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Popkultur

Zeitsprung: Am 28.7.1975 erscheint das sechste Black-Sabbath-Album „Sabotage“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.7.1975.

von Frank Thießies und Christof Leim

Am 28. Juli 1975 veröffentlichen Black Sabbath ihre sechste Platte Sabotage und thematisieren schon im Titel die massiven Streitereien mit ihrem ehemaligen Manager Patrick Meehan. Trotzdem gelingt der Birminghamer Band selbst mit dem Messer im Rücken ein (letzter) Metal-Meilenstein der Originalbesetzung.

Hier könnt ihr euch Sabotage anhören:

Man könnte durchaus feststellen, dass Black Sabbath mit dem vielschichtigen und verspielten Vorgänger Sabbath Bloody Sabbath (1973) bereits ihr Opus Magnum für die Siebziger abgeliefert haben. Einfach lief die Entstehung der Platte nicht, doch während der Aufnahmen zum anschließenden Sabotage weht ein noch rauerer Wind. Geprellt und gebeutelt von ihrem einstigen Manager Patrick Meehan herrscht beim Studioaufenthalt eine bittere, vom Verrat geprägte Stimmung. Die Band sieht sich förmlich in die Ecke gedrängt. 

Kick Out The Jams

Ihr Unmut über die rechtlichen Querelen geht sogar soweit, dass die vier Musiker sich von der Auseinandersetzung mit Meehan nicht nur zum Albumtitel inspirieren lassen, sondern die Thematik auf dem letzten Stück des Albums, The Writ (auf Deutsch: die Gerichtsvorladung) gleich noch expliziter und unverblümter aufgreifen.

Black Sabbath 1975 in London – Foto Roger Morton/Cleopatra Records/Getty Images

Zumindest schweißen jene externen Attacken die Band Black Sabbath als Gruppeneinheit wieder stärker zusammen, parallel wird die Musik zum Ventil. Schon das Eröffnungsstück Hole In The Sky (bezeichnenderweise von 2000 bis 2011 auch der Name eines norwegischen Extrem-Metal-Festivals) bietet ein beinhartes Riff-Brett, welches mit seinem fast schon visionären schwarzmalerischen Text über Löcher im Himmel und den Niedergang der westlichen Welt auch textlich keinen Schmusekurs fährt. Dass gegen Ende des Songs das Riff noch extrem ausführlich ausgeritten wird und die Nummer dann abrupt ihr Ende findet, kann man als symptomatisch für die Sabotage-Session sehen. „Wir machten immer weiter, und manchmal war dann das Ende eines Songs länger als der Song selber“, beschreibt Gitarrist Tony Iommi den ausgeprägten Jam-Charakter gewisser Stücke. „Manche der Tracks waren vermutlich zweimal so lang wie man sie auf dem fertigen Album hört, weshalb wir sie dann ausblenden lassen mussten.“

Wechselbad der Gefühle

Führt das anschließende Don’t Start (Too Late) die liebgewonnene Tradition instrumentaler Iommi-Interludien fort, setzt es mit Symptom Of The Universe schon die nächste veritable Klatsche. Von manchen Fans (wohl auch, weil die brasilianischen Groove-Metaller Sepultura das Stück 1994 neu auflegen) als Blaupause für den zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erfundenen Thrash-Metal identifiziert, findet die Klassifizierung des dynamisch ausgeklügelten Tracks als Proto-Progressive-Metal auch Tony Iommis Zustimmung. Vor allem zieht Riffmeister Iommi hier nochmal sehr deutlich und effektiv die Kadenz aus dem Hut, die den Metal erst so schön böse macht: Die verminderte Quinte, den Tritonus, wie schon im genreprägenden Song Black Sabbath. Ohne diese Harmonie (etwa: E und A#) gehen alle zukünftigen Metal-Bands quasi nicht aus dem Haus. Denn da ist der Teufel drin. 

Mit dem knapp zehnminütigen Megalomania gibt sich das Quartett weiter progressiv, während The Thrill Of It All wieder klassischere Blues-Rock-Ursprünge bedient. Das von Iommi zuhause auf dem Mellotron komponierte Instrumental Supertzar gerät schließlich zur experimentellsten Angelegenheit des Albums. Der für die Chorpassagen eigens zur Session geladene London Philharmonic Choir sorgt dann dafür, dass sich Sänger Ozzy Osbourne bei seinem Eintreffen zunächst im falschen Studio wähnt. Konventioneller und auch kommerzieller fällt die Single Am I Going Insane (Radio) mitsamt irrem Gelächter im Finale aus, bevor bereits erwähntes The Writ in über acht mäandernden Minuten streckenweise Bob Ezrins Alice-Cooper-Arbeiten evoziert. Saboteur Meehan gedenkt die Nummer schlussendlich mit Zeilen wie den folgenden: 

What kind of people do you think we are?

Another joker who’s a rock and roll star for you/Just for you 

Are you Satan, are you man?

You’ve changed in life since it began

Kiss und Keyboards

Das – zugegeben – ziemlich bescheidene Albumcover, Ergebnis einer hastig abgehaltenen Session und ohne die ursprünglich angedachte Nachbearbeitung veröffentlicht, zählt sicherlich nicht zu den grafischen Sternstunden der „Sabb Four“ in den Siebzigern und krönt die langwierige, fast ein Jahr andauernden Aufnahmesession von Sabotage dann noch mit einem optischen Querschuss. Trotz allem gefällt Sabotage den Fans: Platz sieben in Großbritannien, Platz 28 in den USA und Rang 44 in Deutschland.

Für den US-Teil der sich anschließenden Tour holen sich die britischen Heavy Metal-Pioniere die Schminkmonster von Kiss ins Vorprogramm und setzen darüber hinaus live erstmalig auf Tastenunterstützung. Für beschriebene Chorpassagen und andere ungewöhnliche Sounds des erweiterten Sabbath-Klangspektrums ist ein gewisser Gerald „Jezz“ Woodroffe verantwortlich, welcher im Anschluss auch zumindest noch auf dem Folgealbum Technical Ecstasy (1976) als zusätzlicher Gastmusiker zu hören sein wird. 

Zeitsprung: Am 25.9.1972 lassen es Black Sabbath für „Vol. 4“ krachen.

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