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Popkultur

Die Roten Rosen: Als die Toten Hosen ihre Vorliebe für Schlager auslebten

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Die Roten Rosen

„Never mind the Hosen — Here’s Die Roten Rosen“: Mit dieser Aussage überraschen die Toten Hosen am 13. Juli 1987 ihre Fans und veröffentlichen ein Cover-Album mit Punk-Versionen einiger deutscher Schlager. Verändert haben die Düsseldorfer die Songs nicht — und dafür gibt es auch einen Grund.

von Timon Menge

Ob die Toten Hosen im Sommer 1987 einen übergeordneten Plan haben oder ob den Düsseldorfer Punks einfach nur sehr, sehr langweilig ist, können wir euch nicht sagen. Doch zwischen ihren beiden Studioalben Damenwahl (1986) und Ein kleines bißchen Horrorschau (1988) kommt die Gruppe auf die Idee, ein Album mit punkigen Cover-Versionen von Schlagern einzuspielen. Im Wagen vor mir, Halbstark, Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini: Kein Song ist sicher vor den Fängen der Toten Hosen. Auf den B-Seiten der dazugehörigen Singles dreht die Band den Spieß um und spielt ihre eigenen Songs in abgemilderter Form, zum Beispiel Opel-Gang in einer Country-Version.

Ein Schnellschuss im „Feindgebiet“

Auf die Idee kommen die Toten Hosen ganz spontan und nehmen die Platte auch genauso spontan auf. Gerade einmal zehn Tage dauert die Produktion im Airport-Studio in Köln-Porz. Kostenpunkt: schlappe 5.000 DM. Die Texte lassen die Hosen so, wie sie sind. „Wir wollten das Abstruse, Surreale und manchmal sogar Böse bei den Liedern herausarbeiten“, erzählt Gitarrist Michael Breitkopf 2007 in einem Interview. „Der deutsche Schlager war teilweise nicht so harmlos, wie er sich gab.“ Sänger Campino erzählt 1987 im Gespräch mit dem Fachblatt Musikmagazin: „Wir wollten mal zeigen, daß der Unterschied zwischen Spießbürgertum und Punk manchmal nur ’ne Rhythmusfrage ist.“

Beim Cover der Platte handelt es sich quasi um das Artwork-Äquivalent zur Scherzbrille mit falscher Nase und Schnurrbart. So verstecken sich die Toten Hosen zwar einerseits hinter einem anderen Bandnamen und bilden auf dem Cover kein Bandfoto ab. Doch die Aussage „Never mind the Hosen“ legt nah, dass es sich eben doch um ein Album der Toten Hosen handelt, wenn auch unter einem Decknamen.

Dass die Düsseldorfer mit dem Cover auf das Sex-Pistols-Album Never Mind The Bollocks Here’s The Sex Pistols anspielen, müssen wir euch vermutlich nicht erklären, möchten es aber der Vollständigkeit halber wenigstens kurz erwähnen.

Ein überraschender Chart-Erfolg

Als die Hosen mit der fertigen Aufnahme bei ihrem Label antanzen, möchte die Plattenfirma das Album zunächst gar nicht veröffentlichen. Erst, als die Band einwilligt, den Schnellschuss nicht als reguläres Album im Sinne des Plattenvertrags zu behandeln, stimmt Virgin Schallplatten zu. Der anschließende Erfolg dürfte das Label überrascht haben, denn mit Never Mind The Hosen – Here’s Die Roten Rosen steigen die Toten Hosen zum ersten Mal in die Top 30 der Charts ein, klettern bis auf Platz 21 und halten sich ganze 13 Wochen in der deutschen Hitparade. Später kassiert die Band sogar eine goldene Schallplatte für die Veröffentlichung.

Mehr als zehn Jahre später feiern die Roten Rosen noch einmal ein Comeback. Mit Wir warten auf’s Christkind legen die Punks 1998 ein Krachmusik-Weihnachtsalbum vor, bei der sich Oma und Opa garantiert am Gänsebraten verschlucken. Die Düsseldorfer covern auf der Platte nämlich festliche Klassiker wie Stille Nacht, heilige Nacht und Leise rieselt der Schnee, aber still und leise ist an den Punk-Versionen von Campino und Co. nun wirklich gar nichts. Was die britische Punk-Band The Boys damit zu tun hat und was im Christstollenrezept aus dem Booklet der Rote-Rosen-Weihnachts-CD so drin ist, erzählen wir euch ein anderes Mal.

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