Popkultur
Die musikalische DNA von Janis Joplin
„Sie wagt es, anders zu sein”“, schrieb das Käseblatt der Universität von Austin im US-amerikanischen Bundesstaat im Jahr 1962 über eine Studentin, die das Anderssein neu definieren sollte. „Sie läuft barfuß, wenn es ihr gefällt, trägt Levis zum Unterricht, weil sie bequemer sind und trägt eine Autoharp mit sich herum für den Fall, dass sie den Drang verspürt, einen Song zu singen. Ihr Name ist Janis Joplin.“ Joplin stach schon immer aus der Masse heraus wie ein Mittelfinger aus der Faust. „Ich war eine Außenseiterin“, erinnerte sie sich an ihre Schulzeit. „Ich las, malte, dachte. Ich habe Schwarze nicht gehasst.“ Kein Wunder, dass ein solcher Freigeist in die weite Welt hinaus wollte, anstatt im engstirnigen Texas zu bleiben. Joplin verließ die Heimat bald und wurde zu einem der größten Stars ihrer Zeit. Bis ihr Leben mit nur 27 Jahren ein viel zu frühes Ende fand.
In nur kurzer Zeit prägte Joplin mit ihrem unvergleichlichen Stimmregister den Sound einer ganzen Generation, ohne sich dabei sonderlich um ihren Ruhm zu scheren. Sowieso ist die Musik der Sängerin mehr als unbekümmert. „Ich denke nicht wirklich nach“, gab Joplin zu Protokoll, als sie der Talk-Show-Host Dick Cavett fragte, was während ihrer Auftritte in ihrem Kopf vorging. „Ich versuch lediglich, was zu fühlen.“ Vor allem aber fühlte ihr Publikum etwas: Schmerz, Liebe, Leidenschaft. An Joplins Ausdrucksfähigkeiten konnte sich zu ihrer Zeit neben Joe Cocker vielleicht niemand messen. Was die Sängerin aber so besonders machte, das erfahren wir mit Blick auf ihre musikalische DNA. Die enthält einen Stilmix, so einzigartig wie Joplin selbst.
Hör dir hier Janis Joplins musikalische DNA als Playlist an und lies weiter:
1. Roger Miller – Me And Bobby McGee
„Das ist ein Song von einem guten Freund von mir, einem Songwriter aus Vegas. Er wird sehr erfolgreich sein, ich gebe ihm gut ein Jahr dafür“, ist Joplin auf einer Live-Aufnahme zu hören, bevor sie ihren wohl größten Hit Me And Bobby McGee anstimmt. Gemeint war Kris Kristofferson, der das Stück – wie der Großteil ihrer erfolgreichsten Singles handelte es sich um ein Cover – mit Fred Foster zusammen geschrieben hatte.
Das Konzert, bei dem Joplin diese Worte sagte, wurde 1970 aufgenommen. Ein Jahr später war Kris Kristofferson immer noch kein Weltstar und sie selbst tot. Es bleibt ihre Version von Me And Bobby McGee. Ausgerechnet ein waschechter Country-Song sollte den Spirit der Hippie-Zeit am besten einfangen. Es brauchte für die richtige Version nur die passende Stimme. Roger Miller, für den Kristofferson und Foster das Stück geschrieben hatten, war einfach zu brav. Joplin aber hauchte dem Stück die notwendige Melancholie und Lebenslust ein.
2. Joan Baez – In The Quiet Morning
Dass sich Joplin als Südstaatlerin dem Country und auch dem Folk zuwand, das dürfte niemanden überrascht haben. Aber sie fand ebenso in der Folk-Tradition ihres Landes Inspiration, insbesondere in ihrer Gegenwart. Joan Baez gehörte zu den großen Stars dieser Tage und gilt als die Speerspitze des Folk-Revivals in den sechziger Jahren. Sie war auch eine gute Bekannte von Joplin, der sie mit ihrem Cover von Mimi Baez Farinas In The Quiet Morning nach dem Tod der Freundin einen denkwürdig schönen Song widmete.
Bevor sie in Gedenken an Joplin aber die traurigen Zeilen „The poor girl, tossed by the tides of misfortune“ sang, erlebte sie mit der zwei Jahre jüngeren Rockröhre aber unvergessliche Momente. Das erste Mal trafen sich die beiden ungleichen Sängerinnen im Jahr 1968 auf dem legendären Newport Folk Festival. Joplins Road-Manager John Byrne Cook erinnerte sich in seinem Buch über Joplin an eine unangenehme Begegnung. Besser kamen die beiden schon auf ihrem nächsten Festivalzusammentreffen zurecht: Bei einem Helikopterflug zum Woodstock-Gelände lud Baez die zwei Jahre jüngere Kollegin zum Teetrinken bei ihrer Familie ein. „Tee!? Was für Whiskeymarken habt ihr zuhause?“, soll die Antwort gelautet haben.
3. Grateful Dead – Turn On Your Lovelight (Live)
Unhöflich? Vielleicht, aber Baez hat es keineswegs so aufgenommen. Sie wusste ja auch ganz genau, wen sie da fragte: Joplin war für ihren Konsum berüchtigt. Sie war eben anders als die zurückhaltende Baez ein Kind der Flower-Power-Bewegung und somit, sagen wir mal experimentierfreudig. Mit ihrer Band Big Brother and the Holding Company wohnte sie bisweilen gemeinsam in einem Haus in kommunenartigen Verhältnissen und feierte wilde Partys mit der Band Grateful Dead, der vielleicht ikonischsten aller Hippie-Bands.
Kaum etwas ist legendärer als die orgiastischen Grateful Dead-Konzerte, die auf unzähligen Mitschnitten verewigt wurden. Wusstet ihr aber, dass auch Joplin mit der Band auf der Bühne stand? Am 7. Juni 1969 performte sie gemeinsam mit der Band eine 20-minütige Version von Turn On Your Lovelight, einem Rhythm and Blues-Song von Bobby Bland aus dem Jahr 1961. Sie sang das Stück gemeinsam mit Ron „Pigpen“ McKernan, einem Gründungsmitglied der Band, mit dem Joplin in einer kurzen Beziehung war und der wie sie tragischer Weise in den „Club 27“ eintrat. Das exzessive Rockstar-Leben hatte nicht allein Joplin ruiniert: Die Siebziger forderten reihenweise Opfer.
4. Jimi Hendrix – Woodstock Improvisation
Eines der bekanntesten ist wohl Jimi Hendrix. Wie Joplin und Pigpen verstarb der geniale Gitarrist mit nur 27 Jahren, nur 16 Tage vor Joplin. Nicht auszudenken, wie viel fantastische Musik die beiden der Welt noch hätten schenken können! Das Schicksal aber hatte andere Pläne für die beiden, die zuerst im Jahr 1967 beim Monterey Pop Festival die Bühne teilten und sich nur wenig später bei einem Gedenkkonzert für den im April des Folgejahres erschossenen Martin Luther King wiedersahen.
Die Wege der beiden Ausnahmegenies sollten sich im Laufe ihrer kurzen Karrieren häufiger kreuzen. Nicht allein bei Woodstock, wo Joplin gemeinsam mit Joan Baez aus Joe Cockers Van dem Kollegen dabei zusah, eines der legendärsten Konzerte aller Zeiten zu geben. Was das für ein Anblick gewesen sein muss! Und wie es wohl geklungen hätte, wenn die beiden ihre Talente vereint hätten? Obwohl sich hartnäckige Gerüchte halten, nach denen Hendrix auf einer Version von Summertime zu hören ist, konnte das nie bestätigt werden. Wir werden ja aber noch mal tagträumen dürfen…
5. Eddie Head and his Family – Down On Me
Ihre Inspiration fand Joplin aber nicht allein bei ihren Kollegen und Zeitgenossen, sondern auch in der reichhaltigen Tradition afroamerikanischer Musik. Joplin, die wie unter anderem auch Baez eine Vertreterin schwarzer Bürgerrechte war, beschäftigte sich parallel zu Country, Folk und Rock unter anderem mit Gospel. Am bekanntesten dürfte wohl ihre Version des Traditionals Down On Me sein, dessen frühste Aufnahme aus dem Jahr 1930 stammt.
Die Version von Eddie Head and his Family stellt so etwas wie eine musikalische Querverbindung dar, nimmt sie doch gleichermaßen Elemente aus dem klassischen Gospel, der Country-Musik und dem Blues auf. Kein Wunder, dass Joplin die Nummer zusagte. Ihre eigene Version mit Big Brother and the Holding Company kanalisiert all diese musikalischen Aspekte in einer treibenden Rock-Nummer, dessen spiritueller Flair von Joplins meisterhafter Gesangsleistung getragen wird.
6. Big Mama Thornton – Ball N’ Chain
Dass Joplin einen dermaßen durchmischten Musikgeschmack hatte, erklärt sich unter anderem mit ihrer Rolle als Außenseiterin. Noch zu Schulzeiten freundete sich mit einer Gruppe von Gleichgesinnten an, durch die sie an ihre ersten Blues-Platten kam. Ma Rainey, Lead Belly und Bessie Smith standen auf dem Programm. Nur wenig später begann Joplin, selbst zu singen und bereicherte die Welt um eine Blues-Interpretation, wie sie zuvor noch nicht gehört wurde.
Joplin aber hatte für ihren einzigartigen Klang eindeutige Vorbilder und schämte sich nicht, das zuzugeben. Im Gegenteil! Ihre Coverversion von Big Mama Thorntons Ball N’ Chain bedeutete eine Verbeugung vor der Blues-Legende, deren Stimme ganz ähnliche Gänsehauteffekte hervorrief wie später Joplins. Die leider nur als Live-Aufnahmen erhältlichen Cover-Versionen Joplins zeichnen sich wie auf dem Monterey Pop Festival durch einen entgrenzten Rock-Sound aus, der den satten Blues Big Mama Thorntons mit der Hippie-Mentalität der späten Sechziger vereinte.
7. Bessie Smith – Nobody Knows You When You’re Down And Out
Kaum eine Sängerin hat Joplin aber dermaßen geprägt wie Bessie Smith. Nachdem die aufstrebende Sängerin zuerst im Teenage-Alter in Berührung mit der Musik der vielseitigen Künstlerin kam, nahm sie ihren Mut zusammen und versuchte sich selbst am Mikro. „Sie hat mir die Luft gezeigt und wie ich sie füllen kann“, sagte Joplin in schwärmerischen Tönen von Smith. „Sie ist der Grund, warum ich überhaupt mit dem Singen begonnen habe.“ Nicht selten soll sie in ihrem Freundeskreis behauptet haben, die wiedergeborene Smith höchst selbst zu sein.
Wie Joplin später war die 1937 verstorbene Smith eine musikalische Grenzgängerin, die den Sound des Delta Blues ins Radio brachte. Was Smith auszeichnete, waren ihre ausdrucksstarken Phrasierungen. Um sich trotz der damals noch recht bescheidenen Aufnahmetechnik Gehör zu verschaffen, brauchte es im Studio gehörigen Druck. Smith brachte genau den mit. Nur logisch, dass Joplin sich daran ein Beispiel nehmen sollte. Denn insofern war sie wohl wirklich die Wiedergeburt von Bessie Smith oder zumindest ihre einzig wahre musikalische Erbin.
8. Otis Redding – I Can’t Turn You Loose
Vom bittersüßen Jazz-Blues der großen Smith führt ein direkter Weg zum Soul-Sound, der sich in den sechziger Jahren etablierte. Der tragisch früh verstorbene Otis Redding gehörte zu den Stars des Labels Stax und schaffte, was zu seiner Zeit nur wenigen schwarzen Künstlern vergönnt war: Seine Musik wurde auch auf weißen Radiostationen gespielt und machte sich in den Charts prächtig.
Joplin sah Redding zuerst im Jahr 1966 live und sollte schon im Jahr später mit ihm auf dem für sie so schicksalsträchtigen Monterey Pop Festival die Bühne teilen. Reddings Einfluss auf die Musik der Kollegin kann kaum unterschätzt werden. Hatte Smith ihr das Singen beigebracht, so lehrte er sie, wie sich „ein Song pushen ließ anstatt einfach nur mit der Stimme drüber zu glitschen“, wie Joplin es selbst ausdrückte. Was sie damit meint, zeigt sich unter anderem in einem Live-Mitschnitt ihrer Kozmic Blues Band aus dem Jahr 1969: Nach einer regulären Coverversion fängt sie an mit ihrer Band zu jammen. So klingt das, wenn ein Song wirklich gepusht wird!
9. Erma Franklin – Piece of My Heart
Die Beschäftigung mit Soul äußerte sich auf verschiedene Weisen in Joplins Werk. Mit am bekanntesten dürfte ihr Song Piece Of My Heart sein, einer ihrer größten Hits, und wie einige andere eine Coverversion. Ursprünglich wurde er von Erma Franklin eingesungen, die unverständlicher Weise immer noch im Schatten ihrer großen Schwester Aretha steht, bei der sie ihr einzigartiges Talent als Backgroundsängerin verschwendete.
Piece Of My Heart immerhin trug dazu bei, dass Franklin etwas mehr Aufmerksamkeit zukam. Sogar einen Grammy bekam sie dafür. Es sollte jedoch ihr einziger großer Erfolg sein und die meisten werden bei der markanten Gesangsmelodie wohl doch zuerst an Joplins leidenschaftliches Kreischen denken. Dabei hatte sie mit ihren Coverversionen doch selbst stets nur ihren Vorbildern danken wollen. Eine eigentlich traurige Ironie des Schicksals.
10. Nina Simone – Stars (Live at Montreux)
Joplin hat im Laufe ihrer kurzen Karriere viele Künstlerinnen gecovert, ist in den vergangenen Jahrzehnten oft gecovert worden und einige Songs wurden ihr gewidmet. Die Resultate variierten, am besten aber hat es Nina Simone gemacht. Wie, werdet ihr euch fragen, wieso weiß ich nichts davon, dass Simone einen Song über die große Joplin geschrieben hat? Das aber genau ist der Punkt: Sie hat genau das nicht getan. Was in ihrem Fall die größtmögliche Respektsbekundung überhaupt ist.
„Ihr wisst, dass ich 35 Alben eingespielt habe, und siebzig kursieren als Bootleg“, erzählte sie ihrem Publikum bei ihrem legendären Auftritt auf dem Montreux Jazz Festival im Jahr 1976. „Oh, jeder hat sich sein Stück von mir genommen. Und gestern habe ich hier Janis Joplins Film gesehen. Und was mich am meisten verstört hat, und ich habe sogar angefangen, einen Song darüber zu schreiben, aber entschied mich, dass ihr dessen nicht wert seid. Weil ich schätze, dass ihr des Festivals wegen hier seid. Jedenfalls, was mich schmerzte war, mitanzusehen, wie hart sie gearbeitet hat. Weil sie süchtig war, und nicht nach Drogen. Sie war süchtig nach einem Gefühl und sie ist vor Leichen aufgetreten.“ Starke, richtige Worte. „Stars, they come and go“, nur Joplins Musik bleibt uns ewig erhalten.
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Popkultur
Als Led Zeppelin facettenreicher wurden: „Houses Of The Holy“
Vier durchnummerierte Platten brauchten Led Zeppelin, um die Spitze des Rockolymp zu erklimmen. Auf ihrer fünften Veröffentlichung Houses Of The Holy schlugen die Briten experimentierfreudigere Pfade ein — mit großem Erfolg. Den Titeltrack mussten sie allerdings auf das nächste Album verschieben.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Houses Of The Holy von Led Zeppelin anhören:
Pause? Für Led Zeppelin ist das zu Beginn ihrer Karriere ein Fremdwort. In gerade einmal drei Jahren veröffentlichen die Briten vier legendäre Alben, touren mehrfach um den Globus und spielen weltweit vor ausverkauften Häusern. Großbritannien, Nordamerika, Japan, Australien — und wieder von vorn. Ein wenig zur Ruhe kommen Led Zeppelin erst 1972, als sie mit der Aufnahme ihres fünften Albums Houses Of The Holy beginnen. Die Gruppe schlägt darauf experimentellere Wege ein und setzt auf aufwändige Arrangements und neue Einflüsse statt auf schnodderigen Hardrock-Sound. Doch wie genau kam es zu dieser Typveränderung — und hatten auch die Fans Freude an den neuen Led Zeppelin?
Houses Of The Holy: Ein Album unter anderen Umständen
Anfang der Siebziger ist das Bankkonto von Led Zeppelin bereits gut gefüllt — so gut, dass sich Gitarrist Jimmy Page und Bassist John Paul Jones ihre eigenen Heimstudios einrichten. Zum ersten Mal können die beiden Musiker ihre Ideen in aller Ruhe aufnehmen, noch einmal hören, bearbeiten und ergänzen. Dadurch werden die Songs ausgeklügelter als sonst — weg vom Bluesrock, hin zum AOR, wenn man so möchte. Als Led Zeppelin mit den offiziellen Aufnahmen von Houses Of The Holy beginnen, sind die vier Musiker deutlich besser vorbereitet als bei ihren vorherigen vier Alben. Zu gut, wie es scheint, denn die Band spielt mehr Songs ein als auf die Platte passen.
Während der Sessions zu Houses Of The Holy sammeln Led Zeppelin so viel Material, dass sie ein paar ihrer neuen Kompositionen für später aufbewahren müssen. Das betrifft zum Beispiel den Song Walter’s Walk, der erst 1982 auf der Zusammenstellung Coda erscheint. The Rover und Black Country Woman packen die Briten auf ihr sechstes Album Physical Graffiti (1975). Besonders kurios: Sogar den Titeltrack verschieben Led Zeppelin auf später, sodass der Song Houses Of The Holy nun nicht auf dem Album Houses Of The Holy zu finden ist, sondern ebenfalls auf dem Nachfolger Physical Graffiti. Trotzdem klingt Houses Of The Holy stimmig — auch wenn „Led Zep“ darauf einige Experimente wagen.
Da wäre zum Beispiel die Funk-lastige Nummer The Crunge, die man den Briten vorher wohl nicht unbedingt zugetraut hätte. Auch das Reggae-beeinflusste Stück D’yer Mak’er klingt nicht wie ein typischer Led-Zeppelin-Song. Genau das war das Ziel, wie Gitarrist Jimmy Page in dem Buch Light & Shade: Conversations With Jimmy Page erklärt: „Auch wenn alle ein zweites Led Zeppelin IV wollten: Es ist sehr gefährlich, sich selbst zu kopieren. Ich werde keine Namen nennen, aber jeder kennt Bands, die sich ewig wiederholen. Nach vier oder fünf Alben sind sie ausgebrannt. Bei uns hingegen wusste man nie, was als nächstes kommt.“
Eine Tour der Superlative — und der anschließende Burnout
Das gilt auch für die Tour zu Houses Of The Holy, mit der Led Zeppelin einmal mehr neue Live-Show-Maßstäbe setzen. Laser, Discokugeln, aufwändige Outfits, Pyrotechnik: Die britischen Rocker lassen sich nicht lumpen und feuern auf ihrer insgesamt dreimonatigen Tour aus allen Rohren. 55 Konzerte geben Led Zeppelin, darunter auch in Nürnberg, München, West-Berlin, Hamburg, Essen und Offenburg. Überall feiert wird die Band gefeiert; später ist sogar die Rede davon, dass die Tour der technische Höhepunkt der Gruppe gewesen sein muss. Doch der Preis ist hoch: Nach der Konzertreise sind Led Zeppelin so fertig, dass sie eine fast zweijährige Pause einlegen.
Was die Verkaufszahlen und den Erfolg von Houses Of The Holy betrifft, geht die Platte im Vergleich zum direkten Vorgänger Led Zeppelin IV beinahe unter. „Nur“ elffaches Platin gelingt den Briten bis heute mit dem Album; bei Led Zeppelin IV ist es mehr als doppelt so viel und auch der Houses Of The Holy-Nachfolger Physical Graffiti kann insgesamt 16 US-Platinveredelungen abräumen. Dennoch: Led Zeppelin zeigen sich auf Houses Of The Holy von ihrer erwachsenen Seite und das kommt an. Drei Alben bringen die Briten anschließend noch raus, bis der Tod von Schlagzeuger John Bonham die Karriere der Gruppe im Jahr 1980 beendet. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.
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5 Dinge, die ihr über John Paul Jones von Led Zeppelin noch nicht wusstet
Popkultur
Zeitsprung: Am 28.3.1985 tritt Alicia Keys zum ersten Mal im TV auf. Sie ist 4.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.3.1985.
von Timon Menge und Christof Leim
Mehr als 150 Preise gewinnt Alicia Keys im Lauf ihrer Karriere, darunter 15 Grammys. Ihre Premiere im Showgeschäft feiert sie allerdings am 28. März 1985 in einer TV-Serie – mit vier Jahren.
Hier könnt ihr euch Here anhören:
Übernachtungsparty! Die kleine Tochter der Familie hat ihre Freunde und Freundinnen eingeladen, alle sind bestens gelaunt, vor allem als sie reihum mit dem Herrn Papa Rodeo spielen. Die Regeln: Wer sitzen bleibt, gewinnt. Ein Mädchen mit Lockenkopf kann sich trotz wildester Bewegungen halten und geht als Siegerin hervor. Vier Jahre alt ist die junge Schauspielerin in dieser Szene der Bill Cosby Show, ihr Name lautet Alicia Cook. Damals kennt sie niemand, heute schon…
In den Achtzigern kann man sich ein Fernsehprogramm ohne die Familie Huxtable kaum vorstellen. In acht Staffeln thematisiert die Sitcom das Leben einer afroamerikanischen Familie aus der Mittelschicht, die sich mit alltäglichen Situationen und Problemen auseinandersetzt. Dass dieses Format auch bei der weißen Bevölkerung gut ankommt, ist zu jener Zeit noch nicht selbstverständlich. Den Familienvater Dr. Heathcliff Huxtable gibt Schauspieler Bill Cosby, nach dem die Sendung auch benannt ist. (Heute ist Cosby weltweit und zurecht in Ungnade gefallen, weil er wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs zu mehreren Jahren Haft verurteilt wird. Aber das ist eine andere, unschöne Geschichte.)
Wer ist Alicia Cook?
Diese kleine Alicia Cook, die da einen Gast der Übernachtungsparty der kleinsten Huxtable-Tochter Rudy spielt, lernen wir Jahrzehnte später unter einem anderen Namen kennen: Alicia Keys. Mit dem Auftritt in der Show feiert sie sozusagen ihren Einstand im Showgeschäft. Hier könnt ihr euch den Ausschnitt mit ihr angucken:
In einem späteren Interview mit der Teleschau erzählt Keys: „Ich erinnere mich vor allem daran, dass es ein wahnsinnig langer Tag war. Bis das alles abgedreht war, war es später Abend – und ich und die anderen Kinder waren so müde, dass wir irgendwann einfach auf dem Sofa eingeschlafen sind. Aber ich erinnere mich auch daran, dass es extrem witzig war. Bill Cosby war super. Und hey, immerhin habe ich beim Reite-Spiel auf seinem Knie gewonnen.“
Nur der Anfang
Gewinnen wird Keys nachher noch so einiges, nämlich mehr als 150 Auszeichnungen und 14 Platinschallplatten (allein in den USA). Mit Alben wie Songs In A Minor (2001), The Diary Of Alicia Keys (2003), As I Am (2007) und The Element Of Freedom (2009) räumt sie in den 2000er Jahren wirklich alles ab. Wer hätte 1985 gedacht, dass aus der kleinen Alicia Cook einer der größten Popstars des 21. Jahrhunderts wird?
Zeitsprung: Am 7.9.1984 sind die Jacksons auf Tour und Janet brennt durch.
Popkultur
Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.
von Bolle Selke und Christof Leim
Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.
Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:
Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.
Psychedelische Scheißmusik
1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.
Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.
Unisex, roh und gewalttätig
Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.
Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“
Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…
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