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Popkultur

Protest-Pop mit Tiefgang: Tracy Chapmans Debütalbum

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Foto: Rob Verhorst/Getty Images

Eigentlich hat Tracy Chapman gar nicht vor, Popstar zu werden. Doch ein Kommilitone kann sie dazu überreden, sich professioneller aufzustellen. Am 5. April 1988 erscheint Chapmans Debütalbum Tracy Chapman — und beschert der virtuosen Protest-Songschreiberin aus Cleveland in Windeseile den Durchbruch.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch das Debüt von Tracy Chapman anhören:

Massachusetts, 1986: Tracy Chapman studiert Anthropologie und Afrikanistik, nebenher schreibt sie eigene Songs. Große Ambitionen hat sie nicht. Wichtig sind ihr vor allem ihre politischen und sozialkritischen Texte. Doch ihr Kommilitone Brian Koppelman ist so beeindruckt von Chapman, dass er die junge Musikerin überreden möchte, ihr Wirken ein wenig größer zu denken. Er könne ihre Musik mal seinem Vater vorspielen, der für SBK Publishing arbeitet, einen großen Musikverlag. „Klar“, sagt Chapman, glaubt aber nicht an die Ernsthaftigkeit des Angebots. Wenig später gibt Koppelman tatsächlich eine Kopie des Songs Talkin’ ’Bout A Revolution an seinen Vater weiter. Außerdem rührt er die Werbetrommel bei einigen Radiostationen, die das Stück dankend annehmen.

Mit einem Hit zum ersten Plattenvertrag

Talkin’ ’Bout A Revolution ist ein Paradebeispiel für Chapmans Anspruch. So singt sie in dem Stück von Armut und davon, wie es ist, auf soziale Unterstützung angewiesen zu sein oder keinen Job zu haben. Doch im Refrain gibt sie Hoffnung: „’Cause finally the tables are starting to turn / Talkin’ ’bout a revolution“, singt Chapman und versucht so, ärmeren Menschen eine Protest-Hymne an die Hand zu geben. Diese Bedeutung hat das Stück nie verloren. Selbst Jahrzehnte später läuft die Nummer im tunesischen Radio rauf und runter, und zwar während der Revolution in Tunesien 2010/2011. Für Chapman selbst markiert der Song einen wichtigen Meilenstein und den Durchbruch. Doch es handelt sich nur um einen der Hits von ihrem Debütalbum.

Der Radio-Erfolg von Talkin’ ’Bout A Revolution und die Unterstützung von Koppelman und seiner Familie führen dazu, dass Chapman gleich nach ihrem Studium einen Plattenvertrag mit Elektra Records einsackt. Die Weichen für ihr erstes Album sind gestellt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal einen Vertrag mit einem Majorlabel unterschreibe“, erklärt Chapman in einem Interview. So kann man sich täuschen. Problematisch ist nur, dass es Ende der Achtziger gar nicht so einfach ist, einen Produzenten für ein akustisches Album zu finden. Außerdem hat auch Chapman ihre Ansprüche und möchte nicht, dass ihre Songs verwässert werden. Zum Glück lernt sie David Kershenbaum kennen, der zuvor bereits mit Duran Duran gearbeitet hat.

Tracy Chapmans Debütalbum: ein Erfolg, der bis heute nachhallt

„Ich war damals schon länger auf der Suche nach etwas Akustischem“, erinnert sich der Produzent im Gespräch mit dem Rolling Stone. „In der Branche war man gelangweilt, und die Leute waren wieder bereit für Leute mit richtigen Texten und echten Aussagen.“ Die bringt Chapman zweifelsohne mit; gemeinsam mit Kershenbaum nimmt sie ihre besten Songs auf. „Ich habe sichergestellt, dass sie stimmlich und thematisch im Vordergrund steht“, erklärt Kershenbaum. „Alles sollte um sie herum aufgebaut werden.“ Das gelingt dem Produzenten mit Bravour. Auch Chapman ist zufrieden mit dem Endergebnis. Einen ihrer größten Hits schreibt die Sängerin ganz zum Schluss: Fast Car. Kershenbaum habe die Nummer sofort gefallen. Am 6. April 1988 erscheint sie als erste Single.

Einmal mehr öffnet ein einziger Song unzählige Türen für Chapman. Am 11. Juni 1988 gibt die Sängerin Fast Car nämlich (sichtlich nervös) beim Nelson Mandela 70th Birthday Tribute Concert zum Besten und katapultiert die Nummer damit ohne Umwege in die US-Top-Ten. In Großbritannien reicht es sogar für die Top 5 und Tracy Chapman ist endgültig im Zentrum der Aufmerksamkeit der Musikwelt angekommen. Nicht nur das: Mit Baby Can I Hold You bringt das Debüt der Musikerin gleich noch einen Mega-Hit hervor. Aktiv ist Chapman bis heute, auch wenn Give Me One Reason von 1995 ihren letzten großen Single-Erfolg markiert. Bis heute bleibt ihr Debütalbum ihre erfolgreichste Platte — auch wenn Chapman eigentlich gar kein Popstar werden wollte.

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