------------

Popkultur

Review: Greta Van Fleets „Starcatcher“ ist ein Rock-Epos, wie es heute niemand mehr schreibt

Published on

Greta Van Fleet

Es ist ja eigentlich eine Schande, aber magische, überlebensgroße, innig empfundene Epen wie Starcatcher muss man heute mit der Lupe suchen. Zum Glück laufen Greta Van Fleet auf ihrem dritten Album wieder zu Hochform auf.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr Starcatcher hören:

Die Fronten sind mittlerweile geklärt: Diejenigen, die Greta Van Fleet nicht leiden können, werden sich auch mit Starcatcher nicht anfreunden können. Fast ist man versucht zu sagen, dass sie das auch verdient haben. Warum? Weil ihnen schon wieder ein grandioses, ein großes, ein innig empfundenes Rockalbum entgehen wird. Platten wie diese werden heute nicht mehr gemacht. Ausladende Epen voller Pathos, Bombast, raumfüllendem Sound. Gerade deswegen sind Greta Van Fleet so wichtig. Die Band erinnert uns daran, was es bedeutet, diese Musik zu lieben, zu leben, zu fühlen. Mut zur derart großen Geste, den muss man erst mal aufbringen. Rock ist nicht tot, Rock muss gar nicht gerettet werden. Doch Greta Van Fleet, die wären trotzdem zur Stelle.

Eine Stimme wie ein Gitarrensolo

Dennoch muss man auch dem dritten Album der Band aus Michigan attestieren: Es macht es seinen Kritiker*innen ganz schön leicht. Die Songs nehmen sich Zeit, plätschern bisweilen, bauen sich Stück für Stück auf, bis sie ihre ganze glorreiche Wucht entladen wie ein goldenes Sommergewitter. Diese Kritiker*innen scheinen aber eben vergessen zu haben, dass man Rock früher so gespielt hat. Und ohne den eh schon inflationär um diese Band wabernden Led-Zeppelin-Vergleich überstrapazieren zu wollen: Bei denen hat es doch auch niemanden gestört.


Jetzt in unserem Shop erhältlich:

Greta Van Fleet - Starcatcher
Greta Van Fleet
Starcatcher
LP, CD

HIER BESTELLEN


Greta Van Fleet machen also genau so weiter, wie sie angefangen haben. Fate Of The Faithful ist ein ruhiger, meditativer Einstieg, Waited All Your Life ein naturnaher Midtempo-Rocker mit Gefühl mit sehr präsenter Akustikgitarre. Meeting The Master hat genau diese keltische Mittelerde-Flair, das wir auch bei Led Zep lieben, The Falling Sky stampft mit einem saftigen Blues-Riff durch die Prärie, Sacred The Thread donnert mit einem Jon-Bonham-Groove los und steigert sich in eine sakrale, hypnotische Hymne, bei der Teufelskerl Josh Kiszka zeigt, was stimmlich in ihm steckt. Und das ist durchaus ein Robert Plant, ja. Aber eben längst nicht nur: Er singt vermehrt tiefer, ein wenig rauer. Vor allem setzt er seine Stimme wie ein Instrument ein. Hölle, sein hinreißendes Jaulen klingt manchmal fast wie ein Solo. Aber keine Angst: Sein Bruder Jake reißt an der Gitarre trotzdem wieder ordentlich was.

Robe an und ab zu Stonehenge

Aber klar, machen wir uns nichts vor: Greta Van Fleet lieben Led Zeppelin. Und trauen sich auch, das zuzugeben. Gemeinsam mit Produzent Dave Cobb haben sie in Nashville ein Album eingezimmert, das wieder und wieder klingt wie ein Drachenschatz aus vergessenen Led-Zep-Songs der frühen Siebziger. Und das ist verdammt noch mal gut so. Es gibt die Mundharmonika (The Falling Sky klingt stark nach When The Levee Breaks), es gibt den stürmischen Uptempo-Rocker (Runway Blues, spitzbübisch nach einer Minute ausgefadet), die Folklore (The Archer, Sabbath-Riff inklusive). Kurz: Alles, was ein übergroßes Rock-Epos eben so braucht. Aber dieser Tage so selten bekommt.

Dennoch, und das ist das stärkste Pfund dieser Wunderband, wirkt es nicht konstruiert, nicht nach Baukastenprinzip zusammengesetzt. Sondern nach ehrlicher Liebe für und tiefer spiritueller Hingabe an diese Musik. Es ist die Art von Rock, zu der man eine Robe anziehen und um Stonehenge tanzen will. Die Art von Rock für Sonnenfinsternisse, für Rituale, für bewusstseinserweiternde Reisen auf dem Fluss des Lebens. Ein tief magisches Werk, kostbar, fast schon zu schön, um wahr zu sein. Und eines der ganz großen Highlights dieses Jahres. Wetten?

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

10 Rocksongs aus den 2010ern, die man nach den ersten Tönen erkennt

Don't Miss