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Vertonte Horizonterweiterung: Ein Blick auf Linda McCartneys „Wide Prairie“
Der grandiose Song Seaside Woman, 1977 als Single erschienen und später Kernstück auf Linda McCartneys postum veröffentlichtem Solo-Meilenstein Wide Prairie, entstand während einer Jamaika-Reise im Jahr 1971 – nachdem Ehemann Paul McCartney seine Frau dazu gedrängt hatte, „jetzt doch endlich mal damit rauszugehen und einen Song zu schreiben.“
von Martin Chilton
Die Single ging hervor aus einer eher schwierigen Phase, weil das Paar vor Gericht hatte darüber streiten müssen, ob Pauls Gattin nun dessen ersten Solotitel Another Day mitverfasst hatte oder nicht. „Seaside Woman war sehr stark vom Reggae inspiriert“, kommentierte Linda später, „das war, als ATV uns verklagen wollte – und behauptete, ich könnte gar keine Songs schreiben.“
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Linda McCartney
Wide Prairie
(LP)
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Später sollte die Sängerin den Titel Seaside Woman zusammen mit Oscar Grillo in einen animierten Kurzfilm verwandeln, der in Cannes sogar die Palme D’Or abräumte. Dabei ist Seaside Woman nur ein Highlight von Wide Prairie, jenem postum veröffentlichten Solo-Compilation-Album, das kurz nach ihrem Tod erscheinen sollte; McCartney war erst 56, als sie am 17. April 1998 dem Brustkrebs erlag. Die 16 Titel, die darauf versammelt sind, aufgenommen zwischen 1972 und 1998, belegen eindrucksvoll, was für eine talentierte Sängerin, Songwriterin und Keyboarderin Linda McCartney war, die sonst auch als Fotografin, Köchin und engagierte Tierschützerin weltbekannt war.
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„Sie zierte sich, alles zu veröffentlichen“
Paul McCartney kommentierte später, dass die Idee, ein ganzes Album zu veröffentlichen, schon vor ihrer Erkrankung diskutiert wurde. Eine zentrale Rolle hätte dabei der Brief eines jungen Fans gespielt, der unbedingt mehr von ihr hören wollte, am liebsten ein ganzes Album. In einem Interview, das Paul mit der Musikerin Chrissie Hynde führte (einer Freundin der Familie), sprach er schließlich ganz offen über das Album und die mangelnde Bereitschaft von Linda, ihre Songs zu veröffentlichen.
„Sie zierte sich, alles zu veröffentlichen“, so McCartney, der die als Linda Louise Eastman geborene Fotografin und Sängerin im Jahr 1969 geheiratet hatte. „Aber dieser Fan-Brief brachte sie zum Umdenken. Vielleicht sollte sie doch ein ganzes Album machen? Also verbrachten wir ihre letzten Jahre damit, die alten Aufnahmebänder zusammenzusuchen, Songs zu sichten, die noch keine Texte hatten, und weil wir oft nach London fahren mussten, wo sie in Behandlung war, nutzten wir diese mehrstündigen Fahrten für die Arbeit am Album: Wir nahmen eine Kassette mit einer der Melodien mit, die sie komponiert hatte, und dann schrieben wir die passenden Zeilen dazu, während wir nach London fuhren.“
„Während dieser Autofahrten entstanden beispielsweise die Texte für Appaloosa, I Got Up oder auch für The Light Comes From Within. Wir hatten echt Spaß während der Fahrten, so dass wir manchmal glatt vergaßen, dass wir ja zu ihren Ärzten unterwegs waren. Die Arbeit hielt uns beide bei Laune. Bevor wir dann rund einen Monat vor ihrem Tod nach Arizona gingen, kümmerten wir uns um den Feinschliff und machten das Album fertig.“
Die „Tears & Laughter“-Sessions nach ihrem Tod
Das bewegende Stück The Light Comes From Within war der letzte Song, den Linda aufnehmen sollte – übrigens gemeinsam mit ihrem damals 19-jährigen Sohn James McCartney, der Akustik- und E-Gitarre beisteuerte. Von ihren Aufnahmen mit den Wings ist ein Stück wie z.B. das witzige Cook Of The House auf dem Album vertreten; die Komposition der leidenschaftlichen Vegetarierin war davor erstmals auf dem Album Wings At The Speed Of Sound (1976) veröffentlicht worden. Und was für ein begnadeter Produzent ihr Gatte war, beweist Mr. McCartney vor allem mit dem Stück Endless Days.
Bei dem Song The White Coated Man, der vom Kampf für mehr Tierrechte handelt, wird Linda McCartney von Robbie McIntosh (The Pretenders) unterstützt, der sein E-Gitarrenspiel beisteuert. Die 2016 verstorbene britische TV-Drehbuchautorin Carla Lane (The Liver Birds, Butterflies), die ähnliche Ansichten wie die Sängerin vertrat, half nicht nur in diesem Fall als Co-Autorin aus: Auch den Song Cow verfasste Lane zusammen mit McCartney – hier geht es um die letzten Tage einer Kuh, die bald ins Schlachthaus abtransportiert wird.
Stellenweise schlägt Linda McCartney auf ihrem einzigen Album auch nostalgische Töne an: Ein Beispiel wären die Coverstücke, die für die Sängerin mit intensiven Kindheitserinnerungen verbunden waren – etwa Poison Ivy, ein Klassiker aus der Feder von Jerry Leiber/Mike Stoller, mit dem The Coasters schon 1959 einen großen Hit gelandet hatten. Auch Sugartime präsentiert sie als Coverversion, und die romantische Ballade Mr. Sandman bekommt bei McCartney einen deutlichen Reggae-Einschlag.
„Sie wäre verdammt stolz darauf gewesen“
Nach dem Tod seiner Frau berichtete Paul McCartney, wie hart es für ihn gewesen sei, das Album fertigzustellen. Erschwerend kam dabei hinzu, dass auch der Toningenieur Geoff Emerick, mit dem McCartney schon während der Beatles-Zeit zusammengearbeitet hatte, kurz davor ebenfalls seine Frau verloren hatte – auch hier war die Diagnose Krebs. Die beiden lachten und weinten so viel im Studio, dass sie die Aufnahmephase hinterher als „Tears & Laughter-Sessions“ bezeichneten. „Immer wieder fielen meine Tränen aufs Mischpult“, so McCartney.
Zeitsprung: Am 5.12.1973 erscheint „Band On The Run“ von Paul McCartney & Wings.
Bei der Band Wings für Keyboards und Hintergrundgesang zuständig, wird viel zu häufig übersehen, was für eine begnadete Musikerin Linda McCartney war – doch zum Glück gibt es Wide Prairie, ihr einziges Solo-Statement. „Es war eine echt erbauliche Erfahrung, dieses Album zu machen“, kommentierte Paul McCartney später. „Als wir dann endlich das komplette Album zusammen hatten, dachten wir nur: Sie wäre verdammt stolz darauf gewesen. Und das hätte sie auch wirklich sein können – weil ihr ganzes Wesen in diesen Songs zum Ausdruck kommt.“
Wide Prairie ist soeben als Vinyl-Neuauflage erschienen: Hier könnt ihr es euch sichern.
Zeitsprung: Am 9.9.1975 gehen Paul McCartney & Wings auf ihre erste Welttournee.

Platten
„Atomic City“: Neuer U2-Song feiert die Post-Punk-Jahre
Und plötzlich ist ein brandneuer Song von U2 gelandet: Auf Atomic City schwelgen die Iren im Sound früherer Jahre und läuten zugleich eine furiose neue Ära ein. Hier bei uns gibt es Song samt Video!
U2 fahren die Motoren langsam hoch. Kürzlich erst gaben sie einen Überraschungsauftritt mitten auf dem Strip in Las Vegas, um ihre furiose Residence im Sphere zu bewerben. Die startet am heutigen Freitag und verspricht ein revolutionäres Konzerterlebnis: 160.000 Lautsprecher und 260 Millionen Videopixel läuten dieses Wochenende eine neue Ära in Sachen Livemusik ein.
Hommage an Las Vegas
Passend dazu erscheint heute die brandneue Single Atomic City. Produziert wurde der Song von Jacknife Lee und Steve Lillywhite und ist als Hommage an Las Vegas zu verstehen – die Stadt wurde in den fünfziger Jahren als Atomic City bezeichnet. Musikalisch ist der Song ein Kniefall vor dem magnetischen Geist des Post-Punk der Siebziger und Bands wie Blondie oder The Clash, die U2 beide stark beeinflussten. Hier gibt es die starke Nummer zu hören:
Aufgenommen wurde die Single in Los Angeles und erscheint passend vor den anstehenden Terminen der Band im Sphere in Las Vegas, wo sie ihr bahnbrechendes Album Achtung Baby aus dem Jahr 1991 zelebrieren. Der Frontmann Bono selbst sagt über die Single: „Es ist ein Liebeslied an unser Publikum: Where you are is where I’ll be.“ Das dazugehörige Musikvideo wurde unter der Regie von Ben Kutchins gedreht und zeigt U2s nächtlichen Überraschungsauftritt des Songs in Downtown Las Vegas letzter Woche. Da hat sich mal jemand mit Schnitt und Post-Production beeilt.
Jetzt können wir nur noch warten und morgen schon die Bilder dieser grandiosen neuen Show mit Ersatzschlagzeuger Bram van den Berg bestaunen. Oder doch vielleicht eher gleich Flüge buchen?
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Platten
Westernhagen: „MTV Unplugged“ erscheint wieder auf Vinyl!
Zum ersten Mal seit der Originalveröffentlichung im Jahr 2016 erscheint das vielgelobte MTV Unplugged-Album von Marius Müller-Westernhagen auf Vinyl. Limitiert auf 2.000 Exemplare, vier transparent-weiße Platten: Diese Sonderedition ist eine echte Schönheit. Und der Anlass ist ein ganz besonderer.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch MTV Unplugged von Westernhagen anhören:
Die Ehre, ein MTV Unplugged-Konzert geben zu dürfen, wird nicht jedem zuteil. Seit 2016 gehört auch Marius Müller-Westernhagen zum elitären Kreis all jener, die ihre Songs für den Musiksender auf ihr Nötigstes herunterbrechen und zum Besten geben durften. Für ruhige Lieder hatte der Düsseldorfer Musiker schon immer ein Faible, doch funktionieren auch rockige Klassiker wie Sexy oder Mit 18 in abgespeckter Variante? Absolut, wie die MTV Unplugged-Versionen der Hits beweisen. Stücke wie Wieder hier, Freiheit, Weil ich dich liebe und Johnny W. eignen sich ohnehin perfekt für die ruhigeren Konzertmomente.
Westernhagen: MTV Unplugged noch einmal auf Vinyl
Sieben Jahre nach der Originalveröffentlichung erscheint das MTV Unplugged-Konzert von Marius Müller-Westernhagen nun noch einmal in einer besonders schönen Vinylversion. Vier transparent-weiße Platten umfasst die Sonderedition, die auf 2.000 Einheiten limitiert ist. Darauf kommen die ruhigen und schnellen, die neuen und alten Songs des „Armani-Rockers“ bestens zur Geltung und feiern Westernhagens herausragende Songwriting-Künste. Es gibt aber auch noch etwas anderes zu feiern — und genau aus diesem Anlass erscheint auch die Nachpressung.
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Happy Birthday, Westernhagen!
Am 6. Dezember wird Marius Müller-Westernhagen 75 Jahre alt. Auf die Neuauflage seines MTV Unplugged-Auftritts können wir sogar schon ein bisschen früher anstoßen, und zwar am 10. November. Es ist nur der Anfang mehrteiliger Feierlichkeiten. So kommt am 1. Dezember 2023 das Box-Set Westernhagen 75 raus, das die besten Westernhagen-Songs von 1974 bis 2023 auf acht LPs enthält. Und nächstes Jahr geht die deutsche Rock-Ikone wieder auf Tour. Sein erstes Konzert gibt Westernhagen am 10. Mai 2024 in der Westfalenhalle in Dortmund — dann aber „geil und laut“ und nicht unplugged.
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In Flames: 6 Neuauflagen der Melodic-Death-Titanen auf Coloured Vinyl
In Flames erfreuen sich derzeit bekanntlich an ihrem zweiten Frühling. Da passen die sechs schicken Vinyl-Neuauflagen in besonderen Farben, die es ab sofort bei uns zum Vorbestellen gibt. Erscheinen werden sie im November.
von Björn Springorum
Mit Foregone haben sich In Flames in diesem Jahr mehr als eindrucksvoll zurückgemeldet. Die Tour der Band war ein Triumph, die Festivalauftritte Abrisse wie vor 20 Jahren. Da passt natürlich eine große Neuauflagen-Offensive, die uns jetzt ganze sechs schmucke und limitierte Reissues in besonderen Farben beschert. Hier kann man sie alle vorbestellen, erscheinen werden sie dann im November:
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Vom großen Durchbruch bis in die jüngere Vergangenheit
Da wäre zum Beispiel Sounds Of A Playground Fading (genau, die mit Where The Dead Ships Dwell), die in einem edlen Beige kommt, das perfekt zum Artwork passt. Reroute To Remain, der internationale Durchbruch von 2002, erscheint in sattem und knalligen Rot. Mit diesem Album nahm die Karriere von In Flames damals so richtig Fahrt auf – Songs wie Trigger oder Cloud Connected sei Dank.
Gleich zweimal gibt es das intensive und emotionale Come Clarity, mit dem In Flames 2006 zahlreiche Preise abräumen konnten: Einmal als Total clear und einmal in einem transparenten Violett. Auch A Sense Of Purpose von 2008 stellt Sammler vor eine schwere Wahl: Transparent lime green oder Transparent ocean blue steht hier zur Wahl – bei letzterer Neuauflage wird das Ganze dann noch um die EP The Mirror’s Truth ergänzt.
Alle Neuauflagen sind auf schweres 180-Gramm-Vinyl gepresst, kommen als Doppel-LP im Gatefold daher. Und verschönern jede In-Flames-Sammlung da draußen erheblich.
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Zeitsprung: Am 21.4.1959 kommt Robert Smith von The Cure zur Welt.
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Herzschmerz, Todesfälle und der Wunsch nach Frieden: 20 Rockballaden für die Ewigkeit
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„Bohemian Rhapsody“: Die Geschichte des Klassikers, für den Queen alle Regeln brachen
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