------------

Popkultur

Review: Mit „Invincible Shield“ feiern Judas Priest ihren fünften Frühling

Published on

Judas Priest
Foto: Kevin Mazur/Getty Images for Power Trip

Alle, die mal wieder eine Definition von Heavy Metal nötig haben, müssen sich nur Invincible Shield von Judas Priest anhören. Mehr Leder, Ketten und Nieten ist schlichtweg unmöglich.

von Björn Springorum

Es fängt ja schon bei der Farbgebung des Covers an: Rot, blau, gelb, schwarz – die komplette Painkiller-Palette wurde auch für Invincible Shield verwendet. Und im Grunde reicht das schon, um die Neunzehnte von Judas Priest zu verstehen. Hier ist eine Band am Werk, die zu gleichen Teilen als Nachlassverwalter und ungebrochene Naturgewalt agiert. Die 14 Songs tragen ein halbes Jahrhundert Metalgeschichte in sich, atmen alle Schaffensperioden der Band und lassen nichts anbrennen. Metal as fuck.

Die Erfinder des Rades

Natürlich erfinden Halford und seine derzeitige Inkarnation von Priest das Rad nicht neu. Müssen sie aber auch gar nicht, sie haben es ja schließlich damals als eine der ersten Bands konstruiert. Es ist ihr Patent, verdammt, da ist es vollkommen okay, wenn sie es hegen und pflegen, ölen und morsche Speichen auswechseln. Judas Priest baden deswegen noch lange nicht in Nostalgie, sie tun einfach das, was sie am besten können. Und das führt zu einer beängstigend explosiven, frischen, hungrigen Metal-Platte, wie die nicht mal Typen hinbekommen, die halb so alt sind wie diese überwiegend älteren Herrschaften.

Krönend über allem thront auch auf Invincible Shield Rob Halfords Rasiermesserorgan. Es ist nicht weniger als schwarze Magie, echte Teufelei, dass dieser Kerl mit 72 Jahren noch so eine Stimme hat. Und das hat rein gar nichts mit Studio-Trickserei zu tun: 2021 brachte Halfords mächtige Stimmbandquälerei beim Bloodstock Open Air Autoalarmanlagen auf einem weit entfernten Zeltplatz zum Heulen. Man sollte daher besser keine teuren Kristallgläser in der Nähe dieses Albums stehen haben.

Neues vom Fetisch-Nikolaus

Denn eins steht eben auch fest: Invincible Shield ist so eine Platte, die man einfach nicht leise hören kann. Länger als bis zum ersten Refrain von Panic Attack (mit schöner Breaking The Law-Referenz) hält man es nicht aus, bevor man auf elf dreht. Glenn Tipton und Richie Faulkner hauen sich unglaubliche Soli und furiose Riffs um die Ohren, die Drums ballern und Halford, der Fetisch-Nikolaus der Heavy-Metal-Welt, hält mit der tollwütigen Stimme eines 20-Jährigen alles zusammen. Screaming for vengeance bekommt da noch mal eine ganz andere Bedeutung.

Sechs Jahre nach dem starken Firepower ist das hier also das nächste angebliche Alterswerk einer der letzten großen Gralshüter des Heavy Metal. Invincible Shield ist aber eben viel mehr als ein letztes Aufbäumen, als ein mühseliger Beweis, dass die alten Knochen noch was können. Sondern eine abermalige Konsolidierung ihres unveränderten Status als absolute Referenzklasse in Sachen Heavy Metal. Ernsthaft, das bekommt im Grunde keine andere derart lang aktive Band so hin.

Sogar bluesig wird’s

Besonders schön an der neunzehnten Platte ist auch, dass Priest irgendwie glaubhaft das Gefühl vermitteln, dass sie das hier nicht nur machen, um die Fans glücklich zu machen und Kohle zu verdienen. Diese Band hat noch Bock, diese Band ist noch heiß. Und das muss man nach über 50 Jahren auch erst mal schaffen. Vielleicht ist Richie Faulkners Versprechen, die Platte wäre progressiver als zuletzt, nicht unbedingt wahr geworden. Abwechslungsreich ist Invincible Shield aber allemal – und hält alles von der Halbballade über den kernigen Hard-Rock-Stampfer bis zum gnadenlosen Speed-Metal-Gebretter alles bereithält, was die Lederjacke hergibt.

Highlights gibt es deswegen viele. Das mächtige Crown Of Horns, der irrwitzige Wirbelwild eines Titeltracks, das boshaft-hymnische Trial By Fire, das stürmische The Serpent And The King oder Panic Attack, der beste Opener, den Priest seit Painkiller hatten. Und dann ist da eben auch noch ein Song wie Giants In The Sky, der die frühen Blues-Wurzeln der Band in die Gegenwart holt. Was Priest auch anfassen auf Invincible Shield. Sie greifen nicht daneben.

Im Grunde kann man sich deswegen auch all diese Worte sparen (sorry an alle, die bis hierher durchgehalten haben) und es einfach machen: Wenn du Heavy Metal liebst, wirst du dieses Album lieben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

30 Jahre „Painkiller“: Ein Comeback aus Stahl

Don't Miss