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Popkultur

Die musikalische DNA von Diana Ross

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Es gibt viele Antworten auf die Frage, was das überhaupt sei, Soul. Die kürzeste aber lautet: Diana Ross ist Soul! Als Leadsängerin der Supremes schrieb sie Motown-Geschichte, als Solo-Künstlerin bricht sie bis heute noch alle Rekorde. Das Billboard-Magazin nannte sie 1976 die „Entertainerin des Jahrhunderts“ und sogar im Guinness-Buch der Rekorde konnte sie 1993 einen Eintrag für sich verbuchen – keine Künstlerin hatte mehr Hit-Singles vorzuweisen.


Hier bekommst du einen Vorgeschmack von Diana Ross’ musikalischer DNA, zur ganzen Playlist kommst du über den “Listen”-Button:


Songs wie Ain’t No Mountain High Enough werden für immer mit ihrem Namen verbunden sein und ganze Generationen von Jazz- und Soul-Sängerinnen werden nicht drum herum kommen, Ross-Stücke in ihr Repertoire aufzunehmen. Sie ist eben die Königin des Souls und ein Vorbild insbesondere für afro-amerikanische Künstlerinnen, wie auch Oprah Winfreys Einladung zu ihrem Legends Ball bewies, zu dem Ross ebenso erschien wie die Bürgerrechtlerin Rosa Parks, die Schriftstellerinnen Toni Morrison und Maya Angelou oder die Kolleginnen Aretha Franklin und Patti LaBelle.

Ross hat der Welt nicht allein mit ihrer eigenen Musik viel gegeben. Auch andere hat sie immer wieder ins Rampenlicht befördert. Michael Jacksons Karriere wäre vermutlich ganz anders gelaufen, hätte Ross nicht die Jackson 5 unter ihre Fittiche genommen. Doch welche Musik hat sie selbst im Laufe ihrer jahrzehntelangen Karriere beeinflusst? Ein Blick auf die musikalische DNA von Diana Ross verrät es uns!


1. Dorothy Love Coates – (You Can’t Hurry God) He’s Right on Time

Wie so viele schwarze Sängerinnen sammelte die kleine Diana – eigentlich sollte sie übrigens Diane heißen und ist auch mit diesem Namen auf den ersten Supremes-Platten genannt, doch ein Tippfehler auf ihrer Geburtsurkunde machte aus dem E ein A – ihre ersten musikalischen Erfahrungen in der Kirche. Mehr noch als anderen lag der Baptistin die Religion im Blut: Ihr Großvater mütterlicherseits war Pastor!

In der Kirche lernte sie einerseits Harmonietechniken und andererseits, sich gegen zahlreiche andere Stimmen durchzusetzen. Gospel wurde aber auch außerhalb des Kirchenschiffs stilprägend für die junge Soul-Bewegung, an deren Speerspitze Ross bald treten sollte. Dorothy Love Coates beispielsweise stand für einen Gospel-Sound, der sich neuzeitlicher Rock- und Pop-Musik versperrte und dennoch einen großen Einfluss auf die Motown-Generation ausübte. Die Supremes etwa stibitzten für ihren Megaerfolg You Can’t Hurry Love Coates’ (You Can’t Hurry God) He’s Right on Time und verpassten ihm einen säkularen Anstrich.


2. Smokey Robinson & The Miracles – The Tracks of my Tears

Nicht allein den Gospel bekam Ross schon in Kindheitstagen beigebracht, sie machte auch Bekanntschaft mit einem der größten Genies des späteren Motown-Sounds. Bevor sich William „Smokey“ Robinson Jr. als Bandleader der Miracles einen Namen machte und unsterbliche Klassiker wie The Tracks of my Tears schrieb, wohnten die beiden auf derselben Straße. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die beiden sogar mehr als Nachbarn waren…

Sicher ist zumindest, dass Ross dem Knirps von damals ihre Karriere zu verdanken hat. Als ihre erste Gruppe, die Primettes, sich mit einigen Live-Auftritten einen Ruf in der „Motor City“ Detroit erspielt hatte, stellte er die Verbindung zu Motown her – im Austausch gegen Primettes-Gitarristen Marv Tarplin, der Robinson 30 Jahre lang zur Seite stehen sollte. Ein fairer Deal, fanden beide Seiten. Und der Beginn einer langwährenden Zusammenarbeit zwischen Ross und Robinson im Hitsville-Studio.


3. Chic – Le Freak

Obwohl Ross während ihrer jahrzehntelangen Karriere wieder und wieder ihr gesangliches Talent bewies, übernahmen das Songwriting doch oftmals andere für sie. Für ihr 1980 veröffentlichtes Album diana holte sie mit Bernard Edwards und Nile Rodgers zwei Musiker und Komponisten ins Studio, deren funkige Rhythmen die Disco-Ära dominiert hatten. Chics Le Freak beispielsweise, ein als frustrierter Studio-Jam begonnener Song – geschrieben hatten ihn die beiden, nachdem ihnen im legendären Studio 54 der Einlass verwehrt wurde – brach alle Rekorde.

Ross hatte noch 1979 mit The Boss ein eher klassisches Motown-Album aufgenommen und wollte ihr Klangspektrum erweitern. Da kamen die Kompositionen, die Edwards und Rogers eigentlich für Aretha Franklin geschrieben hatten, gerade recht. Sie hatte den richtigen Riecher: Der Song Upside Down wurde zu einem Welthit und diana verkaufte mehr Platten als jedes andere ihrer Alben zuvor. Es lohnt sich eben manchmal, mit der Zeit zu gehen – nicht nur in künstlerischer Hinsicht.


4. Commodores – Easy

Upside Down, das beschreibt auch ganz gut Ross’ Verhältnis mit dem Label Motown. Nicht immer war das Verhältnis zwischen der Sängerin und der Detroiter Institution ein friedliches. Eine kleine Ironie des Schicksals also, dass ihr letzter Song für die Plattenfirma den Titel Endless Love hieß. Benannt war er nach dem gleichnamigen Film, dessen Titelstück er zugleich war. Eingesungen hat Ross die einfühlsame Ballade gemeinsam mit dem Commodores-Sänger Lionel Richie, der ein Jahr später als Solo-Künstler seinen Durchbruch feiern durfte.

Für die frühe Schützenhilfe sollte sich Richie noch oftmals bei Ross bedanken. So schrieb er etwa den Song Missing You für sie. An die Arbeit an Endless Love erinnert er sich jedoch am liebsten zurück. „Da bin ich also, im Studio, es ist drei Uhr nachts und Diana Ross kommt rein“, erinnerte er sich mit einem schelmischen Grinsen. „Und sie so: ‚Lionel, ich mag ein paar von deinen Parts… Was denkst du… Ich weiß nicht…‘, also sage ich ihr: ‚Welche Töne sich auch immer für dich am besten anfühlen, singst du einfach!‘“ Am Ende stand ein komplett neuer Song. Das ist echtes Teamwork! Bei den Commodores hatte Richie schließlich gelernt, wie’s geht. Für sie schrieb er Hits wie Easy.


5. Julio Iglesias – La Vida Sigue Igual

So wie Ross dem jüngeren Kollegen Richie gleichermaßen beim Aufbau seiner Solo-Karriere unter die Arme griff wie sie von seinen Qualitäten als Songwriter profitierte, ging sie mit Julio Iglesias eine Bindung ein, die beiden zugutekommen sollte. Ross’ Karriere war nach ihrem Zerwürfnis mit Motown-Chef Berry Gordy schwer angeschlagen und Iglesias versuchte, endlich auf dem englischsprachigen Markt Fuß zu fassen. Die Lösung für beider Probleme lautete All of You, für das die beiden 1984 unbekannterweise zusammen ins Studio gingen.

Angeblich haben sie sich selbst dort nicht getroffen und lernten einander erst beim gemeinsamen Videodreh für die Erfolgssingle kennen. Doch schon bald freundeten sie sich eng an und Ross verbrachte sogar die folgenden Weihnachtstage in Iglesias’ Residenz in Miami. Gut, dass der La Vida Sigue Igual-Sänger in Vorbereitung auf seine Karriere als englischsprachiger Sänger extra die Sprache gelernt hatte… So konnten sie einander nicht nur musikalisch verstehen.


6. Marvin Gaye – What’s Going On

Neben den lebenden Kollegen, mit denen Ross das Studio teilte, waren es auch alte Helden, die in ihrer Musik immer wieder auflebten. Missing You, die von Lionel Richie für Ross komponierte Ballade, war ein berührender Tribut an die Goldkehle des Motown-Sounds, Marvin Gaye, der im Jahr 1984 ermordet wurde. „Since you’ve been away / I’ve been down and lonely / Since you’ve been away / I’ve been thinking of you / Trying to understand / The reason you left me / What were you going through?“, lauten die ersten Zeilen des Stücks.

Gaye und Ross verband eine lange Freundschaft, die 1973 sogar auf einem Duettalbum namens Diana & Martin festgehalten wurde. Seitdem sie 1961 beide bei Motown unterschrieben hatten, inspirierten sie einander wieder und wieder. Der beste Beweis dafür, wie wichtig Gaye für seine Kollegin war, ist wohl Ain’t No Mountain High Enough. Obwohl der Song heute vor allem in der Version von Ross bekannt ist, wurde die Komposition von Nickolas Ashford und Valerie Simpson doch zuerst von Gaye und Tammi Terrell veröffentlicht. Ross’ Coverversion leitete ihre Solo-Karriere mit einem Knall ein. Kein Wunder, dass sie den Mentor und Freund Gaye vermisste.


7. Billie Holiday – Lover Man

Einen (fast) noch schöneren Tribut hat Diana Ross ihrer großen Heldin Billie Holiday dargebracht. Im Film Lady Sings the Blues schlüpfte sie 1972 in die Rolle der legendären Jazz-Sängerin und steuerte eine ganze Doppel-LP mit ihren Interpretationen von Holiday-Klassikern wie Lover Man als Soundtrack bei. Sogar der Kritiker und Holiday-Freund Leonard Feather sprach ihr zu, „die Essenz von Lady Day“ perfekt auf die Leinwand gebracht zu haben. Kein Wunder, hatte die Musik der 1959 verstorbenen Künstlerin doch ihr Leben lang begleitet.

Nicht alle waren allerdings so angetan wie Feather. Es hagelte böse Worte noch bevor der Film im Kasten war. Zu unterschiedlich seien die beiden. „Während meiner neunmonatigen Recherche traf ich ein paar wichtige Entscheidungen“, notierte Ross in ihrer Autobiografie Secrets of a Sparrow. „Eine davon war, dass ich nicht wie Billie klingen wollte. Stattdessen war es mir wichtig, meinen eigenen Sound mit einzubringen. Merkwürdigerweise habe ich, wohl weil ich die ganze Zeit über nichts anderes hörte, einige ihrer Phrasierungen übernommen und bin ihrem Stil auf diese Art sehr nahe gekommen.“ Die einen überzeugte es, die anderen nicht. So viel jedoch steht fest: Für Ross waren der Film sowie der dazugehörige Soundtrack ein Herzensprojekt.


8. Bessie Smith – ‘Tain’t Nobody’s Bizness If I Do

Billie Holiday ist nicht die einzige Sängerin, die Ross während ihrer Karriere darstellen durfte. Auch die legendäre Bessie Smith wurde von ihr komplett neu interpretiert. 1977 war Ross mit einer sogenannten One-Woman-Show auf Tour und nahm in diesem Rahmen auch ein Konzert in Los Angeles auf. Die auf der Doppel-LP An Evening with Diana Ross abgebildete Performance zeigt Ross in Topform. Ein Block war ihren Heldinnen reserviert: Billie Holiday, Josephine Baker, Ethel Waters und eben jener Bessie Smith zollte sie darin Respekt und sang unter anderem den Blues-Standard ‘Tain’t Nobody’s Bizness If I Do, der fest zu Smith’ Repertoire gehörte.

„Jazz und Blues waren ein Teil meiner Kindheit und wenn du genug davon hörst, wird es irgendwann zu einem Teil von dir“, erzählte sie in einem Interview. „Ganz gleich, ob du genauso singst. Als ich erwachsen wurde, studierte ich die älteren Blues-Sängerinnen, die echten dreckigen Sängerinnen wie Bessie Smith und sammelte die Lyrics. Nicht mit dem Ziel, genauso zu werden, sondern weil ich Spaß daran hatte und weil es mich zum Nachdenken anregte.“ Musikalischer Einfluss muss nicht immer direkt hörbar sein, manchmal äußert er sich auch subtil.


9. Ella Fitzgerald – I’ve Got a Crush on You

Deutlicher vielleicht ist Ella Fitzgeralds Einfluss auf Ross herauszuhören, obwohl die verrückten Volten der Queen of Jazz sich nicht unbedingt in Ross’ umfassender Diskografie wiederfinden. 2005 vertonte sie allerdings für Rod Stewarts Thanks for the Memory: The Great American Songbook, Volume IV ein Duett des Gershwin-Klassikers I’ve Got a Crush on You neu. Das von George Gershwin komponierte Stück, dessen Lyrics Ira Gershwin schrieb, wurde oft interpretiert, kaum je aber besser als von Fitzgerald.

„Seitdem ich jung war, hat mich Jazz-Musik beeinflusst“, gestand Ross, als ihr 2014 der Ella-Fitzgerald-Award verliehen wurde. „Einige meiner Favoriten waren Ethel Waters und Bessie Smith, natürlich aber auch Ella Fitzgerald. […] Beim Jazz geht es darum, sich in der Musik zu verlieren.“ Und wie ginge das besser als mit den Songs der Gershwins, gesungen von der First Lady of the Song, Ella Fitzgerald? Die Auszeichnung, die Ross im Sommer 2014 in Montreal entgegen nahm, bedeutete daher eine ganz besondere Ehre für sie.


10. Jackson 5 – I Want You Back

Es gäbe noch so viel mehr Sängerinnen und Sänger, Musikerinnen und Musiker aufzuzählen, die Ross auf ihrem langen und erfolgreichen Weg begleitet haben. Aretha Franklin zum Beispiel, Etta James oder die Drifters. Doch jede Liste muss eines Tages ihr Ende finden. Und jedes Ende bringt unweigerlich auch einen Abschied mit sich. Ross kennt sich damit besser aus, als ihr wohl lieb wäre. Im Juni 2009 musste sie sich von einem ganz besonderen Wegbegleiter verabschieden: Michael Jackson war an einer Überdosis Drogen verstorben, die ihm sein Hausarzt Conrad Murray verabreicht hatte.

Ross hatte Jacksons Karriere buchstäblich von Kindesbeinen an begleitet. Dem Label Motown zufolge war sie es, die die Jackson 5 entdeckte und zu Beginn ihrer Solo-Karriere zu Konzerten von sich einlud. Nicht wenige vermuten allerdings, dass die Wahrheit eine andere war und Motown lediglich über Ross’ Namen mehr Platten absetzen wollte. Sei’s drum: Nachdem die Jackson 5 mit I Want You Back ihren ersten Erfolg landeten, brauchten sie ihre Schützenhilfe nicht mehr. Michael und Diana aber wurden zu einem erfolgreichen Songwriter-Team, das weit über das Ende der Band hinaus einen Erfolg nach dem nächsten landete. Umso tragischer, dass sie ihn eines Tages zu Grabe tragen musste.


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Marie Fredriksson wäre 65 geworden: Die Roxette-Sängerin im Porträt

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Marie Fredrikssons HEADER
Foto: Steve Jennings/Getty Images

„"Sie sind der zweitgrößte schwedische Pop-Export, gleich hinter ABBA. Mehr als 30 Millionen Platten haben Roxette im Lauf ihrer jahrzehntelangen Karriere verkauft. Eins der beiden Gesichter der Gruppe: die viel zu früh verstorbene Frontfrau Marie Fredriksson. Sie wurde nur 61 Jahre alt. Das ist ihre Geschichte.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch einige der größten Hits von Roxette anhören:

Zur Welt kommt Gun-Marie Fredriksson am 30. Mai 1958 in der Nähe des schwedischen 200-Seelen-Dorfes Össjö. Als sie vier Jahre alt ist, verkaufen ihre Eltern den Bauernhof der Familie und ziehen in das geringfügig größere Östra Ljungby um. Weitere drei Jahre später stirbt Maries älteste Schwester Anna-Lisa bei einem Autounfall; der Schock in der Familie sitzt tief. „Danach war ich auf mich allein gestellt“, verrät Marie in einem Interview. „Ich war erst sieben Jahre alt.“

Maries Eltern arbeiten Vollzeit, können sich aber keine Kinderbetreuung leisten, weshalb Marie und ihre Geschwister viel Zeit zuhause verbringen. Sie lernen das Notenlesen, singen und üben auf verschiedenen Instrumenten. Dabei spielt auch der Pastor in Östra Ljunby eine zentrale Rolle, der die musikinteressierten Kinder unterstützt. „Ich habe sehr schöne Erinnerungen an Östra Ljungby, sogar nachdem meine große Schwester gestorben war“, erinnert sich Fredriksson. Ihre Musikbegeisterung wird sie nicht mehr verlieren.

Marie Fredrikssons musikalische Anfänge

Als Marie älter wird, entdeckt sie die Beatles, Joni Mitchell und Jimi Hendrix, schreibt sich mit 17 an einer Musikschule ein und komponiert Musik für die Amateurtheaterstücke ihrer Freunde. Das Problem: Keiner aus dem Cast hat einen ähnlichen Stimmumfang wie die junge Musikerin, weshalb sie sich schließlich selbst auf die Bühne stellt. Mit einem Musical, das Fredriksson mitkomponiert hat, tourt die Gruppe durch Schweden — und absolviert sogar einen Auftritt vor dem damaligen Premierminister Olof Palme.

Nach ihrem Abschluss im Jahr 1977 zieht Fredriksson nach Halmstad, wo sie in die Indie-Szene eintaucht und eine Punk-Band gründet — wie man das halt Ende der Siebziger so macht. Die Gruppe heißt Strul und mit ihr feiert Fredriksson ihre erste Erfolge. So spielt sie mit dem Projekt zahlreiche Konzerte und tritt im Fernsehen auf. Zu Beginn der Achtziger ist die Luft raus: Nach einem „desaströsen“ Konzert, das auch noch im schwedischen Radio übertragen wird, lösen sich Strul auf.

Marie Fredrikssons Karriere mit Roxette

Fredrikssons nächstes Projekt heißt MaMas Barn und die Gruppe teilt sich einen Proberaum mit der erfolgreichen schwedischen Gruppe Gyllene Tider. Dort spielt auch ein Herr namens Per Gessle mit — und er soll ein wichtiger Bestandteil von Fredrikssons Leben werden. Zunächst überredet der Gitarrist Fredriksson noch zu einer Solokarriere. Doch 1986 schließen sich die beiden zusammen und gründen eine Band, die Pop-Geschichte schreiben wird: Roxette.

Ob It Must Have Been Love, Listen To Your Heart oder The Look: Im Lauf ihrer jahrzehntelangen Karriere landen Roxette großartige Hits, werden zu Dauergästen in den Charts und feiern auch in Übersee große Erfolge — und das obwohl der amerikanische Ableger der Plattenfirma von Roxette dem schwedischen Duo damals bescheinigt hatte, nicht zum US-Markt zu passen. Sieben Hit-Alben veröffentlichen Roxette von 1986 bis 2001. Doch dann schlägt das Schicksal zu.

Marie Fredrikssons viel zu früher Tod

Als Marie Fredriksson am 11. September 2002 mit ihrem Mann Mikael Bolyos joggen geht, fühlt sie sich plötzlich unwohl. Sie bricht im Badezimmer zusammen, zieht sich dabei eine Schädelfraktur zu und erleidet einen epileptischen Anfall. Nicht „nur“ das: Bei der anschließenden Untersuchung kommt raus, dass sie an einem Hirntumor leidet. Er kann in einer aufwändigen Operation entfernt werden; anstrengende Chemo- und Strahlentherapien sind die Folge. Doch Fredriksson kämpft sich ins Leben zurück.

Gemeinsam mit ihrem Mann nimmt sie neue Musik auf, als eine Art Therapie. Das daraus resultierende Album heißt The Change, erscheint am 20. Oktober 2004 und gerät zu einem vollen Erfolg. „Es waren drei schwere Jahre, aber ich bin gesund“, meldet sich Fredriksson 2005 in einem Interview zurück. Roxette liegen zunächst auf Eis. Das ändert sich im Jahr 2009: Fredriksson und Gessle gehen wieder gemeinsam auf Tour. 2011 erscheint mit Charm School das erste Roxette-Album seit zehn Jahren; drei weitere Folgen.

Im Jahr 2019 wird offensichtlich, dass Fredrikssons Krebserkrankung nicht so besiegt ist wie gedacht. Am 9. Dezember lautet die traurige Nachricht: Marie Fredriksson ist im Alter von gerade einmal 61 Jahren verstorben. Sogar der schwedische König Carl XVI. Gustaf zollt der Sängerin seinen Respekt und sagt: „Für viele Menschen in unserem Land, auch in meiner Familie, ist ihre Musik eng mit Erinnerungen an besonders wichtige Momente im Leben verbunden.“ Sorgen wir dafür, dass die Erinnerung bleibt. Ruhe in Frieden, Marie.

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Das sind die 10 ultimativen Roxette-Songs

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Popkultur

Zeitsprung: Am 30.5.1980 landet Gary Moores G-Force auf dem Rockplaneten.

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Gary Moores G-Force Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 30.5.1980.

von Matthias Breusch und Christof Leim

Gary Moores Bandprojekt G-Force wird 1980 als heiße Nummer gehandelt. Aber der „Faktor Mensch“ ist unkalkulierbar. Das in Kalifornien entstandene Album erscheint am 30. Mai 1980 – und bleibt eine Zwischenlandung. Der nordirische Gitarrenhexer setzt seine Welteroberung in Europa fort.

Hier könnt ihr das Album hören:

Am Anfang steht ein großes Missverständnis. Der 27-jährige Gary Moore, seit mehr als einem Jahrzehnt furioser Gitarrist und zunehmend markanter Sänger, verlässt im Juli 1979 abrupt Thin Lizzy während der US-Tour zu die Black Rose und lässt sich in Los Angeles nieder. Dort tut er sich mit dem nur wenig älteren Engländer Glenn Hughes zusammen, der als virtuoser Bassist und Gesangsgenie seit seiner Zeit mit Deep Purple längst ganz oben angekommen ist. Beide sind begabte Songwriter, Moore hat 1978 mit Parisienne Walkways seinen ersten Meilenstein komponiert. Was soll da noch schiefgehen?

Alkohol!

Klären lassen lässt sich die Geschichte nie mehr so ganz, denn Hughes, der 1976 seinen musikalischen Zwillingsbruder und Deep-Purple-Kollegen Tommy Bolin nach dessen Drogentod zu Grabe getragen hat, sieht gesundheitlich zum Ausgang der Siebziger kaum Licht am Ende des Tunnels. Mehr noch: Es bleibt ein permanenter Filmriss, Blackout in Reinkultur. „Die Achtziger sind komplett weg“, erzählt er in späteren – nüchternen – Jahren immer wieder.

Gary Moores G-Force

G-Force 1980 in London: Willie Dee, Gary Moore, Mark Nauseef und Tony Newton. Foto: Fin Costello/Redferns

Nichtsdestotrotz stellt Moore mit Hughes und dem nicht minder vielseitigen Schlagzeuger Mark Nauseef, mit dem er kurzzeitig bei Thin Lizzy gespielt hat, ein Trio zusammen. Diese Mannschaft bekommt noch vor den Aufnahmen seines ersten Albums das Angebot, mit den Shooting-Stars Van Halen auf große Amerika-Reise zu gehen. Die Tour findet statt, aber aus der Besetzung wird nichts. Schon nach den monatelangen Songwriting-Sessions und Proben offenbart sich: Hughes ist nicht in der Lage, eine Konzertreise durchzustehen. Nach einem Streit unter Alkoholeinfluss bricht das Gespann Moore/Hughes auseinander.

Röhren müssen glühen

Aus dem Trio wird ein Quartett. Mark Nauseef, der als umtriebiger Ex-Musikant von The Velvet Underground, der Ian Gillan Band und Ronnie James Dios Startrampe Elf über ein weit gesponnenes Netzwerk verfügt, engagiert zwei alte Bekannte: Keyboarder William Daffern alias Willie Dee unterstützt Gary bei den Vocals, den Bass bespielt Tony Newton, zuvor in Diensten von Jazz-Legende Tony Williams.

Nun weist Gary Moores mit musikalischen Perlen gespickte Laufbahn allerlei stilistische Richtungswechsel auf. Das Album G-Force ist eine frühe Blaupause dieser Kurvenstrecke, wenn auch nicht ohne Charme. Die Single Hot Gossip, wozu auch ein Clip gedreht wird (frech: Poser-Tony mit Doppel-Hals-Bass) schielt auf die Pop-Rock-Charts, You Kissed Me Sweetly hätte auch auf ein ELO-Album gepasst, und I Look At You erweist sich als echtes Fundstück für Liebhaber von Moores monumentalen langsamen Songs.

Die Nummer The Woman In Love mit Saxofon-Einlage erinnert schwer an die Fusion-Zocker The Tubes, Dancin‘  an die dünne Lizzy auf Koks, und mit White Knuckles/Rockin’ And Rollin’  lässt Meister Gary derart die Röhren in seinem Verstärker glühen, dass man nachvollziehen kann, warum die Nummer praktisch der finale Auslöser für seine mitreißende Hard-Rock-Karriere in den Achtzigern gewesen sein muss. Sie gehört für lange Zeit als festes Element in sein Live-Repertoire, was auch das Doppelalbum  We Want Moore! von 1984 eindrucksvoll dokumentiert.

Schnelles Ende

Über die Veröffentlichung des Albums hinaus bleiben G-Force (zu Deutsch: Schwerkraft) lediglich als Liveband vorübergehend eine Einheit. Nach den Ready An‘ Willing-Tour 1980 im Vorprogramm von Whitesnake und den Gigs als Opener der 1981er-Van-Halen-US-Tour zieht Gary weiter: Zunächst als Partner von Greg Lake nach der Auflösung von Emerson, Lake & Palmer, ab 1982 geht dann sein Solo-Stern auf, teilweise basierend auf Ideen, die er bereits mit G-Force im Studio entwickelt hat.

Den Rest der Geschichte kennen wir. In den 1980ern avanciert er mit Nummern wie Out In The Fields, Empty Rooms, Shapes Of Things oder The Loner zum Hexenmeister der Stromgitarre, in den Neunziger zum König des „weißen Blues“. Festlegen lässt er sich jedoch nie. Auch sein experimentelles Album A Different Beat von 1999 gehört mit Songs wie Lost In Your Love in die Abteilung „Zwischenlandung“. Allerdings ohne jedes Missverständnis …

Zeitsprung: Am 26.3.1990 hat Gary Moore immer noch den Blues.

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Popkultur

70 Jahre Danny Elfman: Die 10 legendärsten Stücke des Soundtrack-Hexers

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Danny Elfman
Foto: Mark Von Holden/Variety via Getty Images

Danny Elfman hat die Filmmusik geprägt wie wenige andere. Vom Score der Simpsons bis zu den verhexten Meisterwerken von Tim Burton: Zum 70. Geburtstag des Komponisten hören wir noch mal seine schönsten, genialsten, gespenstischsten Momente.

von Björn Springorum

Über 100 Filme hat Großmeister Danny Elfman in seiner Karriere vertont. Bislang. Als Haus- und Hofkomponist von Tim Burton setzte er dessen gotisch-morbide Schauerwelten musikalisch ebenso perfekt in Szene wie Werke von Sam Raimi oder Gus van Zandt. Vier Oscar-Nominierungen, zwei Emmys und einen Grammy gab es schon dafür. Zu seinem 70. Geburtstag am 29. Mai 2023 lauschen wir noch mal seinen schönsten Spukmelodien und Geisterliedern.

1. The Simpsons Theme (1989)

 Ja, man kennt Danny Elfman eher für dramatische Spuk-Soundtracks voller gotischer Grandezza, doch der Titelsong der berühmtesten Zeichentrickserie stammt auch von ihm. Fun fact: Das ganz zu Beginn gesungene „The Simpsooons“ haben er und seine Freunde eingesungen. Der Legende nach gab es dafür mehr Tantiemen als für das Stück an sich. Gecovert haben das Theme unter anderem Green Day und Weezer.

2. Beetlejuice Intro Theme (1988)

Schon 1988 macht Danny Elfman klar, worum es ihm in seinen Soundtracks geht: Zu Tim Burtons Gruselspaß komponiert er eine ahnungsvolle Horror-Nummer mit den typischen Piano auf Zehenspitzen, den unheilvollen Bläsern und der generellen Stimmung von Mystik, Schalk und Tod. Düster, ja, aber immer mit einem schiefen Grinsen.

3. Batman Main Theme (1989)

Nach eher schrägen Soundtracks irgendwo zwischen gotischem Horror und Fifties-Big-Band wendet sich Danny Elfman für Tim Burtons Batman der dunklen Seite der Klaviatur zu: Sein Main Theme ist ein düster wallendes, dicht orchestriertes Stück voller Streicher und einschüchternder Bläser. Bis heute ein ikonisches Stück Soundtrackgeschichte, das den Oscar verdient hätte.

4. Alice’s Theme (2010)

Tim Burtons Alice In Wonderland ist ein einziger lysergischer Sturz in den Kaninchenbau. Dazu schneidert Danny Elfman in seiner zwölften Zusammenarbeit mit Tim Burton dem Film ein musikalisches Kleid, das perfekter nicht passen könnte: Verwunschen, geheimnisvoll, nicht von dieser Welt. Höhepunkt ist Alice’s Theme, dessen Chöre und Streicher sofort Gänsehaut verursachen.

5. Spider-Man Main Title (2002)

Lange vor dem Marvel-Wahnsinn mit immer mehr verwirrenden Spin-Offs, Sequels und Prequels hat Regisseur Sam Raimi einen bis heute packenden Spider-Man-Reboot vorgelegt. Die Musik zum Film mit Toby Maguire kommt natürlich von Ramis Kumpel Danny Elfman, der seine Trademarks hier um spitze Violinen, majestätische Chöre und ein monumentales Grundgefühl erweitert.

6. Ice Dance (1990) 

Das vielleicht schönste Stück von Danny Elfmans persönlichstem Soundtrack ist das elegische, fragile, wunderschöne Ice Dance. Edward mit den Scherenhänden ist ja eh ein emotionales Meisterwerk, doch gerade durch die Musik wird der Film noch mal auf eine ganz andere, ganz und gar andersweltliche Ebene gehoben.

7. This Is Halloween (1993)

Ein ganz großer Klassiker, nicht nur zu Halloween: This Is Halloween ist einer der Glanzmomente in der Musik von Nightmare Before Christmas, diesem unerreichten Stop-Motion-Meisterwerk. Irgendwo zwischen Gothic-Kabarett und nostalgischem Weihnachtsfest, aber immer mit viel Gefühl. Wie der Film eben.

8. Sleepy Hollow Main Titles (1999)

Tim Burtons Gothic-Horror-Meisterwerk Sleepy Hollow ist ein blutiges Märchen, das in Sachen Ausstattung und Stimmung für immer einen Platz in den Herzen der Cineast*innen einnehmen wird. Die verhexte, beunruhigende, spannungsgeladene Musik von Danny Elfman fasst die entlegenen Wälder Neuenglands und den kopflosen Reiter in die richtigen Töne. Mehr melodramatische Gotik als hier geht definitiv nicht.

9. After Midnight (2002)

Ja, auch an Chicago war Danny Elfman als Komponist beteiligt. Der swingende Bar-Jazz von After Midnight ist ein ziemlich großer Kontrast zu seinen anderen Werken. Und irgendwie auch nicht: Er ersetzt eben einfach mal Streicher und Chöre durch Trompeten und Jazz-Drums, doch das Ergebnis ist immer noch nicht ganz von dieser Welt.

10. Wednesday Main Titles (2022) 

Wenn Tim Burton schon mal eine Serie um einen Spross der Addams Family macht, dann darf sein Freund Danny Elfman natürlich nicht fehlen. Zur erfolgreichsten Netflix-Serie aller Zeiten spendiert er Hauptcharakter Jenna Ortega ein ikonisches Hauptmotiv, das sowohl an die alten Addams-Family-Episoden erinnert als auch modernsten Horrorspuk in Töne fasst.

Bonus: Private Life (1982) 

Einen gibt es noch als Bonus: Bevor Danny Elfman die Kinozuschauer*innen mit seinen Scores verzauberte und verängstigte, spielte er in einer Ska-/Wave-Band namens Oingo Boingo. Dort lebt er sich sehr experimentell aus, singt, spielt Gitarre und schreibt alle Songs. Coole Mucke, keine Frage. Wir sind dennoch nicht böse, dass Elfman dann bald die große Leinwand ins Visier genommen hat.

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