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Popkultur

Die teuflische Taufe des Metal: „Black Metal“ von Venom

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Venom
Foto: Fin Costello/Redferns/Getty Images

Wenn das Debüt von Venom die Geburt des extremen Metal ist, handelt es sich beim zweiten Album der Truppe um dessen Taufe. Mit Black Metal legen die Briten 1982 nicht nur wichtige Grundsteine für alles, was Krach macht; sie schenken auch gleich einem ganzen Genre seinen Namen.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Black Metal von Venom anhören:

Anfang der Achtziger liegt in der Welt der E-Gitarren und Lederjacken etwas in der Luft.  Der Hardrock hat den Planeten längst erobert; die New Wave Of British Heavy Metal ist in vollem Gange. Doch was zu Beginn der neuen Dekade aus Newcastle kommt, darauf kann keiner vorbereitet sein. Schon mit ihrem Debüt Welcome To Hell (1981) treten Venom eine weltweite Welle des Extremen los. „Ohne diese Venom-Platte wäre wahrscheinlich alles ganz anders verlaufen“, berichtet zum Beispiel Sodom-Frontmann Tom „Angelripper“ in der Dokumentation Total Thrash. Am 1. November 1982 legen Venom mit Black Metal ihre zweite Scheibe nach — und gehen darauf noch deutlich kompromissloser zur Sache.

Black Metal von Venom: Kettensägen und Pappkartons

Ob punkige Klopper wie To Hell And Back, die Metal-Hymne Countess Bathory oder das rumpelige Riff-Gewitter Don’t Burn The Witch: Auf ihrer zweiten Platte zeigen Venom, dass sie seit der Veröffentlichung ihres Debüts einiges an Erfahrung dazugewonnen haben, vor allem beim Schreiben ihrer Songs. Doch auch im Studio schlagen Venom neue Wege ein. So nehmen die Nordbriten für das Intro des Openers und Titeltracks Black Metal das Geräusch einer Kettensäge auf, mit der sie eine Stahlplatte bearbeiten. Für das düster-atmosphärische Mini-Epos Buried Alive packen die Musiker ein Mikrofon in einen Pappkarton, auf den sie anschließend Erde schaufeln, um das Geräusch des Eingebuddeltwerdens zu simulieren.

Lässt man die Soundeffekt-Raffinessen außen vor, klingt Black Metal eher wie der Keller-Gig einer betrunkenen, aber wirklich guten Band. „Der unchristliche Lärm, der einem entgegenschlug, wenn wir einen unserer Songs einprügelten, war wirklich gewaltig“, verrät Venom-Frontmann Conrad „Cronos“ Lant in einer offiziellen Bandbiografie. „Ich wollte den härtesten Sound, den ich bekommen konnte, denn Venom können schließlich nicht klingen wie Lynyrd Skynyrd, oder?“ Zur Produktion von Black Metal ergänzt er: „Es war pures Chaos, von Anfang bis Ende.“ Genau das macht den Charme dieses ungeschliffenen Diamanten aus: Mit ihrem eigenwilligen Sound verhelfen Venom dem Metal zu Beginn der Achtziger zu neuen Extremen — und einem neuen Genre zu einem Namen.

Mit ihren schnellen Drums, ihrem gekrächzten Gesang und ihren satanistischen Textinhalten ebnen Venom dem Black Metal den Weg und werden deshalb zur ersten Welle des Genres gezählt, auch wenn sie selbst eher Speed- beziehungsweise Thrash Metal spielen. Bathory, Mayhem oder jüngere Vertreter wie Dimmu Borgir: Sie alle wurden von Venom beeinflusst. Doch auch über den Black Metal hinaus haben Venom unzählige Fans. „Zuerst habe ich das Album nur wegen des Covers gekauft“, berichtet Pantera-Frontmann Phil Anselmo 2013. „Aber die Musik und die Texte haben mich gepackt. Ich hatte vorher noch nie eine Band gehört, die so unverfälscht und direkt über Satanismus singt. Es gibt keine Tricks und das macht Venom großartig. Sie bringen es auf den Punkt.“

Die ersten US-Konzerte mit einer Newcomer-Band im Vorprogramm

In Europa haben Venom Ende 1982 ohnehin schon längst die Runde gemacht. Als die Frage aufkommt, ob die Gruppe nicht auch ein paar Konzerte in den Vereinigten Staaten geben möchte, wirft das ein paar Fragen auf. Zum einen: Wie sollen die Briten ihre Pyro-Show über den großen Teich transportieren? Zum anderen: Zu welcher anderen Band könnten Venom mit ihrem extremen Sound schon passen? Doch dann spielt ein Kumpel von Cronos dem Sänger ein Video von einer jungen Band aus San Francisco zu. Die Truppe gibt mächtig Gas und spielt einen Sound, den wir heute als Thrash Metal kennen. Zu allem Überfluss trägt der Gitarrist auch noch ein Venom-T-Shirt. Der Name der damals noch relativ unbekannten Band: Metallica.

Nur wenige Wochen später teilen sich Venom auf Staten Island eine Bühne mit den heutigen Metal-Megastars. Was die Pyrotechnik betrifft, läuft nicht unbedingt alles rund — ganz im Gegensatz zu dem Feuerball, mit dem Venom ein riesiges Loch in die Bühne der Venue brennen. Und das ist noch nicht alles: Bei dem Gig schrotten Venom einige ihrer Verstärker, ebenso wie ein paar Lautsprecher. Als der Techniker der Gruppe anschließend den finanziellen Schaden überschlägt, kommt er auf 666 US-Dollar. Ihren nächsten Ausflug in die Staaten planen Venom trotzdem bereits. Kurz vor der Veröffentlichung ihrer vierten Platte Possessed (1985) ist es soweit. Diesmal touren die Briten mit Slayer und Exodus durch die USA. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.

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