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Popkultur

Zeitsprung: Am 31.5.1984 sorgt „The Wall“ von Pink Floyd für eine Entlassung.

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The-Wall

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.5.1984.

von Andrea Leim und Christof Leim 

Eigentlich will Jacqueline Fowler ihren Schülern am 31. Mai 1984 nur etwas Gutes tun, denn es ist der letzte Tag vor den Ferien. Also dürfen die Jugendlichen sich einen Film aussuchen, den sie während des Unterrichts anschauen. Die 14- bis 17-Jährigen wählen The Wall von Pink Floyd, und die Lehrerin stimmt zu. 19 Tage später wird sie deshalb nach 14 Jahren im Schuldienst gefeuert.


Hier könnt ihr euch The Wall anhören:


An der staatlichen Highschool in Kentucky, an der Jacqueline Fowler seit vielen Jahren als Sozialkunde- und Lateinlehrerin arbeitet, gibt es lange schon die Tradition, dass die Schüler sich für ihren letzten Schultag einen Film wünschen dürfen. Während die Jugendlichen den sehen, füllen die Lehrer üblicherweise noch letzte Zeugnisse aus. Was nach nach einem entspannten Vormittag vor den Ferien klingt, sollte für Frau Fowler eine mehr als unentspannte Zeit nach sich ziehen.

Denn die Lehrerin kennt den The Wall-Film nicht und weiß deshalb nichts von dessen nicht immer ganz jugendfreien Inhalt. Weil einer ihrer Schüler den Streifen aber schon mehrfach gesehen hat und ihr versichert, dass es „nur eine schlechte Szene“ darin geben würde, leiht sie The Wall in der örtlichen Videothek aus. Der Mitarbeiter, der ihr den Film überreicht, sagt ihr zwar noch, dass es darin einige Nacktszenen gebe, der Inhalt sich aber vor allem mit sozialen Themen auseinandersetze, die wichtig für Jugendliche im Teenageralter seien.



Nun ist der Streifen auch von der Motion Picture Association of America (MPAA), die für die Altersbewertung zuständig ist, mit einem „R“ gekennzeichnet. Das „R“ steht für „Restricted“ und bedeutet, dass Kinder unter 17 Jahren den Film nur mit einer Aufsichtsperson sehen sollten, weil er intensive Darstellungen von Sexualität, Gewalt oder Drogenkonsum enthalten kann. Eltern wird daher davon abgeraten, ihren Kindern das Anschauen zu erlauben. Und genau das wird der Lehrerin später zum Verhängnis.


Denn Fowler bittet zwar den Schüler, der The Wall bereits kennt, den Bildschirm immer dann mit einem Aktenordner zu verdecken, wenn bedenkliche Szenen gezeigt würden, doch sie selbst verlässt während der Schulstunde immer wieder den Raum und bespricht den Inhalt später auch nicht mit den Jugendlichen. Zudem betritt dann auch noch der stellvertretende Schuldirektor das Klassenzimmer. Er verlangt von der Lehrerin die Herausgabe des Films und schaut ihn sich mit dem Schulausschuss von Lincoln County an. Das Urteil des Gremiums: unmoralisch, gegen Bildung, gegen Familie, gegen Gesetz und Polizei. Jacqueline Fowlers Vertrag wird gekündigt.

Sie versucht noch, sich zu verteidigen, und erklärt dem Ausschuss, der Film sei ihrer Meinung nach deshalb so wertvoll, weil er von Entfremdung (der Menschen) und den Gefahren eines repressiven Schul- und Erziehungssystems handele. Hätte sie die Möglichkeit The Wall in einer jugendfreieren Version erneut zu zeigen, würde sie genau dies tun und den Inhalt mit ihren Schülern besprechen. Doch das all hilft nichts, der Ausschuss bleibt bei seiner Entscheidung.


Fowler zieht deshalb vor Gericht und beruft sich auf den ersten Artikel der Verfassung der Vereinigten Staaten: dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Ein Bundesrichter stimmt ihr daraufhin sogar zu und ordnet an, dass sie ihren Job wieder antreten dürfe und ihr außerdem 10.000 Dollar Schmerzensgeld für die seelische Belastung gezahlt werden müsse.

Doch dieses Urteil wird wenig später von einem Berufungsgericht aufgehoben. Als Grund nennt der Vorsitzende Richter unter anderem, dass Meinungsäußerung nicht durch das Zeigen eines Filmes passiere. Auch habe die Lehrerin den Inhalt zuvor nicht gekannt und somit auch keine bestimmte Nachricht transportieren wollen. Die Schule habe den Vertrag zu Recht gekündigt, weil es unangebracht gewesen sei, so jungen Schülern einen Film zu zeigen, der explizite Sexszenen, Gewalt, vulgäre Bilder zeigt und zudem lästerliche Sprache nutzt.

Der Fall geht letztlich bis zum obersten Gerichtshof. Doch auch der entscheidet gegen Jacqueline Fowler. Die Kündigung bleibt wirksam.


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