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Popkultur

Zum 83. Geburtstag von Nico: Das unglaubliche Leben der Todesfee in 8 Geschichten

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Nico
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Vom It-Girl zur morbiden Urmutter des Goth: Das Leben von Nico ist ebenso extravagant, mystisch und schwer verständlich wie ihre rituelle, lebensferne Musik. Ihre Ansichten bleiben bis heute schwer verdaulich.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr The Velvet Underground & Nico hören:

Wenige popkulturelle Figuren der Sechziger und Siebziger haben eine solche Wirkung wie Nico. Erst Supermodel, dann Andy Warhols Muse, befreundet mit allen von Jim Morrison bis Jimi Hendrix,  später die Priesterin der Finsternis, die morbide Todesfee, die dem Heroin verfällt, mit dem Größenwahn flirtet und viele mit sich vom Glamour in die Gosse reißt. Heute vor 83 Jahren kommt sie als Christa Päffgen in Köln zur Welt. Zu ihrem Geburtstag blicken wir auf ein Leben, das nicht ohne weiteres zu erfassen geschweige denn zu werten ist.

1. Als Christa zu Nico wurde

Nico gilt als eines der ersten Supermodels der Geschichte. Ihre Karriere beginnt mit 13, als sie im Berliner KaDeWe Unterwäsche verkauft. Mit 13! Sie ist groß, hat markante Züge und bleiche Haut. Das bleibt dem ikonischen Fotografen Herbert Thomas nicht unbemerkt. Der ist eher für seien homoerotischen Bilder und Studien berühmt, erkennt in der 16-jährigen Christa aber großes Potential. Von ihm bekommt sie den Namen Nico: Er benennt sie nach dem Regisseur Nikos Papatakis, in den er sich verliebt hatte.

 

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2. Als Nico Coco Chanel einen Korb gab

Mit 16 zieht Nico nach Paris und erobert die Modewelt im Sturm. Sie arbeitet vor die Vouge und Elle, färbt ihr Haar blond. Mit 17 wird Coco Chanel auf sie aufmerksam. Der Druck und die Verantwortung werden ihr zu viel, sie flieht nach New York und lässt Coco Chanels Jobangebot sausen. Macht auch nicht jeder.

3. Als sie Federico Fellini den Kopf verdrehte

Als Nico 20 ist, wird sie ans Set von Federico Fellinis Filmklassiker La Dolce Vita eingeladen – klar, der Streifen mit der ikonischen Szene im Trevi-Brunnen. Der Jahrhundertregisseur verfällt der jungen Deutschen und gibt ihr spontan eine kleine Rolle in seinem Film. Schon damals ist für Nico nur das Beste gut genug: Sie nimmt Schauspielunterricht bei Lee Strasberg in New York. Genau so wie Robert De Niro, Marilyn Monroe oder James Dean.

4. Als sie The Velvet Underground beflügelte und dann nervte

„Sie sah aus, als wäre sie am Bug eines Wikingerschiffs über den Atlantik gekommen“, so äußert sich Andy Warhol über Nico. Als dessen Muse ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sie bei seinem persönlichen Kunstprojekt namens The Velvet Underground unterbringt. Auf dem legendären Debüt The Velvet Underground & Nico (1967) singt sie drei Songs, bei den Konzerten kommt es wegen ihres erratischen und exzentrischen Auftretens aber schon sehr bald zu Spannungen und Zerwürfnissen. Lou Reed ist Nico von Anfang an ein Dorn im Auge; eine Affäre haben die beiden dennoch.

5. Als Bob Dylan mal einen Song für sie schrieb

Es kommt zwar lange nicht raus, doch wie die Sängerin Judy Collins in den frühen Neunzigern verrät, hat Bob Dylan den 1965 zuerst von ihr interpretierten Song I’ll Keep It With Mine in Wirklichkeit für Nico geschrieben. Wie halb New York City, liegt auch er dieser Frau zu Füßen, lässt sie die Nummer für ihr erstes Album Chelsea Girls aufnehmen. Er selbst ist mit seinen eigenen Aufnahmen des Songs nie so richtig zufrieden.

6. Als sie eine Affäre mit Alain Delon hatte

1962 ist Alain Delon der so ziemlich größte europäische Filmstar, den man sich vorstellen kann. Genau das richtige Kaliber für Nico also, die prompt eine Affäre mit ihm beginnt. Am 11. August kommt das Resultat dieser Affäre auf die Welt – Christian Aaron Boulogne. Delon streitet die Vaterschaft stets ab, Nico ist mit der Mutterrolle überfordert, ihr Sohn wächst überwiegend bei Delons Eltern auf. Die scheinen von der ablehnenden Haltung ihres Sohnes also weniger überzeugt…

7. Als sie verbal und physisch entgleiste

Immer wieder fällt Nico während ihres ebenso schillernden wie desaströsen Lebens mit rassistischen Entgleisungen negativ auf. Regelmäßig beschimpft die Juden oder Schwarze Menschen, soll in den frühen Siebzigern sogar mal eine Frau mit einem zerschmetterten Weinglas attackiert und dabei „Ich hasse Schwarze Menschen!“ gerufen haben. Viele ihrer Zeitgenoss*innen streiten das ab, jedoch kann man sich schon fragen, warum sie auf ihrem Album The End unbedingt das Deutschlandlied singen muss. Inklusive erster Strophe.

8. Als Nico das letzte Mal aufs Fahrrad stieg

Am 18. Juli 1988 stirbt Nico an den Folgen eines Fahrradunfalls auf Ibiza. Ihr tragischer Tod hat einen morbide-ironischen Unterton: 15 Jahre lang ist sie heroinabhängig, bringt sogar ihren Sohn auf die Droge und lässt ihre Abhängigkeit lange Jahre vollkommen außer Kontrolle geraten. Ihre Anstrengungen, clean zu werden, beinhalten unter anderem gesunde Ernährung und viel Fahrradfahren. Ausgerechnet ihr Versuch, vom Heroin wegzukommen, kostet sie das Leben.

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Popkultur

Zeitsprung: Am 26.3.1990 hat Gary Moore immer noch den Blues.

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Gary Moore Still Got The Blues Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.3.1990.

von Christof Leim

Ein Rocker entdeckt den Blues: Den guten Namen hat Gary Moore sich mit knackigem Hard Rock und sogar Jazz Fusion erspielt. Seinen größten Hit landet er jedoch am 26. März 1990 mit  Still Got The Blues, einem geschmackvollen Blues-Album. Für die prägnanteste Stelle fängt er sich allerdings eine Plagiatsklage ein…

Hier könnt ihr Gary und seine alte Liebe hören:

Alte Liebe rostet nicht: Auf dem Cover von Still Got The Blues sehen wir einen kleinen Jungen in seinem Zimmer, die viel zu große Les Paul auf den Knien, einen Übungsverstärker vor sich und Jimi Hendrix‘ Konterfei an der Wand. Die Rückseite der Platte zeigt die gleiche Szenerie – nur diesmal mit einem erwachsenen irischen Gitarrenhelden, irgendwo in einem Hotelzimmer, mit einer Dose Bier und einem angebissenen Hamburger vom Zimmerservice. Auf seinem Schoß eine Les Paul, vor ihm der gleiche Marshall-Combo, und auf dem Boden liegt wieder ein Album von John Mayall

Zurück zu den Ursprüngen

Der Blues ist eben immer noch da für Gary Moore, als er 1990 eine neue Phase seiner Karriere einläutet. Vorher hatte sich der irische Sänger und Gitarrist in härteren Rock-Gefilden herumgetrieben: So spielt er nach Skid Row (der irischen Variante), einigen Soloalben und sogar einem mehrjährigen Jazz-Fusion-Ausflug mit Colosseum II etliche Jahre bei den immergrünen Thin Lizzy, bevor er 1979 endgültig unter eigenem Namen durchstartet. Mit Alben wie Run For Cover (1985), dem keltisch gefärbten Wild Frontier (1987) und After The War (1989) etabliert er sich als Hard-Rock-Flitzefinger, der zeitgemäß schreddern kann und mitunter die Haare so hübsch hochtoupiert trägt wie die sonstigen Helden der Zeit. Immerhin: Moore kriegt in der Regel noch ein kleines bisschen mehr Geschmack in seinen Ton als die meisten anderen.

Mit 38 Jahren besinnt er sich auf seine Wurzeln, den guten alten Blues, die Ursuppe allen Rockens. „Ich liebe den Blues seit den Sechzigern“, erklärt er in einem Radiointerview mit SWR3. „Mit der 13 oder 14 habe ich zum ersten Mal John Mayall & The Blues Breakers gehört, mit Eric Clapton an der Leadgitarre. Schon der erste Song All My Love hat mein Leben auf einen Schlag verändert. Ich habe noch eine Gitarre so klingen hören.“

Rock-Sound im Zwölftakter

Dabei deckt der damals in Großbritannien lebende Ire das ganze Spektrum des Genres ab, von getragen bis flott, aber immer in zeitgemäßer Produktion – und bei Gelegenheit durchaus noch ziemlich rockend. Er selbst gibt dazu gegenüber SWR3 zu Protokoll: „Damals spürte man den Einfluss der letzten zehn Jahre in meinem Gitarrensound und meiner Spielweise.“ Das Ergebnis sind vor allem in den rockigen Songs feurige Gitarreneinsätze, die bei aller Authentizität und Werktreue das entscheidende Quäntchen an zusätzlicher Energie rüberbringen.

Der Höhepunkt der Platte liegt zweifelsohne im Titelstück Still Got The Blues (For You), einem getragenen Schmachtfetzen im 6/8-Takt und einer wundervoll einprägsamen Gitarrenmelodie. Damit erinnert die über sechs Minuten lange Nummer an Parisienne Walkways, der Kollaboration mit Phil Lynott (Thin Lizzy) von 1978, und beschränkt sich nicht auf das grundlegende Zwölf-Takt-Schema des Blues. Das Stück wurde zum Welthit und Moores größtem Erfolg. Auch Jahrzehnte später funktioniert der Song noch hervorragend und läuft regelmäßig im Radio, sogar Eric Clapton höchstselbst hat ihn 2013 auf seinem Album Old Sock als Tribut an den 2011 verstorbenen Moore aufgenommen.

Versehentlich geklaut

Besagte Hookline allerdings erweist sich als Problem: 1974 hatte eine deutsche Progressive-Rock-Band namens Jud‘s Gallery ein Instrumental mit dem Titel Nordrach geschrieben, in dem exakt die Akkordfolge und Anfangsmelodie von Still Got The Blues (For You) zu hören sind. Das Münchner Landgericht gibt deshalb 2008 nach acht Jahren der Auseinandersetzung der Plagiatsklage von Jürgen Winter Recht, dem Chef von Jud‘s Gallery. Das Mysteriöse dabei: Nordrach war bis zum Zeitpunkt der Entstehung von Still Got The Blues nie veröffentlicht worden, sondern wurde nur live gespielt, darunter bei einer Aufzeichnung im SWF-Studio in Baden-Baden im März 1974. Kurz gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Klampfer aus Irland solch obskure Werke kennt, scheint gering. Das Gericht jedoch geht davon aus, dass Moore den Song im Radio oder auf der Bühne gehört haben könnte. Ein Radiobeitrag von SWR3 berichtet sogar, Moore habe in den Siebzigern in Deutschland gelebt und sei auf Konzerten von Jud‘s Gallery gesehen worden. Ob das stimmt, bleibt juristisch jedoch unerheblich, denn der Plagiatsvorwurf hängt nicht davon ab, ob die Passage tatsächlich bewusst kopiert wurde.

Allerdings erweist sich eben jene Akkordfolge als Standard, der in der Musikgeschichte schon unzählige Male vorgekommen ist (ein so genannter „Quint-Fall“), während die Melodie sich schlicht an Grundtönen orientiert. Sogar im Jazz-Standard Autumn Leaves oder Lionel Richies Hello wäre sie zu finden, schrieb die Süddeutsche seinerzeit. Ob Moore nun absichtlich geklaut hat (unwahrscheinlich), ein phänomenales, wenngleich unterbewusstes Melodiegedächtnis besitzt (denkbar) oder schlicht über die gleichen Akkorde stolperte (vermutlich) – ohne seinen Ton wäre Still Got The Blues (For You) nie so gelungen. Beide Parteien einigen sich schließlich außergerichtlich: Moore zahlt Winter eine nicht veröffentlichte Summe an Schadenersatz und darf dafür weiter die Urheberschaft von Still Got The Blues (For You) für sich beanspruchen.

Neues und Altes in blau

Als Gast beim A.C. Williams-Klassiker Oh Pretty Woman spielt Blues-Legende Albert King mit. Seine coolen, cleanen Licks stehen in einem interessanten Gegensatz zu den sportlichen Hard-Rock-Soli von Gary Moore mit wesentlich mehr Verzerrung und Flitzefingerei. Die beiden Herren haben jedoch Spaß zusammen, wie der Videoclip zu dem als Single ausgekoppelten Song zeigt: Der Ire schmeißt sich in 1a-Gitarrenhelden-Posen, der Amerikaner raucht entspannt Zigarre – und beide lachen.

Bei Too Tired darf die Bläsersektion mit swingenden Einwürfen ran, dazu liefert sich Moore nette Wechselspiele mit einem weiteren Veteran: Albert Collins. Geschrieben hat das Stück einst Johnny Guitar Watson, den genau das Schicksal ereilte, welches Lemmy von Motörhead dieser Tage für sich quasi ankündigt: Er verstarb 1996 auf der Bühne. Aber das ist eine andere Geschichte (die ihr hier lesen könnt).

Beeindruckende Gästeliste

Ein Höhepunkt der Platte findet sich in King Of The Blues, einer klassisch strukturierten Moore-Komposition mit vielen netten Licks des Meisters und herrlichen Bläsern. Erzählt wird die Lebensgeschichte von Albert King, der auch namentlich im Text genannt wird, aber ausgerechnet bei der Nummer nicht mitspielt. Dafür zeigt Thin-Lizzy-Mann Brian Downey, dass er den Swing besitzt, den man für Blues braucht, der aber auch jede gute Hard-Rock-Band besser macht.

Sogar ein echter Beatle mischt mit: That Kind Of Woman stammt aus der Feder von George Harrison, der zu diesem netten Nümmerchen Slide- und Rhythmusgitarren beisteuert. Mit dem Urheber von Stop Messin‘ Around schließlich verbindet Gary Moore eine Menge: Peter Green von Fleetwood Mac nahm dereinst in Dublin den jungen Hoffnungsträger ein wenig unter seine Fittiche und beeinflusste ihn nicht unwesentlich.

Lohnender Stilwechsel

Die stilistische Umorientierung lohnt sich jedenfalls: Was ein einmaliger Ausflug sein sollte, avanciert zum größten Erfolg in der Karriere von Gary Moore und verkauft in den USA mehr als alle anderen seiner Werke. 1995 erhält er dafür eine Gold-Auszeichnung, ebenso erreicht die Single Still Got The Blues (For You) erreicht hohe Positionen und zum ersten Mal die Top 100 in den USA. Hierzulande geht die Scheibe fast eine halbe Million mal über die Tresen.

Gary Moore

Geschmack, Stil und feurige Gitarre: Gary Moore 1990. Foto: George Bodnar

Man könnte sogar argumentieren, dass Gary Moore sich mit diesem stilistischen Wandel dem Untergang entzogen hat, dem viele Hard-Rocker und Sportgitarristen der Achtziger angesichts der Grunge-Welle entgegen sahen. Moore bleibt dem Blues fortan von wenigen Ausnahmen abgesehen treu und spielt weitere Platten in diesem Stil ein. Denn alte Liebe rostet nun mal nicht: „Durch dieses Album und den Song habe ich viele neue Fans gewonnen“, gibt er später zu Protokoll. „Aber deswegen habe ich sie nicht aufgenommen, es war die Musik selbst, die mich dorthin geleitet hat. Da fühle ich mich zu Hause.“

Zeitsprung: Am 30.9.1978 veröffentlicht Gary Moore „Back On The Streets“.

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Popkultur

Zeitsprung: Am 25.3.2015 fährt James Corden Mariah Carey zur Arbeit

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Foto: Emma McIntyre/Getty Images for Apple

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.03.2015

von Victoria Schaffrath und Christof Leim

„Danke dir, dass du mir mit dem Weg zur Arbeit hilfst. Der Verkehr ist echt übel“, murmelt James Corden da beiläufig Richtung Beifahrersitz. „Ich weiß, es ist unerträglich“, erwidert keine Geringere als Mariah Carey. Am 25. März 2015 startet mit diesem Dialog Carpool Karaoke, die Kultsequenz aus Cordens Late Late Show. Sehen wir uns die Höhepunkte des Formats an.

Schaut euch hier alle Folgen von Carpool Karaoke an

Als James Corden am 23. März 2015 die Late Late Show von Brit-Kollege Craig Ferguson übernimmt, kennt ihn in Amerika kaum jemand. Der Schauspieler und Komödiant hatte sich zwar in Großbritannien einen Namen machen können, doch das Scheinwerferlicht in Kalifornien wirft größere Schatten. Corden weiß, dass er sich beweisen muss. So zieht er zwei Tage nach Amtsantritt ein Ass aus dem Ärmel.

Fahrgemeinschaft 2.0

Der junge Brite importiert ein Format, dass er erstmals für die britische Wohltätigkeitsveranstaltung Red Nose Day 2011 umgesetzt hatte: Da beorderte er George Michael in ein Auto, kurvte mit ihm durch London und trällerte gemeinsam mit dem Sänger dessen Hits. Michael entpuppte sich dabei als charmanter Partner, Corden als kompetenter Gastgeber. Zum Auftakt der US-Show muss also ein ähnlich hochkarätiger Gast her.

So kommt es, dass zwei Tage nach der „British Invasion“ des Abendprogramms Weltstar Mariah Carey in einen LA-typischen SUV steigt. Zunächst kokettiert sie noch, sie könne nach einer durchzechten Nacht nicht mitsingen, aber dann sprengt plötzlich ihr Schmettergesang die Autoscheiben. Dass Corden eine absolut passable zweite Stimme hinbekommt, sorgt bei Stücken wie Always Be My Baby, Fantasy, Thirsty und Vision Of Love mitunter für Ansätze von Gänsehaut. 

Erfolgsformel Menschlichkeit

Der Sympath erklärt den durchschlagenden Erfolg des Segments (und demzufolge auch der gesamten Show) recht einleuchtend: „Da schwingt eine Einfachheit und Intimität mit. Einen Star solchen Kalibers in der gleichen Umgebung zu sehen, in der du und ich sonst auf dem Weg zur Arbeit singen, macht ihn menschlich.“ 

Logisch, dass danach nicht nur Musiktreibende auf Promotour, sondern ganze Musical-Besetzungen mit Corden „zur Arbeit fahren“ möchten. Die Videos, die im Netz häufig viral gehen, bringen so ungewöhnliche Partnerschaften wie Rod Stewart und Rapper ASAP Rocky oder Michelle Obama und Missy Elliott hervor. Ob oberkörperfreie Red Hot Chili Peppers, die Foo Fighters, Paul McCartney oder den gefiederten Elton John: Auch die großen Namen des Rock holt sich Corden gern dazu. 

Bei so viel Prominenz lassen die Starallüren nicht zu wünschen übrig: Berufsprovokateur Kanye West sagt gleich mehrfach hintereinander kurzfristig ab und macht aus dem SUV mal eben eine Boeing; zwischen Corden und Dave Grohl gibt es nach der Ausstrahlung ein kleines Missverständnis. Immerhin rettet Anthony Kiedis laut eigenen Angaben während der Dreharbeiten einem Säugling das Leben. Das ist dann doch etwas mehr Aufruhr, als wir morgens auf dem Weg zur Arbeit ertragen könnten.

Zeitsprung: Am 2.3.2014 knipst eine YouTuberin David Gilmour – ohne es zu wissen.

 

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Popkultur

Review: „Das ist los“ von Herbert Grönemeyer ist genau das Album, das wir jetzt brauchen

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Herbert Grönemeyer
Foto: Victor Pattyn

Herbert Grönemeyer schenkt uns auf Das ist los sinnstiftende Lieder über die Liebe und den Zusammenhalt. Ob er die Gesellschaft damit kitten kann, ist fraglich. Doch alleine der Versuch verdient Hochachtung.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr Das ist los hören:

Herbert Grönemeyer veröffentlicht keine Alben. Herbert Grönemeyer veröffentlicht Bestandsaufnahmen. Seines Lebens, aber auch von unser aller Leben. Immer wenn eine neue Platte von Deutschlands größtem und erfolgreichsten Künstler erscheint, so wirkt es, kommt sie genau zur rechten Zeit. Seine Lieder sind Salben für die Wunden, die wir uns seit seinem letzten Album zugezogen haben, zumeist stille und zurückhaltende Gebäude, in denen wir Schutz suchen können.

„Hoffnung ist gerade so schwer zu finden“ lautet dann auch der erste Satz des Albums. Er stammt natürlich aus der Lead-Single Deine Hand, mit der Grönemeyer schon vor einigen Monaten begeistern konnte. Eine einfühlsame Ode an Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt – wie viele seiner Songs sowohl im Mikrokosmos als auch im Makrokosmos zu sehen. Es geht um tatsächliche Partnerschaft, aber auch um den universellen Zusammenhalt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir das als Gesellschaft dringend nötig haben.

Nur ein Gutmensch?

Fünf Jahre nach Tumult ist die Welt noch viel tumultartiger geworden. Da braucht es große Künstler, die mit Ruhe, Reflexion und Besonnenheit aufarbeiten, was da eigentlich mit uns und der Welt passiert ist in diesen irren letzten Jahren. Sicher kann man das abtun, verunglimpfen als onkelnde Ratschläge vom alten weißen Mann, als Motivationscoach mit nasaler Stimme. Damit macht man es sich aber zu einfach. Grönemeyer polarisiert, und das schon sehr lange. Die einen echauffieren sich darüber, dass er ja gar nicht singen (geschweige denn tanzen) kann, die anderen halten ihn für einen aufdringlichen Gutmenschen mit Moralkomplex und biederen Thesen. Gutmensch – wie so ein Wort überhaupt zu einer Beleidigung werden konnte, sagt ja auch sehr viel.

Manchmal spielt er seinen Kritiker*innen in die Karten auf diesem Album. Der Titelsong zum Beispiel erinnert eher an Bierzelt oder Schlagerfestival – trotz seines cleveren, defragmentierten Textes, der den Informations-Overkill der heutigen Zeit versinnbildlichen soll. Doch die großen Momente gehören eh den Balladen, das ist bei Grönemeyer schon lange so. Tau zum Beispiel, ein Lied, umrankt von Trauerflor. Der Rest ist mal flott und tanzbar, mal umgarnt von Vintage-Elekronik, mal elegisch mit Streichern.

Songs, die Mut zuflüstern

Um Tod, Verlust und Trauer geht es auch auf Das ist los. Aber nicht als Fixpunkt, sondern als Unausweichlichkeiten des Lebens. Überwiegend möchte Grönemeyer uns stärken, uns Mut zuflüstern, uns als Ganzes wieder zusammenbringen. Man darf sich fragen, wieso ihm das so wichtig ist, warum er denkt, dass ausgerechnet er als Messias zu uns singt. Man darf sich aber auch fragen, warum es sonst niemand tut. Das ist los zeigt uns, dass wir nicht aufgeben sollten, nicht verzagen sollten, nicht den Ist-Zustand beibehalten sollten. Stattdessen sollen wir „Raus in den Sturm“, wie es im dringlichen Genie heißt, rein ins Leben, in die Verantwortung.

Diejenigen, die ihn bisher schon als Gutmenschen abkanzelten, werden sich darauf stürzen und ihn in der Luft zerreißen. Dabei sind es gerade diejenigen, die hier mal genau hinhören sollten. Das ist los ist nicht das beste Grönemeyer-Album, wahrscheinlich nicht mal Top fünf. Es ist aber mal wieder mal genau das Album, was wir jetzt brauchen. Und allein dafür gebührt im Hochachtung.

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