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Popkultur

30 Jahre „Black Sunday“: Als Cypress Hill Rap mit Black Sabbath kreuzten

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Cypress Hill HEADER
Foto: Paul Natkin/Getty Images

Rap Sabbath: Am 20. Juli 1993 veröffentlichen Cypress Hill ihr zweites Album Black Sunday. Statt sonnigem West-Coast-Rap gibt es harte Beats, Stoner-Flair gespenstische Melodien und einen Sound, der den bevorstehenden Nu-Metal-Boom maßgeblich prägt.

von Björn Springorum

Cypress Hill sind in gleich mehrfacher Hinsicht eine große Ausnahmeerscheinung in Sachen Hip-Hop. Da ist zum einen die ungewöhnliche Besetzung der Band aus dem Großraum Los Angeles:

Sen Dog und Mellow Man Ace sind die Söhne kubanischer Einwanderer, die sich 1988 mit dem New Yorker DJ Muggs und B-Real, Halb-Mexikaner, Halb-Kubaner, zusammentun. Wo die überwiegende Mehrheit der Rap-Crews damals Schwarz ist (oder, wie die Beastie Boys, als Ausnahme komplett weiß), sticht eine Bande Lateinamerikaner mit einem Weißen klar heraus.

Rap auf dem Lollapalooza

Das macht sich die Band sofort zunutze: Nachdem man kurzzeitig DVX (Devastating Vocal Excellence) heißt, benennt man sich in Cypress Hill nach einer Straße in ihrer Heimat South Gate um und nimmt schon 1989 ein erstes Demo auf. Hip-Hop kommt damals gerade erst so richtig ins Rollen, im Jahr zuvor veröffentlichen N.W.A. und Public Enemy wegweisende Werke. Schon ihr selbstbetiteltes Debüt kommt im August 1991 gut an, Songs wie How I Could Just Kill A Man zählen bis heute zu den Highlights im Rap-Kanon.

War aber alles erst der Anfang. Zwei Millionen Einheiten gehen vom Debüt weg, ein Erfolg, der die Band 1992 aufs Lollapalooza bringt. Dort spielen sie neben Red Hot Chili Peppers, Ice Cube, Tool oder den Stone Temple Pilots, touren außerdem mit den Beastie Boys. Früh bewegen sich Cypress Hill aus einem puren Rap-Umfeld heraus, finden Gefallen an der düsteren Ästhetik von Metal und Rock.

Verbeugung vor Black Sabbath

In Sachen Rapping machen sie es im Grunde umgekehrt wie Public Enemy von der Ostküste: Wo bei denen Chuck Ds gewaltiges Organ im Vordergrund steht und Flavor Flav den Hype Man mit den hohen Vocals eher im Hintergrund agiert, ist es bei Cypress Hill B-Reals nasales hohes Rappen, das die meiste Aufmerksamkeit bekommt. Sen Dog rappt da eher dunkler, aggressiver. Außerdem rappt famals niemand mit einem derart spanischen Einschlag.

Auf ihrem zweiten Album fügt sich dann alles ineinander: Am 20. Juli 1993 erscheint Black Sunday – und verstärt die Hip-Hop-Gemeinde allein mit dem Cover massivst: Ein Gräberfeld auf einem berg, Totenschädel, dazu ein unheilvoller Himmel… wenn, dann sieht das Cover nach einer Platte von Slayer oder Black Sabbath aus. Aber doch nicht von einer Rap-Crew! Ähnlich visionär der Sound: Cypress Hill weben Trip-Hop, psychedelische Wabereien, düstere Samples und eine ganz allgemein unheilvolle Aura in ihre Songs. Die Mundharmonika in I Ain’t Goin’ Out Like That ist dann sogar ein direkter Tribut an Black Sabbaths The Wizard. Von einer Hip-Hop-Bande aus Kalifornien!

Verbannt von Sunday Night Live

In anderen Belangen erweisen sie sich dann aber auch doch wieder als getreue Angehörige einer gewissen Szene: Von Anfang an sind Cypress Hill große Advokaten des grünen Rauchs. Sie eröffnen das Album mit der Kiffer-Hymne I Wanna Get High und sammeln im Booklet 19 affirmative Fakten rund um Cannabis-Genuss. Sie werden sogar vom Sender NBC verbannt, nachdem DJ Muggs am 2. Oktober 1993 trotz wiederholter Unterlassungsaufforderung bei Sunday Night Live einen Joint auf der Bühne anzünden. Die Fans lieben sie dafür.

Geburtshelfer des Nu Metal

Andere Genres auch: Von Anfang an bewegen sich Cypress Hill in einem eklektischen Dunstkreis. Später werden sie auch mal lupenreine Rock- oder Metal-Songs schreiben; 1993 reicht ihr Überhit Insane In The Brain, um die ansonsten so spinnefeinden Lager Hip-Hop und Metal zu vereinen. Die Korn-Single Blind (1994) endet zum Beispiel mit einer direkten Referenz an Lick A Shot von Black Sunday. Das Album kommt also genau zur rechten Zeit. Es erweist sich als großer Einfluss für Eminem oder Post Malone, aber eben auch für Korn, Limp Bizkit, Linkin Park oder System Of A Down. Ohne Black Sunday, so kann man also ohne Übertreibung sagen, hätte der Nu Metal sehr anders geklungen.

Die Zweite von Cypress Hill ist nicht nur wegweisend, sie performt auch mehr als amtlich: Sie debütiert gleich an der Spitze der US Billboard Charts, verkauft sich über drei Millionen Mal und bringt der Band ihre erste Grammy-Nominierung ein. Auch danach erweisen sich die Kalifornier als wahrhaftige Crossover-Artists. Sie touren mal mit House Of Pain und mal mit Rage Against The Machine, sie arbeiten mit Pearl Jam und Sonic Youth für den legendären Judgment Night-Soundtrack zusammen, spielen Woodstock 94 und – die vielleicht größte Ehre überhaupt – treten schon 1996 in der unsterblichen Homerpalooza-Folge der Simpsons auf. Was Cypress Hill in drei Jahren runtergerissen haben, schaffen die meisten Bands nicht in 30.

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