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Popkultur

Zeitsprung: Am 21.8.2015 „rickrollen“ die Foo Fighters gegen Homophobie.

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Lachen sich über religiöse Eiferer nur kaputt: Foo Fighters - Foto: Ringo Starr/Promo

"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 21.8.2015.

von Tobi Wienke und Christof Leim

Proteste gegen Rockkonzerte sterben in den USA offenbar nie aus. Auch die Foo Fighters müssen mit ansehen, wie besorgte Menschen vor ihren Konzerten mit Transparenten demonstrieren. Besonders die Westboro Baptist Church ist Dave Grohl und Co. ein Dorn im Auge. Am 21. August 2015 machen sich die Foos ordentlich lustig darüber – mit einem Rick-Astley-Song.

Hier könnt ihr die damals aktuelle Platte In Your Honor hören:

Die böse, böse Rockmusik. So geht es seit Jahrzehnten, insbesondere in den USA. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Explicit Lyrics“-Aufkleber des PMRC. Sorge um schlechten Einfluss der Musik auf ihre Kinder, Angst vor satanischen Botschaften oder Drogenverherrlichung sind gerne konstruierte Aufhänger. Die Mitglieder der Westboro Baptist Church halten zusätzlich so gar nichts von Homosexualität, was ihre Internetdomäne „Godhatesfags“ mehr als deutlich ausdrückt. Oder kurz: Arschgeigen.

Was sind das für Leute?

Angeführt wurde diese kreuzkonservative Religionsgemeinschaft mit Hauptquartier in Topeka, Kansas, die durchaus als „Hate Group“ betrachtet werden kann, von einem Prediger namens Fred Phelps. Laut ihm sind Homosexualität und deren Duldung schuld an allem Übel: an toten Soldaten, Erdbeben, Wirbelstürmen und den Anschlägen vom 11. September. Mindestens. Da die amerikanische Gesellschaft Homosexualität duldet, lebe auch diese in Sünde, ebenso ihre Bediensteten, etwa Militärangehörige oder das Beamtentum. Obendrein rechtfertigt und propagiert die Westboro Baptist Church Antisemitismus – schließlich haben die Juden den Tod von Jesus Christus zu verantworten.

So weit, so krude. Leute aus dieser Gemeinschaft stehen auch am 21. August 2015 vor dem Sprint Center in Kansas City, um gegen den Auftritt der Foo Fighters zu protestieren. Wie schon vier Jahre zuvor lassen Dave Grohl und seine Mannen den völlig absurden Protest nicht unkommentiert: Sie bedienen sich einer in dieser Zeit schon fast wieder vergessenen Form des Scherzes – dem „Rickrolling“.

Was ist „Rickrollen“?

Bereits in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre verbreitet sich dieser Gag per E-Mail: Man preist einen überaus wichtigen Link reißerisch an, zum Beispiel zu einem lukrativen Geschäft oder einem noch nie gesehenen Video – in Wahrheit führt der Link aber zu Rick Astleys Pop-Evergreen Never Gonna Give You Up von 1987. Sogar YouTube nutzte dieses Phänomen als Aprilscherz und leitete am 2008 sämtliche Videos der Startseite auf eben jenen Clip zurück.

Die Foo Fighters „rickrollen“ die Westboro Baptist Church

Die Foo Fighters jedenfalls rickrollen die demonstrierenden Mitglieder der Westboro Baptist Church. Sie fahren mit einem Pickup bei der Menschenmenge vor, spielen von Band zunächst der Green-Day-Klopfer American Idiot (wie passend) und anschließend eben den Hit von Astley. Begleitet wird die Band auf der Ladefläche von einem muskelbepackten Tänzer. Schlagzeuger Taylor Hawkins schwenkt ein Transparent mit der Aufschrift „You got rickroll’d…again“; auf dem von Dave Grohl steht „Keep it Clean“.

Nicht das erste Mal….

2011 kam es bereits zu einem ähnlichen Showdown zwischen der Band und der Westboro Baptist Church. Die regt sich damals über den Trailer der bevorstehenden Tour zu Wasting Light auf, in dem die Foo Fighters gekonnt mit homosexuellen Klischees spielen, bei denen die Westboro-Vögel Schnappatmung bekommen.

Als Hillbilly-Trucker sitzen die Mucker in diesem Filmchen zunächst scheinbar harmlos in einem Diner, bis ihre Nummer aufgerufen wird. Anschließend steht die Band – nur noch mit Cowboystiefeln und -hüten bekleidet, unter der Dusche. Vom lasziven Einseifen bis hin zur hinunterfallenden Seife lassen die Foo Fighters hier kein Klischee aus. Im Hintergrund läuft Body Language von Queen. Am Ende des Clips steigen sie in Trucks und fahren quasi auf ihre Nordamerika-Tournee. Dieses Video rief die Westboro Baptist Church erstmals auf den Plan, in Kansas City gegen die Band zu demonstrieren.

Rick Astley als Gast der Foo Fighters in London

Country & Western

Auch 2011 gehen die Foo Fighters kreativ mit dem Protest um. Verkleidet mit eben jenen Perücken und langen Hillbilly-Bärten aus dem Trailer-stehen sie auf einem Hänger samt Instrumenten, Verstärkern und Schlagzeug. Keep It Clean lautet der Titel des Country-Songs, den sie, stilecht eingerahmt von US-Flaggen, zum Besten geben. Der recht zweideutige Text erzählt von einem Trucker, der Lust auf Männer-Muffins hat – was auch immer das sein soll…

Warum der Gegenprotest der Band 2015 weniger aufwändig betrieben wird, hat einen Grund: Die Foo Fighters erfahren erst am Tag ihres Konzerts selbst von den Protesten, als sie schon in der Garderobe der Konzerthalle sitzen. Beim Gig am Abend erzählt Grohl, dass sie nur zufällig hinter der Bühne von den Protesten erfahren haben. „Wir haben uns überlegt, dass wir die Ärsche einfach rickrollen sollten. Denn nichts sagt ‚Liebe‘ wie ein bisschen Rick Astley im Leben.“ Jahre später lernen sich Astley und Grohl übrigens persönlich kennen und treten auch gemeinsam auf – natürlich mit dem unsterblichen Song des Briten.

Zeitsprung: Am 26.7.2015 singen 1000 Menschen „Learn to Fly“ von den Foo Fighters.

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