richtigen Namen John Mellor. Allerdings scheint nachgewiesen, dass der Mann tatsächlich ein Jahr vorher und ein Jahr später, also 1981 und 1983, beim Marathon in London mitgelaufen ist. Es gibt sogar Fotos und Zeitungsberichte.
Wir glauben das kein Stück. Einem Interviewer des Magazin Steppin’ Out erzählt Strummer von seiner Vorbereitung: „Trinke am Abend vorher zehn Gläser Bier und laufe mindestens vier Wochen vor dem Rennen keinen einzigen Schritt.“ Das ist offensichtlich keine gute Idee, wenn man nicht wie der erste Marathonläufer der Historie am Ziel tot umfallen will. Dass unser Mann tatsächlich den Paris-Marathon mal eben so komplett absolviert hat, darf bezweifelt werden. Die locker eingestreute Behauptung allerdings macht die Geschichte vom mysteriösen Verschwinden noch ein bisschen cooler…
Mehr zum Leben von Joe Strummer könnt ihr im „Zeitsprung“ zu seinem Todestag nachlesen.
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Zeitsprung: Am 19.5.1980 gibt’s Kloppe bei The Clash in der Hamburger Markthalle.

Popkultur
Als Led Zeppelin facettenreicher wurden: „Houses Of The Holy“
Vier durchnummerierte Platten brauchten Led Zeppelin, um die Spitze des Rockolymp zu erklimmen. Auf ihrer fünften Veröffentlichung Houses Of The Holy schlugen die Briten experimentierfreudigere Pfade ein — mit großem Erfolg. Den Titeltrack mussten sie allerdings auf das nächste Album verschieben.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Houses Of The Holy von Led Zeppelin anhören:
Pause? Für Led Zeppelin ist das zu Beginn ihrer Karriere ein Fremdwort. In gerade einmal drei Jahren veröffentlichen die Briten vier legendäre Alben, touren mehrfach um den Globus und spielen weltweit vor ausverkauften Häusern. Großbritannien, Nordamerika, Japan, Australien — und wieder von vorn. Ein wenig zur Ruhe kommen Led Zeppelin erst 1972, als sie mit der Aufnahme ihres fünften Albums Houses Of The Holy beginnen. Die Gruppe schlägt darauf experimentellere Wege ein und setzt auf aufwändige Arrangements und neue Einflüsse statt auf schnodderigen Hardrock-Sound. Doch wie genau kam es zu dieser Typveränderung — und hatten auch die Fans Freude an den neuen Led Zeppelin?
Houses Of The Holy: Ein Album unter anderen Umständen
Anfang der Siebziger ist das Bankkonto von Led Zeppelin bereits gut gefüllt — so gut, dass sich Gitarrist Jimmy Page und Bassist John Paul Jones ihre eigenen Heimstudios einrichten. Zum ersten Mal können die beiden Musiker ihre Ideen in aller Ruhe aufnehmen, noch einmal hören, bearbeiten und ergänzen. Dadurch werden die Songs ausgeklügelter als sonst — weg vom Bluesrock, hin zum AOR, wenn man so möchte. Als Led Zeppelin mit den offiziellen Aufnahmen von Houses Of The Holy beginnen, sind die vier Musiker deutlich besser vorbereitet als bei ihren vorherigen vier Alben. Zu gut, wie es scheint, denn die Band spielt mehr Songs ein als auf die Platte passen.
Während der Sessions zu Houses Of The Holy sammeln Led Zeppelin so viel Material, dass sie ein paar ihrer neuen Kompositionen für später aufbewahren müssen. Das betrifft zum Beispiel den Song Walter’s Walk, der erst 1982 auf der Zusammenstellung Coda erscheint. The Rover und Black Country Woman packen die Briten auf ihr sechstes Album Physical Graffiti (1975). Besonders kurios: Sogar den Titeltrack verschieben Led Zeppelin auf später, sodass der Song Houses Of The Holy nun nicht auf dem Album Houses Of The Holy zu finden ist, sondern ebenfalls auf dem Nachfolger Physical Graffiti. Trotzdem klingt Houses Of The Holy stimmig — auch wenn „Led Zep“ darauf einige Experimente wagen.
Da wäre zum Beispiel die Funk-lastige Nummer The Crunge, die man den Briten vorher wohl nicht unbedingt zugetraut hätte. Auch das Reggae-beeinflusste Stück D’yer Mak’er klingt nicht wie ein typischer Led-Zeppelin-Song. Genau das war das Ziel, wie Gitarrist Jimmy Page in dem Buch Light & Shade: Conversations With Jimmy Page erklärt: „Auch wenn alle ein zweites Led Zeppelin IV wollten: Es ist sehr gefährlich, sich selbst zu kopieren. Ich werde keine Namen nennen, aber jeder kennt Bands, die sich ewig wiederholen. Nach vier oder fünf Alben sind sie ausgebrannt. Bei uns hingegen wusste man nie, was als nächstes kommt.“
Eine Tour der Superlative — und der anschließende Burnout
Das gilt auch für die Tour zu Houses Of The Holy, mit der Led Zeppelin einmal mehr neue Live-Show-Maßstäbe setzen. Laser, Discokugeln, aufwändige Outfits, Pyrotechnik: Die britischen Rocker lassen sich nicht lumpen und feuern auf ihrer insgesamt dreimonatigen Tour aus allen Rohren. 55 Konzerte geben Led Zeppelin, darunter auch in Nürnberg, München, West-Berlin, Hamburg, Essen und Offenburg. Überall feiert wird die Band gefeiert; später ist sogar die Rede davon, dass die Tour der technische Höhepunkt der Gruppe gewesen sein muss. Doch der Preis ist hoch: Nach der Konzertreise sind Led Zeppelin so fertig, dass sie eine fast zweijährige Pause einlegen.
Was die Verkaufszahlen und den Erfolg von Houses Of The Holy betrifft, geht die Platte im Vergleich zum direkten Vorgänger Led Zeppelin IV beinahe unter. „Nur“ elffaches Platin gelingt den Briten bis heute mit dem Album; bei Led Zeppelin IV ist es mehr als doppelt so viel und auch der Houses Of The Holy-Nachfolger Physical Graffiti kann insgesamt 16 US-Platinveredelungen abräumen. Dennoch: Led Zeppelin zeigen sich auf Houses Of The Holy von ihrer erwachsenen Seite und das kommt an. Drei Alben bringen die Briten anschließend noch raus, bis der Tod von Schlagzeuger John Bonham die Karriere der Gruppe im Jahr 1980 beendet. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.
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5 Dinge, die ihr über John Paul Jones von Led Zeppelin noch nicht wusstet
Popkultur
Zeitsprung: Am 28.3.1985 tritt Alicia Keys zum ersten Mal im TV auf. Sie ist 4.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.3.1985.
von Timon Menge und Christof Leim
Mehr als 150 Preise gewinnt Alicia Keys im Lauf ihrer Karriere, darunter 15 Grammys. Ihre Premiere im Showgeschäft feiert sie allerdings am 28. März 1985 in einer TV-Serie – mit vier Jahren.
Hier könnt ihr euch Here anhören:
Übernachtungsparty! Die kleine Tochter der Familie hat ihre Freunde und Freundinnen eingeladen, alle sind bestens gelaunt, vor allem als sie reihum mit dem Herrn Papa Rodeo spielen. Die Regeln: Wer sitzen bleibt, gewinnt. Ein Mädchen mit Lockenkopf kann sich trotz wildester Bewegungen halten und geht als Siegerin hervor. Vier Jahre alt ist die junge Schauspielerin in dieser Szene der Bill Cosby Show, ihr Name lautet Alicia Cook. Damals kennt sie niemand, heute schon…
In den Achtzigern kann man sich ein Fernsehprogramm ohne die Familie Huxtable kaum vorstellen. In acht Staffeln thematisiert die Sitcom das Leben einer afroamerikanischen Familie aus der Mittelschicht, die sich mit alltäglichen Situationen und Problemen auseinandersetzt. Dass dieses Format auch bei der weißen Bevölkerung gut ankommt, ist zu jener Zeit noch nicht selbstverständlich. Den Familienvater Dr. Heathcliff Huxtable gibt Schauspieler Bill Cosby, nach dem die Sendung auch benannt ist. (Heute ist Cosby weltweit und zurecht in Ungnade gefallen, weil er wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs zu mehreren Jahren Haft verurteilt wird. Aber das ist eine andere, unschöne Geschichte.)
Wer ist Alicia Cook?
Diese kleine Alicia Cook, die da einen Gast der Übernachtungsparty der kleinsten Huxtable-Tochter Rudy spielt, lernen wir Jahrzehnte später unter einem anderen Namen kennen: Alicia Keys. Mit dem Auftritt in der Show feiert sie sozusagen ihren Einstand im Showgeschäft. Hier könnt ihr euch den Ausschnitt mit ihr angucken:
In einem späteren Interview mit der Teleschau erzählt Keys: „Ich erinnere mich vor allem daran, dass es ein wahnsinnig langer Tag war. Bis das alles abgedreht war, war es später Abend – und ich und die anderen Kinder waren so müde, dass wir irgendwann einfach auf dem Sofa eingeschlafen sind. Aber ich erinnere mich auch daran, dass es extrem witzig war. Bill Cosby war super. Und hey, immerhin habe ich beim Reite-Spiel auf seinem Knie gewonnen.“
Nur der Anfang
Gewinnen wird Keys nachher noch so einiges, nämlich mehr als 150 Auszeichnungen und 14 Platinschallplatten (allein in den USA). Mit Alben wie Songs In A Minor (2001), The Diary Of Alicia Keys (2003), As I Am (2007) und The Element Of Freedom (2009) räumt sie in den 2000er Jahren wirklich alles ab. Wer hätte 1985 gedacht, dass aus der kleinen Alicia Cook einer der größten Popstars des 21. Jahrhunderts wird?
Zeitsprung: Am 7.9.1984 sind die Jacksons auf Tour und Janet brennt durch.
Popkultur
Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.
von Bolle Selke und Christof Leim
Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.
Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:
Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.
Psychedelische Scheißmusik
1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.
Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.
Unisex, roh und gewalttätig
Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.
Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“
Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…
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