Popkultur
Joe Cocker: Entfesselte Leidenschaft mit Reibeisenstimme
John Robert ‘Joe’ Cocker OBE war nicht nur einer der anständigsten, ehrlichsten und liebenswürdigsten Menschen in der Welt des Rock’n’Roll, sondern wohl auch eine der unverwechselbarsten R&B-Stimmen. Seine charakteristische Reibeisenstimme war voller Leidenschaft und zeugte von einem Leben, das immer haarscharf an der Grenze zu Selbstzweifeln und Kapitulation geführt wurde. Über die Jahre bekam er eine Menge großartiger Coversongs angeboten, durchlebte aber auch viele Pechsträhnen. Doch Cocker war ein Kämpfer.
Hört euch hier einen Vorgeschmack der besten Songs von Joe Cocker an:
Für die ganze Playlist klickt auf „Listen“.
Mit seiner fast zerbrochen wirkenden Interpretation des in Ringo Starrs Original eigentlich recht sonnig klingenden Beatles-Songs With a Little Help from My Friends gelangte er zu Ruhm. Das dazugehörige Album und ein bahnbrechender Auftritt beim Woodstock Festival machten den jungen Joe Ende der Sechziger zu einem echten Superstar. Für sein Duett mit Jennifer Warnes auf Up Where We Belong erhielt er nicht nur einen Grammy, sondern erreichte mit der Single auch Platinstatus. Seine Arbeit mit der Grease Band und sein Intermezzo als Frontmann der berühmt-berüchtigten Mad Dogs and Englishmen-Tourneen verschafften ihm für immer einen Platz in den Geschichtsbüchern und verhalfen ihm zu absolutem Kultstatus.
Schaut euch hier einen Ausschnitt von dem legendären Woodstock Konzert an:
Aus Sheffield stammend, stieß er sich in den dortigen Arbeiterlokalen die Hörner ab – zunächst als Drummer und dann, eher zögerlich, als Sänger. Ray Charles und Skifflemusik zählten genauso zu seinen Einflüssen wie Merseybeat, aber seine erste Single wurde dennoch ein Cover von John Lennons I’ll Cry Instead, mit dem jungen Jimmy Page an der Gitarre. Mit seiner Band The Avengers kam Joe auf keinen grünen Zweig, aber als er sich unter dem Namen The Grease Band mit Chris Stainton und Jimmy Smith zusammentat und sie von Impresario und Produzent Denny Cordell unter Vertrag genommen wurden, ging es bergauf. Cockers neue Version von With a Little Help from My Friends schrammte die britischen Top 10 und sorgte für ordentlich Rückenwind für sein Debütalbum, das den gleichen Titel trug.
Auf dem Album befinden sich großartige Versionen des Traffic-Songs Feeling Alright und von Bob Dylans I Shall Be Released und Just Like a Woman. Die fantastischen musikalischen Beiträge von Tony Visconti, Albert Lee, Stevie Winwood und Spooky Tooth-Drummer Mike Kellie waren das Sahnehäubchen. Aber was sich wirklich ins Gedächtnis einbrannte, war der schwermütige Gesang, unterstützt durch die Souldivas Brenda Holloway, Merry Clayton und anderen. Die exzellenten Kritiken und beeindruckenden Verkäufe verschafften Cocker Respekt und die verdiente Aufmerksamkeit. 1969 erschien seine zweite Platte. Sie hieß einfach nur Joe Cocker! und profitierte von der Großzügigkeit Paul McCartneys und George Harrisons, die ihm die Songs She Came In Through The Bathroom Window und Something anboten, noch bevor diese auf dem Abbey Road Album erschienen. Auch Let It Be war ein Outtake von einer Studiosession und Joes einflussreiche Freunde sorgten dafür, dass sein zweites und mit Hilfe der amerikanischen Spezialisten Clarence White, Milt Holland und Sneaky Peter Kleinow entstandenes Album den amerikanischen Markt im Sturm eroberte. Tracks wie Delta Lady – geschrieben von Cockers baldigem Komplizen Leon Russell – und ein weiteres Dylan-Cover, Dear Landlord, waren maßgeschneidert für Cockers Liveauftritte mit der gequälten Körpersprache. Außerdem machten sie auch im aufkommenden FM-Radio eine ausgezeichnete Figur.
Mad Dogs and Englishmen – die Tour, der Film, das Album – war eine Supergroup und ein Ereignis, das mit größtmöglichem Rummel und wie ein kompletter Rock’n’Roll-Zirkus mit Akrobaten, Jongleuren, Groupies und diversen Figuren zweifelhafter Reputation über die Bühne ging. Es ist ein Doppelalbum mit zahlreichen Highlights, insbesondere das Blue Medley, auf dem sich Cocker einer Reihe alter Soulklassiker annimmt, und Superstar, das von Russell und Bonnie Bramlett geschriebene Stück, auf dem Mad Dog Rita Coolidge komplett von der Leine gelassen wird. Diese Momentaufnahme von Cockers Karriere gilt als eines der faszinierendsten Werke von 1970. Nach den Wirren des Intermezzos mit den Mad Dogs war das Album Joe Cocker (1972) eine Rückkehr zur Normalität. I Can Stand a Little Rain und Jamaica Say You Will fallen allerdings wieder durch die Beiträge von Megastars wie Randy Newman, Produzent und Hornist Jim Price und einer Sequenz bemerkenswerter Aufnahmen eines reifer gewordenen Joe Cocker. Stingray (1976) ist eines von Joe Cockers esotherischeren Alben. Unter den Gästen finden sich Namen wie Eric Clapton und Peter Tosh und der lockere Reggae-Vibe passt ganz gut in die Zeit. Der Reggae-Rhythmus kann durchaus abgenutzt klingen, aber Joe Cocker geht mit dem Groove sehr ungezwungen um.
Auf dem tollen Sheffield Steel (1982) begibt sich Joe Cocker auf die Bahamas, wo er zusammen mit den Compass Point All-stars – darunter Sly and Robbie, Wally Badarou und MIkey Chung – einige Goodies ausgräbt. Joes Songauswahl ist wie immer beispiellos. Er covert Dylan und Newman, Andy Fraser, Jimmy Cliff, The Meters, Winwood und Jimmy Webb und macht sich ihre Song zu eigen.
Diese Qualitäten setzen sich auch auf dem spirituelleren Hymn for my Soul (2007) fort – eine weitere großartige Sammlung von Klassikern, diesmal unter Anderem aus der Feder von George Harrison, Stevie Wonder, John Fogerty und Percy Mayfield, sowie vertrauten Namen wie Dylan und John und Paul. Die Zusammenarbeit mit Ethan Johns verleiht Joe Cocker einen frischeren Sound und so nimmt er sich mit neuer Energie Stevies You Haven’t Done Nothin’ an und verhilft Georges Beware of Darkness zu seiner besten Interpretation seit dem Original. Es ist auch eine Freude, ihn wieder mit den besten Musikern im Rücken zu hören: Heartbreaker Benmont Tench am Piano, Greg Leisz an der Pedal Steel und Jim Keltner an den Drums.
Außerdem erwähnenswert ist z. B. The Anthology. Auf dieser fantastischen 2CD-Compilation findet sich seine frühe Decca Single I’ll Cry Instead und das schwer zu findende Marjorine, und weitere Hits und Klassiker. Wem diese Sammlung bisher entgangen ist, der sollte sie sich unbedingt zu Gemüte führen. Es ist ein beeindruckender Überblick über eine unvergleichliche musikalische Laufbahn aus der Zeitspanne von 1964 bis 1982. Darüber hinaus gibt es natürlich die 20th Century Masters – The Millennium Collection: Best of Joe Cocker.
Joe Cocker ist einer der wahren Helden der britischen Rockmusik und einer der wenigen Künstler, die man schon nach einem halben Takt erkennt. Wir meinen, er findet nicht genug Beachtung und ist in den letzten Jahren sogar ein wenig in Vergessenheit geraten. Darum wollen wir ihm jetzt den ihm gebührenden Respekt zollen. Joe hat so viel von sich gegeben. Geben wir ihm etwas zurück.
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Die musikalische DNA von Joe Cocker

Popkultur
Zeitsprung: Am 20.3.2000 veröffentlichen Metallica „No Leaf Clover“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.03.2000.
von Christof Leim
Neue Songs gab es von Metallica um die Jahrtausendwende wenige. Eine der Ausnahmen taucht 1999 bei der Orchesterkollaboration S&M auf: No Leaf Clover. Am 20. März 2000 erscheint die Single dazu.
Hier könnt ihr euch S&M anhören:
Endlich neuer Stoff: Als Metallica im November 1999 unter dem Titel S&M den Mitschnitt ihrer Auftritte mit dem San Francisco Symphony Orchestra veröffentlichen, liegt Reload schon zwei Jahre zurück, Garage Inc. von 1998 enthält nur Coverversionen. Auf S&M ballert die Band im Wesentlichen ihre sattsam bekannten Hits und ein paar „deep tracks“ unverändert runter, während das Orchester unter der Leitung von Michael Kamen dazu spielt, quasi „draufgeflanscht“ wurde. Dabei schafft das klassische Ensemble manchmal mehr emotionale Tiefe und Spannung, oft genug sucht es aber auch vergeblich die Lücken im Riffgeknatter. (Wie das alles so kam, erzählen wir ein andermal bei einem Zeitsprung über S&M.)
Zwei Welten
Metallica-Freaks weltweit können sich dabei über zwei unveröffentlichte Stücke freuen: den Godzilla-gleichen, recht einfachen Stampfer – Human (ausgesprochen: „Minus Human“) und ein Lied namens No Leaf Clover. Beide sollen Überbleibsel der Load/Reload-Sessions sein, und das hört man. Damals hatten Metallica unter viel Wehklagen der Szenewächter den Pfad des „Stählernen“ verlassen und sich für ein paar Jahre von Metal und Thrash allgemein Richtung Rock orientiert.
Metallica und Michael Kamen (l.) im Dezember 1999 bei den Billboard Music Awards – Foto: Brenda Chase Online USA, Inc./Getty Images
Im Rahmen des S&M-Projektes funktionieren die beiden neuen Songs deshalb gut, da hier Orchester und Metallica eben nicht nur nebeneinander spielen, sondern weil die beiden Welten sich ergänzen. No Leaf Clover beginnt mit einem dramatischen Intro mit Pauken, Streich- und Blasinstrumenten, das die Band heute noch vor Liveeinsätzen des Stückes laufen lässt. Es folgen unverzerrte Akkorde von Meister Hetfield, über die sich fast so etwas wie Filmmusik spinnt. Natürlich lassen die harten Riffs nicht lange auf sich warten, und für die Strophen bräuchten Metallica und der Song das Orchester nicht mehr. Im Laufe von 5:43 Min. wechseln sich laut und leise, hell und dunkel, rockig-direkt und klassisch-umspielt immer wieder ab und machen aus No Leaf Clover ein kleines Schätzchen aus der zweiten Reihe der Metallica-Werke.
Keinblättriges Kleeblatt
Textlich scheint sich James Hetfield hier mit den Fallstricken von Ruhm und Reichtum zu beschäftigen: Ein Protagonist spürt seine Chance („feels right this time“) auf einen Durchbruch („crash course with the big time“), ignoriert aber Warnungen („pay no mind to the distant thunder“). Doch das scheint zu kurz gedacht zu sein („sucker for that quick reward“), denn im Chorus stellt sich heraus, dass hinter dem „beruhigenden Licht am Ende des Tunnels“ doch nur ein Zug steckt. Dazu passend verbirgt sich die schwarzmalerische Aussicht schon im Titel, der auf ein „four leaf clover“ anspielt, ein vierblättriges Kleeblatt also. Damit meint ein No Leaf Clover also alles andere als einen Glücksbringer.
Abgesehen davon, dass die abgenutzte Licht/Tunnel/Zug-Metapher für Hetfields Verhältnisse ziemlich schwach daherkommt, schlägt No Leaf Clover damit in eine ähnliche Kerbe wie The Memory Remains. Dass sich ein sensibler Texter wie der Metallica-Frontmann noch eine knappe Dekade nach dem unfassbaren Erfolg des Black Album mit Ruhm, Erfolg und ihren Nachteilen beschäftigt, verwundert nicht. Nachzulesen sind die Textzeilen hier.
Kunstanalystische Tresengespräche
Der Blog Toilet Ov Hell (heißt wirklich so, cooler Name) schreibt in einem gelungenen Kommentar, dass No Leaf Clover womöglich „der letzte Windstoß echten künstlerischen Wachstums“ für Metallica gewesen sein könnte, bevor sie sich in ihre „enttäuschende, aber verdiente“ Rolle als so genannter „Legacy Act“ zurückgezogen haben. So bezeichnet man üblicherweise eine Gruppe, die vor allem von ihrer und durch ihre gewaltige Geschichte lebt. Verständlich wäre es im Falle unserer Helden, denn die glorreichen Zeiten der ebenso innovativen wie alkoholgetränkten Ballerei auf Großtaten wie Ride The Lightning (1984) und Master Of Puppets (1986) ist mit dem Jahreswechsel 1999/2000 schon anderthalb Dekaden her.
T-Shirt-Motiv zum Titel
Ob das so stimmt, kann man diskutieren, und das machen wir auch gerne an jedem Festivaltresen der Welt, aber ganz Unrecht haben die Leute von Toilet Ov Hell nicht. Und zwar aus folgendem Grund: Man darf die lärmige Therapiestunde St. Anger (2003) und die unfassbar unerträglich beschissene Kollaboration mit Lou Reed auf Lulu (2011) zwar als künstlerische Statements bezeichnen, aber unstreitbar Großes wie in den ersten zehn Jahren ihrer Geschichte haben Metallica damit wohl nicht geleistet. Auf Death Magnetic (2008) und Hardwired…To Self-Destruct (2016) liefert das Quartett zwar guten Stoff, wiederholt aber bekannte Formeln und Formate. Ob das reicht, muss die Headbangerschaft noch am Tresen klären.
Liveeinsätze
Als erste Single von S&M wird zeitgleich Nothing Else Matters ausgekoppelt, No Leaf Clover folgt erst vier Monate später am 20. März 2000. Mit der Nummer erreichen Metallica einen Platz 74 in den allgemeinen US-Charts und sogar die Spitze der Mainstream Rock Charts. In Deutschland reicht es für Platz 40.
Für die Konzerte packen sie den Song immer mal wieder auf die Setlist, bis März 2020 insgesamt 125 Mal, wie etwa beim Konzert in Köln im Sommer 2019 (vollständiger Bericht hier). Die andere neue Nummer – Human bringt es nur auf vier Einsätze. Zum Vergleich: Das Stück Master Of Puppets haben die Burschen schon 1671-fach gespielt. Auch bei der einmaligen Neuauflage des Orchesterprojektes im Jahr 2019 unter dem Titel S&M2 gehört die Nummer natürlich zum Aufgebot. Für ein Schätzchen aus der zweiten Reihe ist das schon in Ordnung.
Popkultur
Zeitsprung: Am 19.3.1955 kommt Sänger & Schauspieler Bruce Willis zur Welt.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.3.1955.
von Timon Menge und Christof Leim
Er hat Hochhäuser gesichert, als Preisboxer um sein Leben gefürchtet und mehrfach den Planeten gerettet, zumindest auf der Kinoleinwand. Was die meisten nicht wissen: Action-Star Bruce Willis kann auch Blues. Heute feiert er Geburtstag.
Hier könnt ihr euch The Return Of Bruno anhören:
Alles beginnt in Rheinland-Pfalz, denn Walter Bruce Willis kommt am 19. März 1955 in Idar-Oberstein zur Welt. Das liegt daran, dass sein Vater David als US-Soldat in Deutschland arbeitet und dort Marlene kennenlernt, die Mutter von Bruce. 1957 zieht die Familie wieder in die USA und lebt ihr Arbeiterleben weiter; Mutter Marlene arbeitet bei einer Bank und Vater David als Schweißer, Mechaniker und Fabrikarbeiter.
Vom Stotterer zum Schulsprecher
Als Willis auf die High School kommt, entwickelt er ein Stotterproblem, und zwar so stark, dass seine Mitschüler ihm den Spitznamen „Buck-Buck“ verpassen. Das ändert sich, als er der Schauspiel-AG beitritt. Er bekommt das Stottern in den Griff, sammelt erste Schauspielerfahrung und arbeitet an seinem Selbstbewusstsein. Schließlich wird er sogar zum Schulsprecher ernannt.
Filmposter von Armageddon
Nach dem High-School-Abschluss 1973 arbeitet Willis in einem Atomkraftwerk, später als Privatdetektiv. Danach widmet er sich voll und ganz seiner Schauspielkarriere und wir wissen, was daraus wurde. Filme wie Stirb langsam (1988), Pulp Fiction (1994), Armageddon (1998) und The Sixth Sense (1999) verhalfen Bruce Willis zu internationaler Berühmtheit, viele der Streifen sind heute Klassiker. Er kann aber auch anders.
Bruce und der Blues
Viele wissen es nicht: Willis hat auch zwei Musikalben veröffentlicht und zwar noch vor seinem Durchbruch als Schauspieler. Sein Debüt The Return Of Bruno bringt die legendäre Plattenschmiede Motown am 20. Januar 1987 auf den Markt. Darauf singt er einerseits Blues-Stücke von Ry Cooder, Jerry Leiber/Mike Stoller und Allen Toussaint; für Jackpot (Bruno’s Bop) betätigt er sich aber auch als Komponist. Under The Boardwalk, ein Drifters-Cover, erreicht sogar Platz zwei der britischen Single-Charts. Die Kritiken fallen allerdings durchwachsen aus.
Das Album gehört zu einem großen Special des US-Fernsehsenders HBO, das kurz nach der Veröffentlichung der Platte ausgestrahlt wird. Nicht zuletzt wegen dieser Größenordnung werden Willis hochkarätige Musikerinnen und Musiker zur Seite gestellt, wie Booker T. Jones, die Pointer Sisters und die Temptations. Mit If It Don’t Kill You, It Just Makes You Stronger erscheint 1989 noch ein zweites Album.
Bruce Willis heute
Heute lebt Willis mit seiner Frau Emma Heming und seinen beiden Töchtern in Los Angeles. Ob wir nochmal auf ein Album hoffen dürfen? Wir wissen es nicht. Vielleicht singt Willis nur noch unter der Dusche. Es wäre schade, denn seine beiden bisherigen Veröffentlichungen sind gar nicht schlecht. Seine Schauspielkarriere musste er zudem beenden, da Anfang 2022 bei ihm Aphasie diagnostiziert wurde, eine Störung der Sprache. Ein Jahr wurde zudem Demenz festgestellt. Willis zog sich deshalb aus der Öffentlichkeit zurück. Wir wünschen nichtsdestotrotz alles Gute zum Geburtstag!
Zeitsprung: Am 27.2.2015 stirbt der Schauspieler – und Musiker – Leonard Nimoy.
Popkultur
Zeitsprung: Am 18.3.1965 pinkeln die Rolling Stones an eine Tankstelle.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 18.3.1965.
von Tom Küppers und Christof Leim
Seien wir ehrlich: Mehr oder weniger ungehöriges Benehmen gehört einfach zum Rock’n’Roll. Die Rolling Stones könnte man vielleicht sogar die ersten Rebellen der modernen Rockgeschichte nennen. Am 18. März 1965 jedenfalls produzieren sie einen kleinen Skandal, der mit unverhandelbarer Dringlichkeit und anatomischen Besonderheiten zu tun hat…
Hier könnt ihr euch die frühen Stones anhören:
Wer in einer Band spielt, egal ob als Hobbyist oder Profi, kennt die Situation. Nachts, Rückweg vom Gig, die Blase drückt. Damals wie heute gilt: ran an die nächste Tankstelle. So geht es auch den Rolling Stones am 18. März 1965. Die Band und ihre Crew fahren also vor, Bassist Bill Wyman (gilt als einer der ruhigen Vertreter in der Gruppe) fragt Charles Keeley, einen 41-jährigen Angestellten wo man denn „mal kurz Wasser lassen könnte“. Keeley, der Wyman später als „zotteliges Monster mit dunkler Brille“ beschreiben wird, entgegnet, dieses Etablissement verfüge nicht über Sanitäranlagen.
Blasendruck & Schreihals-Modus
Mit dieser unglaubwürdigen Antwort hat keiner gerechnet, wie sich Wyman in seiner Biografie erinnert. „Ich musste inzwischen wirklich dringend, ging zum Auto zurück und erklärte, was eben passiert war.“ Sänger Mick Jagger will der Sache auf den Grund gehen und betritt mit Gitarrist Brian Jones sowie Wyman im Schlepptau nochmal die Tankstelle. Er fragt noch mal nach dem Abort, doch der Mitarbeiter ist inzwischen im Schreihals-Modus angelangt.
Ein zotteliges Monster ohne Brille, aber mit Artgenossen: Bill Wyman (2.v.r.) und die Rolling Stones
„Na gut“, denkt sich Jagger und erklärt, das man sch eben woanders erleichtern würde. Die Stones (minus Schlagzeiger Charlie Watts, der später zu Protokoll gibt: „Ich habe im Auto geschlafen, Mann!“) steuern eine nahegelegene Mauer an, reihen sich auf und lassen der Natur ihren freien Lauf. Gitarrist Keith Richards erinnert sich in seinen lesenswerten Memoiren namens Life daran, das als nächstes – wie aus dem Nichts – die Polizei auftaucht. „Wir stehen da, lassen laufen, und auf einmal zückt ein Polizist seine Taschenlampe und beleuchtet Bills Genital.“ Unangenehm. Am nächsten Tag wird gegen Jagger, Wyman und Jones Anzeige erstattet.
Anatomische Besonderheiten
Als Zeuge dient ein an diesem Abend ebenfalls anwesender Kunde, der sich persönlich von den Musikern auf den Schlips getreten fühlt und ihnen „ekelhaftes Benehmen“ unterstellt. Als das ganz dann im Juli 1965 vor Gericht landet, stehen die Stones mit (I Can’t Get No) Satisfaction auf der Nummer eins der Charts. Die Verhandlung selbst verläuft ohne größere Zwischenfälle, es gibt ein kleine Geldstrafe und eine Standpauke von Richter Morey. „Bloss weil sie die höchsten Weihen ihrer Profession erreicht haben, gibt ihnen das nicht das Recht sich so aufzuführen.“
Richards lüftet dann in seinem Buch Jahrzehnte später den mutmaßlichen Grund dafür, warum die Band überhaupt erwischt wurde. „Die Sache mit Bill ist die, und das ist wahrscheinlich eine der am besten gehüteten Geheimnisse der Rolling Stones: Er besitzt eine der größten Blasen in der Geschichte der Menschheit.“ Bitte was? Der Stones-Gitarrist führt gerne aus: „Wenn der aussteigt um zu pinkeln, dann weißt du genau, das du erstmal die nächste Viertelstunde festhängst. Meines Wissens nach hat Bill es noch nie unter fünf Minuten geschafft.“ Mit anderen Worten: Die Rock-Helden wurden erwischt, weil sie zu lange gebraucht haben. Trotzdem: Verglichen mit dem, was Popstars heute abziehen, um in den Schlagzeilen zu gelangen, wirkt dieser kleine Ausrutscher vom 18. März 1965 doch geradezu niedlich, oder?
Zeitsprung: Am 8.8.2004 ist bei der Dave Matthews Band die K**ke am Dampfen.
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