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Popkultur

Der historische Verriss: “The Joshua Tree” von U2

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Auch Experten können manchmal mächtig daneben liegen. In dieser Reihe stellen wir vernichtende Plattenkritiken von großen Alben der Musikgeschichte vor, fatale Fehlurteile, die aus heutiger Sicht mindestens merkwürdig wirken – oder auch durchaus berechtigte Kritik, die der allgemeinen Meinung entgegensteht. Heute geht es um eine Platte, über deren Meisterwerk-Status sich eigentlich alle einig sind: das U2-Album schlechthin, The Joshua Tree aus dem Jahr 1987.

Hier dir hier The Joshua Tree als Playlist an während du weiter liest:

Alle? Nicht ganz. Im Spex Magazin erteilte einer von Deutschlands bekanntesten und meist gehassten Musikkritikern, Diedrich Diederichsen höchstpersönlich, der Platte eine Komplettabsage. Bono und seine Band waren in Spex-Kreisen offenbar schon längst unten durch, das konnte auch The Joshua Tree nicht mehr ändern:

 

Was ist denn hier los? Brutaler kann man kaum loslegen. Dass hier kein gutes Haar an U2 gelassen wird, ist sofort klar. Genialer kann man einen Verriss aber auch nicht einleiten, als mit einem derart großspurigem Großmaulgehabe. Denn auch wenn hier jeder U2-Fan direkt Schnappatmung bekommt und die virtuelle Zeitung aus dem Fenster schmeißen möchte, werden sie doch alle weiterlesen wollen – was will der Typ eigentlich und was ist sein Problem? U2 scheiße finden aber zu Duran Duran gehen? Der Mann hat Humor. Jetzt muss er aber Beweise liefern. Er macht erst mal Textanalyse, unter anderem begutachtet er Where The Streets Have No Name. Urteil:

 

Bono-Bashing hat scheinbar schon seit mindestens 1987 eine gute Tradition. Darum dreht sich übrigens die gesamte Plattenkritik: Kein Wort zur Musik, nur Bonos textliches Gebaren wird der Reihe nach auseinandergenommen. Ob der Sound von The Joshua Tree eigentlich ganz okay wäre oder sowieso indiskutabel ist, lässt uns Herr Diederichsen nicht wissen, aber wir tippen mal auf Letzteres. Klar: Eine faire Review geht anders. Natürlich ist U2 mit diesem Album ein zeitlos schönes Stück Musik gelungen, sowohl handwerklich als auch künstlerisch. Dass man Bonos politisches und gesellschaftliches Engagement derart aufbauschen und alles andere in den Schatten stellen muss, ist vielleicht ein bisschen übertrieben, nicht wahr Herr Diederichsen?

 

Aber da ist einfach nichts zu machen. Weiß man ja selbst: Wenn man einen Künstler oder eine Band ein mal gefressen hat, wird sich das so schnell nicht mehr ändern. Dieser Verriss spricht wahrscheinlich all denjenigen aus dem Herzen, die mit U2 nie so recht etwas anfangen konnten. Vermutlich hat auch das etwas mit Bono zu tun. Der Mann hat es einfach nicht leicht. Aber er hat nicht nur Prinzipien, sondern eben auch Talent – deshalb sind U2 auch dort, wo sie heute sind.

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