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Popkultur

Zeitsprung: Am 3.5.2005 erscheint „From Under The Cork Tree“ von Fall Out Boy.

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Fall Out Boy From Under The Cork Tree Cover

"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.5.2005.

von Victoria Schaffrath und Christof Leim

Zu Beginn der Zweitausender zeichnet sie sich bereits am Horizont ab, Mitte des Jahrzehnts bricht sie: die Welle des Emo-Rock. Gesurft wird sie unter anderem von der Band Fall Out Boy, die mit From Under The Cork Tree am 03. Mai 2005 einen Klassiker des Genres veröffentlichen. Zum Jahrestag der Platte erzählen wir von ihrer beinahe tragischen Entstehung.

Hört hier in From Under The Cork Tree rein:

Mit den Songtiteln auf From Under The Cork Tree allein hätten Fall Out Boy durchaus auch einen Roman veröffentlichen können: I’ve Got A Dark Alley And A Bad Idea That Says You Should Shut Your Mouth (Summer Song) konkurriert mit dem selbstironischen I Slept With Someone In Fall Out Boy And All I Got Was This Stupid Song Written About Me. Damit überspitzen sie gängige Szeneklischees (siehe: Lying Is The Most Fun A Girl Can Have Without Taking Her Clothes Off von Panic! At The Disco) oder nehmen diese mit Get Busy Living Or Get Busy Dying (Do Your Part To Save The Scene And Stop Going To Shows) erst so richtig aufs Korn.

„We’re falling apart to half-time“

Zu unserer Freude und zum Glück der Rockmusik (denn ob man ihn nun mag oder nicht: der Emo verhalf ihr zu einem kommerziellen Hoch) setzen sich Rhythmusgitarrist und Sänger Patrick Stump und Bassist Pete Wentz aus Illinois zusammen und machen ein Album draus. Gemeinsam mit Joe Trohman an der Gitarre und Andy Hurley auf dem Schlagzeughocker hatten sie ab 2001 die Hardcore-Szene von Chicago unsicher gemacht, aber eigentlich tendieren sie eher zum Pop-Punk. Entsprechend klingt der 2003 veröffentlichte Erstling Take This To Your Grave.

Die Band auf dem Cover zur „Sugar“-Single

Erste Erfolge wie beispielsweise Grand Theft Autumn/Where Is Your Boy inspirieren Wentz zu neuen Texten. Das Ergebnis mutet nicht ganz so sehr nach „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ an, wie man denken könnte: „Dieses Mal ging es in den Lyrics mehr um die Angstzustände und Depression, die man fühlt, wenn man auf sein Leben schaut.“ Das sind für Wentz keine neuen Emotionen; der Musiker lebt da schon länger mit mentalen Problemen und geht offen damit um.

Dramatischer Rückschlag

Doch die Band weiß, dass es beim neuen Album drauf ankommt: Es soll ihr Debüt bei einem der großen Labels werden und ihren Ruf als Szenehoffnung festigen. Dazu steht im Frühjahr noch eine Tour durch Großbritannien an. Für Wentz erweist sich der Druck als zu groß. „Es fühlt sich völlig überwältigend an, wenn man auf der Schwelle zu etwas Großem steht. Ich war zerfressen von Selbstzweifeln.“

Dass Elliott Smith und Ian Curtis zu den lyrischen Vorbildern des jungen Mannes zählen, hilft eher nicht, und Wentz schluckt an einem Tag im Februar deutlich mehr von seinen Medikamenten als verordnet. Von Suizid spricht er danach nicht, lieber von „Hypermedikation“. Dennoch muss man ihm den Magen auspumpen. Die Band tourt ohne ihn durch UK, und Wentz zieht vorübergehend zurück ins Elternhaus.

Aus Leid mach Kunst

Bei den Aufnahmen unterstützt ihn dann vor allem Patrick Stump, indem er den instrumentalen Teil des Komponierens übernimmt; eine Dynamik, die sich dauerhaft als gewinnbringend erweist. Allgemein zeigt sich die junge Gruppe jedoch nervös, klopft zwei Wochen vor Beginn der Aufnahmen zehn Lieder in die Tonne und bastelt in einem Affenzahn acht neue. Darunter befindet sich das Glanzstück Sugar, We’re Goin’ Down, das die erste Single werden wird.

Beim Albumtitel will das Quartett noch einmal frech werden: My Name Is David Ruffin And These Are The Temptations schlägt man der Plattenfirma vor. Da haben die Anwälte natürlich etwas dagegen, die Jungs kontern prompt mit dem Songtitel Our Lawyer Made Us Change The Name Of This Song So We Wouldn’t Get Sued. Beim finalen Namen des Langspielers lässt sich Wentz dann von einem Kinderbuch inspirieren.

Spitze Titel, ehrlicher Rock

Dieser Widerspruch zwischen kindlicher Traumwelt und düsterer Ehrlichkeit überzeugt. Bei Veröffentlichung fällt die Kritik positiv aus („Wenn die ansteckenden Songs nicht überzeugen, tun es die scharfzüngigen Songtitel“), und selbst weniger geneigte Stimmen attestieren Sugar Klassiker-Potenzial. Platzierungen in etlichen Videospielen und Horden von Kajal-tragenden Kids verhelfen dem Album schließlich zu Platz zwei in den Billboard-Charts und dreifachem Platin-Status.

„We’re the therapists pumping through your speakers / Delivering just what you need“, singt der sonst zurückhaltende Stump bei Sophomore Slump Or Comeback Of The Year. Der Text von Wentz ist Programm, und die Band avanciert für eine ganze Jugendbewegung zum vertrauten Ratgeber.

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