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Review: Mit Gigaton wagen Pearl Jam etwas und gewinnen viel
Wenn sie wollen, können Pearl Jam immer noch dieselbe Wucht entfesseln wie in den Neunzigern. Wollen sie auf Gigaton, dem ersten Album seit sieben Jahren, hin und wieder auch mal. Noch lieber lassen sie es jedoch episch und dramatisch angehen. Springsteen lässt grüßen.
von Björn Springorum
Die halbierte Avocado
Wenige Bands kommen damit durch, eine halbierte Avocado auf das Cover eines ihrer Alben zu packen. Pearl Jam gehören dazu. Ihr selbstbetiteltes 2006er Werk musste sich am Jahresende zwar in die eine oder andere Liste der hässlichsten Artworks einreihen; dem Erfolg tat das aber natürlich keinen Abbruch. Im Gegenteil: Pearl Jam legte vor 14 Jahren den Grundstein einer dritten Karrierephase im Leben der Seattle-Rocker, die mit ihrem elften Album Gigaton einen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
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Nachdem Eddie Vedder und seine Kumpel schon 1991 mit ihrem Debüt Ten Anspruch auf den Grunge-Thron deutlich machten, in der Folge sogar mehr von der Platte verkauften als Nirvana von Nevermind und maßgeblich daran beteiligt waren, Alternative Rock salonfähig zu machen, verbrachten sie die Jahre ab Mitte der Neunziger damit, all das wieder rückgängig machen zu wollen. Sie weigerten sich, Musikvideos zu drehen, machten sich rarer und rarer in der Öffentlichkeit. Sie gaben keine Interviews mehr, legten sich mit dem Ticketverkäufer Ticketmaster an – und legten mit Vs. und Vitalogy dennoch zwei der erfolgreichsten Alben der Neunziger vor.
Sieben Jahre Wurzelkunde
Man experimentierte, man betrieb Wurzelkunde, man suchte sich selbst. Und machte irgendwann unweigerlich Frieden mit den frühen Erfolgen. Nach Pearl Jam ging es sukzessive zum mythisch aufgeladenen, brodelnden Alternative Rock. Mit Vedders unnachahmlicher Stimme und all jenen psychologischen Exkursen in die Wildnis unserer Seele, auf Lightning Bolt von 2013 dezidiert mehr als auf Backspacer (2009). Sieben Jahre sind seit diesem letzten Album vergangen, sieben lange Jahre, in denen sich die Welt radikal verändert hat. Mal wieder.
Das reflektieren natürlich auch Pearl Jam, die in den letzten sieben Jahren nicht stehengeblieben sind. Dennoch trägt schon der Opener Who Ever Said die Wucht der Neunziger in sich, diese Dringlichkeit, die Pearl Jam in den letzten 20 Jahren nicht immer gezeigt haben. Superblood Wolfmoon hält dieses Level an brodelnder Energie mühelos, bevor es mit Dance Of The Clairvoyants erstmals experimentell wird. Genährt von einer geheimnisvollen elektronischen Melodie und tief in Mythos getunkten Texten arbeitet sich Vedder mit gepresstem Gesang durch einen grandiosen, metaphysisch aufgeladenen Text, eher Poesie als Rock-Lyrik. Neu und aufregend.
Kein Problem mit dem Frühwerk
Spätestens der massive Stampfer Quick Escape mit seinem hypnotisierenden Basslauf und dieser außergewöhnlichen Gesangsperformance macht deutlich: Gigaton ist der vorläufige Gipfel einer Entwicklung, die sich über die letzten vier Alben hinzog. Die Band klingt unverkennbar nach sich selbst, gesteht sich aber ordentlich Raum zum Atmen zu. Der entscheidende Unterschied zur experimentellen Phase im ausgehenden Jahrtausend ist: Pearl Jam haben kein Problem mehr mit ihrem Frühwerk. Und gleichzeitig richtig Bock auf Musik.
Diese Ingredienzen verleihen Gigaton ein episches Grundgerüst, auf dem die Band zeigt, was sie die letzten Jahre so getrieben hat. Das war, um es kurz zu machen, eine Introspektive, gemischt mit der wahrscheinlich größten Öffnung seit No Code. Alright erinnert mit seiner sakralen, weiten Art zum Beispiel an Vedders Into The Wild-Soundtrack und mündet in Seven O‘Clock, das sogar Bruce Springsteen stolz machen würde und mit flirrenden Gitarren Fernweh verbreitet. Eine Reise, so möchten viele Künstler*innen ihre Werke verstanden wissen. Bei Pearl Jam hat diese Floskel noch eine gewisse Daseinsberechtigung. Dramaturgie ist auf Gigaton kein Fremdwort, das Album wogt und atmet wie die unruhige See auf dem Cover.
Bis zum letzten Drittel zumindest. Dann nehmen Pearl Jam das Tempo und die Wucht komplett raus. Durchaus zu verschmerzen ist da noch, dass ein Stück wie Take The Long Way zwar flott, aber etwas blutleer daherplätschert. Die letzten vier Stücke jedoch sind für sich genommen zwar gelungen, aber unterm Strich etwas zu ruhig. River Cross, der Abschluss, ist dann wieder so eine Ode an die Weite der US-amerikanischen Natur, dramatisiert mit bedeutungsschweren Orgeln und dumpfen Percussions. Es regnet Pathos und Sehnsucht aus Kübeln. Können sie gern und dürfen sie auch. Ein letztes wuchtiges Aufbäumen wäre aber auch nicht unwillkommen gewesen.
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50 Jahre „Ring Ring“: ABBAs Debüt wird mit Vinyl-Sondereditionen gefeiert
Vor einem halben Jahrhundert begann in Schweden eine der erstaunlichsten Popkarrieren der Welt: Zum 50. Jahrestag des ABBA-Debüts Ring Ring gibt es die Platte exklusiv in umwerfenden Vinyl-Editionen.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Ring Ring hören:
Das erste Album ist ja immer etwas ganz besonderes. Da machen ABBA keine Ausnahme: Mit Ring Ring nahmen die Schweden 1973 erstmals mit in ihre Welt, gaben einen ersten Vorgeschmack auf das, was ein Jahr später nach dem Eurovision-Sieg mit der Band passieren sollte. Am 26. März 1973 erreichte der Einstand die schwedischen Plattenläden – und wurde dann dank Songs wie ihrer allerersten Single People Need Love oder He Is Your Brother zum Soundtrack des Frühlings. Mit dem Titelsong, so könnte man sogar sagen, kam der typische ABBA-Sound mit den mehrstimmigen Vocals in unsere Welt. Was ein Glück!
Die Geburt von ABBA
50 Jahre später sind ABBA längst Legende. Das muss natürlich gefeiert werden – mit gleich mehreren exklusiven und limitierten Vinyl-Sondereditionen, die man ab sofort auch bei uns im Shop vorbestellen kann. Die Editionen erscheinen am 19. Mai 2023.
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Neben einer Doppel-LP mit 45 RPM, neu gemastert in den Abbey Road Studios und verpackt im Gatefold mit Echtheitszertifikat gibt es weitere besondere Schmankerl für die ABBA-Sammlung: Eine Fünffach-Box mit 7-Inch-Singles sowie die fünf Singles als separate 7-Inch, bestückt mit folgenden Songs:
- He Is Your Brother / Santa Rosa
- People Need Love / Merry-Go-Round
- Ring Ring (English) / She’s My Kind of Girl
- Ring Ring (Swedish), Åh, vilka tider
- Love Isn’t Easy (But It Sure Is Hard Enough / I Am Just A Girl
Ein echtes Juwel für die Kollektion und ein würdiges Geburtstagsfest für dieses längst legendäre Album, auf dem ABBA noch als Björn & Benny, Agnetha & Frida in Erscheinung traten. Erst nach dem großen Erfolg ihres Debüts wurde aus den bislang als separate Duos agierenden Menschen die unsterbliche Band ABBA.
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„Under Attack“: Vor 40 Jahren erscheint die (vorerst) letzte ABBA-Single
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Def Leppard: Neues Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra
2023 scheint ein weiteres Def-Leppard-Jahr zu werden. Nicht nur, dass die britischen Hardrock-Legenden nach wie vor mit ihren Kollegen Mötley Crüe um den Globus touren. Nein, „Def Lep“ bringen dieses Jahr auch noch eine neue Platte raus — gemeinsam mit dem Londoner Royal Philharmonic Orchestra.
von Timon Menge
Def Leppard und ein Orchester? Zugegeben, das klingt erstmal abenteuerlich. Doch der Vorab-Single Animal nach zu urteilen machen die Briten auf Drastic Symphonies eine wichtige Sache richtig: Sie überladen ihren Sound nicht. Wo Rockbands in der Zusammenarbeit mit Klassik-Ensembles häufig Gefahr laufen, zwei ausdrucksstarke Musik-Genres übereinander zu schichten, sodass am Ende eine unangenehme „Wall Of Sound“ entsteht, halten sich Def Leppard bewusst zurück und lassen das Royal Philharmonic Orchestra das Beste aus ihren Kompositionen herauskitzeln.
Gitarrist Phil Collen bestätigt die songdienliche Herangehensweise: „Als das Angebot kam, ein Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufzunehmen, fühlten wir uns geehrt. Wir wollten aber nicht einfach nur das Orchester über unsere bisherigen Aufnahmen klatschen. Wir haben uns dazu entschieden, etwas ganz Besonderes zu erschaffen — etwas Klassisches, aber auf eine brandneue Art und Weise, sodass es im Kontext von Drastic Symphonies funktioniert. Wir haben neue Parts eingespielt, bestehende Sounds neu abgemischt und Instrumente rausgenommen, um dem Orchester Raum zum Atmen zu geben — also buchstäblich ein neues Album eingespielt.“
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Das neue Def-Leppard-Album Drastic Symphonies: ein Herzensprojekt
Def-Leppard-Sänger Joe Elliott kommentiert Drastic Symphonies folgendermaßen: „Def Leppard fanden es schon immer toll, aus allzu vorhersehbaren Pfaden auszubrechen — wie zum Beispiel bei unseren Arbeiten mit Tim McGraw, Taylor Swift und Alison Krauss. Als wir das Angebot bekamen, einige Songs aus unserem Backkatalog mit dem Royal Philharmonic Orchestra neuzugestalten, haben wir uns sofort darauf gestürzt.“ Ihm sei bewusst, dass Def Leppard nicht die erste Band sei, die mit einem Orchester spiele, doch er und seine Mitmusiker hätten einfach nicht widerstehen können.
Erscheinen soll Drastic Symphonies am 19. Mai 2023. Auf diese Songs im klassischen Gewand dürft ihr euch freuen:
- Turn To Dust
- Paper Sun
- Animal
- Pour Some Sugar on Me (Stripped Version)
- Hysteria
- Love Bites
- Goodbye For Good This Time
- Love
- Gods Of War
- Angels (Can’t Help You Now)
- Bringin’ On The Heartbreak
- Switch 625
- Too Late For Love
- When Love & Hate Collide
- Kings Of The World
- Have You Ever Needed Someone So Bad (Bonus auf Vinyl- und Atmos-Version)
Wer Def Leppard (und Mötley Crüe) live sehen möchte, hat dieses Jahr gleich dreimal die Möglichkeit dazu:
- Mai 2023 Mönchengladbach, SparkassenPark
- Mai 2023 München, Königsplatz
- Juni 2023 Hannover, Expo Plaza
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Zeitsprung: Am 1.8.1959 kommt Joe Elliott von Def Leppard zur Welt.
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Rush: „Signals“ erscheint als Super Deluxe Edition
Das Album Signals der Prog-Götter Rush feiert (mit ein wenig Verspätung) seinen 40. Geburtstag. Diesen Ehrentag begeht die Band mit einer Super Deluxe Edition, die es so richtig in sich hat.
Signals ist das neunte Studioalbum von Geddy Lee, Alex Lifeson und Neil Peart. Es erschien am 9. September 1982 und gilt längst als Klassiker. Das Album entstand teilweise auf der Tour zum Vorgänger Moving Pictures. Rush nutzen die Soundcheck-Zeit, um an neuem Material zu arbeiten. Herausgekommen sind dabei acht grandiose Tracks — begonnen mit dem Opener Subdivisions bis hin zum finalen Song Countdown.
Hier könnt ihr euch Signals anhören:
Alex Lifeson über Signals
„Nach dem Erfolg von Moving Pictures hätten wir alles machen können, was wir wollten”, erklärte Lifeson in einem Interview mit Louder Sound, und ergänzte: „In der Welt von Rush bedeutet das normalerweise, dass es Zeit ist, sich zu verändern.“ Lifeson sieht Signals als wesentliches Album der Bandgeschichte an, deutet aber auch auf den schweren Entstehungsprozess hin: “Ich stimme mit dem Konsens überein, dass Signals zu unseren wichtigsten und interessantesten Platten gehört. Aber aus offensichtlichen Gründen habe ich gemischte Erinnerungen an diese Platte“.
Signals: Details zur Super Deluxe Edition
Die Super Deluxe Edition von Signals kommt mit einem brandneuen Hugh Syme-Cover. Zu hören bekommt man den Remaster aus dem Jahr 2015, das erstmals auf CD erscheint. Vinyl-Aficionados kommen ganz besonderes auf ihre Kosten: Zum ersten Mal wurde Signals mit halber Geschwindigkeit über DMM geschnitten und auf 180g schwarzes Vinyl gepresst.
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Ebenfalls enthalten ist eine Blu-ray-Audio-Disc mit neuen Dolby Atmos- und 5.1-Surround-Mixes von Richard Chycki, das 48kHz-24-Bit-Stereo-Remaster von 2015, neue animierte Visualizer für jeden Song und zwei Bonus-Musikvideos für Subdivisions und Countdown. Damit nicht genug: Abgerundet wird das Package von einem 40-seitigen Hardcover-Buch mit Illustrationen, Original-Bandfotos und mehr. Zusätzlich zur Deluxe Edition erscheint auch eine Picture-Disc
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