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Popkultur

Glen Campbell – Ritt in den letzten Sonnenuntergang

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Mit 81 dämmert der Rhinestone Cowboy (so sein No.1-Hit aus dem Jahre 1975) in einem Pflegeheim in Nashville langsam dem Ende entgegen. Doch konnte Glen Campbell seiner Alzheimer-Erkrankung im frühen Stadium noch ein erstaunliches, letztes Album abtrotzen: Adiós wartet mit Gästen wie Willie Nelson und Vince Gill auf. Und mit Songs von Jimmy Webb, Bob Dylan und Roger Miller.


Hört euch hier das Glen Campbell Album Galvstone an und lest weiter:


Die Diagnose kam schon 2011. Doch so erschütternd sie war, so entschlossen machte sich Glen Campbell daran, seine große Karriere würdevoll zu beschließen. Nach der Goodbye-Tour 2012 war es vor allem ein Gespräch mit seinem langjährigen Banjo-Spieler Carl Jackson, welches den Musiker aus der 450-Seelen-Gemeinde Delight in Arkansas motivierte und inspirierte, ein letztes Mal ins Studio zu gehen. Wie wäre es, endlich die Songs zu verewigen, die er schon immer mal aufnehmen wollte?


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Nicht so einfach, wie Campbell’s Ehefrau Kim in den Linernotes zu Adiós eindringlich schildert. Ihr Gatte war bei allem Enthusiasmus kaum noch in der Lage, sich an die Worte zu erinnern, die er da gerade gesungen hatte oder singen sollte. Jackson, der dann auch als Produzent des Albums fungierte, musste ihn Zeile für Zeile durch die Songs geleiten. Umso erstaunlicher, dass das Resultat kaum nach Stückwerk klingt. Zumal Campbell’s Tenor weder Kraft noch schmeichelnden Charme eingebüßt hat.


Schaut euch hier eine Live-Version von Wichita Lineman an und lest weiter:


Die Hits und die Anfänge

So endet eine Karriere, die exakt 50 Jahre zuvor einen ersten, kommerziellen Höhepunkt erlebt hatte. 1967 gelang Glen Campbell mit John Hartford’s Gentle On My Mind und By The Time I Get To Phoenix (Jimmy Webb) das Kunststück, jeweils gleich zwei Grammies für beide Hits abzuräumen. Bis weit in die 1970er-Jahre hinein blieb Campbell Stammgast auf den Top-Positionen der  Country- und Pop-Charts. Mit weiteren Webb-Songs wie Wichita Lineman und Galveston,  aber 1977 auch mit seiner definitiven Version von Allen Toussaint’s Southern Nights,  ebenso ein Crossover-No.1-Hit wie zwei Jahre zuvor Rhinestone Cowboy,  das später Dolly Parton und Sylvester Stallone als Inspiration für ihren Film Rhinestone dienen sollte.


Schaut euch hier das offizielle Video zu Rhinstone Cowboy an und lest weiter:


Einige seiner eigenen Hits spielte Glen Campbell mit der legendären The Wrecking Crew ein, einer losen Gruppierung von Top-Studiomusikern in Los Angeles, die u.a. Phil Spector half, seinen Wall Of Sound für die Righteous Brothers (You’ve Lost That Lovin‘ Feeling) oder Ike & Tina Turner (River Deep, Mountain High) zu bauen.


Schaut euch hier ein Video über Glen Campbell & The Wrecking Crew an und lest weiter:


Zuvor war Campbell in Albuquerque, New Mexico in der Band und Radio-Show seines Onkels Boo aufgetreten, der ihn auch zur Gitarre gebracht hatte. Später tingelte er mit eigener Band (The Western Wranglers) und zog schließlich 1960 an die Westküste, um als Studiomusiker zu arbeiten. Die Qualität seiner Demos für einen Musikverlag brachte ihn schließlich zur Wrecking Crew. Als Gitarrist ist Glen Campbell auf Aufnahmen von u.a. Ricky Nelson, The Monkees, Nancy Sinatra, Elvis Presley und Frank Sinatra zu hören. Nicht zuletzt auch auf dem Beach Boys-Jahrhundertwerk Pet Sounds von 1966. Zuvor war Campbell sogar einige Monate mit der Band getourt, als Ersatz für den indisponierten Brian Wilson.

Renaissance und Abschied

In eigener Sache kehrte Glen Campbell 2008 wieder zu seinem alten Label Capitol zurück und interpretierte für Meet Glen Campbell Songs von u.a. Tom Petty, Jackson Browne und den Foo Fighters. Ähnlich wie Johnny Cash auf seinen American Recordings setzte Campbell auch mit Ghost On The Canvas (2011)  die spannende Begegnung mit jüngeren Autoren wie ex-Replacements-Kopf Paul Westerberg (Titelsong) oder Jakob Dylan fort.


Schaut euch hier das offizielle Video von dem Glen Campbell Song Ghost On The Canvas an und lest weiter:


Doch für sein letztes Adiós kehrte er dann doch noch mal zu Vater Bob (Dylan) zurück, mit Don’t Think Twice, It’s All Right. Zu Willie Nelson, der für seinen Klassiker Funny How Time Slips Away sogar als Duett-Gast ins Studio kam. Auch Vince Gill war sich nicht zu schade für eine Gesangseinlage in Am I All Alone (Or Is It Only Me), geschrieben von Roger Miller (King Of The Road). Passend auch, dass Arkansas Farmboy aus der Feder von Produzent Carl Jackson noch einmal an die bescheidenen Anfänge des Glen Campbell erinnert, als siebtes von nicht weniger als zwölf Kindern.


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Sein Abschied ist natürlich auch undenkbar ohne den Songschreiber, der Glen Campbell so nachhaltig inspirierte wie kein zweiter. Jimmy Webb ist gut vertreten auf Adiós, besonders ergreifend in Postcard From Paris, wenn die drei Campbell-Kinder Ashley, Shannon und Cal die Zeile „I wish you were here“ im Background-Chor hinter ihrem Vater intonieren.

Wie singt Glen Campbell dann am Ende des Titelsongs? Er werde den „blutroten Sonnenuntergang” vermissen, „but I’ll miss you the most…“ Die Musik des Mannes aus Arkansas werden wir auch nach seinem Ableben glücklicherweise nicht missen müssen.


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Hör dir hier unsere essentielle Country Most Wanted Playlist an:


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