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Popkultur

„The Idiot“: Wie Iggy Pop und David Bowie den Post-Punk erfanden

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Foto: Larry Busacca/WireImage/Getty Images

Iggy Pops Solo-Debütalbum The Idiot rettete nicht nur die Karriere des Ex-Stooges-Sängers – denn der experimentelle Erstling entpuppte sich auch als wichtige Inspirationsquelle für die Generationen danach.

von Tim Peacock

Iggy Pops Solo-Debütalbum The Idiot markierte eine radikale Abkehr vom sengenden, gitarrenlastigen Protopunk seiner vorherigen Band The Stooges: Veröffentlicht am 18. März 1977, hatte er den Erstling zusammen mit David Bowie geschrieben und aufgenommen – und der elektronische Anstrich und die melancholische Grundstimmung erinnern in der Tat an Low, Heroes und Lodger, also jene drei Bowie-LPs, die als Berlin Trilogy bezeichnet werden.

Eine künstlerische Wiedergeburt

Es ist viel darüber geschrieben worden, was für eine entscheidende Rolle David Bowie bei der künstlerischen Wiedergeburt seines Kollegen gespielt hat. Iggy Pop wurde von ihm nicht nur im Studio unterstützt, denn der Brite hatte ihm in der Zeit davor auch geholfen, sein Leben wieder unter Kontrolle zu kriegen. Nach der unschönen Auflösung von The Stooges, die nach der Veröffentlichung von Raw Power (1973) recht bald auseinandergegangen waren, hatte Iggy mit so vielen persönlichen Problemen zu kämpfen, dass er zwischenzeitlich sogar in einer psychiatrischen Anstalt in Kalifornien untergebracht war. Bowie jedoch hielt seinem Freund die Treue und nahm Pop sogar mit auf seine ausgiebige Isolar – 1976 Tour, die er zum Album Station To Station absolvierte.


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Nach dem Abschluss der Tour, im Juli 1976, verschanzten sich die beiden im Château d’Hérouville, jenem Schloss, wo Bowie 1973 schon sein Coveralbum Pin Ups aufgenommen hatte (und wo er wenig später auch einen Großteil von Low einspielen sollte). Viele der Songs, die später auf The Idiot landen sollten, entstanden im 1740 erbauten Anwesen vor den Toren von Paris. Die Sessions verliefen ohne feste Struktur; vieles entstand spontan, aus dem Stehgreif. Unterstützung bekamen Pop und Bowie von dem Bassisten Laurent Thibault und dem Schlagzeuger Michel Santangeli, die ihre Parts zu den ersten Tracks einspielten, die Bowie auf Tape gebannt hatte.

Thibault war es, der den beiden während dieser ersten Sessions ein Tape mit Industriegeräuschen gab, woraus später das Fundament für Mass Production werden sollte, den grandiosen Abschlusstitel von The Idiot. In Paul Trynkas Iggy-Pop-Biografie Open Up And Bleed erfährt man, dass Bowie „fasziniert war wie ein kleines Kind, das vor einer Spielzeugeisenbahn steht“, als er jenes Tape zum ersten Mal durchhörte. Es bestand aus unterschiedlichen Passagen, die hinterher als ominöses Brummen und Surren im Hintergrund des Stücks zu hören waren. Die krasse Stimmung wird durch Pops abgestumpft wirkende Zeilen noch verstärkt. Inspiration des Texts war unter anderem Iggys Besuch des Rouge Complex in Dearborn, Michigan, wo Ford Motors seinen Hauptsitz hat.

Später berichtete der Sänger laut Joe Ambroses Buch Gimme Danger: The Story Of Iggy Pop von Gesprächen mit Bowie, die davon handelten, „wie sehr ich die Schönheit der US-amerikanischen Industriekultur bewunderte, die dort, wo ich aufwuchs, schon wieder am Verrotten war. Diese ganzen wunderschönen Schornsteine und Fabriken – ganze Städte, die nur diesen Fabriken gewidmet waren!“

„So einen Song kann ich nicht veröffentlichen“

Mit China Girl und Nightclubbing schufen Bowie und Pop während ihrer Château-Sessions auch zwei absolute Klassiker: Ersterer handelt von Iggy Pops Beziehung zu der Vietnamesin Kuelan Nguyen, was Bowie allerdings nicht davon abhielt, den Titel 1983 noch einmal für sein eigenes Album Let’s Dance neu aufzunehmen.

„Es gibt da dieses wunderschöne Obligato, so eine romantische Melodie gegen Ende… die dann von diesen Gypsy-Gitarren wieder aufgegriffen wird, wenn man so will“, kommentierte Pop erst 2019 in einem Interview mit Sirius XM. „Und die [Melodie] hat David geschrieben. Ich fand sie echt großartig.“

Nightclubbing entstand genau genommen während einer Auszeit, als die ersten Aufnahmen im Château bereits im Kasten waren: Angeblich von billigen Halloween-Masken und einer Melodie aus alten Zeiten inspiriert, die Bowie gerade auf dem Studioklavier spielte, dachte sich Pop dazu spontan einen Text aus, der „größtenteils auf meinen Erfahrungen basiert, die ich in den Discos von Europa gemacht habe“, in die ihn Bowie geschleppt hatte. Nur gut 20 Minuten soll es gedauert haben, bis dieser Klassiker seine endgültige Form gefunden hatte.

Der eindringliche, etwas galopphaft klingende Drum-Machine-Beat des Songs – der danach unter anderem von Grace Jones und The Human League gecovert wurde und auch auf dem legendären Trainspotting-Soundtrack zu hören war – war genau genommen nur eine Notlösung: Er klingt nur deshalb so schlicht, weil an jenem Tag niemand da war, der richtig Schlagzeug spielen konnte.

„Das einzige Gerät, das wir noch da hatten, um den Track zu erweitern, war so eine kleine Drum-Machine von Roland“, erzählte Pop im Jahr 2019. „[Bowie] sagte dann: ‘Einen Song mit diesem Schlagzeugsound kann ich nicht veröffentlichen’, worauf ich sagte: ‘Nein – aber ich kann das tun.’ Und das verstand er auch. Also machten wir die Aufnahme damit, und der Beat ist heute auf etlichen erfolgreichen Hip-Hop-Songs als Sample zu hören.“

„Unser Verdacht hatte sich bestätigt: Der Mann ist ein Genie“

Weitere Aufnahmen für The Idiot fanden in den Münchener Musicland Studios und im Hansa Studio 1 in West-Berlin statt: So entstanden weitere Album-Highlights wie das an Neu! erinnernde Funtime, der pulsierende Electropop-Sound von Sister Midnight und Pops hypnotische Hymne auf The Stooges Dum Dum Boys, wobei sie von Bowies angestammter Rhythmussektion, also Carlos Alomar, Dennis Davis und George Murray, unterstützt wurden. Abgemischt wurde das Album von Produzent Tony Visconti in den Hansa Studios, und auch das Albumcover hatte einen Deutschlandbezug: Die Fotografie von Iggy ist vom Gemälde Roquairol (1917) des deutschen Malers Erich Heckel inspiriert.

Iggy Pop hatte seiner Karriere mit der Veröffentlichung von The Idiot eine neue Richtung und neuen Schwung gegeben: Das Solodebüt kletterte immerhin in die Top-75 in den USA und mischte auch die britischen Top-30 auf. Das wiederum gab ihm so viel Rückenwind, dass er schon wenig später auf den aggressiven Nachfolger Lust For Life zusteuerte, der ebenfalls im Jahr 1977 erscheinen sollte.

Der Ruf von The Idiot ist über die Jahre immer besser geworden: Hatte es zum Release noch eher verhaltene Kritiken gegeben, schrieb Pops Biograf Paul Trynka, dass die LP „die Seele des Post-Punk vorweggenommen“ habe – und gerade der futuristische Einschlag dieses Longplayers wirkt bis heute nach als Inspirationsquelle für jüngere Musiker. Ein paar der größten Acts der letzten Jahrzehnte, unter anderem Depeche Mode und R.E.M., Joy Division und Nine Inch Nails, haben The Idiot als wichtigen Einfluss und prägenden Meilenstein bezeichnet. Siouxsie Sioux drückte es dabei am besten aus, als sie sagte, dass The Idiot ein „Beleg war dafür, dass sich unser Verdacht bestätigt hatte: Der Mann ist ein Genie.“

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Zeitsprung: Am 27.9.2013 erscheint der Metallica-Film „Through The Never“.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.9.2013.

von Christof Leim

Fette Konzertaufnahmen, eine ebenso surreale wie brutale Rahmenhandlung, und beides auf mysteriöse Weise verbunden: Was Metallica in ihrem 3D-Film Through The Never veranstalten, fällt aus dem Rahmen. Am 27. September 2013 erschien der Streifen.


Hört hier in den Soundtrack zu Through The Never rein:

Klickt auf „Listen“ für das ganze Album.

Musikfilm? Fantasythriller? So genau kann man es gar nicht sagen. Metallica: Through the Never, wie der Film mit vollem Titel heißt, kann beides – und verzahnt die Welten. Im Mittelpunkt steht eine Show der Metal-Giganten, bei der in Sachen Produktion alle Register gezogen werden: Licht, Pyros, Krawall, die Bühne steht in der Mitte der Halle, darauf tauchen immer wieder überdimensional Elemente aus den Metallica-Artworks auf, etwa die Statue von …And Justice For All, das Klo von Metal Up Your Ass oder die Kreuze von Master Of Puppets. Es gibt viel zu gucken, die Band ist gut drauf, die Setlist kann sich hören lassen – und dank der 3D-Technik kommt der Zuschauer richtig nah ran, als wäre er an den beiden Abenden 2012 in Vancouver und Edmonton dabei gewesen.

Dem gegenüber steht eine Rahmenhandlung wie eine Mischung aus Mad Max und urbanem Endzeit-Thriller, gleichermaßen surreal wie actionreich inszeniert und packend gefilmt. Dabei sehen wir den Roadie Trip, der für die Band etwas besorgen soll und sich in einer Stadt voller Aufstände, Explosionen und mörderischen Reitern wiederfindet. Auch hier scheppert es gewaltig.



Mehr Trailer gibt es hier und hier.

Musik und Geschichte laufen im Wechsel, überlappen sich gelegentlich, und scheinen nur auf den ersten Blick unverbunden. Mal mehr, mal weniger deutlich nimmt die Handlung Bezug auf die Texte, die Hetfield gerade singt. Umgekehrt wirkt sich das Geschehen draußen subtil auf die Show aus. So versagt Hetfields Mikro kurz, als Trip auf seinem, äh, Trip zu scheitern droht. Hier hat sich also jemand etwas gedacht…



Nur wird nicht ganz klar, was das denn sein soll: Erklärt wird nichts, weder die sondersame Synchronizität noch die Apokalypse auf den Straßen. Das Abenteuer des Roadies endet damit, dass er es durch Feuer und Flammen schafft, eine Ledertasche zurück in die Konzerthalle zu bringen. Die steht dann neben den vier Musikern, als sie zum Abschluss in der leeren Halle das epische Instrumental Orion spielen. Was drin ist, bleibt offen, und auch die Bandmitglieder halten sich später bedeckt. Filmfreak Lars Ulrich wird zitiert mit „Es ist schön, einen Cliffhanger zu haben“. Trivia-Freaks weisen darauf hin, dass es sich bei Orion um eines der schönsten Vermächtnisse des verstorbenen Bassisten Cliff Burton handelt und der Streifen an seinem Todestag in die Kinos kommt. Enthält die Tasche also quasi „den Geist von Cliff“? Das zumindest reimen sich einige der fantasievolleren Anhänger im Netz zusammen. Womöglich gibt es hier aber viel weniger Hintergrundgeschichte, denn vor allem sprechen Fans nach dem Film weltweit darüber, was denn nun verdammt nochmal in dem blöden Ding drinsteckt. Das bleibt im Gedächtnis, und damit ist ja auch ein Ziel erreicht.



Taugt das alles denn? Gute Frage. Die Konzertszenen können einiges, sprechen aber eigentlich nur Metallica-Fans an. Die unerklärte Rahmenhandlung hingegen wirkt trotz ihres hohen Unterhaltungswertes latent unbefriedigend. Die Kritiken für Through The Never fallen größtenteils gut aus, und auch der Soundtrack – de facto ein neues Livealbum, ausnahmsweise ohne (!) Seek & Destroy – wird gelobt. Rein geschäftlich wird das Unterfangen aber zum Flop. Die Band, die die Produktion selbst verantwortet, verliert etliche Millionen Dollar. Sie werden es verschmerzen können. Lars Ulrich sagt in einem Interview, der Film sei „nicht wie irgendein anderer“, und damit hat er Recht. Gefragt nach der Motivation, dieses Projekt anzugehen, erklärt Hetfield einfach „Warum nicht?“ – und fasst so Attitüde von Metallica gegenüber neuen Herausforderungen prägnant zusammen. Sagen wir es so: Through The Never ist sehenswert. Aber vielleicht nur einmal.


Auf ihren Kanälen haben Metallica etliche Trailer, Ausschnitte und Making-ofs veröffentlicht und in dieser sehenswerten Playlist zusammengefasst:

Zeitsprung: Am 6.6.2004 spielen Metallica das einzige Mal ohne Lars.

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„Shout At The Devil“: Mötley Crüe und ihr großer Durchbruch

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Mötley Crüe HEADER
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Das Verhalten überlebensgroßer Rockstars legen Mötley Crüe im Jahr 1983 bereits an den Tag. Doch eigentlich steht ihr Durchbruch erst noch bevor. Zu einer wichtigen Kletterhilfe auf den Rockolymp wird ihr zweites Album Shout At The Devil — obwohl die Band alles unternimmt, um sich selbst zu sabotieren.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Shout At The Devil von Mötley Crüe anhören:

Eine Duftmarke können die jungen Glam-Metaller Mötley Crüe schon mit ihrem Debütalbum Too Fast For Love (1981) setzen. So steigen die Nachwuchs-Rockstars mit ihrer ersten Platte immerhin auf Platz 77 der US-Billboard-Charts ein und kassieren im weiteren Verlauf ihrer Karriere sogar Platin für die Scheibe. Doch zu den alles überstrahlenden Bühnenlegenden, die Mötley Crüe noch werden sollen, macht das erste Album die vier Herren noch nicht. Knapp zwei Jahre später legen die Kalifornier ihr zweites Werk Shout At The Devil nach — und werden quasi über Nacht zu Superstars.

Shout At The Devil: die Platte, die Mötley Crüe an die Spitze katapultierte

Als Mötley Crüe mit den Aufnahmen von Shout At The Devil beginnen, haben sie gerade einen Rauswurf hinter sich. Eigentlich hätten die jungen Wilden nämlich Kiss auf deren Creatures Of The Night-Tour supporten sollen, doch die Schminkemonster haben Mötley Crüe nach Hause geschickt. Die Begründung: das schlechte Benehmen der Newcomer. Autsch. Umso mehr Zeit haben Mötley Crüe nun, sich um ihr neues Album zu kümmern. Das sollte man zumindest meinen. Doch statt bloß Hits wie Shout At The Devil und Looks That Kill zu komponieren, machen die Jungs natürlich auch wieder reichlich Unfug.

Während einer der Aufnahme-Sessions klaut Bassist Nikki Sixx zum Beispiel betrunken den Porsche eines Freundes und unternimmt damit eine kleine Spritztour durch Los Angeles. Das kann nicht gut gehen und es kommt, wie es kommen muss: Er baut einen Unfall und verletzt sich an der Schulter. Schon damals ist seine Freundin Demi Moore der Meinung, dass Sixx die Anonymen Alkoholiker aufsuchen sollte, doch davon möchte Sixx nichts wissen. Auch indirekt sorgt der Autounfall für große Probleme: Durch die Medikamente wird Sixx heroinabhängig. Doch das ist eine andere Geschichte.

Shout At The Devil: Düsteres Artwork, erhellende Verkaufszahlen

Für eine Kontroverse sorgt das Artwork von Shout At The Devil, denn das Cover der Platte zeigt ein riesiges schwarzes Pentagramm. Klar, dass da die komplette Christenheit Sturm läuft und den Rockern Satanismus vorwirft. Auf die Idee für das Artwork kommt Nikki Sixx, und zwar aufgrund seiner alten Band Sister. Schon dort hatte er mit okkulten Symbolen gespielt, gemeinsam mit dem späteren W.A.S.P.-Frontmann Blackie Lawless. Der wiederum hat kein Problem damit, dass Sixx die Sister-Einflüsse für Mötley Crüe recycelt. Den Verkaufszahlen tun die Satanismusvorwürfe wie erwartet keinen Abbruch.

„Shout At The Devil“ Mötley Crüe

Mehr als 200.000 Mal geht Shout At The Devil über die Ladentheke — in den ersten zwei Wochen. Gleich viermal Platin kassieren Mötley Crüe für das Album, obwohl sich viele Musikjournalist*innen alles andere als begeistert zeigen. In den Charts gelingt den Kaliforniern zum ersten Mal der Sprung in die Top 20. Man könnte also sagen: Mit Shout At The Devil beginnt die Erfolgsgeschichte von Mötley Crüe. Die Tour zu der Platte absolviert die Band mit dem „Prince Of Darkness“ Ozzy Osbourne. Der schickt die Jungs auch nicht wegen schlechten Benehmens nach Hause. Ganz im Gegenteil

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Autoklau mit Ozzy Osbourne und fünf weitere legendäre Vince-Neil-Anekdoten

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Zeitsprung: Am 26.9.2005 starten Volbeat mit „The Strength / The Sound / The Songs“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.9.2005.

 

von Christof Leim

Es dauert ein bisschen, bis die Welt etwas mit dem neuen Sound anfangen kann, aber irgendwann knallt’s: Mit ihrer eigenständigen Melange aus Metal, Elvis und Groove-Riffs treffen Volbeat am 26. September 2005 auf ihrem Debüt The Strength / The Sound / The Songs einen Nerv…

Hier könnt ihr das Volbeat-Debüt hören:

2001 hat der Frontmann der dänischen Death-Metal-Combo Dominus die Nase voll vom Todesgeprügel und will mehr Rock’n’Roll in seinen Metal bringen. Also gründet Michael Poulsen eine Band, die er nach dem dritten Dominus-Album Vol.Beat von 1997 benennt, auf dem der große Elvis-Fan bereits zaghafte Fifties-Einflüsse untergepflügt hatte: Volbeat sind geboren. (In der Videospielserie Pokémon gibt es ein Wesen gleichen Namens, aber wir dürfen davon ausgehen, dass das so gar nichts mit den Rockern zu tun hat.)

Die eigene Kante zählt

Die ersten Aufnahmen interessieren kaum jemanden, das zweite Demo Beat The Meat verkauft sich dann aber schon vierstellig und wird in den Magazinen Metal Hammer und Heavy oder was!? zum „Demo des Monats“ gekürt. Die großen Plattenfirmen reißen sich jedoch noch nicht um die Kapelle, Volbeat kommen schließlich bei Mascot Records aus den Niederlanden unter, die eigens das Sublabel Rebel Monster gründen – weil, so heißt es, Volbeat nicht so recht zum Rest des Portfolios passen.

Die Rückseite des Albums: So viel freie Haut gibt es auf Poulsens Arme heute nicht mehr.

Und genau liegt der Gag des Quartetts aus Dänemark: Volbeat haben einen eigenen Sound. Die Mischung aus Metal mit Rock’n’Roll und ziemlich speziellem Gesang zwischen Mina Caputo und James Hetfield klingt ungewohnt, aber dafür eigenständig. Das hat was. Die Musik klingt fett, dröhnt tief und fährt einen guten Groove auf. Das erinnert nicht selten an die frühen Life Of Agony mit mehr Black Sabbath als Hardcore. Vor allem aber die Stimme, die Gesangslinien und die vokale Rhythmik von Michael Poulsen geben dem Ganzen einen eigenen Charakter – und der ist in einem stilistisch stagnierenden Genre Gold wert.

Viel Elvis

Das Debütalbum entsteht im Sommer 2004 in anderthalb Wochen in den Hansen Studios im dänischen Ribe unter der Aufsicht von Jacob Hansen, der zum Stammproduzent der Band werden wird. Zur Mannschaft gehören damals neben Gitarrist, Sänger und Hauptsongwriter Poulsen noch die beiden Ex-Dominus-Mitstreiter Bassist Anders Kjølholm und Gitarrist Franz „Hellboss“ Gottschalk sowie (bis heute) Schlagzeuger Jon Larsen. Ein doch ungewohnt aussehendes Bandfoto von damals findet sich hier.

Die Scheibe trägt den unhandlichen, aber eigenständigen Titel The Strength / The Sound / The Songs und bietet ein paar frühe Bandschätzchen, etwa Pool Of Booze Booze Booza, das sich heute noch auf vielen Volbeat-Setlisten findet, daneben Caroline Leaving und Soulweeper. In Caroline #1 zitiert Poulsen ausschließlich Elvis-Presley-Songtitel, zum Cover des Dusty-Springfield-Klopfers I Only Wanna Be With You dreht die Combo ein Video. Auch die Grundlage für eine Fortsetzungsgeschichte findet sich hier: Fire Song und   Danny & Lucy (11pm) stellen ein Liebespaar vor, dessen Schicksal auf späteren Alben weitererzählt wird.

Durchmarsch

Damit treffen Volbeat einen Nerv: Die Platte klettert auf Platz 18 der dänischen Charts, was damals kaum eine einheimische Krachkapelle schafft. Bei den Danish Metal Awards wird das Album als bestes Debüt 2005 ausgezeichnet, das deutsche Rock Hard zückt die Höchstnote 10 von 10. Nur folgerichtig spielt die Band im folgenden Sommer am 4. Juni 2006 auf dem Rock Hard Festival ihr erstes Deutschlandkonzert. Die erste Clubshow passiert am 1. September im Headbanger’s Ballroom in Hamburg. 

Fortan gastieren Volbeat oft hierzulande und spielen sich generell den Arsch ab. Da werden ganz klassisch Tausende Kilometer im Van geschrubbt, dass es nur so eine Art hat. Das scheint sich rumzusprechen, denn der Name des Quartetts taucht immer öfter auf, eine Fanbase bildet sich, die zweite Scheibe Rock The Rebel / Metal The Devil erscheint 2007, und von da an geht es ab: Platz eins in Dänemark, Shows in ganz Europa, zwei Platten später springt auch Nordamerika auf die Truppe an. Heute gehören Volbeat weltweit zu den großen Rockbands. Mit The Strength / The Sound / The Songs fing der Spaß an.

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