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Popkultur

Zeitsprung: Am 13.9.1979 starten ABBA ihre letzte Tour.

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Foto: Robin Platzer/IMAGES/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 13.9.1979.

von Victoria Schaffrath und Christof Leim

Als ABBA 1979 ihre letzte Tour starten, ahnt keiner, dass sie (Achtung, der kommt flach) zum persönlichen Waterloo der Band mutiert. Irgendwo zwischen Edmonton und Tokio offenbaren sich die grundlegenden Differenzen der Schweden, da hilft auch kein Super Trouper mehr. Sehen wir uns an, wo es unterwegs knackst.

Hört euch hier Live At Wembley Arena von ABBA an:

Nervöse Proben

Generell brüsten sich ABBA nicht gerade damit, eine irre Live-Band zu sein. Seit der Gründung 1972 spielen die beiden Ehepaare nur vereinzelt Konzerte, das höchste der Gefühle markieren kleine Abstecher nach Mitteleuropa und Australien. Das Album Voulez-Vous macht in den Charts 1979 eine gute Figur, doch sowohl dem Label als auch der Band schwant, dass zur Vollendung der popkulturellen Weltherrschaft (sprich zum Knacken des amerikanischen Marktes) eine ausgedehnte Tour fehlt. 

Für Björn Ulvaeus und Benny Andersson ist das keine große Sache, die beiden alten Showhasen können dank ihrer erfolgreichen Musikkarrieren im Schweden der Sechziger einiges an Live-Erfahrung aufweisen. Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad hingegen drücken noch einmal die stimmliche Schulbank und nehmen Gesangsunterricht. Doch auch als Quartett fühlt man sich noch fragil: „Wir brauchen als Bühnen-Act noch etwas Selbstbewusstsein“, erklärt Andersson während der Vorbereitungen. Nach vier Monaten intensiver Proben und ein paar Überraschungskonzerten in schwedischen Clubs geht es schließlich rüber nach Kanada. Hier spielen die Musiker am 13. September 1979 in Edmonton die erste Show der 40 Termine umfassenden Tour.


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Promo & Probleme

Doch die Band, die – eigentlich – aus den beiden Ehepaaren Fältskog/Ulvaeus und Lyngstad/Andersson besteht, steht vor einem kleinen Problem: Ulvaeus und Fältskog gehen seit einiger Zeit getrennte Wege. Gerade im konservativen Amerika gibt es da Abstriche für das familienfreundliche Image, doch „the show must go on“. Um die Tour positiv zu bewerben, muss eine Single her, Ulvaeus und Andersson schütteln da mal eben Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight) aus dem Ärmel. 

Ein Sample daraus verhilft 2005 Madonnas Hung Up zum Erfolg, auch optisch erinnert „Madge“ Mitte der Zweitausender arg an die ABBA-Mädels. Das dürfte am aufwendigen Bühnenaufbau und den legendären Kostümen von ABBA: The Tour liegen. Das Konzept soll mit den kühlen Farbtönen an die nordischen Ursprünge der Gruppe erinnern; mehr Siebziger als Spandex-Anzüge mit weißen, blauen und violetten Streifen geht nicht.

Nein, das sind keine Sportklamotten: ABBA auf dem Cover der Liveplatte von 1979.

Reisestrapazen

Zwei Monate lang geht es durch Amerika und Europa, im März 1980 tourt man noch durch Asien. Auf der Bühne sammelt die Vierergruppe unterschiedliche Erfahrungen: Lyngstad fühlt sich dort ganz wohl, während Fältskog das weniger turbulente Studioleben vorzieht. Kritikern fällt diese Unsicherheit auf, Soundprobleme tragen zu durchwachsenen Rezensionen bei. Zwar laufe die Show wie ein gut geöltes Uhrwerk, heißt es da, der Band fehle jedoch die überlebensgroße Strahlkraft vergleichbarer Künstler. 

Hinter den Kulissen zehrt das Reisen an den Nerven der Mitglieder. Vor dem letzten USA-Konzert gerät das Privatflugzeug der Gruppe in eine Schlechtwetterfront. Fältskog, die ohnehin unter Flugangst leidet, erlebt eine solche Todesangst, dass die folgende Show abgesagt werden muss. Neben diesem Ereignis und der Unsicherheit auf der Bühne kämpft sie auch gesundheitlich, kein Wunder also, dass sie die Tour nicht gerade als Spaziergang empfindet. Vorkommnisse wie diese halten die Schweden wenig später im Song Super Trouper fest: „All I do is eat and sleep and sing, wishing every show was the last show.“

Thank You For The Music

Ab 1982 gehen ABBA in den wohlverdienten Dauerurlaub. Eine offizielle Trennung erfolgt nie, doch die Soloprojekte der einzelnen Mitglieder rücken in den permanenten Fokus. So sehr, dass auch Ehe Nummer zwei das Zeitliche segnet. „On the road“ sieht man die Schweden nach ABBA: The Tour ohnehin nicht mehr, Pläne für eine ominöse virtuelle Reunion-Tour setzen sie bisher auch nicht um. Fältskog bringt es eigentlich auf den Punkt: „Mein musikalisches Zuhause ist das Studio, nicht die Bühne.“ Passend, neues Material soll im November 2019 kommen. Für die Ewigkeit bleibt von der Weltreise 1979 immerhin ein Karriere-Highlight: das Album Live At Wembley Arena, das 2014 erscheint.

Zeitsprung: Am 6.4.1974 gewinnen ABBA den Eurovision Songcontest.

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