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Popkultur

„Diabolus In Musica“: Als Slayer den Faden verloren

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Foto: Mick Hutson/Redferns/Getty Images

Die Neunziger waren eine wilde Zeit für den Metal. Damals drängte der Grunge die Bands der Achtziger an die Seite; der Nu Metal begeisterte eine ganz neue Generation. Da kann man auch als gestandener Bay-Area-Thrasher mal den Fokus verlieren — so wie Slayer auf ihrem achten Album Diabolus In Musica.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Diabolus In Musica von Slayer anhören:

Mitte der Neunziger befinden sich Slayer in einer experimentellen Phase, wie so viele Metal-Bands zu jener Zeit. Der Grunge hat viele der klassischen Metal-Helden reichlich Federn gekostet; nun keimt auch noch der Nu Metal auf. So veröffentlichen Korn am 11. Oktober 1994 ihr gleichnamiges Debüt. Limp Bizkit bringen am 1. Juli 1997 ihr erstes Album Three Dollar Bill, Yall$ raus. Anfangs versuchen Slayer noch, in dem neuen Genre mitzuspielen und lassen den Nu Metal in ihr achtes Album Diabolus In Musica einfließen. Doch zu Beginn der 2000er merken sie schließlich, dass ihr Trademark-Sound immer noch am besten funktioniert. Eine Rückschau auf eine ungewöhnliche Zeit bei Slayer.

„Diabolus In Musica“: Slayer auf Abwegen

Ihren Anfang nimmt die experimentierfreudige Phase von Slayer mit dem sechsten Album Divine Intervention. Am Schlagzeug sitzt damals zum ersten Mal nicht Dave Lombardo, sondern Paul Bostaph, der von 1985 bis 1992 für die Bay-Area-Thrasher Forbidden getrommelt hatte. Zwar klingen Slayer auf ihrer Sechsten wie Slayer, doch in lyrischer Hinsicht loten sie (noch mehr als sonst) die Extreme aus und landen mit der Platte sogar auf dem Index. Zwei Jahre später veröffentlichen die Kalifornier das Cover-Album Undisputed Attitude, auf dem sie sich vor einflussreichen Bands aus dem Punk- und Hardcore-Bereich verneigen. Am 9. Juni 1998 wird es dann wild.

Für Diabolus In Musica stimmen Slayer ihre Gitarren zum ersten Mal auf C♯ herunter, wie es im Nu Metal nicht unüblich ist. Auch im Songwriting greifen die Thrash-Legenden die neuesten Entwicklungen der Radaumusik auf, was ihnen manchmal gelingt, größtenteils aber fehl am Platz wirkt. Das meiste Material stammt vom inzwischen verstorbenen Gitarristen Jeff Hanneman, der 1998 in einem Interview erzählt: „Als wir das Album geschrieben haben, habe ich etwas gesucht, an dem ich mich abarbeiten kann; ich habe sowas gebraucht, aber gerade beeindruckt mich einfach gar nichts. Nichts klang aggressiv oder heavy genug, also musste ich mir meinen eigenen Scheiß ausdenken.“

Kerry King: „Ich war verbittert.“

Gitarrist Kerry King hingegen steuert zwar ebenfalls mehrere Songs zu der Platte bei, allerdings halbherzig, wie er 2011 in der Doku Metal Evolution einräumt: „Das ist die eine Platte, der ich nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt habe, weil ich verbittert war, was die aktuellen Musiktrends betraf. Ich fand das alles eher dümmlich, aber vielleicht war es deshalb auch so erfolgreich, keine Ahnung.“ Wegen der Verbitterung sei „Diabolus“ von ihm stiefmütterlich behandelt worden und die Band habe den Fokus verloren. „Wenn man zurückschaut, haben wir uns damals nur überlegt, wie wir Slayer an die aktuelle Gesellschaft anpassen können.“ Es sei das Album, das er am wenigsten möge.

An der Kasse funktioniert Diabolus In Musica trotzdem gut. Schon in der ersten Verkaufswoche ab dem 9. Juni 1998 geht die Platte 46.000 mal über die Ladentheke — allein in den USA. (Benannt ist das Album übrigens nach dem berühmten Teufelsintervall, das euch Kollege Markus Brandstetter im verlinkten Text erklärt.) In der Retrospektive gilt „Diabolus“ als vielleicht schwächstes Slayer-Album. Eine Art Comeback aus der Experimentierphase feiern die Kalifornier 2001 mit ihrer neunten Studioveröffentlichung God Hates Us All. Die Platte markiert die Rückkehr der „alten Slayer“ — doch diese Geschichte könnt ihr an anderer Stelle nachlesen.

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