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Popkultur

„Am Tag als Conny Kramer starb“: Juliane Werdings düsterer Drogenschlager wird 50

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Juliane Werding
Foto: ARTCO-Berlin/ullstein bild via Getty Images

Gerade mal 15 Jahre alt ist Juliane Werding, als sie mit dem Anti-Drogen-Song Am Tag, als Conny Kramer starb berühmt wird. Zum 50. Geburtstag des düsteren Schlagers rollen wir seine Geschichte auf und klären, was das alles mit The Band und Joan Baez zu tun hat.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr Juliane Werdings Debütalbum In tiefer Trauer hören:

Schlager, das ist im Deutschland der späten Sechziger und frühen Siebziger „viel Schallala und Trallala“, wie Juliane Werding es ausdrückt. Mit 14 beginnt sie, noch auf einem katholischen Gymnasium in Essen, zu singen. Sie nimmt ein Demo auf, gewinnt den Vorausscheid einer Talentshow im Südwestfunk und hat kurz vor ihrem 15. Geburtstag ihren ersten Fernsehauftritt mit der deutschen Version eines alten schwedischen Volkslieds. Schon bevor ihre eigentliche Karriere beginnt, zeichnet sich eine Vorliebe ab: neu vertonte deutsche Fassungen bekannter Songs.

Essens erster Drogentoter

Auch ihr Durchbruch orientiert sich an diesem Muster: Am Tag, als Conny Kramer starb ist eine werktreue Version von The Night They Drove Old Dixie Down, diesem legendären Song von The Band, endgültig unsterblich gemacht von der Ikone des linken Amerikas, Joan Baez. Die lyrisch recht kontroverse Südstaatenthematik weicht in der von Hans-Ulrich Weigel verfassten deutschen Fassung deutlich vom Original ab, spricht aber ein für Deutschland völlig neues, schockierendes Tabuthema an: Drogenmissbrauch und Drogentote. Gerade gibt es in Essen einen (vermeintlich) ersten Drogentoten – ein junger Mann, den Juliane Werding der Mär nach sogar persönlich gekannt haben soll.

Ob das stimmt, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Einigen Quellen (und ihrer offiziellen Homepage) zufolge soll es sich bei Conny Kramer um ihrem Freund Peter gehandelt haben, mit dem sie in Essen Straßenmusik gemacht hat. Seine Identität ist bis heute ungeklärt.

Der neue Schlager

Bemerkenswert daran ist, dass das Stück ganze sechs Jahre vor Wir Kinder vom Bahnhof Zoo erscheint – dem Buch, durch das die meisten Deutschen erstmals mit der Drogenproblematik vor der eigenen Haustür konfrontiert werden. Der reale Hintergrund des Stückes, die einfühlsame Art des Textes und nicht zuletzt natürlich die weithin bekannte, bittersüße Melodie machen aus Julaine Werding über Nacht einen Star und aus dem Song einen riesigen Erfolg. Vom Bundesgesundheitsministerium flink für eine Aufklärungskampagne gegen Drogen genutzt, geht die Single über eine Million Mal über den Ladentisch.

Songs von Joan Baez und Bob Dylan

Ihre melancholische, dramatische Herangehensweise rückt den deutschen Schlager in ein ganz anderes Licht. Auch deswegen prophezeite die gesamte Branche einen Flop. Schlager und ein derart finsterer Text, das würde niemals aufgehen. Tut es aber. Auch das einige Monate später folgende Debütalbum In tiefer Trauer greift diese elegische, trauernde Stimmung auf: Mit leidender, klagender Stimme singt sie über den Hunger in Bangladesch und das Sterben der Natur, durchaus näher an einer Joan Baez als an ihren einheimischen Kolleginnen. Ganz im Stile von Conny Kramer borgt sie sich Lieder von Joan Baez (Song For Bangladesh), The Changin’ Times (Thank You Babe), Three Dog Night (Never Been To Spain) oder Bob Dylan (Eve Of Destruction) und spinnt ein neues Narrativ um sie.

Zurück auf die Schulbank

Das alles, so darf man nicht vergessen, mit gerade mal 16 Jahren. Juliane Werding – die deutsche Joan Baez, ein junger Superstar. Vielleicht sogar zu jung: Als immer öfter Reporter*innen und Fernsehteams in ihrer Schulklasse auftauchen, ziehen die Eltern die Notbremse, schirmen sie ab. Erst mal soll sie die Mittlere Reife machen, danach eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Musik machte sie ab Mitte der Siebziger wieder, immer noch mit großem Erfolg. 50 Jahre nach ihrem Durchbruch arbeitet Juliane Werding als Heilpraktikerin in Starnberg. Ein wenig spirituell ist sie eben schon immer gewesen.

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