Popkultur
Eine Dekade Rock: Die 20 besten Alben von 2010 bis 2019
Die Rockmusik dominiert zwar nicht mehr die Hitparaden dieser Welt, weiß aber auch heute noch durch Qualität zu überzeugen. Wir haben 20 Musterbeispiele dafür zusammengetragen und geschaut, welche Gruppen und Alben in den Jahren von 2010 bis 2019 ganz besonders überzeugen konnten.
von Timon Menge, Björn Springorum und Markus Brandstetter
Deftones – Diamond Eyes (2010)
Eigentlich arbeiten die Deftones im November 2008 ja an einer Platte mit dem Arbeitstitel Eros. Doch dann kommt alles ganz anders: Gründungsbassist Chi Cheng erleidet einen schweren Autounfall, fällt ins Koma und wacht bis zu seinem Tod im April 2013 nie wieder daraus auf. Eros verschwindet im Archiv, stattdessen nehmen die Kalifornier Diamond Eyes in Angriff. Der Hintergrund: Als Reaktion auf Chengs Unfall möchte die Gruppe kein düsteres Album veröffentlichen, sondern ein optimistisches. Das Ergebnis: eine der feinfühligsten und überraschendsten Deftones-Platten überhaupt. ™
Arcade Fire – The Suburbs (2010)
Spätestens Mitte der 2010er-Jahre ist sonnenklar: Arcade Fire sind die größte Indie-Band der Welt. Den Einstand in die 10er-Jahre feiert die Band rund um Vin Butler mit jenem Album, das bei vielen Fans und Kritikern als ihr bestes überhaupt gilt: The Suburbs erscheint 2010 und perfektioniert den Arcade-Fire-Sound in jeglicher Hinsicht. Das Album ist eingängiger, atmosphärischer, dichter, gekonnter und vielschichtiger denn je – und gewinnt dann auch konsequenterweise im Folgejahr den Grammy für das Album des Jahres. (mb)
Foo Fighters – Wasting Light (2011)
Auf Wasting Light zitieren die Foo Fighters ihre Anfangstage. So handelt es sich bei der Platte um das erste gemeinsame Album mit Gitarrist Pat Smear seit The Colour And The Shape (1997). Außerdem schlagen die Alternative-Rocker um Dave Grohl einen Produktionsweg ein, der im 21. Jahrhundert doch recht ungewöhnlich daherkommt, und spielen das Album komplett analog ein. Dafür engagieren sie niemand geringeren als Butch Vig, den Produzenten des legendären Nirvana-Albums Nevermind (1991). Qualitativ übertreffen sich die Foo Fighters mit der Scheibe selbst und veröffentlichen eine der stärksten Platten ihrer Diskografie. ™
The Black Keys – El Camino (2011)
Nachdem The Black Keys im Jahr 2010 mit Brothers endlich den lang erhofften und neun Jahre lang angepeilten Durchbruch schafften, legen sie schon ein Jahr später bockstark nach: El Camino, Album sieben, wurde erstmals in Dan Auerbachs neuem Easy Eye Sound Studio in Nashville aufgenommen und ist bis heute das Black-Keys-Album schlechthin. Wieder produziert von Danger Mouse, arbeiten sich Auerbach und Patrick Carney hier an den Stilistiken der Fünfziger, Sechziger und Siebziger ab und schaffen es, dass Rock’n’Roll, Surf Rock, Soul und Rockabilly so sehr aus einem Guss klingen wie niemals zuvor. Und bis heute auch niemals wieder. (bs)
Stone Sour – House Of Gold And Bones, Part 1 (2012)
Das vierte Stone-Sour-Album markiert für die Gruppe einen Neuanfang. Bassist Shawn Economaki hat die Band gerade verlassen, also übernimmt Skid-Row-Tieftöner Rachel Bolan die vier Saiten auf House Of Gold And Bones, Part 1. Dass es einen zweiten Teil geben wird (House Of Gold And Bones, Part 2) kündigt Frontmann Corey Taylor bereits vor der Veröffentlichung der ersten Hälfte an. Den Sound des Albums bezeichnet er als Mischung aus The Wall (1979) von Pink Floyd und Dirt (1992) von Alice In Chains. Große Worte, aber Taylor nimmt den Mund damit nicht zwangsläufig zu voll. ™
Baroness – Yellow & Green (2012)
Bei Baroness kann man sich ja durchaus fragen, welches Album zum Teufel eigentlich nicht in diese Liste gehört. Wir entscheiden uns jetzt mal für Yellow & Green, das dritte Album der Metal-/Rock-Hydra aus Georgia. 2012 erschienen, markiert es einen atmosphärischen und melodischen Wendepunkt hin zu einem innigen, emotionalen und furiosen Rock-Sound, besonders gut versinnbildlicht im unvergesslichen Take My Bones Away. Hier spielt eine Band, die neue Facetten an ihrem Sound entdeckt hat und sie konsequent zu Ende denkt. So schön, man kann gar nicht weghören. (bs)
Muse – The 2nd Law (2012)
Groß, größer, Muse: 2012 legen die Engländer mit The 2nd Law ein ausgemachtes Bombast-Rock-Spektakel vor. Manche Fans mochten die rohe Kante früherer Muse-Werke vermissen, doch in Sachen anspruchsvollem Rock-Entertainment kam in diesem Jahr niemand an dieser Band vorbei. Vom schleppenden Groove des Openers Supremacy (Led Zeppelin trifft Queen trifft Bond-Soundtrack) über das unterkühlt-trippige Madness bis zum sinfonischen Dubstep-Titeltrack erweitern Muse ihren Klangkosmos um Lichtjahre und bringen gefühlt hundert musikalische Welten stimmig zusammen. (bs)
Alice In Chains – The Devil Put Dinosaurs Here (2013)
Mit The Devil Put Dinosaurs Here erfinden Alice In Chains im Jahr 2013 zwar nicht das Rad neu, stellen aber eindrucksvoll unter Beweis, dass hier eine Band am Werk ist, die ihren Sound über die Jahrzehnte perfektioniert hat. So treffen Songs wie Hollow, Stone, Voice und Breath On A Window den Nagel derart auf den Kopf, dass keine Wünsche offen bleiben. Kurzum: Mit ihrem fünften Studioalbum veröffentlichen die Grunge-Legenden aus Seattle eine Best-Of-Platte, ohne dabei auf altes Material zurückgreifen zu müssen. Ganz großes Kino. ™
Queens Of The Stone Age – …Like Clockwork (2013)
Sechs Jahre nach Era Vulgaris melden sich Queens Of The Stone Age 2013 mit dem Longplayer …Like Clockwork zurück. Für Bandchef Joshua Homme ist das Album der Befreiungsschlag aus einer schwierigen Phase: Nach einer Operationen war er vier Monate lang außer Gefecht gesetzt, litt an Depressionen. …Like Clockwork ist die Abarbeitung der Dunkelheit – da ist es nur passend, dass es mitunter auch ganz schön düster werden kann. Ein bemerkenswertes Album, das die liebgewonnen Trademarks der Band immer wieder aufblitzen lässt, aber auch ganz neue Wege einschlägt. (mb)
St. Vincent – St. Vincent (2014)
Eine Partyplatte, die man auch auf Beerdigungen spielen kann – so beschreibt Annie Clark alias St. Vincent ihren vierten, selbstbetitelten Longplayer. Das trifft es auch ziemlich gut: Das Album, irgendwo zwischen Art Rock und geräuschlastigem Pop, ist selbst dann eingängig, wenn es thematisch in die schmerzhaften Gefilde der menschlichen Existenz geht. St. Vincent strotzt auf dem Album nur so vor Selbstvertrauen – das macht auch die Cover-Pose auf dem Thron deutlich. Mit dem Longplayer konnte sie bei Fans wie auch bei Kritikern punkten und einen Grammy für Best Alternative Music Album mit nach Hause nehmen. (mb)
Sharon Van Etten – Are We There (2014)
„I sing about my fear and love and what it brings“, singt Sharon Van Etten im Stück I Know. Das hat die Musikerin aus New Jersey bis dahin noch nie so eindrucksvoll getan wie auf ihrem vierten Album, das auf dem renommierten Indie-Label Jagjaguwar erscheint. Are We There ist eines der bemerkenswertesten Singer/Songwriter-Alben der 2010er-Jahre, ergreifend, atmosphärisch und mit intensiven, stetig anschwellenden orchestralen Arrangements. (mb)
Rival Sons – Great Western Valkyrie (2014)
2014 ist der Retro-Trend in vollem Schwung. Die Hosen haben Schlag, die Bärte sind lang, Orange-Verstärker stellen alle Bühnen voll. Eine Band stach schon davor immer wieder heraus: Die Rival Sons aus Kalifornien machen damals schon fünf Jahre lang Musik und legen die Messlatte mit ihrer vierten LP Great Western Valkyrie so schwindelerregend hoch, dass man nur staunen kann. Besser kann man klassischen Hard Rock nicht spielen, besser kann man ihn nicht singen oder schreiben. Ein tadelloses Album einer tadellosen Band, die vollkommen zurecht über den grünen Klee gelobt wird. (bs)
Marilyn Manson – The Pale Emperor (2015)
Irgendwann Anfang der 2000er-Jahre, kurz nach Holy Wood, wurde es ein wenig langweilig mit Marilyn Manson. Nachdem er einige starke und bemerkenswerte Alben veröffentlicht und seine Kunstfigur etabliert hatte, hatte man viele Jahre lang das Gefühl, es würde irgendwie am zündenden Gedanken, an Inspiration fehlen. 2015 atmen viele auf. Denn auch wenn Manson bislang nie mehr in seine Form der späten 1990er- und frühen 2000er-Jahre zurückfinden sollte: Mit The Pale Emperor kehrt er zumindest so gut wie schon seit anderthalb Dekaden nicht mehr zurück. (mb)
Steven Wilson – Hand. Cannot. Erase. (2015)
Steven Wilson kann man eigentlich gar nicht genug feiern. Er ist der legitime Alan Parsons unserer Zeit, ein musikalisches Universalgenie und ein Prog-Versteher wie es ihn eigentlich kein zweites Mal gibt. Sein Konzeptalbum Hand. Cannot. Erase (2015) hat die Macht, zu Tränen zu rühren, zum Strahlen zu bringen, zum Nachdenken anzuregen. Vor allem aber ist es ein reifes, intelligentes und dennoch von Herzen kommendes, fesselndes Stück Musik über Entfremdung und Einsamkeit. Zeitgemäß, schmerzhaft schön und unendlich ergiebig – ein moderner Klassiker, ganz klar. (bs)
Tame Impala – Currents (2015)
Hinter dem Bandnamen Tame Impala verbirgt sich keine Band, sondern vor allem Mastermind Kevin Parker. Im Fall Currents geht der konsequent den Weg, den er auf den ersten beiden Alben des poppigen Psychedelic-Projektes angedeutet hat. So schreibt, spielt und produziert er die Platte vollständig im Alleingang, ohne dabei auf Gastmusiker zurückzugreifen. Sogar das Konzept für das Artwork entwickelt er selbst. Hut ab vor so viel Eigenregie und dem starken Endergebnis, das dabei herumgekommen ist. ™
Ghost – Meliora (2015)
2015 ist das Jahr, in dem aus Ghost Superstars werden. Was sich in den Jahren zuvor in Undergroundkreisen schon längst angekündigt hat, manifestiert sich praktisch über Nacht im ganz großen Entertainment-Stil. Meliora, Album drei der schwedischen Teufelsrocker, zeigt erstmals, dass Ghost vor allem eines sind: Die wahrscheinlich größten Songschreiber der düsteren Zunft. Metal, Pop und Satan kommen erstmals zu einem unheiligen Fest zusammen, das die Hits From The Pinnacle To The Pit oder Mummy Dust hervorbringt. Einen Grammy gibt es für Cirice, wenig später spielt die Band um den diabolischen Papst am Mikrofon in den größten Hallen. Und mit dem Nachfolger Prequelle (2018) steigen Ghost endgültig in die Top-Riege der Rockstars auf. (bs)
Kadavar – Berlin (2015)
Alles, was Berlins Power-Trio Kadavar anfasst, ist Gold wert. Ihr rohes Debüt ebenso wie ihr letztes, betont finsteres Epos For The Dead Travel Fast. Am allercoolsten klingt die Band aber 2015, als sie ihrer Heimatstadt mit Berlin ein unvergleichliches Denkmal setzt. Mit Elan, Feuer, Chuzpe und Lässigkeit rocken sich Deutschlands Classic-Rock-Anführer durch Hard Rock, Proto-Metal, Psychedelic Rock und Doom. Derart verdichtet, explosiv und stramm nach vorn marschierend klingt keine andere deutsche Rockband. (bs)
David Bowie – Blackstar (2016)
Am 8. Januar 2016 erscheint David Bowies letztes Werk Blackstar. Wie schon beim Vorgängeralbum The Next Day fanden die Arbeiten an der Platte unter absoluter Geheimhaltung statt. Bowie, zu dieser Zeit bereits schwer krebskrank, engagierte für die Aufnahmen einige namhafte New Yorker Jazzmusiker. Als man die Platte – sie erscheint an Bowies 69. Geburtstag – zu hören bekommt, stößt man immer wieder auf Anspielungen auf den Tod. Leider soll dieser schon viel zu bald kommen: Nur zwei Tage nach Albumveröffentlichung stirbt mit David Bowie einer der größten Pop-Künstler aller Zeiten. Sein letztes Werk ist ein famoser Schlusspunkt zwischen Art-Rock und Jazz – und beschert ihm sein erstes Nummer-Eins-Album in den US-Charts. (mb)
Judas Priest – Firepower (2018)
Die 2010er-Jahre sahen auch einige gute Momente für klassischen Heavy Metal. So begibt sich 2018 der „God Of Metal“ – gemeint ist natürlich Rob Halford – unter uns Normalsterbliche, um gemeinsam mit Judas Priest den Longplayer Firepower zu veröffentlichen. Dabei geht es vor allem darum, das Erbe der Band und die Quintessenz des Judas-Priests-Sounds wieder aufleben zu lassen. Große Neuerungen gibt es keine, dafür eine zeitgemäße Produktion, gute Songs, Halford in Topform und auch interessante Gitarrenarbeit von Tipton/Faulkner und streckenweise sehr gute Songs. (mb)
Rammstein – Rammstein (2019)
Ganze zehn Jahre haben Rammstein sich Zeit gelassen, bevor sie ihre internationale Fangemeinde 2019 mit einem neuen Studioalbum beglücken. Dafür kommen die NDH-Veteranen mit Karacho zurück: Nach dem Motto „all killer, no filler“ veröffentlichen Till Lindemann und Co. mit Rammstein eine Platte, die keine Wünsche offen lässt und die Gruppe von ihrer kreativsten, facettenreichsten und knackigsten Seite zeigt. Das Warten hat sich also gelohnt. ™
Von Heino bis Woodstock: Die größten WTF-Momente der vergangenen Dekade

Popkultur
Zeitsprung: Am 2.6.1980 erscheint das zweite Accept-Album „I’m A Rebel“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 2.6.1980.
von Matthias Breusch und Christof Leim
I’m A Rebel könnte man das Mauerblümchen-Album von Accept nennen, denn Breaker gilt 1981 als der eigentliche, künstlerisch wertige Karrierestart. Ein paar Schätzchen finden sich trotzdem – zum Beispiel der Titelsong, den AC/DC gespielt, aber selbst nie veröffentlicht haben. Am 2. Juni 1980 erscheint die Platte.
Hier könnt ihr das gesamte Album hören:
Bei Accept gibt es zwei Zeitrechnungen: Vor Gaby Hauke und nach Gaby Hauke. Mit dem Einstieg der Managerin, Texterin (unter dem Pseudonym Deaffy) und späteren Ehefrau von Leadgitarrist Wolf Hoffmann ändert sich bei den Solingern ab 1981 und dem Album Breaker eine ganze Menge. Aber auch 1980 ist kein schlechtes Jahr für die Band, die bereits in ihrer klassischen Fünfer-Besetzung zusammengefunden hat.
Der nächste Versuch
Die Kuriosität, ihr neues Album mit einer AC/DC-Nummer zu eröffnen und gleich das ganze Werk danach zu benennen, bringt den Jungs genügend Aufmerksamkeit, um nach dem Debütalbum Accept von 1979 den nächsten Schritt auf der Showtreppe Richtung Rockhimmel zu setzen. Auch wenn das knuffige Coverdesign von Brain Records, eine bräunliche Fotocollage, eher an den Fahrstuhl zum Kartoffelkeller erinnert.
„Vom ersten Album haben wir vielleicht 3.000 Stück verkauft“, erzählt Wolf Hoffmann Jahrzehnte später in einem abendfüllenden Interview. „Danach hieß es gleich: ‘Okay, jetzt der nächste Versuch. Vielleicht macht sich das zweite oder dritte Album besser.‘ Niemand hat dir damals Druck gemacht, so wie das heutzutage üblich ist, wo du weg vom Fenster bist, wenn nicht gleich das erste Ding einschlägt.“ Um den Wünschen der Plattenfirma nach einem Single-Hit entgegenzukommen, versucht das Quintett, „das zweite Album ein bisschen radiotauglicher zu gestalten.“
Die AC/DC-Verbindung
Dazu nehmen Accept eine Coverversion auf: Ihr Produzent Dirk Steffens hat steht in Kontakt mit einem gewissen George Alexander. Der Mann heißt in Wirklichkeit Alex Young und ist einer der älteren Brüder des AC/DC-Gespanns Malcolm und Angus Young. In Großbritannien konnte er sich einen Namen als Studiomusiker und Songwriter machen, 1980 hat er die 40 längst überschritten. Das Leben in diesem harten Geschäft scheint ihn geformt zu haben, was auch Accept nicht entgeht, als Alex im Spätherbst 1979 im Studio auftaucht, um ein paar Stellschrauben daran zu drehen, wie er die Nummer gerne gespielt hätte. „Wir mochten ihn nicht“, erinnert sich Wolf. „Das war ihm offenbar egal. Ich glaube, wir waren ihm ebenfalls nicht sonderlich sympathisch. Wir waren grüne Jungs und wussten noch nicht, warum er die ganze Zeit von Klauseln im Vertrag sprach.“
Der Song I’m A Rebel hingegen gefällt den deutschen Musikern auf Anhieb. „Ich wünschte, ich hätte das Tape noch. Das wäre heutzutage eine echte Rarität. Eine AC/DC-Aufnahme mit der Stimme von Bon Scott drauf! Es war großartig. Weit besser als unsere Version.“ Den Leadgesang des Originals, das 1976 bei einer Session in einem Studio bei Hannover entsteht, übernimmt übrigens Alex Young persönlich. Bon Scott soll zu betrunken gewesen sein, um mehr als nur den Refrain mitgrölen zu können. Für Angus und Malcolm ist das Lied des großen Bruders danach nie wieder ein Thema, und nach Bon Scotts Tod ohnehin nicht.
Noch auf der Suche
Die übrigen sieben Kompositionen von I’m A Rebel können sich hören lassen, geben aber nur teilweise zu erkennen, wohin die Reise von Accept noch gehen wird. Neben Markenzeichen wie den messerscharfen Gitarrenriffs und knackigen Rockern wie Save Us oder China Lady fallen vor allem zwei Nummern auf, die ebenfalls in Richtung „Radiotauglichkeit“ gestaltet wurden: Da sich die Gurgel von Sänger Udo Dirkschneider nicht für flauschige Kuschelsongs eignet, übernimmt Bassist Peter Baltes die Vocals von No Time To Lose und die Übeltäter-Ballade The King.
Vor den Tarnzügen: Ja, so sahen Accept 1980 auf der Rückseite der Platte aus.
Damit sind zwei der wenigen Momente auf Vinyl festgehalten, bei denen man Accept in denselben Topf werfen konnte, in dem sich auch die weltberühmten Scorpions-Engtanznummern wiederfinden. Und das passiert auch, in praktisch jedem Interview.
„Ja, das hat uns echt angekotzt“, gibt Wolf freimütig zu. „Uns gefiel das nicht. Den Scorpions gefiel es auch nicht. Wir sind daher ganz bewusst nie mit ihnen auf Tour gegangen und haben jeden direkten Vergleich gemieden. Außer der Tatsache, dass wir aus demselben Land kamen, hatten wir wenig gemeinsam. Irgendwann konnten wir es nicht mehr hören. ‘Die andere deutsche Band‘ war ein richtig dämliches Klischee.“ Trotzdem werden Accept das Thema nach 1980 für mindestens zehn Jahre nicht mehr los. Aber einen Rettungsanker werfen sie für immer über Bord: I’m A Rebel bleibt die einzige Coverversion ihrer Karriere.
Zeitsprung: Am 2.10.1982 geben sich Accept „Restless And Wild“.
Popkultur
Review: Auf „But Here We Are“ von den Foo Fighters tanzt der Tod immer mit
Der Tod ist fest mit dem Wesen der Foo Fighters verbunden. Deswegen kommt auch das große Trauerwerk But Here We Are nicht ohne eine ordentliche Dosis Memento Mori aus. Am Ende siegt auf dieser großen amerikanischen Rock-Platte aber das Leben. Wie immer bei Dave Grohl.
von Björn Springorum
Ohne den Suizid von Kurt Cobain gäbe es die Foo Fighters gar nicht. Hätte Dave Grohl kein Ventil für seine Trauer gebraucht, für die Implosion von Nirvana, seines Lebens und seiner bisherigen Karriere. Von der puren Rock’n’Roll-Katharsis des Debüts Foo Fighters, geschrieben und eingespielt von Grohl allein, bis zum zehnten Album Medicine At Midnight, von 1995 bis 2021, schien es nichts zu geben, was diese Band aufhält.
Die letzte große Rockband der USA
Die Foo Fighters waren eher eine Bruderschaft als eine Rock-Truppe, ein verschworener Haufen enger Freunde, die das Schicksal zusammengeführt hat und die entgegen aller persönlichen Erwartungen aus nichts Gold gemacht haben. Superstars, immer auf dem Teppich geblieben, immer gut gelaunt, immer gewillt, eine Kavalkade von drei Stunden ungefilterter Rock-Power hinzulegen. Spätestens seit dem Ende von Tom Petty und den Heartbreakers waren sie die letzte große Rock-Band der Vereinigten Staaten, der Dinosaurier aus Stadionzeiten, der länger dabei war als das Internet.
Dann kam der 25. März 2022. Und Dave Grohls Welt wurde einmal mehr schwarz. 28 Jahre nach dem Selbstmord von Kurt Cobain stirbt Taylor Hawkins an einer Medikamentenüberdosis (https://www.udiscover-music.de/popkultur/die-unvergesslichsten-momente-von-taylor-hawkins). Wieder verliert Dave Grohl einen seiner besten Freunde. Und wieder lässt er sich von der Musik retten. Dass But Here We Are gerade mal ein gutes Jahr nach Hawkins’ Tod (und dem Tod von Grohls Mutter Virginia) erscheint, ist kein Zufall. Dass es dieselbe viszerale, intime, fiebrige Energie hat wie das 1995er Debüt, auch nicht.
Grohl spielt die Drums als Tribut ein
Geschichte wiederholt sich. Bei den Foo Fighters sieht man das auf besonders gruselige Weise. Damals ein junger Dave Grohl, fast noch grün hinter den Ohren und immer noch überrumpelt vom unfassbaren, vom destruktiven Erfolg Nirvanas, heute ein gestandener Rockstar, erfahren, versiert. Im Grunde aber eben immer noch derselbe Typ, der um einen engen Freund trauert. Wie 1995, spielt Grohl wieder die Drums ein, ein Akt des Abschieds, der Heilung, ein Tribut an Hawkins, einen ganz großen hinter dem Kit.
Produziert von Greg Kurstin und der Band selbst, ist But Here We Are ein Album, das die Dualität von Leben und Tod schmerzhaft genau auf den Punkt bringt. Der Tod tanzt mit, immer und überall. Es ist für die Foos eben nur kein Grund, ihn über das Leben triumphieren zu lassen. Deswegen klingt ihre erste so schroff, hart und verzerrt wie zuletzt ihre Werke in den Neunzigern; doch zugleich liegt in den Arrangements, in den Melodien und auch in Grohls Gesang ein Silberstreif, ein ahnungsvolles Raunen, das sagen wird: Vielleicht ist morgen auch noch ein Tag. Nutzen wir ihn. Wut gibt es eine Menge auf dem Album, Frustration und Bockigkeit auch. Aber eben auch Akzeptanz, Ruhe und Stärke. But Here We Are ist wie eine Tour de force durch die verschiedenen Trauerphasen – mit ihrer besten Ensembleleistung seit Wasting Light.
Klares Highlight ist The Teacher
Die Vorabsingles Rescued, Another You und Show Me How (gesungen mit Grohls Tochter Violet) machten vorab klar, dass die Foo Fighters weiterhin der großen amerikanischen Stadion-Rock-Tradition folgen; insbesondere Stücke wie The Teacher, ein zehnminütiges, formwandelndes, chimärisches, mal düsteres, mal psychedelisches und mal hoffnungsvolles Stück Rock-Musikgeschichte, stehen aber für Momente, die es vor 2022 so wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Der Titelsong zum Beispiel berstet vor Intensität und bringt Grohl gesanglich an seine Grenzen, während Hearing Voices von monochromen The-Cure-Gitarren und feiner Melancholie durchzogen ist.
Das Album, das sie nie machen wollten
Das Trauma, die Wunden, die Desorientierung und die pure Fassungslosigkeit sind Dauergast auf But Here We Are. Grohl und die Foo Fighters verwandeln sie aber als Waffen, als Mittel zum Zweck, um sich selbst aus dem Tal der Tränen zu ziehen. Sie kommen nah dran an eine neue Bestmarke – ausgerechnet mit einem Album, das sie nie machen wollten. Das ist schmerzlich, aber eben irgendwie auch heilsam. Und am Ende typisch Foo Fighters. Das sagt auch schon der Albumtitel. But Here We Are, und doch sind wir hier. Es ergibt keinen Sinn, wer lebt und wer nicht, wer überlebt. Doch alle die, die noch hier sind, müssen weitermachen. Und wenn auch nur für die, die nicht mehr hier sind. Dazu passt Rest, ein dräuendes Akustikstück wie zu besten Nirvana-Zeiten, mit einem Dave Grohl von seiner verletzlichsten Seite. Spätestens da bleibt kein Auge trocken. Und wenn doch, dann sollte sich diese Person ernsthafte Gedanken machen.
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Die Alben der Foo Fighters im Ranking: Alle 10 Platten der Alternative-Rocker
Popkultur
Gefeiert von der LGBTQ-Community: Diese 15 Musik-Ikonen haben ihren Fans geholfen, ihre Stimme zu finden
Mal waren es unmissverständliche Messages in den Songtexten, mal war es schlicht die Energie, der Vibe oder die Lebensfreude, die ihren Popentwurf so unwiderstehlich machten: Diese 15 Künstler*innen werden seit vielen Jahren von der LGBTQ-Community als Ikonen gefeiert, weil sie ihrer Zeit meilenweit voraus waren – und sie die Welt mit ihrer Musik nachhaltig verändern konnten.
In allen Lebensbereichen gibt es Pionier*innen, Wegbereiter*innen und Vorreiter*innen – sie sind so vielfältig, bunt und divers wie die Communitys, die sie feiern. Extrem facettenreich und farbenfroh ist dabei gerade die Palette jener Künstler*innen, die bereits seit Jahren von der LGBTQ-Community zelebriert werden: Da findet man nicht nur Popgenies, deren Sound wie pure Lebensfreude klingt, sondern auch Künstler*innen, deren rastlose Energie dermaßen ansteckend ist, dass dieser Funke früher oder später zwangsläufig überspringen und zum Wandel beitragen musste. Feiern muss man sie alle – und zwar nicht nur im Pride Month.
Ein kleiner Einblick in eine große, bunte Welt
Obwohl wir versucht haben, möglichst viele dieser Ikonen zu feiern, stößt natürlich auch die folgende Liste an ihre Grenzen und kann immer nur ein subjektiver Blick auf die breite, bunte, bewundernswerte Welt der LGBTQ-Artists sein. Andererseits sind natürlich auch hier ein paar offensichtliche Namen dabei, bei denen es keine Diskussionen geben kann – so groß und tiefgreifend ist ihr Beitrag als klangliche Speerspitze der LGBTQ-Bewegung. Als Madonna ihre Reichweite als größte Pop-Ikone des Planeten nutzte, um auch jene sonst im Schatten versteckten Aspekte der Sexualität zu erkunden, war das ähnlich mutig wie der Entschluss jenes jungen Rockmusikers, der Anfang der Siebziger erstmals als offen „schwuler Rockmusiker“ ins Rampenlicht trat, wo doch die Schwulenbewegung in jenen Tagen gerade erst langsam losging. Auch wenn die Gründe, diesen Schritt zu bereuen, in Jobriaths Fall noch offensichtlicher wirken, darf man auch nicht vergessen, wie hart Madonna für ihre Provokationen angegangen wurde und wie viel sie später dafür einstecken musste.
Der Mut, zu den eigenen Überzeugungen zu stehen, ist das entscheidende Merkmal dieser Pionier*innen – und alle Musiker*innen auf der folgenden Liste haben genau das auf die eine oder andere Art getan. Wir leben in einer Zeit, in der viele dieser Schlachten inzwischen gewonnen sind, doch der Kampf um mehr Akzeptanz wird in vielen Teilen der Welt nach wie vor geführt. Wenn es eine dazugehörigen Lektion gibt, die sich wie ein unsichtbarer Faden durch diese Liste zieht, dann ist es wohl die Einsicht, dass Veränderung durchaus möglich ist – wenn man seine Message so verpackt, dass eine Verbindung zu den Menschen entsteht: Große Songs, großartiger Style, grandiose Musik, ja selbst ein bloßer großer Spaß können manchmal kraftvoller sein als ein politischer Slogan. Hier sind 15 Pionier*innen, die LGBTQ-Fans dabei geholfen haben, ihre Stimme zu finden.
1. Freddie Mercury
Der vielleicht größte Showman der Rockgeschichte konnte ein Publikum in seinen Bann ziehen wie niemand sonst – weshalb der legendäre Queen-Auftritt bei Live Aid im Jahr 1985 längst zu den ikonischsten Momenten des Rock zählt. Und natürlich war auch seine sexuelle Orientierung ein entscheidender Faktor für die Musik und das ganze Image von Queen – wobei diese Band wirklich jede Art von Grenze transzendierte, niemanden dabei entfremdete und mit jedem erdenklichen Genre flirtete, angefangen bei den Disco-Anflügen von Another One Bites The Dust bis hin zum opernhaften Pomp von Innuendo.
2. Lady Gaga
Lady Gaga, die ihre Fans liebevoll als „Little Monsters“ bezeichnet, womit sie sich auf einen thematischen Faden ihres zweiten Albums bezieht, ist es über die Jahre gelungen, eine fast schon spirituelle Beziehung zu ihren Anhänger*innen aufzubauen. Viele der Probleme, mit denen sie selbst konfrontiert wurde, hat sie absolut offen in der Musik und auf der Bühne adressiert – und ihre Glaubwürdigkeit als Dancepop-Queen dazu genutzt, um gerade ihre zunehmend theatralischen Performances so zu gestalten, dass dabei starke Botschaften im Mittelpunkt stehen. Wer schon mal eine dieser Shows erlebt hat, weiß, dass bei Lady Gaga alles im Zeichen von Liebe und Akzeptanz steht.
3. Elton John
In den Siebzigern schien zwar jeder Mensch eine Platte von Elton John zu besitzen, aber er selbst war damals einfach zu beschäftigt mit seiner Arbeit, um diese Position anderweitig zu nutzen: zum Beispiel als Plattform, um die Situation schwuler Männer zu thematisieren. Schlagartig ändern sollte sich das erst, als Elton John seinen enormen Einfluss nutzte, um Millionen für seine eigene AIDS-Wohltätigkeitsorganisation zu sammeln. Während die Charity-Organisation nach wie vor wichtige Arbeit leistet, war Elton bei einer anderen Sache ganz früh mit dabei: 2005 nutzte er gleich den ersten Tag, an dem eingetragene Lebenspartnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare in Großbritannien möglich wurden, um seinem langjährigen Partner David Furnish vor großem Publikum ein kurzes und dabei wahnsinnig wichtiges Wort zu sagen.
4. ABBA
Die Eurovision-Abräumer aus Schweden avancierten in den Siebzigern und frühen Achtzigern endgültig zur größten Popband der Geschichte: Ihre ikonischen Hymnen begleiten uns seither in jeder Lebenslage und in jeder Ecke der Welt – mal im Film (Mamma Mia!), mal auf der Bühne (dito), vor allem aber auf jeder Hochzeit und jedem anderen großen Fest. Als dann vor ein paar Jahren bekannt wurde, dass es sogar brandneue Songs von ABBA geben würde, stand die Welt endgültig Kopf, denn mit dieser Voyage nach so langer Pause hatte wirklich niemand gerechnet …
5. David Bowie
Der erste große Verwandlungskünstler der Popgeschichte kokettierte in Zeiten des flächendeckenden Konservatismus mit provokanten Bildern und Worten, mit Sounds und Styles: Seine homoerotisch aufgeladene Performance von Starman bei Top Of The Pops im Jahr 1972 (zusammen mit Mick Ronson) sorgte bei den Jüngeren für einen grandios beschleunigten Puls, während die Elterngeneration eher Probleme damit hatte, den Blutdruck unter Kontrolle zu bekommen. Vor allem aber wurde Bowie damit zum ultimativen Superstar im Vereinigten Königreich – um wenig später dann ja auch den Rest der Welt zu erobern.
6. Madonna
Obwohl sie immer wieder dafür kritisiert wurde, sich zu sehr beim zeitgenössischen Popgeschehen zu bedienen, um diese gefundenen Früchte dann ganz provokativ auf ihre Art neu zu servieren, kann wohl niemand abstreiten, welch einzigartige Macht Madonna seit Jahrzehnten über den kulturellen Zeitgeist hat. Auf dem Höhepunkt der AIDS-Krise nutzte sie diese größtmögliche Bühne, um die damals umstrittenen Botschaften von Akzeptanz und Empowerment im Rahmen von umwerfenden Stadionshows und mit etlichen nicht weniger umwerfenden Pop-Hymnen zu verbreiten.
7. Judy Garland
Die gequälte Seele dieser Ikone sagt alles über die Paranoia und überhaupt über jene Zeit, als Homosexualität zum Teil noch illegal war – von gesellschaftlicher Akzeptanz ganz zu schweigen. Ihr Doppelalbum Judy At Carnegie Hall aus dem Jahr 1961, das später auch noch einmal komplett von Rufus Wainwright live aufgeführt wurde, bescherte ihr einen Grammy und markierte den absoluten Höhepunkt einer Ausnahmekarriere, die 1969 viel zu früh mit ihrem Tod enden sollte. Ein Ereignis, von dem man sagt, es habe auch dazu beigetragen, die Stonewall-Unruhen in New York City auszulösen. Dass die Ausschreitungen in der Christopher Street nur der Anfang einer sehr viel größeren Bewegung waren, muss man heute zum Glück niemandem mehr erklären.
8. Dusty Springfield
Sie war eine von Selbstzweifeln und Ängsten geplagte Perfektionistin – und die größte Angst von Dusty Springfield bestand darin, dass ihre wahre sexuelle Orientierung ans Licht kommen könnte: Obwohl ihre Sixties-Hits wie You Don’t Have To Say You Love Me gar nicht von ihr selbst geschrieben wurden, schaffte sie es im Studio immer wieder, dass man ihr jedes Wort glaubt. Eine längere Phase der Zurückgezogenheit beendete sie dann im Jahr 1987, als sie gemeinsam mit den Pet Shop Boys den Song What Have I Done To Deserve This? präsentierte, auf den sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1999 noch zwei weitere Studioalben folgen ließ.
9. Kylie Minogue
Auch wenn es in der Anfangszeit nur wenige gab, die eine lange Karriere der Australierin für möglich hielten, hat Kylie seither der ganzen Welt gezeigt, wie globaler Erfolg über Jahrzehnte aussieht – und wie man zum größten Star aus Down Under wird. Dabei waren schon die frühesten Hits, produziert von der Hitschmiede Stock Aitken Waterman, besonders angesagt in der LGBTQ-Community. Für das relativ junge Golden-Album, das in Großbritannien direkt auf die Nummer 1 und in Deutschland in die Top-3 ging, verknüpfte sie ihren typischen Mix aus Pop und Dance sogar mit Sounds aus der Country-Metropole Nashville.
10. Cher
Vielleicht waren es die grandiosen Outfits von Bob Mackie, vielleicht auch nicht, aber gerade schwule Männer entwickelten schon sehr früh ein gewisses Faible für die unsterbliche Cher, die selbst eine schwierige Ehe (und zugleich eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung) mit Sonny hinter sich lassen konnte, um danach eine der größten Solokarrieren zu launchen. Nachdem sie sich jahrelang auf Filmrollen und Soft Rock konzentriert hatte, lieferte sie ihrer treuen Fanbase im Jahr 1998 die ultimative Schwulenhymne, als Believe zum größten Hit ihrer Karriere avancierte.
11. Morrissey
Niemand sonst kann so sexy und geschlechtslos zugleich flirten: Die neckische Art von Morrissey jedenfalls verführt und verärgert das Publikum schon seit Jahrzehnten, denn der Ex-Frontmann von The Smiths wusste von Anfang an, wie man eine Indie-Crowd anmacht, die mit den Disco- und Popsounds der Achtziger nichts am Hut haben wollte. Berühmt ist inzwischen auch die zeitgleich zur Veröffentlichung seiner Autobiografie gemachte Erklärung, er sei „humasexuell“ (und nicht homosexuell), obwohl zugleich bekannt wurde, dass seine erste richtige Beziehung die Partnerschaft mit dem Fotografen Jake Owen Walters war. Es bleibt also weiterhin spannend.
12. Pet Shop Boys
Seit dem Jahr 1985 hat das legendäre britische Synthie-Duo sehr viel übers Schwulsein im Hier und Jetzt gesagt – ohne jemals viele Worte darüber zu verlieren. Visuell und musikalisch unverwechselbar, sind Neil Tennant und Chris Lowe auch für ihre grandiosen Bühnenshows und ihre Soundtracks immer wieder gefeiert worden. Vor allem aber steht ihr Name einfach mal für ein paar der größten Popsongs der letzten vierzig Jahre.
13. Jobriath
Komplett misslungenes Marketing war daran schuld, dass Jobriaths gleichnamiges Debütalbum aus dem Jahr 1973 ziemlich nach hinten losging, woraufhin der erste offen schwule Rocksänger der Geschichte den Blick auf die Glam-Szene richtete, was im Mainstream aber auch niemanden hellhörig werden ließ. Auch wenn er inzwischen als wichtiger Wegbereiter gefeiert wird, floppte damals auch das zweite Album, weshalb Jobriath 1975 seinen Rückzug bekanntgab. Anfang der Neunziger versuchte schließlich Morrissey, selbst langjähriger Fan des US-Amerikaners, ihn für eine Tour als Support-Act zu gewinnen – nur um zu erfahren, dass die frühe Ikone der LGBTQ-Bewegung schon knapp ein Jahrzehnt zuvor an den Folgen einer AIDS-Erkrankung verstorben war.
14. Sylvester
Dieser extravagante Star der Disco-Ära musste auf seinem Weg viel Mut beweisen, denn die Welt war damals längst nicht so inklusiv wie heute. Sein größter Hit You Make Me Feel (Mighty Real) wird für immer und ewig auf den Playlisten vertreten sein, denn er bringt wie kein anderer Song den Spirit der Disco-Szene von San Francisco in jenen sorglosen Tagen auf den Punkt, als die AIDS-Welle noch nicht zum Problem geworden war. Diese Welle nämlich sollte 1988 auch das Leben des Sängers mit der ikonischen Falsettstimme auslöschen.
15. kd lang
Die kanadische Country-Singer-Songwriter*in kd lang hat es geschafft, eine gute Balance zwischen Musikkarriere und Aktivismus zu finden. Richtig los ging’s mit ihrer Karriere, nachdem sie mit Roy Orbison an einer Grammy-gekrönten Coverversion von Crying gearbeitet hatte. Ihr größter Hit Constant Craving, veröffentlicht auf dem Album Ingénue von 1992, ging dann etwa zeitgleich mit der Nachricht von ihrem Coming-out um die Welt. Seither eine der größten LGBTQ-Musiker*innen aus Kanada, stand kd lang auch für diverse Film- und TV-Rollen vor der Kamera.
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