------------

Popkultur

Review: Nach Kerry Kings „From Hell I Rise“ brauchen wir keine neue Slayer-Platte

Published on

Kerry King
Foto: Andrew Stuart

Eine Welt (fast) ohne Slayer ist immer noch sehr suboptimal. Zum Glück gibt es Kerry King. Der tut auf seinem Solodebüt From Hell I Rise einfach so, als würde es die Band noch geben.

von Björn Springorum

Er will doch nur spielen: Glaubt man Kerry King, dann hätte er mit Slayer noch eine ganze Weile weitergemacht. Und auch wenn es Slayer jetzt irgendwie doch wieder zu geben scheint (zumindest für einige Festivals), stehen die Chancen für ein weiteres Studioalbum der Thrash-Overlords doch eher schlecht. Macht seit heute aber deutlich weniger: Kerry Kings Solodebüt From Hell I Rise ist nämlich die aggressivste Slayer-Platte seit God Hates Us All. Quasi.

Kerry King hat Bock, ist wütend und muss Dampf ablassen. Von diesen drei Grundpfeilern wird From Hell I Rise getragen, ein Album, das schon mit seinem versengenden Opener Diablo klarmacht, dass sich King keineswegs auf seinen Slayer-Lorbeeren ausruhen will. Im Gegenteil: Seine Solokarriere soll ja auch verdeutlichen, dass es für ihn nach Slayer weitergeht. Mit derselben Intensität. Mindestens.

Ruhepausen sind für Weicheier

Uns ist das sehr willkommen: Das hier ist kein Alterswerk, hier tobt ein verdammter Krieg! From Hell I Rise ist locker das räudigste und extremste, das man in den letzten gut 20 Jahren von Kerry King (und somit auch von Slayer) gehört hat. Furor pur. Logischerweise geprägt von den letzten Slayer-Taten, fackeln King, Drummer Paul Bostaph und Sänger Mark Osegueda (Death Angel) alles ab, nehmen keinen einzigen Gefangenen und entfesseln eine Blasen schlagende, schäumende, nach Pech und Schwefel stinkende Thrash-Offenbarung. Kurz gesagt: 50 Minuten Dauerfeuer – und Ruhepausen sind ja eh nur was für Weicheier.

Es gibt deswegen natürlich auch das Thrash-Geprügel und die mörderischen Grooves, die man von Slayer kennt, schon klar. Nicht zuletzt bringt aber auch Osegueda eine eigene Note rein, die From Hell I Rise genug von Repentless abhebt, um das mit einem diabolischen Grinsen als sehr gelungenen Auftakt einer neuen Thrash-Ära zu begreifen. Und die Songs, die hat er dafür: Residue stampft mit einem unfassbar präzisen Riff und ballernden Drums alles platt, Trophies Of The Tyrant schnuppert Achtziger-Aggression, Crucification schlägt in Höchstgeschwindigkeit südlich des Himmels ein, Everything I Hate About You liefert eine gnadenlose Salve ab, die nur 81 Sekunden braucht, um zum Punkt zu kommen; und der abschließende Titeltrack ist ein pechschwarzer Triumphzug.

Mark Osegueda brilliert

Natürlich ist King der King auf seinem ersten Soloalbum. Seine Gitarrenarbeit dominiert die Songs, erschlägt mit brachialer Härte und extremer Präzision. Der eigentliche Sieger dieses Albums ist aber Mark Osegueda, der die vielleicht beste Gesangsleistung seiner Karriere abliefert und sich wie besessen um Sinn und Verstand röhrt. Schön, dass man mit 55 (Osegueda) und 59 (King) noch mal derart verjüngt von vorn anfangen kann.

Wenn man From Hell I Rise so hört, kann man sich also durchaus berechtigt fragen, was King von dieser ganzen seltsamen Slayer-Reunion hält. Er hat zumindest erst kürzlich versichert, dass es weder eine Tour noch eine neue Platte von Slayer geben wird. Aus seiner Sicht ist da auch absolut sinnvoll: From Hell I Rise hat die Pforten in ein ganz neues Todesreich ja gerade erst aufgestoßen. Wir wollen die nächsten Jahre jetzt schon Dante spielen und dieses flammende Inferno in aller Ruhe und mit teuflischer Freude erkunden.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Zeitsprung: Am 16.6.2010 spielen die „Big 4“ des Thrash Metal zum ersten Mal zusammen.

Don't Miss