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Popkultur

The Show Must Go On: Freddie Mercurys Lieblingsfilme

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Das neue Biopic Bohemian Rhapsody mit Rami Malek als Freddie Mercury erzählt die Geschichte von Queens gefeiertem Sänger und Songwriter, der am 24. November 1991 verstarb. Mercury selbst liebte Filme. Seine Leidenschaft begann schon in der Privatschule St. Peter in Indien, wo er Cricket hasste, die wöchentlichen Filmclub-Abende aber kaum abwarten konnte, wo z. B. John Gielgud und Laurence Olivier gezeigt wurden. Die Lieblingsfilme von Freddie Mercury geben einen spannenden Einblick in das Leben einer der theatralischsten Frontfiguren der Rockmusik.

von Martin Chilton

Später, als er ein Superstar war, schlief Mercury selten mehr als vier Stunden, sondern blieb auf und sah sich Filme an. Wenn er mal das Gefühl hatte, zu arrogant gewesen zu sein, pflegte er zu sagen: “Ich klinge schon wie Gloria Swanson”, der Hollywoodstar aus Sunset Boulevard. Einer seiner Lieblingsschauspieler war der verstorbene Burt Reynolds. Wir stellen euch seine Lieblingsfilme vor.



1. Shanghai-Express (1932)

Genau wie der Schriftsteller Ernest Hemingway war auch Freddie Mercury ein Riesenfan von Marlene Dietrich. Insbesondere der Film Shanghai-Express hatte es ihm angetan, in dem sie den unvergesslichen Satz sagt: “Es war mehr als ein Mann nötig, damit ich Shanghai-Lily wurde.” Als der Fotograf Mick Rock Mercury das berühmte George Hurrell-Porträt von Marlene Dietrich zeigte, das dieser während der Dreharbeiten zu dem Film gemacht hatte, kopierten Queen die Pose für das Coverfoto von Queen II (1974), für das Mick Rock verantwortlich war.


2. Skandal in der Oper (orig.: A Night At The Opera) (1935)

Mercury und seine Bandkollegen Brian May, Roger Taylor und John Deacon benannten zwei ihrer Alben nach den durchgeknallten Komödien der Marx Brothers: A Night At The Opera und A Day At The Races. Sie sagten, dass sie bei der Band immer “für gute Laune sorgten”. Als Queen Ende der 1970er Jahre in Amerika waren, trafen sie Groucho Marx, der ihnen geschrieben hatte, um sie zu ihrer Wahl zu beglückwünschen. Als er ihnen einen Song auf der Gitarre vorspielte, war die Band überrascht. Groucho verbrachte Stunden damit, Rachmaninows Prélude In Cis Moll zu üben und beeindruckte die Musiker mit seinem Können.


3. Die Frauen (orig.: The Women) (1939)

Mercury bewunderte den Regisseur George Cukor. Er war ein gefeierter Filmemacher (Die Nacht vor der Hochzeit, Das Haus der Lady Alquist, Ein neuer Stern am Himmel) und ein bekanntes Gesicht in der Schwulenszene im Hollywood der 30er und 40er Jahre. 1979 filmte der britische DJ und Fernsehmoderator Kenny Everett Freddie Mercury in einem Garten in London, wie er Szenen aus Cukors Film Die Kameliendame nachstellte. Mercury erklärte: “Kenny hat lustige Bilder von uns gedreht, als wir herumalberten und Greta Garbo nachahmten.” Aber am liebsten mochte der Queen-Sänger seinen Film Die Frauen von 1939, der die Geschichte eines süßen Mädchens (Norma Shearer) erzählt, die ihren Ehemann an die verführerische Joan Crawford verliert.


4. Manche mögen’s heiß (orig.: Some Like It Hot) (1959)

Auch Schlagzeuger Roger Taylor ging leidenschaftlich gern ins Kino und erinnerte sich, wie ihm Alfred Hitchcocks Psycho als Jugendlichen die Sprache verschlagen hatte. Taylor unterhielt sich mit Mercury oft über Filme (“Alle vier Jahre gingen wir ins Kino, um uns den neuesten Stanley Kubrick-Film anzuschauen”) und sagte, dass Mercurys “absoluter Lieblingsfilm” Billy Wilders Manche mögen’s heiß war, der vom American Film Institute zur besten Komödie aller Zeiten ernannt wurde. Im Film spielen Jack Lemmon und Tony Curtis zwei Musiker, die sich als Frauen verkleiden, um der Mafia zu entwischen, die sie verfolgte. Sie verlieben sich in Sugar Cane, die Sängerin der Band, die von Marilyn Monroe gespielt wird. Peter Freestone war 12 Jahre lang Mercurys Assistent und sagte: “Freddie bewunderte Marilyn als Ikone und war der Meinung, dass sie von den Filmstudios benutzt wurde und diese nicht verstanden, was sie zu bieten hatte. Als die Kostümdesignerin Diana Moseley für eine Queen-Tour ein Marilyn T-Shirt vorschlug, war Freddie sehr happy.”


5. Solange es Menschen gibt (orig.: Imitation Of Life) (1959)

Als Freddie Mercury 1991 schwer krank war, lag er oft zusammengerollt auf seinem Sofa in Montreux und sah sich Lana Turner in Solange es Menschen gibt an. Das Melodram des deutschen Regisseurs Douglas Sirk dreht sich um die angehende Schauspielerin Turner und ihre Freundschaft mit einer verarmten schwarzen Frau, gespielt von Juanita Moore. “Es ist einfach eine übertriebene Freude”, sagte Mercury.


6. Cabaret (1972)

Mercury vergötterte den Film Cabaret mit Liza Minelli als junge Amerikanerin Sally Bowls, die im Berlin der 30er Jahre im berühmten Kit Kat Klub singt. Mercury sagte: “Ich mag alles, was mit Cabaret zu tun hat. Der Film Cabaret war eine meiner ersten Inspirationsquellen. Ich verehre Liza Minnelli. Sie ist einfach nur ‘wow’. Wie sie ihre Songs präsentiert – diese Energie! Und wie die Beleuchtung jede Bewegung der Show aufwertet. Ich nehme an, dass Ähnlichkeiten in der Energie und der Spannung einer Queen-Show erkennbar sind.” Die Bewunderung beruhte auf Gegenseitigkeit. Minnelli sagte später: “Ich trat im Wembley Stadion bei dem Konzert zu Ehren von Freddie Mercury auf. Er war ein Riesenfan von mir, was mich immer noch amüsiert. Er war einer der Größten aller Zeiten.”


7. The Rocky Horror Picture Show (1975)

Mercury sah die Bühnenversion von der Rocky Horror Picture Show im Royal Court Theatre, in Chelsea, London, und ging auch in den Film des Kultklassikers mit Tim Curry, der 1975 in die Kinos kam. Mercury liebte die Choreographie, die fließenden Geschlechtergrenzen und die Atmosphäre von totalem Exzess. Curry und Mercury wurden Freunde und der leidenschaftliche Hobbygärtner Curry erzählte dem Magazin House And Garden später, wie er einen Garten für den Sänger entworfen hatte: “Freddie kam von einer Tour zurück und sagte: ‘Der Garten, Schätzchen, er ist tot.’ Ich fragte: ‘Was? Hast Du ihn gewässert?’ Und er antwortete: ‘Gewässert, Schätzchen?’”


8. Purple Rain (1984)

Mercury sprach oft darüber, wie sehr ihn das musikalische Talent von Prince beeindruckte, und er liebte seinen halbautobiografischen Film Purple Rain. Mercurys früherer persönlicher Assistent Peter Freestone sagte: “Wenn Freddie abends nicht ausging, schaltete er meistens komplett ab und sah einfach fern… Er hatte ein Video von Prince und er zwang die Leute, es sich anzusehen, manchmal mehrmals hintereinander. Diese Videoabende fanden meistens gegen 2 oder 3 Uhr morgens statt, wenn er mit seiner Entourage von einem Streifzug durch die Bars und Nachtclubs der Stadt zurückkam. Sofort wurde das Prince-Video eingelegt und Freddie gab die Fernbedienung nicht mehr aus der Hand. So mussten Freddies Gäste seine Begeisterung für besagten Künstler ertragen – immer und immer wieder.”


9. Flash Gordon (1980)

Auf dem Queen-Soundtrack zum Film Flash Gordon findet sich eine berühmte, von Brian Blessed ausgerufene Zeile. Roger Taylor erklärte zu der Zeit: “Man hatte uns schon eine ganze Reihe von Filmen vorgeschlagen, aber an Flash Gordon waren Brian May und ich recht interessiert, denn er hatte diese Sci-Fi/ 30s-Assoziationen.” Kurz nachdem Queen den Soundtrack gemacht hatten, wurde Mercury bei einer Zugabe von We Will Rock You auf Darth Vaders Schultern sitzend fotografiert. In dem Song Bicycle Race sang er zwar die Zeile “And I don’t like Star Wars”, aber das war ein Scherz. May sagte später: “Freddie mochte Star Wars sehr.”


10. Highlander (1986)

Als die Frage 1984 zum ersten Mal im Raum stand, hatten Mercury und die Band nicht besonders viel Lust darauf, Teil des Films Highlander zu sein. John Deacon erinnerte sich: “Wir brauchten eine Pause. Aber dann sahen wir einen 20-minütigen Zusammenschnitt und fanden ihn großartig.” Die Hauptrollen in dem Fantasy/Action-Abenteuer wurden von Christopher Lambert und Sean Connery gespielt. Regisseur Russell Mulcahy sagte: “Ich hatte einen Punkt in meiner Karriere erreicht, an dem mir der eine oder andere einen Gefallen schuldete. Queen hatten für Flash Gordon einen fantastischen Soundtrack abgeliefert. Also gaben wir ihnen einen 20-minütigen Zusammenschnitt mit verschiedenen Szenen und sie fanden es toll! Wir dachten, sie schreiben uns einen einzigen Song, aber sie wollten alle Vier einen schreiben. Princes Of The Universe stammt von Freddie Mercury, Brian May schrieb Who Wants To Live Forever und Roger Taylor schrieb It’s A Kind Of Magic.”


Der Bohemian Rhapsody-Soundtrack erscheint am 19. Oktober. Vorbestellungen sind ab sofort hier möglich.


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„Atomic City“: Neuer U2-Song feiert die Post-Punk-Jahre

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U2 HEADER
Foto: Jason Kempin/Getty Images

Und plötzlich ist ein brandneuer Song von U2 gelandet: Auf Atomic City schwelgen die Iren im Sound früherer Jahre und läuten zugleich eine furiose neue Ära ein. Hier bei uns gibt es Song samt Video!

U2 fahren die Motoren langsam hoch. Kürzlich erst gaben sie einen Überraschungsauftritt mitten auf dem Strip in Las Vegas, um ihre furiose Residence im Sphere zu bewerben. Die startet am heutigen Freitag und verspricht ein revolutionäres Konzerterlebnis: 160.000 Lautsprecher und 260 Millionen Videopixel läuten dieses Wochenende eine neue Ära in Sachen Livemusik ein.

Hommage an Las Vegas

Passend dazu erscheint heute die brandneue Single Atomic City. Produziert wurde der Song von Jacknife Lee und Steve Lillywhite und ist als Hommage an Las Vegas zu verstehen – die Stadt wurde in den fünfziger Jahren als Atomic City bezeichnet. Musikalisch ist der Song ein Kniefall vor dem magnetischen Geist des Post-Punk der Siebziger und Bands wie Blondie oder The Clash, die U2 beide stark beeinflussten. Hier gibt es die starke Nummer zu hören:

Aufgenommen wurde die Single in Los Angeles und erscheint passend vor den anstehenden Terminen der Band im Sphere in Las Vegas, wo sie ihr bahnbrechendes Album Achtung Baby aus dem Jahr 1991 zelebrieren. Der Frontmann Bono selbst sagt über die Single: „Es ist ein Liebeslied an unser Publikum: Where you are is where I’ll be.“ Das dazugehörige Musikvideo wurde unter der Regie von Ben Kutchins gedreht und zeigt U2s nächtlichen Überraschungsauftritt des Songs in Downtown Las Vegas letzter Woche. Da hat sich mal jemand mit Schnitt und Post-Production beeilt.

Jetzt können wir nur noch warten und morgen schon die Bilder dieser grandiosen neuen Show mit Ersatzschlagzeuger Bram van den Berg bestaunen. Oder doch vielleicht eher gleich Flüge buchen?

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Popkultur

„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge

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Tom DeLonge HEADER
Foto: Christopher Polk/Getty Images

Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:

… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …

Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan

Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?

DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …

Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?

In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.

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Popkultur

Zeitsprung: Am 29.9.1986 trumpfen Iron Maiden erneut auf mit „Somewhere In Time“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1986.

von Christof Leim

In den Achtzigern stürmen Iron Maiden von einem Triumph zum nächsten. Dabei reiben sie sich fast bis zur Überlastung auf, halten aber konsequent Kurs und Niveau und entdecken neue Sounds. Am 29. September 1986 erscheint Somewhere In Time – und Eddie wird zum Cyborg.

Hier könnt ihr das Album hören:

Die Geschichte von Somewhere In Time beginnt mit völliger Erschöpfung. Kann nach einer Welteroberung schon mal passieren: 1984 hatten die fünf Briten auf der World Slavery Tour elf Monate lang in 28 Ländern auf vier Kontinenten gespielt – und zwar satte 193 Shows vor geschätzten 3,5 Millionen Fans. Der Preis: Bruce Dickinson (Gesang), Steve Harris (Bass), Dave Murray (Gitarre), Adrian Smith (Gitarre) und Nicko McBrain (Schlagzeug) sind fix und fertig. Deshalb fordern die Musiker sechs Monate Pause. Daraus werden zwar nur vier, doch zum allerersten Mal seit Jahren steht die Maiden-Maschine ein Weilchen still. 

Neues Spielzeug

Die Konsequenzen hört man: Harris, Smith und Murray experimentieren mit Gitarrensynthesizern, mit denen sich Keyboardsounds über die Gitarre und den Bass erzeugen lassen. Dickinson indes zweifelt an seiner Motivation und will musikalisch in eine andere Richtung. Er komponiert vor allem akustisches (also stromloses, ruhiges) Material, das von den Kollegen und dem Produzenten aber abgelehnt wird. Der Sänger zeigt sich verletzt, freut sich aber darüber, für eine Weile „nur“  singen zu müssen. Für ihn springt Adrian Smith in die Bresche und liefert im Alleingang mehrere fertige Tracks, die auf einhellige Begeisterung stoßen und Somewhere In Time maßgeblich prägen sollten.

Futuristische Fahrzeuge, klassische Patronengurte: Iron Maiden auf dem Pressefoto für „Somewhere In Time“ – Foto: Aaron Rapoport/Promo

Erst im Januar 1986 geht es zurück ins Studio, genauer: in mehrere Studios. Drums und Bass nehmen Iron Maiden in den Compass Point Studios auf den Bahamas auf, in dem auch AC/DC Back In Black eingespielt hatten. Gitarren und Gesänge bringen die Musiker in den Wisseloord Studios im niederländischen Hilversum auf Band, abgemischt wird schließlich in den Electric Lady Studios in New York. Damit wird Somewhere In Time nicht nur zum teuersten Album der bisherigen Bandkarriere, sondern auch zum technisch ambitioniertesten. Wie für die Beständigkeit in der Maiden-Welt der Achtziger typisch, ändert sich an der sonstigen Formel wenig. Die Produktion übernimmt ein weiteres Mal Stammproduzent Martin Birch.

Fünf Minuten mindestens

Somewhere In Time erscheint am 29. September 1986 und steigt in Großbritannien auf Platz drei ein. In den USA schafft die Band mit Platz elf ihre bis dato beste Platzierung. Auf dem Cover prangt natürlich das unvergleichliche Iron Maiden-Monster Eddie in einem aufwändigen Science-Fiction-Gemälde. Schon im Intro der ersten Nummer, dem vom Film Blade Runner inspirierten Quasi-Titelstück Caught Somewhere In Time aus der Feder von Steve Harris, hören die Fans die besagten Gitarren-Synthesizer. Doch am grundsätzlichen Stil von Iron Maiden hat sich nichts geändert. Es galoppiert der Bass, wie es sich gehört, die Gitarren riffen, und Dickinson lässt seine Sirenenstimme aufheulen. Wo Iron Maiden drauf steht, ist Heavy Metal drin, vermutlich bis ans Ende aller Tage. Allerdings klingt Somewhere In Time insgesamt weniger rau, sondern bei gleichem Energieniveau erwachsener, vielschichtiger und, wenn mal so will, futuristischer.

Von den acht Songs fällt keiner kürzer aus als fünf Minuten aus, das Gros stammt von Steve Harris, drei Beiträge kommen von Adrian Smith. Dazu gehört die erste Single Wasted Years, in der Maiden so eingängig klingen wie es nur geht, ohne ihren eigenen Sound zu verlieren. Der Text erzählt von Heimatlosigkeit und Entfremdung – ein klarer Kommentar zur endlosen World Slavery Tour. Als Wasted Years drei Wochen vor dem Album als Single ausgekoppelt wird, sieht man auf dem Cover das Cockpit einer Zeitmaschine, in deren Armaturenbrett sich der Kopf von Eddie spiegelt. Der Grund: Sein neues Aussehen sollte nicht vor Erscheinen des Albums verraten werden, schließlich hat das Maskottchen mittlerweile Kultstatus erreicht.

Auf der Vorabsingle durfte Eddie sich noch nicht ganz zeigen…

Filme und Bücher als Inspiration

Das folgende Sea Of Madness, ein dramatischer Uptempo-Banger, stammt ebenfalls von Smith, setzt aber keine besonderen Akzente. Für Heaven Can Wait, einen Harris-Song über eine Nahtoderfahrung, rekrutieren Maiden die Gäste einer Kneipe, um die „Oh-Oh“ -Fußballchöre im Mittelteil einsingen zu lassen.

Das ebenso harte wie vertrackte The Loneliness Of The Long Distance Runner basiert nicht nur im Titel auf einer Kurzgeschichte des britischen Autoren Alan Sillitoe. Stranger In A Strange Land hingegen geht direkt ins Ohr und wird deshalb als zweite Single ausgekoppelt. Inspiriert wurde Adrian Smith hierfür durch ein Gespräch mit einem Arktisforscher, der einen gefrorenen Körper im Eis gefunden hatte. Vom gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Robert A. Heinlein hingegen leiht sich Smith lediglich den Titel. 

Egal, wo und wann: Eddie ist immer cool

Die Credits für Deja-Vu teilt sich Harris mit Dave Murray, der im Schnitt für jedes zweite Album einen Song beisteuert. Alexander The Great stammt vom Bassisten alleine und reiht sich mit einer Spielzeit von achteinhalb Minuten in den Reigen der großen Maiden-Epen ein, diesmal mit explizit historischem Bezug.

Ein Cover wie ein Bildband

Ein sicherer Hit ist zweifelsfrei das Artwork der Platte: Hier steht Eddie als Weltraum-Terminator mit Cyborg-Auge und Laserpistolen in einer futuristischen Stadt, die vor Details nur so überquillt. Der Künstler Derek Riggs, der Künstler hinter diesem Werk, erinnert sich an den Arbeitsauftrag: „Wir haben uns eigens in Amsterdam getroffen und drei Tage lang über das Cover gesprochen. Sie wollten eine Kulisse wie in Blade Runner, eine Science-Fiction-Stadt.“ Um das zu erreichen, erschafft Riggs eine Skyline mit Werbeslogans und Firmennamen, die er größtenteils erfindet, um Copyright-Probleme zu vermeiden. Dabei dreht er richtig auf und auch ein wenig durch. 

Immense Detailfülle und jede Menge versteckte Späßchen: Das Artwork aus der Feder von Derek Riggs

Wer genau hinguckt, kann unter anderem erkennen: den Sensenmann und die Katze mit Heiligenschein von Live After Death, den abstürzenden Himmelsstürmer aus Flight Of Icarus, ein Flugzeug über der „Aces High Bar“ , das „Ancient Mariner Seafood Restaurant“, ein Straßenschild zur „Acacia Avenue“ , ein Konzertposter mit dem Ur-Eddie, die Dame aus Charlotte The Harlot, die Tardis aus Doctor Who, Batman, eine Uhr, die zwei Minuten vor Mitternacht anzeigt, das „Phantom Opera House“ , den Ruskin Arms Pub (eine der ersten Spielstätten der Band) sowie die exakt gleiche Straßenlaterne wie auf dem Cover des Debüts. Irgendwo steht sogar auf Japanisch „Pickelcreme“ , auf Russisch „Joghurt“  und in Spiegelschrift „Dies ist ein sehr langweiliges Gemälde“. Drei Monate sitzt Derek Riggs an dem Werk, mitgezählt eine mehrwöchige Zwangspause, weil er irgendwann Halluzinationen bekommt und aussetzen muss. Kurzum: Das Cover ist Wahnsinn. Und absolut großartig.

…und die Rückseite ist genauso bombastisch.

Auf die Straße. Natürlich.

Natürlich geht es für die fünf Musiker umgehend auf Konzertreise: Der Somewhere On Tour getaufte Trek zieht von September 1986 bis Mai 1987 um die Welt, mit dabei ein überdimensionaler Cyborg-Eddie, der über die Bühne spaziert, zwei riesige Podeste rechts und links in Form von Monsterkrallen, eine aufwändige, sehr helle Lightshow sowie ein pulsierendes Leuchtherz als Teil von Bruces Bühnenoutfit. 

Somewhere On Tour: Dave Murray schreddert, Eddie guckt kritisch – Foto: Ebet Roberts/Redferns/Getty Images

So stressig und geradezu selbstmörderisch wie zwei Jahre zuvor auf der World Slavery Tour sollte es jedoch nicht mehr werden, auch die Zeiten, in denen Iron Maiden jedes Jahr ein Album und eine Welttour hinlegen, sind mit Somewhere In Time vorbei. Doch die Metal-Weltherrschaft der Achtziger haben Iron Maiden da längst inne.

Zeitsprung: Am 28.4.1988 starten Iron Maiden ihre Welttournee in einem Kölner Club.

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