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Popkultur

Zeitsprung: Am 5.12.1973 erscheint „Band On The Run“ von Paul McCartney & Wings.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 5.12.1973.

von Timon Menge und Christof Leim

Bis heute markiert Band On The Run von Paul McCartney & Wings den Höhepunkt in der Solokarriere des Beatles-Bassisten. Dabei steht die Albumproduktion unter keinem guten Stern: Die ersten beiden Veröffentlichungen der Gruppe sind gefloppt, mit Gitarrist Henry McCullough und Schlagzeuger Denny Seiwell steigen im Vorfeld gleich zwei Musiker aus. Um für frischen Wind zu sorgen, bucht McCartney ein EMI-Studio in Nigeria — und trifft auf weitere Schwierigkeiten.


Hört hier in Band On The Run rein:

Klickt auf „Listen“ für das gesamte Album.

Die Reisegruppe freut sich auf ein tropisches Ferienparadies. McCartney, seine Frau Linda, Gitarrist Denny Laine und Tontechniker Geoff Emerick wollen tagsüber am Strand liegen und nachts Musik aufnehmen. So sieht zumindest die Theorie aus. Stattdessen begegnen ihnen Armut, Krankheiten und eine Militärdiktatur. Außerdem befindet sich Nigeria mitten in der Regenzeit. Na toll.



Auch darüber hinaus reißen die Probleme nicht ab. Das Studio in Lagos, der größten Stadt Nigerias, bleibt weit hinter den technischen Erwartungen zurück und erschwert den Aufnahmeprozess. Mit Müh und Not kratzt Emerick alles zusammen, was er benötigt. Außerdem werden McCartney und seine Frau Linda überfallen. Dabei stehlen die Diebe nicht nur die Wertsachen des Paares, sondern auch Textblätter und Demos. Zu allem Überfluss kollabiert Paul im weiteren Verlauf der Aufnahmen, weil er zu viel raucht.

Als wäre all das nicht genug, muss sich die Band auch noch mit Afrobeat-Legende und Polit-Aktivist Fela Kuti herumschlagen, der die Wings öffentlich beschuldigt, bloß nach Nigeria gekommen zu sein, um die traditionelle Musik des Landes für kommerzielle Zwecke auszuschlachten. Erst als die Band Fela Kuti ins Studio einlädt, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, lässt er sich besänftigen. Die Wogen glätten sich, so dass so etwas wie ein geregelter Arbeitsalltag entstehen kann. Morgens geht die Band in einem Country Club schwimmen, nachmittags fahren die Musiker ins Studio und arbeiten teilweise bis vier oder fünf Uhr morgens. Multiinstrumentalist McCartney spielt Gitarre und Schlagzeug dabei kurzerhand auf eigene Faust ein. Die Wochenenden dienen der Erholung.



Mit der landläufigen Meinung, Band On The Run sei unter besonders schwierigen Bedingungen entstanden, kann sich der Chef nicht anfreunden. „Als wir zurückkamen, haben die Leute gesagt, dass aus der Not heraus ein gutes Album entstanden sei“, gibt er 1998 zu Protokoll. „Ich hasse diese Theorie. Sie stimmt zwar, weshalb ich sie auch nicht mag. Ich finde aber die Vorstellung schrecklich, dass man schwitzen und leiden muss, um etwas Gutes zu erschaffen.“


Die Schwierigkeiten während der Produktion verarbeiten die Musiker im Titeltrack, in dem es gleich zu Beginn heißt: “Stuck inside these four walls / Sent inside forever / Never seeing no one nice again / Like you / If we ever get out of here.”

Stolpersteine hin oder her: Mit Band On The Run gelingt den Briten ihr wichtigstes Album. Die Veröffentlichung erreicht Platz 1 der Billboard-Charts, bringt drei Single-Auskopplungen hervor und verkauft sich bis heute mehr als sieben Millionen Mal. Die erste Welttournee lässt allerdings noch zwei Jahre auf sich warten.

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