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Popkultur

„Enter The Wu-Tang“ wird 30: Kampfkunst, messerscharfe Raps und Straßenrealität

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Wu-Tang Clan
Foto: Al Pereira/Michael Ochs Archives/Getty Images

Am 9. November 1993 veröffentlichte der Wu-Tang Clan sein Debütalbum Enter The Wu-Tang (36 Chambers) und veränderte damit die Hip-Hop-Welt für immer.

 von Markus Brandstetter

 Hier könnt ihr Enter The Wu-Tang hören:

Bevor wir uns der Geschichte des Albums widmen, werfen wir einen kurzen Blick auf den Vorläufer des Wu-Tang Clan. Der hieß Force Of The Imperial Master und bestand aus Robert Diggs (aka Prince Rakeem, später RZA), Gary Grice (aka The Genius, später GZA) und Russell Jones (später Ol’ Dirty Bastard). Die Gruppe schlug große Wellen in der Szene, später veröffentlichten Diggs und Grice Solo-Alben bei verschiedenen Labels, allerdings ohne Erfolg: Die Plattenfirmen ließen die beiden wieder fallen. Das sorgte bei ihnen nicht nur für großen Frust, sondern auch für Motivation, es allen zu zeigen – gemeinsam mit einer Reihe von anderen Rappern und Musikern. Abgekürzt: Der Wu-Tang Clan war geboren.

Viele Menschen in einem kleinen Studio

Für die Aufnahmen begab sich die Gruppe ins Firehouse Studio in New York City. Viel Geld für die Produktion war nicht da – und das kleine Billig-Studio war wegen der vielen Rapper meist zum Bersten voll. Der Wu-Tang Clan bestand zum Zeitpunkt der Albumproduktion aus den folgenden Mitgliedern: Inspectah Deck, 4th Disciple (Scratching), Ghostface Killah, GZA, Masta Killa, Method Man (auch als Produzent), Ol’ Dirty Bastard, RZA, Raekwon und U-God.

RZA übernahm alles selbst: die Produktion, den Mix, die Arrangements – nur zum Mastern gab man das Album ab. „Was ich von 36 Chambers in Erinnerung habe, ist, dass die Stimmung wirklich gut war, die Energie war großartig, es gab so viel Liebe unter uns Brüdern. … Viele späte Nächte im Studio, es gab einen 24-Stunden-Burger King oder McDonald’s, wir bekamen eine Menge Fisch-Sandwiches, Pommes, 40 Unzen und eine Menge Gras“, erinnerte sich GZA später in einem Interview an die Aufnahmen.

Straßenrealität und Kampfkunst

Wesentlich für das Schaffen des Wu-Tang Clans war asiatische Kampfkunst-Ästhetik. Das beginnt mit dem Bandnamen (der vom 1983 erschienen Film Shaolin vs. Wu-Tang entlehnt ist; überhaupt sind die Wu-Tang in etlichen Kung-Fu-Filmen die bösen Jungs) und geht beim Albumtitel weiter: 36 Chambers bezieht sich auf den Kung-fu-Filmklassiker The 36th Chamber of Shaolin. Immer wieder sind Filmsamples zu hören – unter anderem das oft verwendete Wort Tigerstyle (ebenfalls aus einem Kung-Fu-Film, diesmal allerdings aus Executioners From Shaolin). „Wir haben das als Babys aufgesogen und sind damit aufgewachsen, und deshalb sind wir Wu-Tang geworden. Wir wurden von den Asiaten unterrichtet“, erklärte U-God im Gespräch mit Highsnobiety. Der Mix aus diesen Shaolin-Zitaten, Kung-Fu-Fanatismus und der New Yorker Straßenrealität, die freilich in den Texten ebenfalls vorherrscht, machte das Debütalbum des Wu-Tang Clan zu etwas einzigartigem. New York und die Ostküste war wieder der Mittelpunkt des Rapgeschehens. „Diese Platte ist hart, aber so ist die Welt, in der wir leben. Für B-Boys n’ Girls, die aus dem harten Kern kommen, ist dies das Hip-Hop-Album, auf das ihr gewartet habt“, schrieb etwa Ghetto Communicator.

Enter The Wu-Tang (36 Chambers) gilt als eines der wichtigsten Rap-Alben aller Zeiten – und diente den Musikern auch als Sprungbrett für Solokarrieren. Es brachte einen rauen Hiphop aus dem Underground an die Oberfläche und feierte nicht nur die afroamerikanische, sondern auch die asiatische Kultur.

„Wir sind wirklich ein paar knallharte Motherfucker“

Warum das Album auch Jahrzehnte später immer noch fasziniert, erklärte Clan-Mitglied U-God mit ihrer Authentizität. „Wir sind wirklich ein paar knallharte Motherfucker. Wir kommen wirklich aus dieser Scheiße und unsere Geschichte ist echt. Du hörst es in den Texten, du kannst es in unserem Stil sehen, in unseren Augen. Wenn wir auf der Bühne stehen, kannst du es in unserem Wesen spüren. Das ist genau das, was wir mitbringen, und das kommt bei den Leuten an“, so der Musiker. „Die Leute fühlen sich davon angezogen, und wir haben diese magnetische Kraft geschaffen, und die Leute lieben sie. Es gibt niemanden auf dem Planeten, der so ist wie wir. Es wird nie einen anderen Wu-Tang Clan geben.“

GZA sah schon früh eine Langlebigkeit seiner Arbeit, unterschätzte diese aber dennoch wohl etwas: „Das mag für Sie unglaublich klingen, aber ich habe der Mannschaft bei der Besprechung im Keller gesagt, dass nach meinen Berechnungen und meinem Gefühl das Projekt 20 Jahre halten wird. Ich sagte: ‚Wenn wir klug sind, können wir in diesem Moment abstürzen, oder wir können eine sichere Landung in 20 Jahren machen‘“, erklärte GZA im Interview mit NPR. Es wurden definitiv mehr als 20 Jahre!

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