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Popkultur

Steve Albini: 6 völlig unterschiedliche Album-Highlights seiner Karriere

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Steve Albini
Foto: Scott Dudelson/WireImage/Getty Images

Mit Steve Albini ist am 7.5.2024 einer der großen Produzenten der Rockmusik gestorben. Er prägte die Indie-Musik wie wenige andere, war nicht nur ein Produzent und Musiker, sondern auch ein begnadeter Studiotechniker – und hatte in vielen Punkten definitiv Meinungen, die für das Musikbusiness nicht gerade typisch waren. In Erinnerung an Albini widmen wir uns sechs großartigen Alben, an denen er beteiligt war – als Produzent, aber auch als für das Klangbild wesentlicher Engineer (eine Bezeichnung, die er sehr mochte).

von Markus Brandstetter

1. Pixies – Surfer Rosa

Es gibt viele von Steve Albini produzierte Alben, die die Rockmusik maßgeblich prägten. Surfer Rosa, das Debütalbum der Pixies ist so ein Album. Es ist eines der wegweisenden Werke im Indie-Rock – und Albinis Produktion machte die Sache erst so richtig rund. Der Produzent verstand ganz genau, was das Klangbild der Band wirklich brauchte. Die Reaktionen auf das Album waren nicht nur bei Fans, sondern auch bei Kolleginnen und Kollegen enorm. David Bowie bezeichnete das Album als die beste Musik, die in den 1980er-Jahren gemacht wurde, Kurt Cobain war Riesenfan und PJ Harvey erklärte, dass es sie umgehauen habe. Es diente als Blaupause für zahlreiche weitere Bands. Apropos Cobain …

2. Nirvana – In Utero

Als Nirvana an Albini herantraten und ihn baten, das dritte Album der Band zu produzieren, antwortete der mit einem Brief, in dem er sich über die Rollenverteilung Gedanken machte. „Ich denke, das Beste, was ihr im Moment tun könntet, ist genau das, was ihr vorhabt: eine Platte in ein paar Tagen herausbringen, mit hoher Qualität, aber minimaler ‚Produktion‘ und ohne Einmischung der Knallköpfe an der Front. Wenn ihr das wirklich tun wollt, würde ich gerne mitmachen. Wenn ihr euch stattdessen in der Situation wiederfindet, vorübergehend von der Plattenfirma verwöhnt zu werden, nur damit sie irgendwann die Reißleine ziehen (indem sie euch drängen, Songs/Sequenzen/Produktion zu überarbeiten, angeheuerte Leute hinzuziehen, um eure Platte zu ‚versüßen‘, das Ganze einem Remix-Jockey zu überlassen, was auch immer…), dann habt ihr Pech gehabt und ich will nichts damit zu tun haben“, schrieb er. Wie die Geschichte ausging, wissen wir: Albini arbeitete mit der Band an deren finalem Werk, dass sich rauer und sperriger als der Millionen-Seller Nevermind zeigte.

3. Jimmy Page/Robert Plant – Walking Into Clarksdale (1998)

Albini war hier nicht als Produzent tätig, sondern für Aufnahme und Mix verantwortlich – die Zusammenarbeit mit den Led-Zeppelin-Ikonen Jimmy Page und Robert Plant verdeutlicht aber die unglaubliche Bandbreite seiner Arbeiten. Albini zeigte sich im Interview mit Uncut angetan von der Arbeit mit den beiden: „Ich würde sofort wieder eine Platte mit Page und Plant machen. Sie haben sich mir gegenüber völlig professionell verhalten. Es war klar, dass sie für alles verantwortlich waren, aber es war auch klar, dass sie die Anstrengungen zu schätzen wussten, die jeder für sie unternommen hat. Ich war beeindruckt, wie kooperativ Robert Page und Jimmy Plant waren, wenn man bedenkt, dass es vorher ein Machtgefüge gab, in dem die Band Jimmy Page gehörte und Robert als Sänger angeheuert wurde. Jimmy Page war in dieser Hinsicht ein Unterschied zu ihm. Eine sehr ähnliche Erfahrung war für mich, als ich an einer Platte von The Stooges mitarbeiten durfte. Ich fühle mich sehr glücklich, dass meine kühnsten Träume ein paar Mal in Erfüllung gegangen sind.“

4. Joanna Newsom – Ys

Albini musste nicht immer der große Produzent sein – er hatte großen Spaß am Aufnehmen an sich, nannte sich selbst „Engineer“ und war bei vielen Produktionen für das Recording verantwortlich. Zum Beispiel bei Joanna Newsoms Album Ys, wo er sich um die Aufnahme von Newsoms Harfe und Stimme kümmerte. „Ich war in diesem kleinen Raum mit Steve Albini und niemandem sonst, und ich habe die Songs genau so gespielt, wie sie sind, und es war eine ziemlich intensive Zeit, und ich hatte Kerzenlicht, im Dunkeln nur mit Kerzen und beschwor diese ziemlich verrückten Momente herauf, die ich erlebt hatte… Im Grunde hatte ich das Gefühl, in einer Umgebung zu sein, in der ich die Lieder so singen konnte, wie ich sie geschrieben hatte. Was beim Aufnehmen nicht immer das Einfachste ist“, erinnert sich Newsom gegenüber The Wire.

5. The Breeders – Pod

Dass Albini auch das Debütalbum von The Breeders produzierte, macht Sinn – schließlich wurde die Band von Kim Deal gegründet. Genau, jener Kim Deal von den Pixies, deren Debütalbum Albini produzierte. Auch hier wusste Albini ganz genau, was eine Rockband braucht und was nicht. „Er hat Welten erschaffen“, erklärte die Band nach dem Tod über ihren Produzenten.

6. PJ Harvey – Rid Of Me

„Ich wusste, dass ich mit Steve Albini zusammenarbeiten wollte, als ich mir die Platten der Pixies anhörte und die Sounds hörte, die er erzielte, die anders waren als alle anderen Sounds, die ich auf Vinyl gehört hatte“, begründet PJ Harvey ihre Wahl, für ihr zweites Album Rid Of Me Albini als Produzenten zu engagieren. „Ich wollte wirklich diesen sehr nackten, sehr realen Sound. Ich wusste, dass er zu den Songs passen würde. Es ist, als würde man echte Gegenstände anfassen oder die Maserung von Holz spüren. Das ist es, was sein Sound für mich ist. Er ist sehr greifbar. Man kann fast den Raum spüren“. Ziel erreicht.

Über Steve Albini

Steve Albini starb am 7.5.2024 im Alter von 61 Jahren, nachdem er in seinem Studio einen Herzinfarkt erlitten hatte. Kommende Woche soll das neue Album seiner Band Shellac erscheinen. Unzählige Kolleginnen und Kollegen bekundeten ihre Trauer.

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Zeitsprung: Am 21.9.1993 erscheint Nirvanas drittes und letztes Album „In Utero“.

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