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Popkultur

10 Rocksongs aus den 2000ern, die man nach den ersten Tönen erkennt

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NICKELBACK
Foto: Jeff Kravitz/FilmMagic, Inc/Getty Images

Wir haben euch die Blitzohrwürmer der Sechziger vorgestellt, genau wie die der Siebziger, Achtziger und der Neunziger. Heute fällt unsere Zeitreise etwas kürzer aus: Willkommen zu zehn Rocksongs aus den 2000ern, die man nach den ersten Tönen erkennt.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch 10 Rocksongs aus den 2000ern anhören, die man nach wenigen Sekunden erkennt:

1. Papa Roach – Last Resort (2000)

Als die Kalifornier Papa Roach am 7. März 2000 ihre allererste Single Last Resort von ihrem Debütalbum Infest veröffentlichen, ist das neue Jahrtausend noch keine drei Monate alt. Frontmann Jacoby Shaddix verarbeitet darin einen Schock, wie er in einem Interview mit Blabbermouth verrät: „Einer meiner besten Freunde hatte versucht, sich umzubringen, während wir zusammengewohnt haben. Das war ein traumatisches Erlebnis. Ich singe das Lied aber aus der Ich-Perspektive, weil… na ja, so schreibe ich halt.“ Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ist ihm dank böser Begrifflichkeiten wie „Suicide“ oder gar „Fuck“ sicher. So durchläuft Last Resort wegen der anstößigen Worte zwar einen umfangreichen Zensierungsprozess, doch das verhilft der Nummer bloß zu noch mehr Berühmtheit. Bis heute, wissen Rockfans aus aller Welt sofort Bescheid, wenn diese beiden Zeilen erklingen: „Cut my life into pieces / This is my last resort“.

2. The Dandy Warhols – Bohemian Like You (2000)

Was Werbung alles bewirken kann: Als Bohemian Like You von den Dandy Warhols am 11. Juli 2000 in den USA zum ersten Mal erscheint, hält sich die Begeisterung der Musikwelt noch in Grenzen. In Großbritannien schrammen die US-Amerikaner wenig später knapp an den Top 40 vorbei, obwohl sie kurz vor der Single-Veröffentlichung auf dem legendären Glastonbury Festival aufgetreten waren. Als der Telekommunikations-Riese Vodafone den Song im Spätsommer in einen Werbespot einbaut, ändert sich alles: Bohemian Like You erscheint noch einmal, diesmal stürmt die Single in den UK-Singlecharts auf Platz fünf. Im Nachgang taucht der Song in unzähligen Filmen und Serien auf, wie zum Beispiel Buffy — Im Bann der Dämonen. Bis heute erkennen die meisten das Lied nach nur wenigen Sekunden. Für die Dandy Warhols bleibt das Stück allerdings der einzige große Hit.

3. The Hives – Hate To Say I Told You So (2000)

Der Vermerk „aus Schweden“ gilt im Rock’n’Roll als Gütesiegel, doch nur wenigen skandinavischen Rocker*innen gelingen mit ihrer Krachmusik internationale Erfolge. Auch die Hives begeistern mit ihrem Debüt Barely Legal (1997) vor allem europäische Fans, doch als die Gruppe um Frontmann Howlin’ Pelle Almqvist im Jahr 2000 ihr Zweitwerk Veni Vidi Vicious auf die Öffentlichkeit loslässt, brechen die Dämme sogar in Richtung USA. Das liegt nicht zuletzt an der überaus erfolgreichen Single Hate To Say I Told You So, deren markantes Gitarrenriff gleich in den ersten Sekunden klarstellt, was die Hives am besten können: Groove, Punk-Attitüde und Rotzrock höchster Güte.

4. Alien Ant Farm – Smooth Criminal (2001)

Okay, okay, dieser Song stammt zwar nicht aus den 2000ern, denn Michael Jackson hatte Smooth Criminal bereits 1987 auf seinem siebten Album Bad veröffentlicht. Die Pop-Punks von Alien Ant Farm machen sich das Stück durch ihre Interpretation allerdings so sehr zu eigen, dass viele Radiohörer*innen wohl bis heute denken, die Kalifornier hätten die Nummer selbst komponiert. Das liegt nicht nur daran, dass Alien Ant Farm das Stück in einer Rockversion spielen und das Tempo dafür mächtig anziehen, sondern auch am unmittelbaren Einstieg. Während Jackson sich mit dem Intro ein wenig mehr Zeit lässt, legen Alien Ant Farm gleich los und drücken der Musikwelt ihre Version von Smooth Criminal ohne Vorwarnung mitten ins Gesicht.

5. Nickelback – How You Remind Me (2001)

Wenn der Name Nickelback erklingt, drehen sich viele hartgesottene Rockfans angewidert weg. Der Erfolg der Kanadier spricht allerdings eine ganz andere Sprache: Platz eins in den USA, Österreich, Dänemark und Irland; Top 5 in Großbritannien, Australien, Belgien, Deutschland, Neuseeland, Norwegen, Schottland, Schweden und der Schweiz. Mit ihrem Über-Hit How You Remind Me räumen Nickelback 2001 so ziemlich alles ab, was möglich ist. Kein Wunder, denn auch diese Nummer zündet innerhalb weniger Sekunden. „Never made it as a wise man / I couldn’t cut it as a poor man stealing“: Wer nicht nach den ersten zwei Zeilen erkennt, welcher Song gerade läuft, kann von 2001 bis 2010 kein Radio gehört haben. Ob man Nickelback nun mag oder nicht: Man kann der Gruppe nicht absprechen, dass sie mit How You Remind Me einen der größten Rock-Hits des bisherigen 21. Jahrhunderts gelandet hat.

6. Audioslave – Like A Stone (2002)

Was für eine Personalliste! Chris Cornell von Soundgarden am Mikro; Tim Commerford, Brad Wilk und Tom Morello von Rage Against The Machine an Bass, Schlagzeug und Gitarre. Als wäre das noch nicht genug, sitzt Produzenten-Legende Rick Rubin am Mischpult und veredelt das Audioslave-Debüt zu einem Meilenstein der 2000er. Das Artwork entwirft Hipgnosis-Mastermind Storm Thorgerson. Da überrascht es nicht, dass die Supergroup mit ihrem ersten Album in die Rockwelt einschlägt, als habe die Welt auf die Band gewartet. Als zweite Single-Auskopplung erscheint der Song Like A Stone, dessen Inhalt Frontmann Cornell wie folgt beschreibt: „Es geht in dem Song um das Leben nach dem Tod, das man sich wünscht, nicht um den normalen monotheistischen Ansatz: Du arbeitest dein ganzes Leben lang hart, versuchst ein guter Mensch zu sein, eine moralische Person, fair und großzügig — und dann kommst du trotzdem in die Hölle.“ Ein großes Thema, zugänglich verpackt — denn auch Like A Stone erkennt man schon nach dem ersten Gitarrenton.

 

7. The White Stripes – Seven Nation Army (2003)

Kein Fußballstadion der Welt kommt noch ohne diesen Ohrwurm aus. Das überrascht nicht, denn stark euphorisiert und mit 1,5 Promille im Blut funktionieren vor allem die eingängigsten Stücke. In Seven Nation Army benötigen die White Stripes nur wenige Basstöne, um den prägenden Teil ihres Songs vorzustellen, den man wirklich immer mitgrölen kann: Dö, dödö, dö, dö, dööö, dööö. Der Startschuss für den Fußballtrend fällt in Italien und zwar am 22. Oktober 2003. An jenem Tag empfängt der AC Mailand im Rahmen der Champions League den belgischen Verein FC Brügge und Seven Nation Army ertönt lauthals von den belgischen Rängen. Als Italien im Jahr 2006 die Fußballweltmeisterschaft gewinnt, erklingt der Song überall im Land. „Ich fühle mich geehrt, dass die Italiener den Song als ihren eigenen adoptiert haben“, erzählt Komponist Jack White in einem Interview mit dem britischen Musikmagazin NME. „Es gibt in der Musik nichts Schöneres, als Menschen, die eine Melodie annehmen und ihr erlauben in den Pantheon der Volksmusik aufgenommen zu werden.“ Schöne Worte!

8. Linkin Park – Numb (2003)

Ein Nu-Metal-Song, den man schon nach wenigen Sekunden an den ersten Keyboard-Tönen erkennt? Das dürfte Seltenheitswert haben. Genau diese Mischung gelingt Linkin Park allerdings mit ihrer achten Single Numb, einer der erfolgreichsten Veröffentlichungen der Gruppe. „I’ve become so numb / I can’t feel you there / Become so tired / So much more aware“, singt Frontmann Chester Bennington im Refrain. Fast 15 Jahre später erobert das Stück 2017 noch einmal die Charts, allerdings aus einem traurigen Grund: Am 20. Juli 2017 hatte sich Bennington mit gerade einmal 41 Jahren das Leben genommen.

9. Green Day – American Idiot (2004)

In American Idiot rechnen Green Day mit der US-amerikanischen Medienlandschaft ab und suchen sich als Beispiel die Berichterstattung über den Irak-Krieg heraus. Laut Band hätten die US-Medien in ihren Nachrichtensendungen die Grenze von News und Reality-TV überschritten. „Sie hatten all diese Geraldo-mäßigen Journalisten in den Panzern bei den Soldaten, die alles mitbekommen haben“, erzählt Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong in einem Interview. Die US-Sender hätten brutalstes Bildmaterial gezeigt und dazwischen Werbung gesendet. Mit American Idiot üben die Pop-Punks allerdings nicht nur Medienkritik, sondern erschaffen zudem einen echten Ohrwurm, der weltweit in den Charts landet.

10. Foo Fighters – The Pretender (2007)

Als die Foo Fighters am 21. August 2007 die erste Single von ihrem sechsten Studioalbum Echoes, Silence, Patience & Grace veröffentlichen, haben die US-Rocker schon zahlreiche erfolgreiche Songs im Rücken, von denen viele bereits nach den ersten Sekunden zünden. Da wären zum Beispiel Everlong, Learn To Fly und Best Of You. Doch selbst zwölf Jahre nach ihrem Debütalbum gelingt der Gruppe um Frontmann Dave Grohl noch ein Hit, den Rockfans nach nur wenigen Tönen erkennen. In den USA handelt es sich bisher um den letzten Top-40-Hit der Foo Fighters. Wie es mit der Band weitergeht, ist nach dem Tod von Schlagzeuger Taylor Hawkins am 25. März 2022 noch ungewiss.

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10 Rock- und Metalsongs aus den Neunzigern, die man nach den ersten Tönen erkennt

Popkultur

Zeitsprung: Am 1.4.2008 feuern Velvet Revolver ihren Sänger Scott Weiland.

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Header-Bild Credit: Kreepin Deth/Wiki Commons

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.4.2008.

von Christof Leim

Das sah schon nach „Supergroup“ aus, was sich da 2002 zusammenbraute: Drei Musiker von Guns N’ Roses und der Sänger von den Stone Temple Pilots gründen Velvet Revolver. Doch sechs Jahre später ist der Ofen aus und Scott Weiland raus. Vorher gab es noch eine lahme Platte, Streit im Internet und die ganz kalte Schulter.

Hört euch hier das Velvet-Revolver-Debüt Contraband an:

Natürlich hat die ganze Welt mit Spannung zugehört, als Slash, Duff McKagan und Matt Sorum zusammen mit dem Gitarristen Dave Kushner und dem Frontmann der Stone Temple Pilots, Scott Weiland, eine Band gründen. Beim Debüt Contraband von 2004 kommen nicht ganz unerwartet zwei musikalisch benachbarte Welten zusammen: Classic Rock und alternative-lastiger Grunge-Sound. Die Scheibe wird zum Erfolg, doch der Nachfolger Libertad bleibt 2007 weit hinter den Erwartungen zurück.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Velvet Revolver live 2007. Foto: Kreepin Deth/Wiki Commons.

Den weltweiten Touren der Band tut das keinen Abbruch, diverse Aufenthalte in Entzugskliniken, Visa-Probleme und kurzzeitige Verhaftungen durchkreuzen einige Pläne allerdings schon. Als Velvet Revolver im Januar 2008 ihre Rock’n’Roll As It Should Be-Tour durch Europa starten, hängt der Haussegen bereits schief. Am 20. März 2008 verkündet Weiland sogar auf offener Bühne in Glasgow: „Ihr seht hier etwas Besonderes: Die letzte Tour von Velvet Revolver.“

Längt beschlossene Sache

Was er nicht weiß: Seine Kollegen haben da längst beschlossen, ohne ihn weiterzumachen, wie Slash später in einem Interview eröffnet. Das liegt unter anderem daran, dass Weiland ständig die Fans ewig lang warten lässt, und das können die Guns N’ Roses-Jungs nach dem Dauerdrama mit dem notorisch verspäteten Axl Rose nicht mehr akzeptieren. Slash, der zottelhaarige Gitarrengott, berichtet auch, dass die Bandmitglieder während der UK-Shows so gut wie kein Wort mit ihrem Sänger wechseln. „Wir haben ihm die kalte Schulter gezeigt, dass es nur so eine Art hatte.“

Kein einfacher Zeitgenosse: Scott Weiland. Credit: CRL.

Nach dem Debakel von Glasgow, das in einer halbherzigen Performance gipfelte, tragen die Musiker zudem ihren Zank in die Öffentlichkeit: Drummer Matt Sorum veröffentlicht ein Statement, das ohne Namen zu nennen deutlich mit dem Finger auf Weiland zeigt. Der wird in seiner Antwort ein gutes Stück bissiger und ziemlich persönlich. Dass das alles nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand. Am 1. April 2008 schließlich verkünden Velvet Revolver offiziell, dass Scott Weiland nicht mehr zur Band gehört.

Wie sich rausstellt, endet damit auch die Geschichte dieser Supergroup, sieht man von einer einmaligen Live-Reunion am 12. Januar 2012 bei einem Benefizkonzert ab. Denn leider können die Herren jahrelang keinen geeigneten Nachfolger finden, obwohl Könner wie Myles Kennedy von Slashs Soloband und Alter Bridge, Sebastian Bach (ehemals Skid Row), Lenny Kravitz und Chester Bennington (Linkin Park) als Kandidaten gehandelt werden. Slash und McKagan kehren schließlich zu Guns N’ Roses zurück, während Weiland bis 2013 bei den Stone Temple Pilots singt und anschließend mit seiner eigenen Band The Wildabouts unterwegs ist. Am 3. Dezember 2015 wird er tot in deren Tourbus gefunden. Rest in peace.

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Zeitsprung: Am 15.5.1995 klicken bei Scott Weiland zum ersten Mal die Handschellen.

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Popkultur

„The Record“: Was kann das Debüt der Supergroup Boygenius?

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Boygenius HEADER
Foto: Noam Galai/Getty Images

Supergroups kennt man ja eher von Männern. Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus, die drei prominenten Damen hinter Boygenius, ändern das. Ihr Debüt The Record klingt zumeist sanft, verträumt, melancholisch, bricht aber manchmal wie entfesselt los. Indie-Album des Jahres? Gut möglich.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch The Record anhören:

Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus sind jede für sich Ikonen, einflussreiche Künstlerinnen, die es mit unter 30 zu prominenten Figuren gebracht haben. Bei Boygenius bündeln die drei ihr kreatives Genie in einem Trio, das es in der Indie-Welt so noch nicht gegeben hat – und das ist angenehmerweise mal keine hohle PR-Übertreibung. Jede von ihnen kann als Stimme ihrer Generation gewertet werden, jede von ihnen gehört zu einer neuen Ära von selbstbestimmten Künstlerinnen, die auf ihre Weise den Boys-Club der Rockmusik unterwandern, aushöhlen, obsolet machen wollen.

Wie einst Nirvana

Das tun Boygenius auf ihrem Debüt The Record nicht etwa laut, schrill, wütend. Sondern mit Sanftmut, melancholischer Ruhe und bockstarken Songs. Ist doch eh cleverer und nachhaltiger, das geballte Talent sprechen zu lassen, das die drei Künstlerinnen auch im Verbund auf wundersame Weise zu kanalisieren wissen. Und dann sind da eben noch die subtilen kleinen Spitzen, die Hinweise: Auf dem Cover ihrer ersten EP, die bereits 2018 erschien und ein langes Schweigen einläutete, sitzen sie genau so da wie Crosby, Stills & Nash auf ihrem Debüt. Und auf dem Rolling-Stones-Cover Anfang des Jahres stellen sie die Pose des Nirvana-Covershoots von 1994 nach. Kurt Cobain hätte das gefallen.

Warum wir eine reine Girl-Supergroup gebracht haben, wird schnell klar: Wo männliche Supergroups dann eben doch irgendwann an den exorbitanten Alpha-Male-Egos zerschellen wie Hagelkörner auf Asphalt, gehen Bridgers, Baker und Dacus die Sache beeindruckend egalitär und basisdemokratisch an. Niemand drängt sich in den Vordergrund, weil alle gleichberechtigt sind. Keine Frontfrau, keine Divaallüren. „Wir ziehen uns gegenseitig hoch“, so sagte Bridgers damals dem Rolling Stone. „Wir sind alle Leadsängerinnen und feiern uns gegenseitig dafür.“ Männer bekommen das eben irgendwie deutlich schlechter hin, ist einfach so.

Die Avengers der Indie-Welt

Das alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn The Record nicht alle hohen Erwartungen spielend überflügeln würde. Es ist ein Album, um es kurz zu machen, das einem den Glauben an die Zukunft der Gitarrenmusik zurückbringt. Es ist mal laut, mal ahnungsvoll, mal zart, mal ruppig. Vor allem aber ist es ein homogenes, reifes Werk, das in seiner Lässigkeit die Jahrzehnte transzendiert. Offenkundig sind die Einflüsse der „Avegners der Indie-Welt“, wie eine enge Freundin der Band das mal auf den Punkt brachte: Classic Rock, die Laurel-Canyon-Szene, Grunge, der Folk von Crosby, Stills & Nash, von denen sie gleich auch die verschiedenen Gesangsharmonien haben.

Eins der ganz großen Highlights ist $20, ein furioser Rocker mit schroffer Lo-Fi-Gitarre, der sich plötzlich öffnet und von allen drei Stimmen ins Ziel getragen wird. Die Mehrheit des Materials ist ruhig, verträumt, am ehesten trifft es wohl lakonisch. Emily I’m Sorry etwa oder das kurze Leonard Cohen, inspiriert von einer unfreiwilligen Geisterfahrt der Drei auf einer kalifornischen Interstate. Die Ausbrüche wie Anti-Curse, in denen Baker von einer Nahtoderffahrung im Pazifik singt, läuten deswegen umso lauter, dringlicher. Dynamik ist König, das wissen die drei. Oder besser Königin.

Musste Rick Rubin draußen bleiben?

Sie wissen eh sehr viel. Wie schwer sie es haben würden, zum Beispiel. So kamen sie überhaupt erst auf ihren Namen Boygenius: Nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden männlichen Kollaborateuren, die von der ganzen Welt gefeiert werden, nannten sie sich selbst so, um sich Mut zuzusprechen. Ob das auch für Rick Rubin gilt? Aufgenommen haben sie zumindest in dessen Shangri-La Studio in Malibu. Aber er hat keinen Recording Credit und durfte vielleicht nur kiffend im Garten sitzen. Vorstellbar.

The Record ist ein geniales Debüt. Es ist aber mehr, ein Instant-Klassiker, ein Album, das sich einreiht in die großen Singer/Songwriter-Momente der letzten 50 Jahre. Es ist radikal ehrlich, direkt, ungefiltert, unaufgesetzt und das Testament großen Willens. Alle Songs hätten auch auf den jeweiligen nächsten Alben der drei Solitärinnen auftauchen können. Aber dann würde ihnen etwas fehlen. The Record ist ein Album voller Risse, durch die das Licht hineingelangt, um bei Leonard Cohen zu bleiben. Ein heilsames Stück Musik, durchwirkt von Insider-Jokes, kleinen Hieben geben das Patriarchat und jeder Menge Beweise für diese besondere Freundschaft. Das wird Grammys hageln.

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boygenius: Wer steckt hinter der Indie-Supergroup?

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Popkultur

Zeitsprung: Am 31.3.1958 veröffentlicht Chuck Berry „Johnny B. Goode“.

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Chuck Berry Johnny B Goode Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1958.

von Christof Leim

Das sind die Grundlagen des Rock’n’Roll, liebe Brüder und Schwestern. Hier kommt viel der großartigen Krachmusik her, die wir im Zeitsprung feiern: Am 31. März 1958 veröffentlicht Chuck Berry den Klassiker Johnny B. Goode. Keine drei Minuten lang ist das Ding, Bluesschema in A, dazu ein flotter Backbeat und eine heiße Leadgitarre, und ab geht die Revolution. Bei Songs wie diesem haben sie alle zugehört, die Beatles, die Stones und AC/DC.

Geschrieben hatte Chuck Berry die Nummer bereits 1955 über einen „country boy“, einen Jungen vom Lande, der nicht richtig lesen und schreiben kann, aber so mühelos Gitarre spielt, als müsse er nur eine Glocke läuten. Und eines Tages wird sein Name auf allen Plakaten stehen… Wie sich später herausstellt, singt Berry hier über sich selbst. Darauf weist alleine schon der Titel hin, denn der Musiker wurde in der Goode Avenue in St. Louis geboren. Nur anfangs diente sein Pianist Johnnie Johnson als Namenspate für den Song. Der spielt jedoch nicht mal mit; bei den Aufnahmen am 6. Januar 1958 in den Chess Studios in Chicago haut Lafayette Leake in die Tasten. Den Bass bedient der nicht ganz unbekannte Blueser Willie Dixon. Das markante Eingangslick leiht sich Chuck Berry vermutlich bei Ain’t That Just Like A Woman, einer Nummer von Louis Jordan aus dem Jahr 1946, und zwar Note für Note, wie man hier hören kann. Die Originalversion der Single samt Text findet ihr hier.

Urvater des Rock’n’Roll: Chuck Berry

Aus dem Stand ein Hit

Johnny B. Goode wird zum Hit beim Publikum, und zwar unabhängig von der Hautfarbe, was Ende der Fünfziger keinesfalls als selbstverständlich gesehen werden kann. Der Track erreicht Platz zwei in den Billboard Hot R&B Sides Charts und Platz acht in den Hot 100 Charts. Wo der Unterschied zwischen diesen Hitparaden liegt, wissen wir nicht, aber fest steht: Mit der Nummer ging was. Um das zu erreichen, muss Berry eine kleine Änderung im Text vornehmen: Ursprünglich singt er von einem „little coloured boy“, ändert das aber in „little country boy“, um auch im Radio gespielt zu werden. Keine einfachen Zeiten für einen Schwarzen als Rockstar.

Die Goldene Schallplatte an Bord der Raumsonde Voyager. Johnny fliegt mit.

Heute gilt Johnny B. Goode als der wichtigste Chuck-Berry-Song. Er wird mit Preisen geehrt und in Bestenlisten aufgenommen, nicht zuletzt wird er 1977 mit der Voyager in den Weltraum geschossen. An Bord dieser Raumsonde befindet sich nämlich eine goldene Schallplatte mit Audioaufnahmen von der Erde, etwa der Stimme eines Kindes, Klassik von Johann Sebastian Bach – und eben Rock’n’Roll von Chuck Berry.

Da kommt noch mehr

Vier weitere Stück schreibt der Sänger und Gitarrist im Laufe der Jahre über den Charakter Johnny B. Goode: Bye Bye Johnny, Go Go Go, Johnny B. Blues und Lady B. Goode. Außerdem nennt er ein Album und dessen 19-minütiges instrumentales Titelstück danach: Concerto In B. Goode. Einen weiteren Popularitätsschub erhält das Lied 1985 durch Film Zurück in die Zukunft mit Michael J. Fox.

Die Liste der Coverversionen ist endlos und streift alle möglichen Genres, sie reicht von Jimi Hendrix, AC/DC und Judas Priest über NOFX und LL Cool J bis zu Motörhead und Peter Tosh. Und vermutlich fetzt noch heute irgendwo eine halbstarke Nachwuchskapelle bei ihrer dritten Probe durch das Bluesschema in A.

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Zeitsprung: Am 7.9.1955 macht Chuck Berry den „Duck Walk“. Später freut sich Angus.

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