Popkultur
Die am häufigsten missverstandenen politischen Songs aller Zeiten
Sicherlich gibt es auch politische Songs, bei denen alles klar ist. Wo die Message tatsächlich so verstanden wird, wie sie gemeint war. Allerdings tummeln sich in der Musikgeschichte etliche Songs, die vollkommen anders aufgefasst worden sind, als ursprünglich von den Musiker*innen intendiert. Da gibt es Anti-Kriegssongs, die als Kriegshymnen verstanden, Proteststücke, die als „Weiter so“ interpretiert worden sind – und zwar hartnäckig, über Jahre hinweg, da konnten die Songschreiber*innen ihre eigentlichen Absichten noch so oft zum Ausdruck bringen. Man könnte dieses Phänomen auch als den „Born In The USA“-Effekt bezeichnen, denn Springsteens Klassiker ist ganz klar das berühmteste Beispiel in der folgenden Liste.
Hier sind 10 der am häufigsten missverstandenen politischen Songs der Musikgeschichte.
von Brett Milano
Hört hier in die Playlist rein:
Für die ganze Playlist klickt auf „Listen“.
10. U2: Sunday Bloody Sunday (War, 1983)
Dieser Song wurde dermaßen häufig falsch interpretiert, dass Bono im Verlauf der Live-Version, die u.a. im Film zum Album Rattle & Hum zu hören ist, noch mal ausdrücklich klarstellt, dass es sich „nicht um einen rebellischen Song“ handelt. Er kam natürlich trotzdem so rüber, denn die Band klang so aufgebracht wie nie zuvor, und dann war da ja noch die Tatsache, dass das dazugehörige Originalalbum auf den Namen War hörte. Genau genommen lehnten sie damit jedoch jede Art von Gewalt ab – und zwar auf beiden Seiten des damaligen Nordirlandkonflikts. Alles andere als eine Kampfansage also, stattdessen ging es ihnen um Friedfertigkeit und um jene christlichen Werte, die danach noch häufiger in ihren Songs durchschimmern sollten.
9. The Temptations: Cloud Nine (Cloud Nine, 1969)
In diesem Fall muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, ob man nun den Aussagen der Band Glauben schenkt oder nicht: Der Protagonist von Cloud Nine lebt jedenfalls im Armenviertel, und er landet schließlich bei harten Drogen, weil sein Leben sonst nichts zu bieten hat. Ihm selbst geht’s ganz gut damit: „doing fine on cloud nine“, heißt es im Songtext. Die Mitglieder von The Temptations und besonders der Autor des Stücks, Norman Whitfield, haben jedoch immer wieder betont, dass es sich bei dieser Wolkenmetapher nicht um einen drogeninduzierten Zustand handelt. Es handle sich vielmehr ganz allgemein um einen erhöhten Geisteszustand. Problematisch daran ist und bleibt, dass die Sache aus der vernebelten Drogenperspektive sehr viel runder und glaubwürdiger klingt…
8. Prince: Ronnie, Talk To Russia (Controversy, 1981)
Dieser Song stammt aus einer Phase, in der Prince nicht gerade für seine politischen Ansagen bekannt war – ganz im Gegenteil. Und doch klingt diese eigentlich so gut gelaunt wirkende New-Wave-Nummer so, als würde er sich darüber lustig machen, dass seine Mitmenschen Angst hatten vor einer Invasion der Russen. Aber nein: Es war ihm wohl doch ein ernsteres Anliegen, und Prince hatte wohl auch selbst ein wenig Angst um das Weiterbestehen der Erde – was man auch wenig später auf dem Album 1999 raushören sollte.
7. The Guess Who: American Woman (American Woman, 1970)
Man sollte meinen, dass bei diesem Song alles klar ist, schließlich haben Burton Cummings und The Guess Who im Songtext ganz klar die Frauen aus dem Nachbarland, den USA adressiert. Als politisch aufgefasst wurde der Song dank Zeilen wie „I don’t need your war machines, I don’t need no ghetto scenes“ – verständlich. Dass diese Liebeserklärung an die Mädels in Kanada allerdings als allgemeine Hymne der Feministinnen aufgefasst wurde, ist schon überraschend, wo die Band doch nichts dergleichen beabsichtigt hatte.
6. Elvis Costello: Less Than Zero (My Aim Is True, 1977)
Berüchtigt ist dieser Song spätestens seit Elvis Costello seine „Saturday Night Live“-Performance von Less Than Zero gleich nach der ersten Strophe abbrechen sollte und sagte: „In diesem Rahmen macht der Song überhaupt keinen Sinn.“ Tatsächlich musste man wissen, dass sich das Stück auf ein britisches TV-Interview mit dem faschistischen Politiker Oswald Mosley (1896-1980) bezog; die ganze Wut darin speist sich aus dem Entsetzen darüber, dass sich jemand wie Mr. Mosley später wieder in der britischen Gesellschaft etablieren konnte. Fürs US-Publikum waren das alles böhmische Dörfer, und Costello ist nun mal dafür bekannt, die Sachen beim Namen zu nennen…
5. Neil Young: Rockin’ In The Free World (Freedom, 1989)
Auch wenn wahlkämpfende Präsidentschaftskandidaten diesen Song aus der Golfkriegs-Ära nach wie vor sehr gerne spielen, hatte Neil Young damit genau genommen gar nicht so patriotische Absichten: Als ironische Antwort auf George Bushs Ruf nach einer „freundlicheren und menschlicheren Nation“ entwirft er ein neues Selbstverständnis der US-Amerikaner, in dem „wir eine freundlichere, menschlichere Hand am Maschinengewehr haben“. Zwar feiert Young auch das Ende des Kommunismus – an der daheim gelebten Alternative übt er gleichfalls Kritik.
4. Phil Ochs: Outside Of A Small Circle Of Friends (Pleasures Of The Harbour, 1967)
Obwohl er als einer der größten Aktivisten und Protest-Songwriter bekannt ist, wird häufig übersehen, wie hart Phil Ochs auch mit „Lehnstuhl-Linken“ ins Gericht ging. Nach dem unmissverständlichen Love Me, I’m A Liberal bohrte er seine Klinge mit diesem Stück sogar noch ein bisschen tiefer ins Fleisch, indem er sich über die dauerberauschte Apathie seiner Fans lustig machte. Allerdings: Weil der Song so lustig war (und eine Zeile wie „Smoking marijuana is more fun than drinking beer“ darin auftauchte, die seiner hanfverliebten Fanbase natürlich zusagte), war Outside… hinterher sogar sein größter US-Airplay-Hit in den Sechzigern. Ein perfektes Beispiel für einen politischen Song, der vollkommen missverstanden wurde.
3. The Monkees: Last Train To Clarksville (The Monkees, 1966)
Dieses Stück ist der womöglich raffinierteste, am besten verschleierte Polit-Song der Sechziger: Denn obwohl die Sache aus heutiger Perspektive auf der Hand liegt, kapierten damals nur die Wenigsten, dass es hier um einen Soldaten geht, der nach Vietnam geschickt wird. Auch dass seine Freundin nach ihrer Ankunft in Clarksville bei ihm übernachten sollte, entging den Fans (doch es war schließlich der letzte Zug). Eine klare Pro- oder Anti-Kriegsposition bezieht der Song auch gar nicht, aber die Zeile „I don’t know if I’m ever coming home“ reicht vollkommen, um die brutale Realität des Krieges zu veranschaulichen. Harter Tobak wenn man bedenkt, dass The Monkees mit diesem Song eigentlich nur zu Teenie-Stars werden wollten (was ja auch so kommen sollte).
2. Creedence Clearwater Revival: Fortunate Son (Willy And The Poor Boys, 1969)
Viele US-Amerikaner finden und fanden, dass Kritik an der Regierung und Veteranen-Bashing Hand in Hand gehen – und dieser Creedence Clearwater Revival-Song aus der Zeit des Vietnamkriegs wurde nicht nur als patriotische Arbeiterhymne gefeiert, sondern zugleich auch als knallhartes Statement gegen das US-Militär. Laut Songschreiber John Fogerty ging es „weniger um den Krieg, sondern eher allgemein um die Ungerechtigkeit des Klassensystems“. Selbst ein Veteran, habe er damit genau genommen bloß das ungerechte Einberufungssystem kritisieren wollen. „It ain’t me, it ain’t me/I ain’t no senator’s son“, heißt es im Text, womit sich Fogerty auf den Enkel von Eisenhower bezieht, der nicht eingezogen wurde, nachdem er Nixons Schwiegersohn geworden war. Seit dem Release lief Fortunate Son in Wrangler-Clips genauso wie in Werbespots für Pickup-Trucks – nur wird die Musik meistens genau an der Stelle ausgeblendet, wenn es heißt „Ooh, they point the cannon at you“.
1. Bruce Springsteen: Born In The USA (Born In The USA, 1984)
Dieses Stück ist und bleibt die absolute Nummer #1 unter den missverstandenen Polit-Songs. Denn selbst wer meint, Bruce Springsteen habe es darauf angelegt mit der hymnenhaften Melodie (nicht zu vergessen auch das Sternenbanner auf dem Albumcover!), konnte man gar nicht überhören, wie wütend er über den Umgang der Regierung mit den Vietnam-Veteranen war. Ronald Reagan war schließlich dafür verantwortlich, dass Springsteen das Stück noch einmal überarbeiten sollte: Wenn nämlich jemand wie Reagan den Song als einfache patriotische Hymne auffasste, dann musste er die Musik in einen minimalistischen Blues verwandeln, um die Message noch deutlicher zu transportieren. Bis heute präsentiert er diesen Song in dieser Form.
Das könnte euch auch gefallen:
10 Songs, die sich in die Politik einmischen
Axl Rose auf Twitter: „Wählt Blau… Bitches!!“
“The Kinks Are The Village Green Preservation Society”: Im Schatten des Weißen Albums

Popkultur
Als Led Zeppelin facettenreicher wurden: „Houses Of The Holy“
Vier durchnummerierte Platten brauchten Led Zeppelin, um die Spitze des Rockolymp zu erklimmen. Auf ihrer fünften Veröffentlichung Houses Of The Holy schlugen die Briten experimentierfreudigere Pfade ein — mit großem Erfolg. Den Titeltrack mussten sie allerdings auf das nächste Album verschieben.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Houses Of The Holy von Led Zeppelin anhören:
Pause? Für Led Zeppelin ist das zu Beginn ihrer Karriere ein Fremdwort. In gerade einmal drei Jahren veröffentlichen die Briten vier legendäre Alben, touren mehrfach um den Globus und spielen weltweit vor ausverkauften Häusern. Großbritannien, Nordamerika, Japan, Australien — und wieder von vorn. Ein wenig zur Ruhe kommen Led Zeppelin erst 1972, als sie mit der Aufnahme ihres fünften Albums Houses Of The Holy beginnen. Die Gruppe schlägt darauf experimentellere Wege ein und setzt auf aufwändige Arrangements und neue Einflüsse statt auf schnodderigen Hardrock-Sound. Doch wie genau kam es zu dieser Typveränderung — und hatten auch die Fans Freude an den neuen Led Zeppelin?
Houses Of The Holy: Ein Album unter anderen Umständen
Anfang der Siebziger ist das Bankkonto von Led Zeppelin bereits gut gefüllt — so gut, dass sich Gitarrist Jimmy Page und Bassist John Paul Jones ihre eigenen Heimstudios einrichten. Zum ersten Mal können die beiden Musiker ihre Ideen in aller Ruhe aufnehmen, noch einmal hören, bearbeiten und ergänzen. Dadurch werden die Songs ausgeklügelter als sonst — weg vom Bluesrock, hin zum AOR, wenn man so möchte. Als Led Zeppelin mit den offiziellen Aufnahmen von Houses Of The Holy beginnen, sind die vier Musiker deutlich besser vorbereitet als bei ihren vorherigen vier Alben. Zu gut, wie es scheint, denn die Band spielt mehr Songs ein als auf die Platte passen.
Während der Sessions zu Houses Of The Holy sammeln Led Zeppelin so viel Material, dass sie ein paar ihrer neuen Kompositionen für später aufbewahren müssen. Das betrifft zum Beispiel den Song Walter’s Walk, der erst 1982 auf der Zusammenstellung Coda erscheint. The Rover und Black Country Woman packen die Briten auf ihr sechstes Album Physical Graffiti (1975). Besonders kurios: Sogar den Titeltrack verschieben Led Zeppelin auf später, sodass der Song Houses Of The Holy nun nicht auf dem Album Houses Of The Holy zu finden ist, sondern ebenfalls auf dem Nachfolger Physical Graffiti. Trotzdem klingt Houses Of The Holy stimmig — auch wenn „Led Zep“ darauf einige Experimente wagen.
Da wäre zum Beispiel die Funk-lastige Nummer The Crunge, die man den Briten vorher wohl nicht unbedingt zugetraut hätte. Auch das Reggae-beeinflusste Stück D’yer Mak’er klingt nicht wie ein typischer Led-Zeppelin-Song. Genau das war das Ziel, wie Gitarrist Jimmy Page in dem Buch Light & Shade: Conversations With Jimmy Page erklärt: „Auch wenn alle ein zweites Led Zeppelin IV wollten: Es ist sehr gefährlich, sich selbst zu kopieren. Ich werde keine Namen nennen, aber jeder kennt Bands, die sich ewig wiederholen. Nach vier oder fünf Alben sind sie ausgebrannt. Bei uns hingegen wusste man nie, was als nächstes kommt.“
Eine Tour der Superlative — und der anschließende Burnout
Das gilt auch für die Tour zu Houses Of The Holy, mit der Led Zeppelin einmal mehr neue Live-Show-Maßstäbe setzen. Laser, Discokugeln, aufwändige Outfits, Pyrotechnik: Die britischen Rocker lassen sich nicht lumpen und feuern auf ihrer insgesamt dreimonatigen Tour aus allen Rohren. 55 Konzerte geben Led Zeppelin, darunter auch in Nürnberg, München, West-Berlin, Hamburg, Essen und Offenburg. Überall feiert wird die Band gefeiert; später ist sogar die Rede davon, dass die Tour der technische Höhepunkt der Gruppe gewesen sein muss. Doch der Preis ist hoch: Nach der Konzertreise sind Led Zeppelin so fertig, dass sie eine fast zweijährige Pause einlegen.
Was die Verkaufszahlen und den Erfolg von Houses Of The Holy betrifft, geht die Platte im Vergleich zum direkten Vorgänger Led Zeppelin IV beinahe unter. „Nur“ elffaches Platin gelingt den Briten bis heute mit dem Album; bei Led Zeppelin IV ist es mehr als doppelt so viel und auch der Houses Of The Holy-Nachfolger Physical Graffiti kann insgesamt 16 US-Platinveredelungen abräumen. Dennoch: Led Zeppelin zeigen sich auf Houses Of The Holy von ihrer erwachsenen Seite und das kommt an. Drei Alben bringen die Briten anschließend noch raus, bis der Tod von Schlagzeuger John Bonham die Karriere der Gruppe im Jahr 1980 beendet. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
5 Dinge, die ihr über John Paul Jones von Led Zeppelin noch nicht wusstet
Popkultur
Zeitsprung: Am 28.3.1985 tritt Alicia Keys zum ersten Mal im TV auf. Sie ist 4.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.3.1985.
von Timon Menge und Christof Leim
Mehr als 150 Preise gewinnt Alicia Keys im Lauf ihrer Karriere, darunter 15 Grammys. Ihre Premiere im Showgeschäft feiert sie allerdings am 28. März 1985 in einer TV-Serie – mit vier Jahren.
Hier könnt ihr euch Here anhören:
Übernachtungsparty! Die kleine Tochter der Familie hat ihre Freunde und Freundinnen eingeladen, alle sind bestens gelaunt, vor allem als sie reihum mit dem Herrn Papa Rodeo spielen. Die Regeln: Wer sitzen bleibt, gewinnt. Ein Mädchen mit Lockenkopf kann sich trotz wildester Bewegungen halten und geht als Siegerin hervor. Vier Jahre alt ist die junge Schauspielerin in dieser Szene der Bill Cosby Show, ihr Name lautet Alicia Cook. Damals kennt sie niemand, heute schon…
In den Achtzigern kann man sich ein Fernsehprogramm ohne die Familie Huxtable kaum vorstellen. In acht Staffeln thematisiert die Sitcom das Leben einer afroamerikanischen Familie aus der Mittelschicht, die sich mit alltäglichen Situationen und Problemen auseinandersetzt. Dass dieses Format auch bei der weißen Bevölkerung gut ankommt, ist zu jener Zeit noch nicht selbstverständlich. Den Familienvater Dr. Heathcliff Huxtable gibt Schauspieler Bill Cosby, nach dem die Sendung auch benannt ist. (Heute ist Cosby weltweit und zurecht in Ungnade gefallen, weil er wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs zu mehreren Jahren Haft verurteilt wird. Aber das ist eine andere, unschöne Geschichte.)
Wer ist Alicia Cook?
Diese kleine Alicia Cook, die da einen Gast der Übernachtungsparty der kleinsten Huxtable-Tochter Rudy spielt, lernen wir Jahrzehnte später unter einem anderen Namen kennen: Alicia Keys. Mit dem Auftritt in der Show feiert sie sozusagen ihren Einstand im Showgeschäft. Hier könnt ihr euch den Ausschnitt mit ihr angucken:
In einem späteren Interview mit der Teleschau erzählt Keys: „Ich erinnere mich vor allem daran, dass es ein wahnsinnig langer Tag war. Bis das alles abgedreht war, war es später Abend – und ich und die anderen Kinder waren so müde, dass wir irgendwann einfach auf dem Sofa eingeschlafen sind. Aber ich erinnere mich auch daran, dass es extrem witzig war. Bill Cosby war super. Und hey, immerhin habe ich beim Reite-Spiel auf seinem Knie gewonnen.“
Nur der Anfang
Gewinnen wird Keys nachher noch so einiges, nämlich mehr als 150 Auszeichnungen und 14 Platinschallplatten (allein in den USA). Mit Alben wie Songs In A Minor (2001), The Diary Of Alicia Keys (2003), As I Am (2007) und The Element Of Freedom (2009) räumt sie in den 2000er Jahren wirklich alles ab. Wer hätte 1985 gedacht, dass aus der kleinen Alicia Cook einer der größten Popstars des 21. Jahrhunderts wird?
Zeitsprung: Am 7.9.1984 sind die Jacksons auf Tour und Janet brennt durch.
Popkultur
Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.
von Bolle Selke und Christof Leim
Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.
Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:
Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.
Psychedelische Scheißmusik
1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.
Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.
Unisex, roh und gewalttätig
Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.
Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“
Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…
Zeitsprung: Am 5.6.1977 gibt es einen Todesfall bei Alice Cooper – wegen einer Ratte.
-
6 Anekdoten, die nur aus dem Leben von Keith Moon stammen können
-
Zeitsprung: Am 21.4.1959 kommt Robert Smith von The Cure zur Welt.
-
Herzschmerz, Todesfälle und der Wunsch nach Frieden: 20 Rockballaden für die Ewigkeit
-
„Bohemian Rhapsody“: Die Geschichte des Klassikers, für den Queen alle Regeln brachen