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Popkultur

„Footloose“: Wie Kenny Loggins von der Bühne fiel und danach seinen größten Hit schrieb

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Kenny Loggins
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich eine andere. Diese Erfahrung macht zu Beginn der Achtziger auch Kenny Loggins. Aufgrund einer Rippenverletzung muss der Musiker den Soundtrack für den Tanzfilm Flashdance aus der Hand geben. Zum Glück steht gleich das nächste Projekt in den Startlöchern: Footloose.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch den Soundtrack von Footloose anhören:

Zu Beginn der Achtziger steckt Kenny Loggins bereits mitten im Filmmusikgeschäft. Sein Soundtrack für den Streifen Caddyshack war gut angekommen; nun soll er einen Song für den Tanzfilm Flashdance komponieren. „Das Problem war, dass ich kurz davor stand, auf Tour zu gehen“, erinnert sich der Musiker in seiner Autobiografie Still Alright: A Memoir. Er hätte deshalb monatelang keine Möglichkeit gehabt, den Song vernünftig aufzunehmen. Doch am 20. Januar 1983 schlägt das Schicksal zu, und zwar auf die unangenehmste Art und Weise. An jenem Tag soll Kenny Loggins ein Konzert in Utah geben. Doch dazu kommt es nicht: Der Musiker übersieht das Ende der Bühne — und fällt runter.

Loggins landet auf dem Rücken und bricht sich drei Rippen. „Ich konnte mich nicht bewegen und keiner hat meine Hilferufe gehört, weil die Menge lauthals ‚Ken-ny, Ken-ny, Ken-ny‘ brülllte“, berichtet er. „In meiner Erinnerung ist das ein sehr Shakespeare-hafter Moment: Der Star stirbt, während das Publikum seinen Namen ruft.“ Ganz so schlimm war es dann zum Glück nicht, aber Loggins muss das Konzert abbrechen, wird in ein Krankenhaus eingeliefert und dort folgt die schlechte Nachricht: Die komplette Tour muss abgesagt werden. Der Sänger leiht sich ein Privatflugzeug von Donny Osmond und tritt zerknirscht die Heimreise an. Dafür kann er sich nun dem Projekt widmen, das er zuvor ablehnen musste.

Vernebelter Kopf, großartiger Song

Zuhause angekommen, nimmt Loggins den Telefonhörer in die Hand und ruft Jerry Bruckheimer an, den Produzenten von Flashdance. „Ich bin doch verfügbar!“, ruft der Musiker freudig. Leider nimmt Loggins aufgrund seiner Verletzung rezeptpflichtige Schmerzmittel, die ihn derart aus der Spur werfen, dass er sich verkalkuliert. „Ich habe den Song [No Dancin’ Allowed] in der falschen Tonhöhe aufgenommen und traf nachher beim Singen die hohen Töne nicht“, so Loggins. „Dafür gibt es keine Erklärung, außer meiner damaligen Unfähigkeit, klar zu denken.“ Der Musiker hakt Flashdance als das Projekt ab, das ihm durch die Lappen gegangen ist. Doch die Geschichte geht noch weiter.

Kenny LogginsSchon vor seinem Unfall hatte Loggins nämlich noch ein zweites Filmmusikprojekt begonnen. Der Arbeitstitel des Streifens: Cheek To Cheek. Daraus wird schon bald Footloose und nach einer Unterbrechung wegen Loggins’ Rippenverletzung sowie dem kleinen Ausflug Richtung Flashdance, nimmt Loggins die Arbeit an dem Soundtrack auf. Nicht nur das: Die Zeit drängt, denn schon im Sommer soll der Musiker auf Asientournee gehen. Im Endeffekt bleiben Loggins und Drehbuchautor Dean Pitchford nur einige Tage, um einen Song zu komponieren, den Pitchford mit zu einem Meeting bei Paramount Pictures nehmen kann — und es funktioniert.

„Irgendwie hat es geklappt. Wir haben drei Tage hintereinander viele Stunden in einem Hotelzimmer verbracht und den Song Footloose entwickelt“, berichtet Loggins in seiner Biografie — und das obwohl Pitchford während der gemeinsamen Arbeit weiter an seinem Drehbuch schreiben muss und sich auch noch eine dicke Erkältung einfängt. Anschließend reist Loggins wie geplant nach Asien und Pitchford trifft sich mit Paramount. Die Filmemacher*innen zeigen sich begeistert und segnen Pitchfords musikalische Pläne ab. Der nächste Schritt: Eine Demoaufnahme muss her, damit Footloose-Schauspieler Kevin Bacon für die Filmaufnahme dazu tanzen kann. Das klappt leider nicht wie geplant.

Footloose: Getanzt wurde zu Johnny B. Goode von Chuck Berry

„Ich wollte die Demoaufnahme mit meiner Tourband einspielen“, erinnert sich Loggins. „Aber meine Verletzung machte mir einen Strich durch die Rechnung. Also fragte mich Dean, welchen Song er stattdessen verwenden sollte. Glücklicherweise fiel mir der perfekte Track sofort ein: Mein Tempomodell für Footloose war Johnny B. Goode von Chuck Berry — und genau dieses Stück haben sie dann auch am Set verwendet.“ Das sei nicht so einfach gewesen, denn der Song stamme aus dem Jahr 1958 und Schlagzeuger Fred Below habe damals noch keinen Click-Track benutzen können. „Sein Sound ist legendär, aber für unsere Zwecke eignete er sich nur bedingt“, so Loggins. Die Lösung klingt abenteuerlich.

„Die Musikredakteure mussten das Kassettenband öffnen und die Magnetbänder so lange herausschneiden und neu verkleben, bis die Beats absolut metronomisch waren“, erklärt Loggins den langwierigen Produktionsprozess. „Das war eine mühsame Arbeit, aber sie hat sich absolut gelohnt.“ Dass Kevin Bacon im Film eigentlich zu einem anderen Song tanzt, merkt man deshalb gar nicht. Im Gegenteil: Noch heute funktioniert die Szene perfekt und Kenny Loggins lieferte mit Footloose den legendären Soundtrack zu einem der bekanntesten Tanzfilme aller Zeiten — ausgelöst durch einen schmerzhaften Unfall am 20. Januar 1983.

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Zeitsprung: Am 13.4.1980 stellt „Grease“ am Broadway einen Rekord auf.

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