Popkultur
10 Rocksongs aus den 2010ern, die man nach den ersten Tönen erkennt
Wir haben euch die Blitzohrwürmer der Sechziger vorgestellt, genau wie die der Siebziger, Achtziger, Neunziger und 2000er. Da fehlt noch was: Heute beschäftigen wir uns quasi mit dem musikalischen „Gestern“ und schauen, welche Hits von 2010 bis 2019 besonders schnell zünden.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch 10 Rocksongs aus den 2010ern anhören, die man nach wenigen Sekunden erkennt:
1. Ozzy Osbourne – Let Me Hear You Scream (2010)
Als Metal-Legende Ozzy Osbourne am 11. Juni 2010 sein elftes Studioalbum Scream auf die Menschheit loslässt, handelt es sich dabei in vielerlei Hinsicht um einen besonderen Moment. So markiert die Platte nicht nur seine erste und bis dato einzige Zusammenarbeit mit Gitarrist Gus G, sondern auch Ozzys erstes Album mit Keyboarder Adam Wakeman, Rick Wakemans Sohn. Als Vorab-Single erscheint einen Monat vor der LP-Veröffentlichung der Song Let Me Hear You Scream aus der Feder von Osbourne sowie Produzent und Schlagzeuger Kevin Churko. Und was für ein Brecher diese Nummer ist: Innerhalb weniger Sekunden verdeutlicht Osbourne, dass der „Madman“ auch nach mehr als 60 Jahren nichts von seiner musikalischen Power eingebüßt hat. Doch nicht nur Ozzy-Fans dürften diesen Song nach wenigen Sekunden erkennen, sondern auch American-Football-Fans. Let Me Hear You Scream läuft nämlich auch im Soundtrack des Football-Videospiels Madden NFL 11.
2. My Chemical Romance – Na Na Na (Na Na Na Na Na Na Na Na Na) (2010)
Bei diesem Song verrät schon der Titel, dass es sich dabei um einen Ohrwurm handeln muss. Der Hintergrund zum Stück: der Abgang des langjährigen My-Chemical-Romance-Schlagzeugers Bob Bryar im selben Jahr. So verrät Frontmann Gerard Way 2010 im Interview mit der BBC, die Band habe bis zu dem Song nicht viel Freude an ihrem vierten Album Danger Days: The True Lives Of The Fabulous Killjoys gehabt. Na Na Na habe für eine Menge Motivation gesorgt. „Das war der Moment, in dem wir gesagt haben: ‚Dieser Song ändert alles“, so Way. „Wir fangen mit [Produzent Rob] Cavallo neu an und zwar sofort.’ Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich alles sehr nach Stillstand angefühlt und als Künstler steht Stillstand quasi für den Tod. Alles war blöd, der Vibe war nicht gut, doch dann kam ‚Na Na‘. Plötzlich haben wir diese echte, große Intensität gespürt. Das war der Schwung, den wir gebraucht haben, um tief in uns zu gehen und ein neues Album aufzunehmen.“ Zum Glück nimmt das eingängige Stück My Chemical Romance eine Last von den Schultern. Als die vierte Platte der Gruppe am 22. November 2010 erscheint, landet sie wenig später ohne Umschweife in der US-amerikanischen Top 10.
3. Foo Fighters – Walk (2011)
Bei den Foo Fighters stellt sich ja eher die Frage, welchen Song man nicht nach wenigen Sekunden erkennt. In Walk singt Frontmann Dave Grohl von einem Neuanfang und davon, dass er viel zu lange damit gewartet hat, „wieder laufen zu lernen“. Als Inspiration für den Text dient ihm seine Gefühlswelt am Morgen nach dem Tod von Kurt Cobain im Jahr 1994, wie Grohl in einem Interview mit dem Rolling Stone verrät: „Man gerät im Leben manchmal in Krisen, die sich anfühlen, als gäbe es keinen Weg hinaus. Wenn man es wagt, die Krise als Chance zu betrachten, ist es einfacher, sie zu überwinden. Ich dachte nur: ‚Ich möchte nicht, dass irgendjemand das Gefühl hat, das ich an diesem Morgen hatte.‘“
4. Dropkick Murphys – Rose Tattoo (2012)
Wenn es um irisch angehauchten Party-Punk geht, macht den Dropkick Murphys aus der Nähe von Boston niemand was vor. Das gilt auch für Rose Tattoo, die erste Single vom achten Dropkick-Murphys-Album Signed And Sealed In Blood. Als besonderen Werbe-Gag rufen die Rocker ihre Fans im Vorfeld der Albumveröffentlichung dazu auf, sich ebenfalls ein „Rose Tattoo“ stechen zu lassen und ein Foto oder Video davon an die Band zu verschicken. Heute kann man das Bildmaterial auf der CD- und der Vinylverpackung der Platte bewundern. Der entsprechende Song gehört zu den vielleicht typischsten der Celtic Punks und macht innerhalb weniger Sekunden Lust auf ein eiskaltes irisches Bier.
5. Alice In Chains – Stone (2013)
Die Grunge-Legenden Alice In Chains haben ihren Sound gefunden, daran besteht kein Zweifel. Große Überraschungen gibt es bei der Gruppe aus Seattle also nicht mehr zu erwarten. Das ist aber auch gar nicht nötig, denn selbst 23 Jahre nach der Veröffentlichung ihres Debüts Facelift (1990) brauchen die Musiker um Frontmann Jerry Cantrell 2013 nur wenige Töne, um Stone eindeutig als ihre eigene Komposition zu kennzeichnen. Auf das markante Riff kommt Cantrell, als er sich 2011 von einer Schulter-OP erholt. „Mein Arm war völlig kaputt“, berichtet er im Interview mit ultimate-guitar.com. „Also habe ich das Riff einfach ins Telefon gesummt und so ist der Song entstanden.“ Anders gesagt: Selbst mit Handicap schreiben Alice In Chains Stücke, die man nach wenigen Sekunden erkennt.
6. Blues Pills – High Class Woman (2014)
Was war die Aufregung in der Rockwelt groß, als die Blues Pills am 24. Juli 2014 ihr gleichnamiges Debütalbum rausbrachten. Kein Wunder: Für ihre ersten beiden EPs Bliss (2012) und Devil Man (2013) hatte die schwedische Band um Frontfrau Elin Larsson jede Menge Aufmerksamkeit bekommen, hohe Erwartungen waren die Folge. Mit der ersten Single vom Debüt verdeutlichen die Skandinavier*innen allerdings gleich zu Beginn: Wir haben uns verändert. So benötigt High Class Woman nur wenige Sekunden, um der Hörerschaft klar zu machen, dass der soulige und akzentuierte Sound der bisherigen Veröffentlichungen der Vergangenheit angehört. Stattdessen setzt die Gruppe ab 2014 auf den etwas schwammigeren Klang des Siebziger-Rock. „Wir waren nicht wirklich zufrieden mit der EP“, verrät Gitarrist Zack Anderson zu jener Zeit im Interview mit dem Sludge Worm Magazine. „Das Album klingt so, wie wir es die ganze Zeit wollten.“ Auch die Zuhörer*innen zeigen sich begeistert, vor allem in Deutschland. Hierzulande gelingt den Blues Pills mit ihrer ersten Platte aus dem Stand der Sprung auf Platz vier der Albumcharts.
7. Ghost – Square Hammer (2016)
Ghost gehören zweifelsohne zu den größten Rock-Phänomenen der letzten zehn Jahre. Mit ihrer Mischung aus teuflischer Optik, aufwändigen Kompositionen und eingängigen Hits konnten sich die Skandinavier jede Menge Fans auf der ganzen Welt erspielen und füllen mit ihrer Live-Show die größten Hallen. Zu den Ohrwürmern der Gruppe zählt unter anderem Square Hammer von der zweiten Ghost-EP Popestar, die darüber hinaus ausschließlich aus Cover-Songs besteht. „Der Song entstand gegen Ende der Konzeption von Meliora [dem dritten Ghost-Album]“, berichtet der „namenlose Ghoul“ alias Tobias Forge im Interview mit Billboard. „Es gab diesen Moment, in dem ich dachte: ‚Scheiße, ich habe einen Song.‘ Und dann sofort: ‚Vergiss es!‘, denn zu diesem Zeitpunkt war Meliora schon fertig. Das Konzept stand bereits und Square Hammer fühlte sich anders an. Außerdem muss man nicht immer sofort sein ganzes Pulver verschießen. Wenn man etwas hat, auf dem man sich ausruhen kann, kann man sich auch mal darauf ausruhen!“ Wer sich bei Square Hammer auf keinen Fall ausruhen darf, sind die Tanzschuhe — die kommen nämlich schon in den ersten Sekunden zum Einsatz.
8. Greta Van Fleet – Highway Tune (2017)
Jaaa, Greta-Van-Fleet-Frontmann Joshua „Josh“ Kiszka klingt wie Robert Plant. Doch als die jungen Rocker im Jahr 2012 ihren allerersten Song Highway Tune komponieren, erhalten sie dabei wohl keine Schützenhilfe vom ehemaligen Led-Zeppelin-Sänger. „Als wir uns gegründet haben, war dieser Song unsere Ode an den Classic Rock“, verrät Greta-Van-Fleet-Schlagzeuger Danny Wagner im Interview mit bluesrockreview.com. „Man möchte den Song einfach nur laut spielen und in genau diese Richtung hat uns das Stück geführt.“ Zum Glück, denn ob laut oder nicht: Den Highway Tune erkennt man sofort.
9. Imagine Dragons – Believer (2017)
Bei Believer von Imagine Dragons handelt es sich um eine der meistverkauften US-amerikanischen Singles aller Zeiten und das verwundert kein bisschen. In der Nummer präsentiert die Band innerhalb weniger Sekunden ihren einzigartigen Sound und bringt im Text zudem eine motivierende Botschaft unter die Zuhörer*innen: „Ich denke in dem Song über bestimmte Dinge in meinem Leben nach, die schmerzhaft waren“, verrät Sänger Dan Reynolds im Interview mit dem Magazin People. „Sei es Angst, der Umgang mit Menschenmengen, das Gefühl davon überwältigt zu sein, der Erfolg der Band, Krankheiten, Depressionen — alles, was in meinem Leben eine Quelle des Schmerzes war. Ich habe mich einfach darüber erhoben und eine Perspektive gefunden, aus der ich den Schmerz in meinem Leben wertschätzen und ihn zu einer meiner größten Stärke machen kann.“
10. Panic! At The Disco – Into The Unknown (2019)
Als hartgesottener Rock-Fan schaut man Streifen wie Disney’s Die Eiskönigin zwar oftmals heimlich — aber man schaut sie. Als am 20. November 2019 der zweite Teil der frostigen Filmreihe anläuft, erscheint der Titelsong Into The Unknown nicht nur in der Originalversion, sondern auch in einer Cover-Variante von Panic! At The Disco. Mastermind Brendon Urie stellt in seiner Version nicht nur einmal mehr unter Beweis, dass er den Namen Panic! At The Disco auch allein mit Leben füllen kann, sondern auch, was seine unfassbar umfangreiche Gesangsstimme alles hergibt. Den erhabenen Bildern aus dem Film steht seine Interpretation in nichts nach. Großes Kino — im wahrsten Sinne des Wortes!
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Popkultur
Zeitsprung: Am 20.3.2000 veröffentlichen Metallica „No Leaf Clover“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.03.2000.
von Christof Leim
Neue Songs gab es von Metallica um die Jahrtausendwende wenige. Eine der Ausnahmen taucht 1999 bei der Orchesterkollaboration S&M auf: No Leaf Clover. Am 20. März 2000 erscheint die Single dazu.
Hier könnt ihr euch S&M anhören:
Endlich neuer Stoff: Als Metallica im November 1999 unter dem Titel S&M den Mitschnitt ihrer Auftritte mit dem San Francisco Symphony Orchestra veröffentlichen, liegt Reload schon zwei Jahre zurück, Garage Inc. von 1998 enthält nur Coverversionen. Auf S&M ballert die Band im Wesentlichen ihre sattsam bekannten Hits und ein paar „deep tracks“ unverändert runter, während das Orchester unter der Leitung von Michael Kamen dazu spielt, quasi „draufgeflanscht“ wurde. Dabei schafft das klassische Ensemble manchmal mehr emotionale Tiefe und Spannung, oft genug sucht es aber auch vergeblich die Lücken im Riffgeknatter. (Wie das alles so kam, erzählen wir ein andermal bei einem Zeitsprung über S&M.)
Zwei Welten
Metallica-Freaks weltweit können sich dabei über zwei unveröffentlichte Stücke freuen: den Godzilla-gleichen, recht einfachen Stampfer – Human (ausgesprochen: „Minus Human“) und ein Lied namens No Leaf Clover. Beide sollen Überbleibsel der Load/Reload-Sessions sein, und das hört man. Damals hatten Metallica unter viel Wehklagen der Szenewächter den Pfad des „Stählernen“ verlassen und sich für ein paar Jahre von Metal und Thrash allgemein Richtung Rock orientiert.
Metallica und Michael Kamen (l.) im Dezember 1999 bei den Billboard Music Awards – Foto: Brenda Chase Online USA, Inc./Getty Images
Im Rahmen des S&M-Projektes funktionieren die beiden neuen Songs deshalb gut, da hier Orchester und Metallica eben nicht nur nebeneinander spielen, sondern weil die beiden Welten sich ergänzen. No Leaf Clover beginnt mit einem dramatischen Intro mit Pauken, Streich- und Blasinstrumenten, das die Band heute noch vor Liveeinsätzen des Stückes laufen lässt. Es folgen unverzerrte Akkorde von Meister Hetfield, über die sich fast so etwas wie Filmmusik spinnt. Natürlich lassen die harten Riffs nicht lange auf sich warten, und für die Strophen bräuchten Metallica und der Song das Orchester nicht mehr. Im Laufe von 5:43 Min. wechseln sich laut und leise, hell und dunkel, rockig-direkt und klassisch-umspielt immer wieder ab und machen aus No Leaf Clover ein kleines Schätzchen aus der zweiten Reihe der Metallica-Werke.
Keinblättriges Kleeblatt
Textlich scheint sich James Hetfield hier mit den Fallstricken von Ruhm und Reichtum zu beschäftigen: Ein Protagonist spürt seine Chance („feels right this time“) auf einen Durchbruch („crash course with the big time“), ignoriert aber Warnungen („pay no mind to the distant thunder“). Doch das scheint zu kurz gedacht zu sein („sucker for that quick reward“), denn im Chorus stellt sich heraus, dass hinter dem „beruhigenden Licht am Ende des Tunnels“ doch nur ein Zug steckt. Dazu passend verbirgt sich die schwarzmalerische Aussicht schon im Titel, der auf ein „four leaf clover“ anspielt, ein vierblättriges Kleeblatt also. Damit meint ein No Leaf Clover also alles andere als einen Glücksbringer.
Abgesehen davon, dass die abgenutzte Licht/Tunnel/Zug-Metapher für Hetfields Verhältnisse ziemlich schwach daherkommt, schlägt No Leaf Clover damit in eine ähnliche Kerbe wie The Memory Remains. Dass sich ein sensibler Texter wie der Metallica-Frontmann noch eine knappe Dekade nach dem unfassbaren Erfolg des Black Album mit Ruhm, Erfolg und ihren Nachteilen beschäftigt, verwundert nicht. Nachzulesen sind die Textzeilen hier.
Kunstanalystische Tresengespräche
Der Blog Toilet Ov Hell (heißt wirklich so, cooler Name) schreibt in einem gelungenen Kommentar, dass No Leaf Clover womöglich „der letzte Windstoß echten künstlerischen Wachstums“ für Metallica gewesen sein könnte, bevor sie sich in ihre „enttäuschende, aber verdiente“ Rolle als so genannter „Legacy Act“ zurückgezogen haben. So bezeichnet man üblicherweise eine Gruppe, die vor allem von ihrer und durch ihre gewaltige Geschichte lebt. Verständlich wäre es im Falle unserer Helden, denn die glorreichen Zeiten der ebenso innovativen wie alkoholgetränkten Ballerei auf Großtaten wie Ride The Lightning (1984) und Master Of Puppets (1986) ist mit dem Jahreswechsel 1999/2000 schon anderthalb Dekaden her.
T-Shirt-Motiv zum Titel
Ob das so stimmt, kann man diskutieren, und das machen wir auch gerne an jedem Festivaltresen der Welt, aber ganz Unrecht haben die Leute von Toilet Ov Hell nicht. Und zwar aus folgendem Grund: Man darf die lärmige Therapiestunde St. Anger (2003) und die unfassbar unerträglich beschissene Kollaboration mit Lou Reed auf Lulu (2011) zwar als künstlerische Statements bezeichnen, aber unstreitbar Großes wie in den ersten zehn Jahren ihrer Geschichte haben Metallica damit wohl nicht geleistet. Auf Death Magnetic (2008) und Hardwired…To Self-Destruct (2016) liefert das Quartett zwar guten Stoff, wiederholt aber bekannte Formeln und Formate. Ob das reicht, muss die Headbangerschaft noch am Tresen klären.
Liveeinsätze
Als erste Single von S&M wird zeitgleich Nothing Else Matters ausgekoppelt, No Leaf Clover folgt erst vier Monate später am 20. März 2000. Mit der Nummer erreichen Metallica einen Platz 74 in den allgemeinen US-Charts und sogar die Spitze der Mainstream Rock Charts. In Deutschland reicht es für Platz 40.
Für die Konzerte packen sie den Song immer mal wieder auf die Setlist, bis März 2020 insgesamt 125 Mal, wie etwa beim Konzert in Köln im Sommer 2019 (vollständiger Bericht hier). Die andere neue Nummer – Human bringt es nur auf vier Einsätze. Zum Vergleich: Das Stück Master Of Puppets haben die Burschen schon 1671-fach gespielt. Auch bei der einmaligen Neuauflage des Orchesterprojektes im Jahr 2019 unter dem Titel S&M2 gehört die Nummer natürlich zum Aufgebot. Für ein Schätzchen aus der zweiten Reihe ist das schon in Ordnung.
Popkultur
Zeitsprung: Am 19.3.1955 kommt Sänger & Schauspieler Bruce Willis zur Welt.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.3.1955.
von Timon Menge und Christof Leim
Er hat Hochhäuser gesichert, als Preisboxer um sein Leben gefürchtet und mehrfach den Planeten gerettet, zumindest auf der Kinoleinwand. Was die meisten nicht wissen: Action-Star Bruce Willis kann auch Blues. Heute feiert er Geburtstag.
Hier könnt ihr euch The Return Of Bruno anhören:
Alles beginnt in Rheinland-Pfalz, denn Walter Bruce Willis kommt am 19. März 1955 in Idar-Oberstein zur Welt. Das liegt daran, dass sein Vater David als US-Soldat in Deutschland arbeitet und dort Marlene kennenlernt, die Mutter von Bruce. 1957 zieht die Familie wieder in die USA und lebt ihr Arbeiterleben weiter; Mutter Marlene arbeitet bei einer Bank und Vater David als Schweißer, Mechaniker und Fabrikarbeiter.
Vom Stotterer zum Schulsprecher
Als Willis auf die High School kommt, entwickelt er ein Stotterproblem, und zwar so stark, dass seine Mitschüler ihm den Spitznamen „Buck-Buck“ verpassen. Das ändert sich, als er der Schauspiel-AG beitritt. Er bekommt das Stottern in den Griff, sammelt erste Schauspielerfahrung und arbeitet an seinem Selbstbewusstsein. Schließlich wird er sogar zum Schulsprecher ernannt.
Filmposter von Armageddon
Nach dem High-School-Abschluss 1973 arbeitet Willis in einem Atomkraftwerk, später als Privatdetektiv. Danach widmet er sich voll und ganz seiner Schauspielkarriere und wir wissen, was daraus wurde. Filme wie Stirb langsam (1988), Pulp Fiction (1994), Armageddon (1998) und The Sixth Sense (1999) verhalfen Bruce Willis zu internationaler Berühmtheit, viele der Streifen sind heute Klassiker. Er kann aber auch anders.
Bruce und der Blues
Viele wissen es nicht: Willis hat auch zwei Musikalben veröffentlicht und zwar noch vor seinem Durchbruch als Schauspieler. Sein Debüt The Return Of Bruno bringt die legendäre Plattenschmiede Motown am 20. Januar 1987 auf den Markt. Darauf singt er einerseits Blues-Stücke von Ry Cooder, Jerry Leiber/Mike Stoller und Allen Toussaint; für Jackpot (Bruno’s Bop) betätigt er sich aber auch als Komponist. Under The Boardwalk, ein Drifters-Cover, erreicht sogar Platz zwei der britischen Single-Charts. Die Kritiken fallen allerdings durchwachsen aus.
Das Album gehört zu einem großen Special des US-Fernsehsenders HBO, das kurz nach der Veröffentlichung der Platte ausgestrahlt wird. Nicht zuletzt wegen dieser Größenordnung werden Willis hochkarätige Musikerinnen und Musiker zur Seite gestellt, wie Booker T. Jones, die Pointer Sisters und die Temptations. Mit If It Don’t Kill You, It Just Makes You Stronger erscheint 1989 noch ein zweites Album.
Bruce Willis heute
Heute lebt Willis mit seiner Frau Emma Heming und seinen beiden Töchtern in Los Angeles. Ob wir nochmal auf ein Album hoffen dürfen? Wir wissen es nicht. Vielleicht singt Willis nur noch unter der Dusche. Es wäre schade, denn seine beiden bisherigen Veröffentlichungen sind gar nicht schlecht. Seine Schauspielkarriere musste er zudem beenden, da Anfang 2022 bei ihm Aphasie diagnostiziert wurde, eine Störung der Sprache. Ein Jahr wurde zudem Demenz festgestellt. Willis zog sich deshalb aus der Öffentlichkeit zurück. Wir wünschen nichtsdestotrotz alles Gute zum Geburtstag!
Zeitsprung: Am 27.2.2015 stirbt der Schauspieler – und Musiker – Leonard Nimoy.
Popkultur
Zeitsprung: Am 18.3.1965 pinkeln die Rolling Stones an eine Tankstelle.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 18.3.1965.
von Tom Küppers und Christof Leim
Seien wir ehrlich: Mehr oder weniger ungehöriges Benehmen gehört einfach zum Rock’n’Roll. Die Rolling Stones könnte man vielleicht sogar die ersten Rebellen der modernen Rockgeschichte nennen. Am 18. März 1965 jedenfalls produzieren sie einen kleinen Skandal, der mit unverhandelbarer Dringlichkeit und anatomischen Besonderheiten zu tun hat…
Hier könnt ihr euch die frühen Stones anhören:
Wer in einer Band spielt, egal ob als Hobbyist oder Profi, kennt die Situation. Nachts, Rückweg vom Gig, die Blase drückt. Damals wie heute gilt: ran an die nächste Tankstelle. So geht es auch den Rolling Stones am 18. März 1965. Die Band und ihre Crew fahren also vor, Bassist Bill Wyman (gilt als einer der ruhigen Vertreter in der Gruppe) fragt Charles Keeley, einen 41-jährigen Angestellten wo man denn „mal kurz Wasser lassen könnte“. Keeley, der Wyman später als „zotteliges Monster mit dunkler Brille“ beschreiben wird, entgegnet, dieses Etablissement verfüge nicht über Sanitäranlagen.
Blasendruck & Schreihals-Modus
Mit dieser unglaubwürdigen Antwort hat keiner gerechnet, wie sich Wyman in seiner Biografie erinnert. „Ich musste inzwischen wirklich dringend, ging zum Auto zurück und erklärte, was eben passiert war.“ Sänger Mick Jagger will der Sache auf den Grund gehen und betritt mit Gitarrist Brian Jones sowie Wyman im Schlepptau nochmal die Tankstelle. Er fragt noch mal nach dem Abort, doch der Mitarbeiter ist inzwischen im Schreihals-Modus angelangt.
Ein zotteliges Monster ohne Brille, aber mit Artgenossen: Bill Wyman (2.v.r.) und die Rolling Stones
„Na gut“, denkt sich Jagger und erklärt, das man sch eben woanders erleichtern würde. Die Stones (minus Schlagzeiger Charlie Watts, der später zu Protokoll gibt: „Ich habe im Auto geschlafen, Mann!“) steuern eine nahegelegene Mauer an, reihen sich auf und lassen der Natur ihren freien Lauf. Gitarrist Keith Richards erinnert sich in seinen lesenswerten Memoiren namens Life daran, das als nächstes – wie aus dem Nichts – die Polizei auftaucht. „Wir stehen da, lassen laufen, und auf einmal zückt ein Polizist seine Taschenlampe und beleuchtet Bills Genital.“ Unangenehm. Am nächsten Tag wird gegen Jagger, Wyman und Jones Anzeige erstattet.
Anatomische Besonderheiten
Als Zeuge dient ein an diesem Abend ebenfalls anwesender Kunde, der sich persönlich von den Musikern auf den Schlips getreten fühlt und ihnen „ekelhaftes Benehmen“ unterstellt. Als das ganz dann im Juli 1965 vor Gericht landet, stehen die Stones mit (I Can’t Get No) Satisfaction auf der Nummer eins der Charts. Die Verhandlung selbst verläuft ohne größere Zwischenfälle, es gibt ein kleine Geldstrafe und eine Standpauke von Richter Morey. „Bloss weil sie die höchsten Weihen ihrer Profession erreicht haben, gibt ihnen das nicht das Recht sich so aufzuführen.“
Richards lüftet dann in seinem Buch Jahrzehnte später den mutmaßlichen Grund dafür, warum die Band überhaupt erwischt wurde. „Die Sache mit Bill ist die, und das ist wahrscheinlich eine der am besten gehüteten Geheimnisse der Rolling Stones: Er besitzt eine der größten Blasen in der Geschichte der Menschheit.“ Bitte was? Der Stones-Gitarrist führt gerne aus: „Wenn der aussteigt um zu pinkeln, dann weißt du genau, das du erstmal die nächste Viertelstunde festhängst. Meines Wissens nach hat Bill es noch nie unter fünf Minuten geschafft.“ Mit anderen Worten: Die Rock-Helden wurden erwischt, weil sie zu lange gebraucht haben. Trotzdem: Verglichen mit dem, was Popstars heute abziehen, um in den Schlagzeilen zu gelangen, wirkt dieser kleine Ausrutscher vom 18. März 1965 doch geradezu niedlich, oder?
Zeitsprung: Am 8.8.2004 ist bei der Dave Matthews Band die K**ke am Dampfen.
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