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Popkultur

25 Jahre „Californication“: Die Wiedergeburt der Red Hot Chili Peppers

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Red Hot Chili Peppers
Foto: Brenda Chase Online USA, Inc./Getty Images

Nach großen Kämpfen, außer Kontrolle geratener Drogensucht und inneren Streitigkeiten gelingt den Red Hot Chili Peppers 1999 mit Californication ein unfassbares Comeback. Das hat viel mit Rückehrer John Frusciante zu tun.

von Björn Springorum

Die Geschichte der Red Hot Chili Peppers ist an Drama, an Höhen und Tiefen an einem fast griechischen Niveau von Tragik und Hedonismus nicht zu überbieten. Früh beherrschen harte Drogen den Bandalltag. Schon 1988 verlieren sie Hillel Slovak an Heroin, nach dem überraschenden und durchschlagenden Erfolg von Blood Sugar Sex Magik (1991) verfallen sie der Reihe nach den Göttern des Rausches. Das ist umso erstaunlicher, weil sie ja schon einen von ihnen elendig zugrunde gehen sahen und zudem Produzent Rick Rubin nur mit ihnen an  Blood Sugar Sex Magik zu arbeiten bereit war, weil die Band ihre Drogen-Issues im Griff zu haben schien.

Zwischen Leben und Tod

Fehlanzeige. All das geht so weit, dass Gitarrist John Frusciante hinschmeißt, weil ihm der Ruhm nicht bekommt. Er lebt eine Weile in Armut und Elend, ein Wunder eigentlich, dass er überhaupt noch lebt. Auch Anthony Kiedis verfällt den Drogen, der düstere Nachfolger One Hot Minute kündet davon. Und bringt die Band an den Abgrund: Nichts geht mehr, die Luft ist raus, Drogen und Ruhm haben die Band von innen zerfressen, Ersatzgitarrist Dave Navarro fliegt raus. Doch dann der Wendepunkt: Bassist Flea kann Frusciante überzeugen, einen Entzug zu machen.

Im Januar 1998 checkt er in das Las Encinas Drug Rehabilitation Center ein – mit Narben an den Armen, einer restaurierten Nase und Zahnimplantaten nach einer oralen Infektion. Schon im April 1998 ist Frusciante endlich wieder Teil der Band. Was jetzt beginnt, ist eine Legende für sich, ein Stück Americana, ein einjähriger Heilungsprozess, an dessen Ende mit Californication ihr bis heute erfolgreichstes Album steht. Das ist ein einziges Wunder.

David Bowie gibt der Band einen Korb

So ganz ohne Schluckauf läuft dieses Comeback aber nicht ab: Flea schlägt vor, in eine elektronische Richtung zu gehen, doch alle angefragten Produzenten lehnen es ab, mit der Band zu arbeiten. Selbst David Bowie. Also bleiben die Schuster bei ihren Leisten und wenden sich wieder dem Alternative Rock zu. Dennoch ist Californication weder mit Blood Sugar Sex Magik noch mit One Hot Minute zu vergleichen. Und enthält eher schon den Geist beider Platten. Den Sommer 1998 verbringt die Band in Fleas Garage, um Songs zu schreiben und sich wieder aneinander zu gewöhnen. In dieser Zeit, vielleicht auch als Nachwirkungen seines Drogenkonsums, entwickelt Frusciante ein minimalistisches Spiel, das viele der Songs prägen wird.

Californication enthält deutlich weniger Rap-Songs als seine Vorgänger, dafür gibt es zuhauf strukturierte und melodische Gitarrenriffs und jede Menge melancholischen Gesang. Das zieht: Mit Scar Tissue, Otherside und Californication gibt es gleich drei mächtige Nummer-eins-Hits, insgesamt verkauft sich die Platte über 15 Millionen Mal. „Jeder hatte Spaß. Es war, als ob wir nichts zu verlieren und nichts zu gewinnen hätten“, so beschreibt Sänger Kiedis die Aufnahmen später. „Es war uns alles egal; wir machten Musik um der Musik willen.“

Keine „Kiffer-Sessions“ mehr

Ausgerechnet mit Rick Rubin klappt es diesmal aber zunächst nicht besonders gut. Die Band ist unzufrieden mit einer ersten Produktion, man heuert einen zweiten Tontechniker an. Gemeinsam einigen sich alle Beteiligten auf einen sehr trockenen, direkten Sound, was Rubin dadurch erreicht, dass er die Mikrofone direkt neben die Instrumente stellt. Hat ja auch bei seiner Arbeit mit Johnny Cash funktioniert. Wo früher „tagelange Kiffer-Sessions oder sexuelle Ausschweifungen“ an der Tagesordnung waren, wie Rubin mal die Aufnahmen zu einem Album der Chili Peppers beschrieb, herrscht diesmal höchste Konzentration: In nur fünf Tagen sind die 15 Songs im Kasten.

Rubin erklärt sich das so, dass die Band, nachdem sie die Songstrukturen festgelegt hat, ausgiebig probt, bevor sie ins Studio geht. „Das Ziel war es, den Schreibprozess nicht mit dem Aufnahmeprozess zu verwechseln“, so der Produzent. „Trotzdem spielen wir denselben Song vielleicht hundert Mal im Studio, damit er sich so anfühlt, als wäre er perfekt, aber er hat auch Fehler. Es ist natürlich, es klingt wie eine Band an einem wirklich guten Abend.“ Kritiker*innen bemängeln hin und wieder dennoch den etwas zu trockenen, spröden Sound.

Eine zweijährige Welttour später steht fest: Frusciante hat es überstanden, die Band wächst und gedeiht – und fängt direkt nach der Tour mit den Arbeiten an By The Way an. Bis 2009 läuft alles gut. Dann steigt Frusciante wieder aus. Diesmal aber nur, um Pause zu machen. Und irgendwann wieder zurückzukommen.

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