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Popkultur

Die musikalische DNA von Queens of the Stone Age

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„K-L-O-N Los Angeles! Clone radio – we play the songs that sound more like everyone else than anyone else! Clone!“, begrüßt uns eine Stimme. Sie fragt, wie es geht und was der Verkehr so macht und dann schwafelt sie etwas von einer „Saga“. Welche „Saga“, bitteschön? Doch bevor wir diese Frage überhaupt stellen können, geht er los, einer der wildesten Trips der Rock-Geschichte.

Der Einstieg in Songs for the Deaf ist so bezeichnend wie der Titel des gleichnamigen Queens of the Stone Age-Albums. Die Band um Josh Homme nimmt gerne alles und jeden, vor allem aber sich selbst auf die Schippe. So allein lässt sich der Bandname erklären: Ursprünglich als Gamma Ray gegründet, benannte sich die Truppe um, als die deutsche Power Metal-Band selben Namens  mit einer Klage drohte. „Kings wäre zu Macho“, erklärte Homme. „Die Könige des Steinzeitalters tragen Rüstungen und Äxte und ringen miteinander. Die Königinnen aber hängen mit den Freundinnen der Könige rum. Rock sollte hart genug für die Jungs und süß genug für die Mädchen sein!“ Gut, in einem Gender-Seminar kommt Homme damit nicht sehr weit. Und dass sein (ehemaliger) musikalischer Partner Nick Oliveri tatsächlich durch häusliche Gewalt negativ auffiel, dürfen wir ebenso wenig vergessen.


Hört euch hier einen Vorgeschmack der musikalischen DNA von Queens of the Stone Age an:

Für die ganze Playlist klickt auf „Listen“.


Doch QOTSA sind trotzdem mehr als hitzköpfige Blödköpfe. Welche Band erinnert sich schon mit einem Tattoo an ihren eigenen musikalischen Tiefpunkt? Welche Band macht mit so wenigen Mitteln so viel Spaß? Welche Band bleibt dabei dermaßen aufgeschlossen? Ihr kennt die Antwort auf diese Fragen. Doch wisst ihr auch, was sie dabei inspiriert hat? Nein? Na, dann schnallt euch an. Der Trip durch die musikalische DNA der Queens of the Stone Age wird ebenso wild wie der, den uns Songs for the Deaf bescherte.


1. Kyuss – Fatso Forgotso

Der Beginn der Queens of the Stone Age markierte zugleich das (endgültige) Ende von Kyuss. Die legendärste aller Stoner Rock-Bands, nein: Die Band, die Stoner Rock überhaupt erst erfand, debütierte 1989 mit Josh Homme und Nick Oliveri an den Gitarren, bevor Oliveri ab 1990 den Bass übernahm. Kyuss legten den Grundstein für ein ganzes Genre. Ihr Meisterwerk Welcome to Sky Valley leitete allerdings auch den langsamen Fall der Gruppe ein. Erst stieg Drummer Brant Bjork aus und wurde kurzzeitig durch Alfredo Hernández für den Nachfolger …And the Circus Leaves Town ersetzt, doch der Titel der letzten Kyuss-Platte sollte sich als prophetisch erweisen. Bald zogen alle weiter.

1996 war also Schluss, damit aber war der Weg für die Queens of the Stone Age um Homme frei. Mit der Split-EP Kyuss / Queens of the Stone Age ließ Homme, ergänzt nur durch Drummer Vic „The Stick“ Indrizzo die neue Band aus der Asche der alten aufsteigen. Immerhin aber war auch Kyuss-Sänger John Garcia auf einem seiner Stücke zu hören und mit dem Black Sabbath-Cover Into the Void und den zwei Teilen der Stoner Rock-Operette Fatso Forgotso konnten sich Kyuss gebührend verabschieden. Eine Reunion wurde zwar immer wieder diskutiert – „fürs Freibier würd ich‘s machen“, so Reeder –, scheint aber nicht unwahrscheinlich.


2. Screaming Trees – Dying Days

Vor allem wohl deswegen, weil allein Homme sofort Fahrt aufnahm, als Kyuss die Instrumente an den Nagel hingen. Er heuerte ad hoc bei den Screaming Trees an, bevor er Gamma Ray beziehungsweise die Queens of the Stone Age gründete. Songs wie Born to Hula schrieb er noch für Gamma Ray, zu hören waren sie aber auch auf der Split mit Kyuss. Mit den Screaming Trees, die gemeinhin als die „Godfathers of Grunge“ bezeichnet werden, war seine Geschichte anders als mit Kyuss aber noch lange nicht zu Ende. Van Conner von den Trees spielte schon auf den Songs der Split mit, Sänger Mark Lanegan wäre fast auf dem Debütalbum von QOTSA zu hören gewesen.

Im Lauf der Jahre wurde insbesondere Lanegan zu einem treuen Gefährten Hommes beziehungsweise Bandmitglied von QOTSA. Auf Songs for the Deaf ist er ebenso zu hören wie auf Lullabies to Paralyze und Era Vulgaris. Die beiden haben sogar dasselbe, eingangs erwähnte Tattoo: „Freitag 4:15“ steht auf ihren Rippen, weil es dort am meisten weh tut, tätowiert zu werden. Der Schriftzug erinnert an den schlechtesten Gig der Bandgeschichte beim Rock am Ring-Festival am 1. Juni 2001. Ratet mal, an welchem Wochentag und zu welcher Uhrzeit Homme, Lanegan und Oliveri dort auftraten. Ihr kommt nie drauf…


3. Iggy Pop – Lust For Life

Warum aber hatten sich Kyuss überhaupt aufgelöst? Angeblich ist Iggy Pop schuld. Oder zumindest wird gemunkelt, dass Homme nach dem übermäßigen Genuss von dessen Solo-Album Lust For Life dermaßen überwältigt war, dass er die alte Band an den Nagel hängen und etwas Neues ausprobieren wollte. Eine andere LP mit Pop am Mikro hält er übrigens für „die verrückteste Platte, die jemals aufgenommen wurde“. Die Rede ist natürlich von Raw Power von den Stooges. Seit 2016 kann er übrigens selbst ein gemeinsames Album mit Iggy für sich verbuchen: Für Post Pop Depression nahm er die Rolle des Produzenten ein.

„Mit Iggy zu arbeiten, hat meinen Glauben an den Rock’n‘Roll gerettet”, erzählte er begeistert von den Aufnahmen mit dem wesentlich älteren Star. Das wäre dann ja schon das zweite Mal, dass Pop ihm eine Epiphanie verschafft hätte! „Iggy ist das großartigste Beispiel für einen Frontmann, das du im Rock’n‘Roll nur finden kannst“, hieß es weiter. „Du kannst sagen ‚oh, ich mag die Stimme von dem Typen lieber‘ oder ‚ich mag dessen Songs lieber‘, aber du kannst niemals jemanden finden, der mehr Rock’n’Roll und ehrlicher und wagemutiger und seiner Zeit weiter voraus ist als Iggy.“ Das ist doch mal ein Statement!


4. ZZ Top – Precious and Grace

Iggy Pop und die Stooges sind nicht nur musikalische, sondern auch persönliche Vorbilder Hommes. Doch niemand hat seinen eigenen Sound wohl dermaßen vorweg genommen wie ein bärtiges Trio aus Texas. Die Rede ist natürlich von ZZ Top, deren Song Precious and Grace vom Album Tres Hombres schon alle QOTSA-Zutaten in sich vereint – und zwar 1973! Die Band erkennt das neidlos an und hat das Stück erst in ihr Live-Repertoire aufgenommen und dann auf Lullabies neu vertont.

Dabei aber blieb es natürlich nicht. So wie Homme sich Iggy für ein Projekt angelte, so bezirzte er auch Billy Gibbons, bei ihm anzuheuern. Auf drei Tracks von Lullabies und Era Vulgaris ist er zu hören! „Ich bin mit ZZ Top aufgewachsen“, erklärte Homme seine Leidenschaft. „Diese Platten haben mich komplett umgehauen!“ Neben Jimi Hendrix und Jimmy Page gehört Gibbons zu seinem allerliebsten Gitarristen.


5. G.B.H. – City Baby Attacked by Rats

Doch nicht allein der staubige texanische Rock der drei Vollbartenthusiasten gehörte bei Homme auf den Lehrplan. Auch Metal und Punk standen bei Homme und Oliveri zu Schulzeiten hoch im Kurs. Auf Black Sabbath konnten sie sich ebenso einigen wie auf The Damned und die Ramones. Selbst der Pop-Punk von den Descendants gefiel ihnen ausgezeichnet! Doch zog es sie immer zu den schnellen, rotzigen Stilen. Mit G.B.H. und Discharge fanden sie genau den richtigen Sound.

Beide Bands werden der zweiten britischen Punk-Welle zugerechnet. Das Album Never Again, aber auch City Baby Attacked by Rats von G.B.H. gehören zu seinen absoluten Lieblingsplatten. „Es ist so melodisch, aber härter als Heavy Metal. Es war hart und schnell, die Produktion so roh, dass du genau wusstest: Das hier ist echt”, erklärte er mit leuchtenden Augen. Angeblich war Homme sogar ein ziemlich dogmatischer Punker. „Ich folgte den Punk-Rock-Schamesregeln – du durftest gar nichts anderes hören! Ich gab vor, die Musik, die mich angeblich inspiriert hatte, niemals gehört zu haben…“


6. Black Flag – My War

Von Punk ist es immerhin nicht weit zum Hardcore. Vielleicht also war es völlig in Ordnung, zuzugeben, dass Homme auf My War von Black Flag stand. Dabei spaltete das zweite Album der wie Homme aus Kalifornien stammenden Band doch seine Fanbase. Denn auf die B-Seite drosselten Henry Rollins, Greg Ginn und Bill Stevenson das Tempo gehörig. Plötzlich klang ihr wirbelnder Hardcore Punk viel eher nach Black Sabbath als nach den Bands, die zu dieser Zeit die Bay Area unsicher machten.

Homme hat immer noch lobende Töne für diese Platte und das Label SST übrig. „Was die SST-Bands anging, so klangen sie alle komplett verschieden und das rüttelte die Szene ordentlich auf“, erinnerte sich Homme an die frühen Hardcore-Tage. „Wenn du klangst wie eine andere Band aus deiner Stadt – oder irgendeiner Stadt – wurdest du ausgelacht. Daraus wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Suche nach Originalität. Jealous Again und Damaged von Black Flag habe ich geliebt, aber My War fing genau das ein, was auch Kyuss‘ Zugang zu Punk wurde.“ In der Musik von QOTSA ist das natürlich auch zu hören.


7. Nirvana – About A Girl

Ein paar Jahre später war die Begeisterung einer allumfassenden Ernüchterung gewichen. Bis ein Trio aus Seattle die Bühne betrat. Bleach – und nicht erst Nevermind – bedeutete für Homme einen Wasserscheidenmoment. „1989 schien es so, als sei Punk-Rock gestorben“, erinnerte sich Homme. „Ich dachte, Nirvana würden da weitermachen, wo Black Flag und G.B.H. aufgehört hatten. Ich erinnere mich daran, gedacht zu haben, dass meine Band bloß nicht so klingen sollte wie Nirvana, weil sie die Messlatte so hoch gelegt hatten. Ich wollte dem nicht zu nahe kommen.“

So viel Ehrfurcht ist von Homme selten zu hören. Seine volle Dosis Nirvana bekam er allerdings 2001 ab, als Dave Grohl bei ihm für die Aufnahmen von Songs for the Deaf anheuerte. Das Album bedeutete für QOTSA den internationalen Durchbruch und war doch ihr vielleicht ambitioniertestes Werk. „Die Platte sollte bizarr klingen“, lachte Homme. „Wie ein Blitzschlag in einer Flasche! Wir waren auch ziemlich druff. So klingt es immer noch für mich, wie verrückt. Die Radio-Interludes sollen eine Fahrt von Los Angeles nach Joshua Tree simulieren, ein Trip, auf dem du komplett loslässt. Meile um Meile wird es immer mehr wie ein David Lynch-Film.“


8. Björk – Jóga

David Lynch ist vielleicht ein gutes Stichwort. Der enigmatische Regisseur ist für ein gutes Gehör bekannt. Neben seiner Arbeit mit Angelo Badalamenti, der eine Serie wie Twin Peaks mit extra viel Magie versorgte, kollaborierte er für den Film Lost Highway auch mit Trent Reznor von Nine Inch Nails. Reznor wiederum ist ein guter Kumpel von Homme und besuchte ihn unter anderem im Studio, als der gerade an …Like Clockwork werkelte. Es ist nicht die offensichtlichste aller Wahlverwandtschaften, klingt die Musik der beiden doch recht verschieden.

Doch Homme hat bekanntlich ein Herz für Menschen, die gerne die Regeln brechen und dazu gehört nicht allein Reznor, sondern auch die Isländerin Björk. „Genres bedeuten gar nichts“, erklärte er verächtlich. „Björk hat uns bei den Queens dazu gebracht, das Allerbeste aus uns herauszuholen.“ Era Vulgaris zeigte sich dementsprechend elektronisch beeinflusst, die Blaupause dafür war Homogenic. „Da habe ich verstanden, ‚Wow, in der modernen Musik kannst du ein 53-köpfiges Orchester und jemanden, der auf einem Champagnerglas spielt und einen Typen mit Nasenflöte drauf haben und es trotzdem schön klingen lassen.“ Recht hat er!


9. CAN – Future Days

Dabei hätte Homme doch einfach nur ein paar Jahre in der Pop-Geschichte zurückgehen müssen, um zu sehen: Das ging schon immer. Oder zumindest war es den Mitteln der Zeit entsprechend möglich, mit allen Konventionen zu brechen und mitreißende Musik zu machen. CAN sind das beste Beispiel dafür. Trommler Jaki Liebezeit, Bassist Holger Czukay, Keyboarder Irmin Schmidt und Sänger Damo Suzuki sowie die anderen temporären Mitglieder des Krautrock-Kollektivs schufen ab Ende der sechziger Jahre aus dem Nichts etwas komplett Neues.

Wenn Homme seine eigene Musik als „Rock-Versionen von elektronischer Musik“ bezeichnet und von „Roboter-Rock“ spricht, so trifft das genauso auf CAN-Platten wie Future Days oder dem von ihm heiß verehrten Überalbum Tago Mago zu. „Ich schrieb diesen kantigen, mechanischen Gitarrenkram und fragte mich, ob das zuvor schon jemand versucht hatte. So habe ich CAN entdeckt“, erinnerte er sich. „Ihr Drummer war so straight und so groovy und sie spielten sechs Minuten lang denselben Ton, was, wie mir auffiel, wirklich schwierig ist. Für mich war es ansonsten niederschmetternd, wenn ich herausfand, dass vor mir schon jemand etwas gemacht hatte. In dem Fall aber wollte ich genau das machen, worauf ich Lust hatte. CAN zu entdeckten, entflammte eine neue Leidenschaft in mir.“


10. Skepta – Man (Gang)

Neben Hommes eigenen Bands, seinen Musikerfreundschaften und Helden der Rock-Ära waren es also Punk, Hardcore, Grunge, Elektro-Pop und Krautrock, die ihn geprägt haben. Puh, eine ganze Bandbreite toller Musik, die da in den reduzierten Sound der Queens of the Stone Age eingeflossen ist! Da verwundert es kaum, dass der Einfluss der quietschfidelen Projekts noch viel weiter reicht. Sogar Röyksopp haben Go With the Flow gecovert und der Grime-Held Skepta lieh sich die markante Gitarren-Hook von Man (Gang) auf seinem Überalbum Konnichiwa vom Queens-Hit Regular John.

Für den Grime-MC, der den Sound der englischen Hauptstadt sogar nach Übersee transportieren und Drake für sich gewonnen konnte, war das allerdings nicht unbedingt ungewöhnlich. Schon zuvor hatte er seinen Viral-Hit Shut Down gemeinsam mit dem Duo Slaves als Indie Rock-Version performt und damit das kurzweilige „Grindie“-Phänomen ins Leben gerufen. Was Homme von dem impliziten Tribut an seine Musik hielt, ist allerdings nicht übermittelt. Wir können uns allerdings durchaus vorstellen, dass der rohe Straßen-Rap Skeptas ihm durchaus gefallen sollte. Wie wohl ein gemeinsames „Grock“-Stück klänge…?


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In klangvollem Gedenken: 10 essentielle Prince-Songs

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Prince
Foto: Richard E. Aaron/Redferns/Getty Images

Am 21. April 2016 starb Prince. Die Wundertüte des Pop war laut, schrill, exzentrisch, aber vor allem eines: ein Jahrhundertkünstler. Diese zehn Songs unterstreichen sein außerirdisches Talent.

von Björn Springorum

Um Prince in den Achtzigern zu verstehen, reicht dieses Faktum: Seinetwegen wurde der Parental-Advisory-Sticker auf Platten erfunden. Mit anderen Worten: Prince war zu sexy, zu offen, zu explizit für die USA. „Am I black or white? Am I straight or gay?“ singt er schon 1981 in Controversial. Kontroversen, sie waren ihm wohl vertraut.

Aber reicht das, um ihn ganz zu erfassen? Welche Geschichten kann man noch bemühen, um Leben und Wirken des Pop-Giganten aus Minneapolis einzufassen? Sagt es genug aus, dass er über 100 Millionen Platten verkauft hat? Oder dass er ein Ausnahmespieler an der Gitarre war? Sänger mit einer Jahrhundertstimme? Eine enigmatische Kunstfigur zwischen Funk, R’n’B, Rock, Soul, Wave und Pop, ebenso schillernd wie exzentrisch? Bringt uns irgendwie alles nicht weiter.

Lassen wir also das Einzige sprechen, das wirklich zählt: seine Musik, mit der er das 20. Jahrhundert prägte, veränderte, bereicherte. Unter den Myriaden an Songs, die Prince geschrieben hat (verteilt auf nahezu 50 Alben), die besten auszuwählen, ist eine fast schon unmögliche Aufgabe. Einigen wir uns also darauf, dass diese zehn Songs – präsentiert in chronologischer Ordnung – sinnbildlich für das Genie Prince Rogers Nelson stehen.

1. When You Were Mine

Wie um jeden Klassiker, ranken sich auch um die Entstehung von When You Were Mine von seinem dritten Album Dirty Mind (1980) mehr als genügend Legenden. Eine besagt, dass ihm diese Nummer zuflog, als er in einem Hotel in Alabama John Lennon lauschte. Eine andere, dass er in einem Hotelzimmer in Florida war und der Band gerade einen Ausflug nach Disney Land verboten hatte. So oder so steht fest: Die Musen meinten es gut mit Prince, der hier eine bisexuelle Dreiecksbeziehung süffig und sinnlich vertont. Blondie lässt grüßen.

2. Controversy

Noch delikater wird es 1981. Controversy vom gleichnamigen Album macht den schwierigen Spagat des Prince deutlich: Längst ist er ein gefragter und erfolgreicher Künstler in den USA, zur selben Zeit jedoch gerät er mehr und mehr ins Fadenkreuz der religiösen Rechten. Denen ist Prince mit seiner offen gelebten Sexualität und seinem angeblich unzüchtigen Verhalten ein Dorn im Auge, zusätzlich befeuert von dieser saftig-funkigen Nummer, mit der er sichtlich genussvoll Öl ins Fegefeuer der Empörung gießt. Nimm das, prüde Welt!

3. Little Red Corvette

Prince will nicht immer provozieren. Manchmal will er der Welt auch einfach nur zeigen, wie sich aus banalsten Ereignissen pures Popmusik-Gold schmieden lässt. 1982 zum Beispiel, als er nach einer kräftezehrenden Aufnahmesession im pinken Mercury Montclair Marauder seiner Musikerin Lisa Coleman immer wieder kurz einschläft. Jedes Mal ist ein weiterer Teil der Lyrics fertig, der elegant-rockige Song vom 1999-Album wenig später.

4. Purple Rain

1984 zeigt Prince der Popwelt dann einfach mal kurz, wie man ein perfektes, technisch brillantes und kompositorisch umwerfendes Stück Musik schreibt. Princes bekanntester Song ist zweifellos auch einer seiner stärksten, ein neunminütiges Epos, das als Destillat seiner ersten Jahre gelten darf. Und jede*n andere*n zeitgenössische*n Pop-Künstler*in vor Ehrfurcht erstarren ließ.

5. The Beautiful Ones

Sein Album Purple Rain ist mehr als der längst heilig gesprochene Titeltrack. Das sinnlich-evokative The Beautiful Ones zählt zu seinen emotionalsten Stücken – und wird in der Folge unter anderem von Mariah Carey und Beyoncé gecovert.

6. Darling Nikki

Dieser stampfenden, steril-maschinellen, kühl-erotischen Nummer, ebenfalls von Purple Rain, haben wir die Parental-Advisory-Sticker zu verdanken, die noch jede*n Jugendliche*n heiß auf eine Platte gemacht haben. Wie nonchalant-lässig Prince die Zeile „I met her in a hotel lobby, masturbating with a magazine“ singt, war für die überaus prüde Mary Gore, die Frau des ehemaligen US-Präsidenten, zumindest Grund genug, gegen „Schmutz“ wie diesen zu Felde zu ziehen und die Jugend der Welt vor Sittenstrolchen wie Prince zu bewahren.

Zeitsprung: Ab 13.5.1985 will das PMRC vor schlimmen Songtexten warnen.

7. Kiss

Als Parade 1986 erscheint, liegt Purple Rain zwei Jahre zurück. Dennoch klingt Prince in Stücken wie dem unsterblichen Kiss schon wieder wie ein vollkommen anderer Künstler. Eigentlich als Song für die Band Mazarati gedacht, doktort Prince eine Nacht im Studio an der Nummer herum, um dann festzustellen: Nö, die behalte ich lieber selbst! Gute Entscheidung: Kiss schießt in den USA auf die Eins und berauscht noch heute mit dem straighten Beat, der kurz angespielten Funk-Gitarre, den punktgenauen Vocals und herrlichem Pop-Minimalismus.

8. Sign O’ The Times

Genau ein Jahr später veröffentlicht Prince Sign O’ The Times. AIDS, Heroin, Bandenkriminalität und das Raketenabwehrprogramm der USA finden Eingang in diese unterkühlt-elektronische Nummer, die für viele zu den ganz großen Glanzmomenten des Superstars zählt.

9. Diamonds And Pearls

Wieder so ein bockstarker Titelsong. Diamonds And Pearls trägt 1991 seinen Anteil zu Princes anhaltendem Erfolg in den Neunzigern bei – mit betont massivem Drumming, markanten Keys und jeder Menge schwelgerischem Groove. Es darf durchaus aus Vorläufer zum folgenden Song gesehen werden…

10. The Most Beautiful Girl In The World

…mit dem Prince zusätzlich R’n’B in seinem eklektischen Sound Willkommen heißt. 1994 gelingt ihm sein erster und einziger Nummer-eins-Hit in den UK-Charts, ein echter Schmachtfetzen, bei dem es allerdings ordentlich Plagiatsvorwürfe hagelt. Wie ein italienisches Gericht entscheidet, hat sich Prince hier etwas zu sehr bei einem Lied von Bruno Bergonzi und Michele Vicino bedient. Passiert offensichtlich selbst den Besten.

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Zeitsprung: Am 7.6.1993 ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 7.6.1993.

von Christof Leim

An seinem 35. Geburtstag ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol. Damit will er gegen seine Plattenfirma protestieren, von der er sich künstlerisch eingeschränkt fühlt. Der Rest der Welt wundert sich…

Hört hier in die besten Prince-Songs rein:

Seinen ersten Plattenvertrag unterschreibt Prince Rogers Nelson 1977. Darin einigt sich der 18-Jährige mit Warner Bros. Records darauf, die völlige kreative Freiheit zu behalten und sämtliche Alben selbst zu produzieren. Das funktioniert für alle Beteiligten gut, macht Prince zum Star und bringt Warner Millionenseller wie Purple Rain (1984) und Sign O’ The Times (1987). Deshalb stört es auch niemanden, wenn der Mann zwischendurch zum Beispiel ein fertiges Album in die Tonne kloppt und schnell mal eben ein neues aufnimmt (siehe Lovesexy, 1988). 1992 wird der Deal sogar verlängert.

Grundlegende Meinungsverschiedenheit

Dem unglaublich produktiven Künstler liegt Anfang der Neunziger viel daran, seine unzähligen unveröffentlichten Songs – angeblich über 500 – so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen. Verständlich, denn dafür hat er das Zeug ja geschrieben. Die Plattenfirma lehnt das jedoch ab, denn sie legt (nicht weniger verständlich) Wert darauf, nur das beste Material in die Läden zu stellen und vor allem den Markt nicht zu überschwemmen. Prince macht keinen Hehl daraus, dass ihm das so gar nicht gefällt und malt sich für öffentliche Auftritte das Wort „Slave“ (dt.: Sklave) ins Gesicht. Nur nützt ihm das nichts, denn Warner Bros. besitzen die Rechte an Princes Künstlernamen und kreativem Output, wie es für Plattenverträge völlig üblich ist. Kurz gesagt: Warner wollen nicht einfach Hunderte an Liedern raushauen, Prince will nicht nur eine Marke sein, mit der die Firma Geld verdient.

Also lässt sich unser Mann etwas einfallen: Er verkündet am 7. Juni 1993, seinem 35. Geburtstag, dass er von nun an nicht mehr den Namen Prince nutze, sondern ein Symbol, das aussieht wie ein Mashup aus den astrologischen Zeichen für Mann und Frau. „Es ist ein unaussprechliches Symbol, dessen Bedeutung nicht erklärt wurde“, heißt es in einer kryptischen Erklärung des Künstlers. „Es geht darum, in neuen Wegen zu denken.“ Prince lässt sich das Ding als „Love Symbol #2“ schützen, packt es auf das Cover seines 1992er-Albums und nutzt es fortan als Bezeichnung für sich selbst.

Ändert aber nix…

Das ist natürlich alles ein bisschen unpraktisch. Zum einen kann man das „Symbol“ nicht schreiben, weshalb Warner Floppy Disks mit einer Grafikdatei an die Medien verschickt. Außerdem weiß niemand, wie man dass denn nun jetzt aussprechen soll. MTV lösen das Problem angeblich, indem sie in ihren Sendungen immer ein metallisches „Klonk!“ einspielen, wenn das „Symbol“ genannt werden müsste. Doch es hilft alles nichts, ein Name muss her. Irgendwann einigt man sich auf „The Artist formerly known as Prince“ oder „TAFKAP“. Das ist offensichtlich ziemlich bescheuert, und für die Fans bleibt ihr Held ohnehin Prince. Vor allem aber: Der Vertrag mit Warner gilt natürlich trotzdem weiter, und juristisch, also „in echt“, heißt der Mann weiterhin Prince Rogers Nelson. Und beides weiß er auch.

Viele in der Musikindustrie halten die Aktion für verrückt, die Fans wundern sich, aber immerhin bringt „TAFKAP“ seinen Standpunkt deutlich zum Ausdruck. Die folgenden Alben und Singles gelten allerdings nicht als Höhepunkte seines Schaffens, die Verkaufszahlen gehen deutlich zurück.

Erst im Jahr 2000, als der Vertrag mit Warner ausläuft, nutzt Prince wieder seinen alten Namen. Statt sich erneut an eine Firma zu binden und die herkömmlichen Wege für Vertrieb und Vermarktung zu wählen, agiert er als sein eigener Herr, setzt auf das Internet und baut eigene Strukturen auf. In einem Interview mit Larry King erklärt sich Prince beziehungsweise „TAFKAP“ beziehungsweise „Klonk!“.

2014 jedoch setzt sich der Künstler wieder mit Warner an einen Tisch, weil sein Erfolgsalbum Purple Rain zum 30. Jubiläum neu aufgelegt wird. Das Einlenken lohnt sich, denn Prince gewinnt die Rechte an all seinen alten Platten zurück. Leider stirbt der Ausnahmemusiker am 21. April 2016 mit nur 57 Jahren.

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Zeitsprung: Am 10.5.1988 veröffentlicht Prince das kurzfristig aufgenommene „Lovesexy“.

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Popkultur

Von Woodstock bis Fyre: Die größten, besten und schlimmsten Festivals aller Zeiten

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Woodstock 1999 Header
Foto: Frank Micelotta Archive/Getty Images

Die Sonne knallt, die ersten Mega-Festivals sind schon über die Bühne gegangen. Zum Start der Freiluftsaison stellen wir Open-Air-Festivals vor, die in die Geschichtsbücher eingegangen sind – positiv wie negativ.

von Björn Springorum

Sommer, Sonne, Bier in der Hand und eine Band unter freiem Himmel sehen: Seit über 50 Jahren sind Musikgfestivals ein integraler Bestandteil des Sommers und ein Übergangsritus für unzählige Generationen. Manche Festivals sind bis heute unvergessen, manche würde man lieber sofort wieder vergessen – Bühne frei für unsere Top 10 der denkwürdigsten Festivals aller Zeiten.

Der Pionier: Monterey Pop Festival (1967)

Bei der Mutter aller Festivals denken alle immer gleich an Woodstock, und das aufgrund der Symbolkraft auch nicht zu Unrecht. Der eigentliche Pionier der Gegenkulturfestivals findet aber im Juni 1967 statt – also rund zwei Jahre vor Woodstock. In Nordkalifornien wird Musikgeschichte geschrieben, als Jimi Hendrix sein US-Debüt gibt (nur echt mit brennender Gitarre), als The mamas And The Papas, Eric Burdon And The Animals, The Who, The Byrds oder Big Brother And The Holding Company das Zeitalter von Aquarius herufbeschwören. Sogar der offizielle Werbesong San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair) von Scott McKenzie wird zur Legende.

Der Mythos: Woodstock (1969)

Vieles ging schief bei Woodstock. Die Organisatoren waren nicht auf die Massen vorbereitet, statt der geschätzten 50.000 kamen 400.000 überwiegend junge Menschen. Es regnete, alles versank im Schlamm, der Zaum ums Gelände wurde nicht rechtzeitig fertig, die PA war schwach und das Essen ging aus. Alles egal: Woodstock ist dennoch die Urmutter aller Festivals, der Aufschrei des jungen Amerikas gegen den Vietnamkrieg. Fast schon nebensächlich, wer da auf der Bühne spielte (unter anderem Jimi Hendrix, Santana, Jefferson Airplane, The Who, Sly & The Family Stone, Crosby, Stills, Nash & Young, Mountain, The Grateful Dead, Creedence Clearwater Revival und Janis Joplin). Als Jimi Hendrix die Nationalhymne verzerrt besessen spielte, waren nur noch 40.000 Menschen da. Der Hippietraum war bald darauf vorbei, auch Woodstock konnte ihn nicht retten. Der Mythos, der wird aber für immer derselbe bleiben.

Der Riese: Isle Of Wight Festival (1970)

Ein Jahr nach Woodstock ist der Vietnamkrieg immer noch nicht zu Ende. Also kommen auf der Isle Of Wight bei bestem englischen Sommerwetter (nasskalt, windig, grau) 600.000 Besucher zusammen – die bis dato größte Menschenansammlung in Europa. Jimi Hendrix und Joan Baez verbreiten auch in Europa ihre Botschaft des Friedens, außerdem spielen Miles Davis, The Doors, The Who, Lighthouse, Ten Years After, Emerson, Lake & Palmer, Joni Mitchell, The Moody Blues, Leonard Cohen oder Jethro Tull. Ausgerechnet nach dem Event 1970 ist erst mal Schluss mit dem Isle of Wight Festival – bis 2002.

Der Anarchist: Love-And-Peace-Festival

Die Ostseeinsel Fehmarn geht im September 1970 in die Geschichtsbücher ein: Hier spielt Jimi Hendrix sein letztes Konzert vor seinem Tod am 18. September. Der Auftritt ist allerdings lustlos, unmotiviert, überhaupt läuft auf dem Festival nichts wirklich rund: Das Wetter ist schlecht, die Organisation mangelhaft, zudem zwingen 180 Rocker der Bloody Devils die Veranstalter dazu, als Security eingesetzt zu werden. Ganz miese Idee. Procol Harum und Ten Years After sagten ab, die Besucher bauten sich aus den Türen der Latrinen Windschutz. Am Ende spielen Ton Steine Scherben (damals noch als Rote Steine). Während sich die veranstalter mit der Tageskasse aus dem Staub machten, spielte die Band Macht kaputt, was euch kaputt macht – und die Besucher nahmen das sehr ernst. Man kann also sagen, dass das desaströse Festival nicht gerade seinem Namen gerecht wurde.

Der Millionenflop: US Festival (1983)

Schon das erste US Festival 1982 von Apple-Gründer Steve Wozniak wird trotz Fleetwood Mac, The Grateful Dead, The Police oder Tom Petty zum Mega-Flop, der den Veranstalter zwölf Millionen US-Dollar kostet. Hält Wozniak nicht ab, es im nächsten Jahr gleich noch mal zu versuchen. Diesmal kamen Stevie Nicks, David Bowie oder Van Halen (die allein 1,5 Millionen US-Dollar kosteten), doch selbst die 670.000 Besucher können einen weiteren katastrophalen Flop nicht verhindern. Am Ende bricht Chaos aus, es wird randaliert, zwei Menschen sterben. Zu einer dritten Auflage kommt es nicht.

Der Hipster: Coachella (1999)

Die erste Ausgabe von Coachella ist 1999 ein massiver Flop: Die Veranstalter hofften auf 70.000 Besucher, bekamen gerade mal die Hälfte und verloren eine knappe Million US-Dollar. Am Line-Up mit unter anderem Beck, Tool, Rage Against The Machine, The Chemical Brothers und Morrissey kann es zumindest nicht gelegen haben, so oder so sah alles danach aus, dass das erste Coachella gleich auch das letzte Coachella bleiben würde. Nach zwei Jahren Pause war Coachella wieder da – und wurde dann sehr schnell das beliebteste Festival der USA. Nur Rage Against The Machine treten hier mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr auf.

Der Gewalttätige: Woodstock 1999 (1999)

30 Jahre nach Woodstock wird das zweite Sequel des Hippe-Jahrhundertereignisses zur Katastrophe: Über 200.000 Leute kommen in den Bundesstaat New York, doch statt love, peace and music wird das Festival zum Kriegsgebiet: Essen und Getränke sind extrem teuer, die sanitären Anlagen in schlechtem Zustand, es kommt zu zahlreichen Vergewaltigen, sexueller Nötigung, Diebstahl, Plündereien, Brandstiftung und brutaler Gewalt. Der Name Woodstock wurde 1999 für immer beschmutzt

Der Kriminelle: Fyre Festival (2017)

Auch dank der Netflix-Doku ging das Fyre Festival als größter Betrug in die Festivalgeschichte ein. Gepusht von Influencern als paradiesisches Glamour-Event auf den Bahamas, fanden die Festivalbesucher Notzelte und verpackte Sandwiches statt Strandvillen und Gourmetküche vor. Das Festival wurde angesagt, Veranstalter Billy McFarland musste für sechs Jahre ins Gefängnis und wurde zu 26 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt. Im April 2023 verkündete er dann tatsächlich, dass es Fyre Festival II geben soll. Das kann ja was werden.

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Zeitsprung: Am 28.5.1983 bringt das 2. US Festival tolle Bands und verheerende Kosten.

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