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Popkultur

Zeitsprung: Am 3.4.1968 veröffentlichen Simon & Garfunkel „Bookends“.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.4.1968.

von Christof Leim

Mit Bookends trafen und prägten Simon & Garfunkel den Zeitgeist der Sechziger. Ihr viertes Album macht das New Yorker Duo zu Stars, dabei wirkt es genau genommen wie Stückwerk: Die erste Hälfte spannt einen Bogen über nichts Geringeres als das Leben an sich, die zweite Hälfte besteht aus übrig gebliebenen oder bereits veröffentlichten Stücken. Allerdings sorgt der Film The Graduate (deutsch: Die Reifeprüfung) mit Ann Bancroft und Dustin Hoffman für einen Popularitätsschub. Und letztendlich gilt sowieso die Regel Nummer Eins: Ein guter Song ist ein guter Song ist ein guter Song. Und davon haben Simon & Garfunkel einige.

Hier könnt ihr in Bookends reinhören:

Als die Arbeiten an Bookends beginnen, haben Simon & Garfunkel es mit den beiden Alben Sounds Of Silence (1966) und Parsley, Sage, Rosemary And Thyme (1966) bereits zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. 1967 konnten die beiden zudem einige Stücke zum erfolgreichen Soundtrack des Films The Graduate beisteuern. Für das neue Werk will Paul Simon nun ein Konzept umsetzen: die Erzählung eines Lebens von der Geburt bis zum hohen Alter. Allerdings leidet der Songwriter und Texter an einer Schreibblockade, weswegen die Plattenfirma den Songwriter John Simon (nicht verwandt) hinzuzieht, der bereits mit Janis Joplin und Blood, Sweat & Tears gearbeitet hatte. Zusammen mit ihm formen Paul Simon, Art Garfunkel und Produzent Roy Halee über einen Zeitraum von anderthalb Jahren ein Dutzend Stücke, die auf Bookends landen.

Paul Simons Lieblingsthemen

Die erste Hälfte der Platte behandelt wie geplant die verschiedenen Stationen eines Lebens, von der Geburt (Save The Life Of My Child) über die Suche nach Glück (America) bis zu Reminiszenzen an alte Zeiten (Old Friends). Paul Simon greift hier Themen auf, die in seinem Texten öfter eine Rolle spielen: Jugend, Entfremdung, Beziehungen und Sterblichkeit. Eingerahmt wird diese lose Handlung vom Bookend’s Theme, einem kleinen Thema auf der Akustikgitarre. Insgesamt klingt das alles sehr folkig und überraschend düster, fast schon ein bisschen grau.

Simon & Garfunkel bei einem Auftritt in den Niederlanden 1966. Foto von Nationaal Archief, Den Haag, [CC BY-SA 3.0 nl (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/nl/deed.en)], via Wikimedia Commons

Die Lieder der zweiten Seite besitzen einen solchen Zusammenhang nicht und weisen einen eher rockigen Charakter auf. Einige wurden bereits als Singles veröffentlicht, etwa A Hazy Shade Of Winter (im Oktober 1966), At The Zoo (Februar 1967) und Fakin’ It (März 1967). Um letzteres ins Radio zu bekommen, wird auf der Single eine Spielzeit von 2:74 Minuten angegeben, weil die Programmverantwortlichen immer noch an einer Drei-Minuten-Grenze für Popsongs festhalten und von einer Spielzeit von 3:14 Minuten womöglich abgeschreckt worden wären. Alle drei Auskopplungen erhalten nur moderate Reaktionen.

Verpönte Auftragsarbeit

Weitere Nummern hatte Simon für den Film The Graduate mit Dustin Hoffmann und Ann Bancroft geschrieben, der im Dezember 1967 in die Kinos gekommen war. Dessen Regisseur Mike Nichols hatte mehrere Wochen lang nichts anderes als Simon & Garfunkel gehört und deshalb darum gebeten, Songs der beiden verwenden zu dürfen. Darauf hat hat Paul Simon erstmal keine Lust, weil er es für künstlerischen Ausverkauf hält, Musik für Filme freizugeben oder zu schreiben. Ein Meeting mit Nichols stimmt ihn um, und er komponiert für ein üppiges Honorar drei Stücke.

Einige der Songs von Bookends wurden bereits lange vorher als Singles veröffentlicht

Von den ersten beiden – Overs und Punky’s Dilemma – zeigt sich der Filmemacher enttäuscht, von einem unfertigen dritten ist er jedoch hellauf begeistert. Ursprünglich trägt es den Arbeitstitel Mrs. Roosevelt, wird aber nach der Protagonistin des Streifens umbenannt: Mrs. Robinson. Nichols findet es sogar gut, dass es für die erste Strophe noch keine Worte gibt und die beiden Stimmen nur „di-di-di“ und „du-du-du“ singen. Im Text bringt Simon eine Referenz an den Baseball-Star Joe DiMaggio von den New York Yankees unter, und auch die Beatles werden zitiert: Die kleine Zeile „coo-coo-ca-choo“ stammt von John Lennon und aus I Am The Walrus.

Es darf auch was kosten

Mit seinem Gitarrenlick und dem unfassbar griffigen Refrain geht Mrs. Robinson sofort ins Ohr und wird zum Hit. Im Zuge dessen schiebt sich das Soundtrack-Album auf Platz eins der US-Charts. Allerdings unterscheidet sich die Version des Liedes im Film von der Single auf dem Soundtrack, die schließlich auch auf Bookends ihren Platz findet. Interessanterweise hält Paul Simon nicht viel von den Überbleibsel-Songs auf zweiten Seite des Albums: „Sie bedeuten nicht viel, und die Aufnahmen sind auch nicht gut.“

Das Poster, das dem Album beilag. Heute ein Sammlerstück.

Laut Vertrag muss das Label die Studiosessions von Simon & Garfunkel bezahlen. Vermutlich liegt dem die Annahme zu Grunde, dass zwei Folk-Sänger mit Akustikgitarre schon nicht so lange brauchen würden. Das machen sich Simon und Garfunkel unverfroren zu Nutze: Sie laden Streicher, Blechbläser und Percussionisten ein, verwenden Geräusche und kleine Soundcollagen und lassen sich generell viel Zeit beim Experimentieren. Trotz dieses perfektionistischen Ansatzes, bei dem viel Zeit in Details gesteckt wird, beschränkt sich die Laufzeit auf 29 Minuten. Das macht aber nichts; bei manchen Platten reicht das eben.

Spitzenpositionen

Am 3. April 1968 erscheint Bookends, begleitet von Mrs. Robinson als Single. Die Verkaufszahlen können sich von Anfang sehen lassen, die Scheibe erklimmt die Spitzenposition der Charts in den USA und Großbritannien, in Deutschland reicht es für Platz 40. Damit stehen Simon & Garfunkel in der öffentlichen Wahrnehmung auf einer ähnlichen Stufe wie Bob Dylan, die Rolling Stones und mit Abstrichen sogar wie die Beatles. Mrs. Robinson wird zweifach mit einem Grammy ausgezeichnet und von unzähligen Künstlern gecovert, etwa von Frank Sinatra, den Lemonheads und Bon Jovi. Bookends gilt als das erfolgreichste Album von Simon & Garfunkel – und es macht heute noch Freude.

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