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Popkultur

Roger Eno, Decomposer: Viel mehr als „nur“ der Bruder von Brian Eno

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Roger Eno
Foto: Cecily Eno

Der Bruder von Ambient-Superstar Brian Eno ist selbst ein begnadeter Komponist – auch, wenn Roger Eno seine Tätigkeit ein wenig anders bezeichnet. Wir werfen einen Blick auf die umfangreiche Karriere des Briten.

von Markus Brandstetter

Roger Eno wurde am 29. April 1959 in Woodbridge in der britischen Grafschaft Suffolk geboren. Wie schon sein um elf Jahre älterer Bruder Brian interessierte sich Roger früh für Musik. Er ist zwölf Jahre alt, als er sich dem Euphonium widmet, einem Blasinstrument, für das er auch Stunden nimmt. Später intensivierte er seine musikalische Suche, schrieb sich am Colchester Institute School of Music ein. An seine Ausbildungszeit erinnert er sich ausgesprochen positiv: „Ich hatte das große Glück, dass die Musikschule, die ich besuchte, mir sehr viel Zeit zum Erforschen ließ. Meinem aufgeklärten Klavierlehrer, einem netten Kerl namens Robert Bell, war es egal, dass ich kein Interesse an Tonleitern und ‚Technik‘ hatte – er brachte mir bei, wie ich dem Instrument seine klangliche Tiefe entlocken konnte, und diesen Aspekt verfolgte ich und verfolge ihn auch weiterhin“, so Eno im Interview mit 15 Questions.

Zu jener Zeit probierte sich Eno in etlichen Bands ganz unterschiedlicher Genres quw, laut eigenen Angaben brachte er sich damals knapp 30 Instrumente selbst bei. Nach dem College machte er in Londons Straßen Musik und arbeite später als Musiktherapeut – genauer gesagt leitete er ein Musiktherapie-Programm für Menschen mit Lernschwäche.

Erstes Album mit Brian Eno und Daniel Lanois

Seine Karriere als Recording Artist begann Roger Eno im Jahr 1983 – und mit was für einem Longplayer! In diesem Jahr veröffentlichte er, gemeinsam mit Brian Eno und Daniel Lanois das Album Apollo: Atmospheres And Soundtracks  – eines der wesentlichen Ambient-Werke, das unter anderem das längst zum Klassiker gewordene Stück An Ending (Ascent) enthält. „Es war eine großartige Situation, denn es gab keine… ich wollte ‚Regeln‘ sagen, aber das wäre nicht richtig. Es gab keine Führungsstruktur, so dass niemand Hemmungen hatte, zu sagen: ‚Ich hab’s. Lasst uns das ausprobieren.‘ Wir haben es einfach ausprobiert. Wenn es eine Chance gab, dass es gut sein könnte, dann wurde es weiterverfolgt. Außerdem, und das gilt immer noch für Brian, Danny und mich: Es gibt keine Egos, mit denen man umgehen muss. Es war sehr, sehr einfach, so zu arbeiten.“ Zwei Jahre später veröffentlichte Eno sein erstes Solo-Album Voices. „Ich wusste schon bei diesen Platten, dass ich genug von der vernünftigen Arbeitswelt hatte und nicht mehr zurückkehren würde. Aber es ist ja auch keine vernünftige Welt, in einer psychiatrischen Klinik zu arbeiten, oder?“, meinte Eno später einmal.

Roger Eno, Decomposer

Enos Zugang: Reduktion, Konzentration auf das Wesentliche. Er bezeichnet sich als „Decomposer“, erklärt seinen Zugang so: „Ich versuche, jede Künstlichkeit zu entfernen. Ich bin nicht daran interessiert, dass die Musik ‚etwas erreicht‘. Ich spezialisiere mich darauf, einen großartigen Klang aus einem Klavier herauszuholen, anstatt ein Feuerwerk zu zünden. Eine eher späte Analyse meiner Arbeit ist, langsam und leise zu spielen.“

Erfolgreiche Musikerkarriere

Eno hat bis heute über zwölf Soloalben herausgebracht und mit namhaften Musikern wie Peter Hammill und The Orb zusammengearbeitet. Besonders hervorzuheben ist seine Rolle in der Ambient-Supergroup Channel Light Vessel, die sich aus Laraaji, Kate St. John, Bill Nelson und der japanischen Cellistin Mayumi Tachibana zusammensetzte. Außerdem arbeitete er mit Lou Reed, Jarvis Cocker und Beck zusammen und war drei Jahre lang als musikalischer Leiter für Tim Robbins und seine Band The Rogues Gallery.

Am 13. Oktober 2023 veröffentlichte Roger Eno sein neues Album the skies, they shift like chords – sein zweites für die Deutsche Grammophon. Darauf zu hören sind Solo-Pianostücke, aber auch multiinstrumentale Stücke mit Elektronik. Eines der Highlights der Platte: das Stück Strangely, I Dreamt, das er gemeinsam mit seiner Tochter Cecily Eno schrieb und aufnahm.

„Die meisten meiner Stücke sind Schnappschüsse von Dingen, die ich in dem Moment erlebt habe“, erklärt Roger Eno zu sinem neuen Werk. „Wie kann man die Welt beschreiben, es sei denn, sie ist in einem Augenblick? Man kann nichts fixieren, denn alles ist im Fluss, verändert sich und ist veränderlich.“ Eines steht fest: Es lohnt sich, in den musikalischen Fluss Enos einzutauchen – nicht nur für Fans seines Bruders, sondern für auch für Ambient-Fans.

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