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Popkultur

Zeitsprung: Am 27.1.1968 kommt Mike Patton von Faith No More zur Welt.

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Foto: Luke Skyworcel (Flickr) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.1.1968.

von Christof Leim

Heute gehen unsere Glückwünsche raus an Mike Patton, einen der abgedrehtesten Künstler der vergangenen Dekaden. Bekannt wurde er als Sänger von Faith No More, und es steht außer Frage, dass er toll singen und viele andere Töne mit seiner Stimme machen kann. Aber da gibt es noch einiges mehr. Happy Birthday!

Hört euch hier die Klassiker von Faith No More an und lest weiter:

Es ist gar nicht so einfach, einen Überblick über das Werken von Mike Patton zu bekommen. Klar, Faith No More kennen wir alle, von Mr. Bungle haben die meisten gehört, und Fantômas ist doch diese Band mit dem Slayer-Trommler, oder? Damit hätte man dann erfolgreich an der Oberfläche gekratzt. Patton treibt sich nämlich sonst noch rum in Noiserock, Jazz, italienischem Pop, Grindcore, Filmmusiken, Neoklassik, Alternative und Computerspiel-Soundtracks. Produzent, Schauspieler, Multiinstrumentalist und Plattenlabel-Betreiber ist er auch noch.

Also fangen wir am besten vorne an: Michael Allan Patton kommt am 27. Januar 1968 in der  kalifornischen Kleinstadt Eureka, 400 km nördlich von San Francisco, zur Welt. Die ersten Songs, mit denen er in Berührung kommt, stammen von Bands wie Styx und Kansas: „Siebziger-Mist aus dem Radio meiner Eltern“. Allerdings interessiert ihn Musik erst später; weil er in der Schule als Geek und Außenseiter gilt, wendet er sich Death Metal und Hardcore zu. Er steht auf „alles, was schnell, laut, fies und bescheuert“ klingt. Mit 17 gründet er die Band Mr. Bungle, eine musikalische Freakshow auf Rock-Basis.

Neue Band, Welterfolg

Deren Demotapes fallen den Musikern von Faith No More in die Hände, die ihn im Januar 1989 zu ihrem Sänger machen. Die erste Begegnung hatte bereits 1986 stattgefunden, als Faith No More in Eureka vor sechs Zuschauern in einer Pizzeria gespielt hatten. Solche Zeiten sind mit Pattons Albumeinstand The Real Thing (1989) vorbei, denn die Scheibe wird aus dem Stand zum fetten Hit. Das liegt insbesondere an den Singles Epic und From Out Of Nowhere, die damals in jeder Disco, auf jeder Party und jeder MTV-Rotation im Kreis laufen. Im Video zu Epic trägt Patton übrigens ein Mr. Bungle-Shirt, auch in Interviews redet er gerne über seine „andere“ Band, die er weiterhin betreibt. Kreativen Einfluss hat unser Mann auf The Real Thing nur wenig, was erstens die allgemeine Stimmung belastet und zweitens Patton zu einer aus Trotz freakigen Performance veranlasst, wie der Produzent Matt Wallace berichtet. Beim Nachfolger Angel Dust (1992) ist Mike Patton dann voll am Start und bringt seine ganze exzentrische Kreativität ein. Der Rest ist – immer wieder schön – Geschichte: Faith No More werden dank vier toller Alben zu einer der prägendsten Bands der Neunziger und lösen sich 1998 auf.

Insbesondere nach dem Split dreht Patton dann in – kreativer Hinsicht – völlig ab: Er gründet die „Supergroup“ Fantômas mit Buzz Osbourne (The Melvins), Trevor Dunn (Mr. Bungle) und Dave Lombardo (Slayer), nimmt hochgradig experimentelle Alben mit John Zorn auf und gastiert auf vielen schrägen und schrägsten Platten. So singt er mit Orchestern und nimmt italienische Popsongs aus den Fünfzigern und Sechzigern auf. Die Liste der Projekte und Bands, bei denen Patton involviert ist, wird zusehends länger: Peeping Tom, Dead Cross, Tomahawk, Team Sleep, Lovage, Nevermen, Dillinger Escape Plan, Björk, The X-Ecutioners, Metalocalypse. Er schreibt Soundtracks für Filme und tritt auch als Schauspieler auf, für etliche Computerspiele komponiert er die Musik und leiht diversen Charakteren (gerne Zombies) seine Stimme.

Bemerkenswerte Stimme

Mit all diesen Aktivitäten folgt er einer frühen Erkenntnis, wie er dem Kerrang-Magazin einmal erzählte: „Mit Mitte Zwanzig wurde mir klar, dass ich bisher immer nur in Rockbands gespielt hatte. Ich wollte aber andere Dinge mit meiner Stimme tun und sie in Situationen einsetzen, die überhaupt nichts mit Rockmusik zu tun haben.“ Deshalb gehört zu seinem Repertoire heute alles von Schreien, Falsetto, Crooning, Opern, Growls, Rappen, Beatboxing bis Scatting. Damit könnte er durchaus der vielseitigste Vokalist in der Geschichte der Rockmusik sein. Vor allem verfügt seine Stimme über den beachtenswerten Umfang von knapp über sechs Oktaven

Weil Mike zudem keine Lust auf Ruhm und das Musikgeschäft an und für sich hat, gründet er 1999 die Plattenfirma Ipecac Recordings und schafft sich so einen Heimathafen für die vielen nur eingeschränkt kommerziell verwertbaren Werke aus seiner Feder und von anderen Künstlern. 2009 schließlich kommen auch Faith No More wieder zusammen, gehen auf Tour und veröffentlichen 2015 Sol Invictus. Zwischendurch macht Patton immer wieder gerne durch kontroverses oder einfach nur bescheuertes Verhalten auf sich aufmerksam. Das fängt mit albernen Interviews an, geht über exzentrisches Bühnenverhalten bis zu einer jahrelangen Fehde mit Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers. Ach ja, bei der Tour mit Guns N’ Roses Anfang der Neunziger soll er in den Orangensaft von Axl Rose, nun ja, gekackt haben.

Furchtlos

Ohne Zweifel kann Mike Patton also auf ein äußert vielseitiges und immer kreativ furchtloses Werken zurückblicken. Vermutlich gibt es wenige Künstler, die da mithalten können. Wir sagen: Herzlichen Glückwunsch. Allen, die tiefer in den Kosmos von Mike Patton einsteigen wollen, empfehlen wir als weitere Lektüre den Artikel „The A-Z of Mike Patton“ von Team Rock. Wer dann noch nicht genug hat, kann sich gerne die kleine Videosammlung anschauen, die wir für euch zusammengestellt haben.

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