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Popkultur

„Ich fühlte mich Freddie wirklich verbunden“: Künstler Jack Coulter über die Arbeit an seinem „Mr. Bad Guy“-Gemälde

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Foto: Jack Coulter

Freddie Mercury hat sein Leben der Musik gewidmet – und auch andere Künste haben ihn stets fasziniert und inspiriert. So hatte er als Teenager die Ealing Art School besucht und danach selbst kurz als Freelance-Künstler gearbeitet.

von Martin Chilton

Auch nachdem er mit Queen schon längst weltberühmt geworden war, traf man Freddie Mercury häufig in Galerien an, denn er war ein begeisterter Sammler von Gemälden. Es war somit naheliegend, dass der Freddie Mercury Estate an den aufstrebenden Expressionisten und Fotografen Jack Coulter herangetreten ist und den erst 25-jährigen Künstler unter anderem gebeten hat, ein Bild zu Mercurys Solotitel Mr. Bad Guy zu malen.

Hört euch hier Mr. Bad Guy Freddie Mercury an:

Geboren in Belfast im Jahr 1994, war Coulter schon jahrelang Fan von Queen, als er den Auftrag für jenes Gemälde annahm, das seither in Seoul in einer großen Queen-Ausstellung hängt. „Schon als Kind kam ich durch meinen guten Freund Oisin, der die Band wirklich über alles liebte, mit der Musik von Queen in Kontakt“, kommentiert Coulter. „Der Sound faszinierte mich sofort: Wie die Songs aufgebaut waren, die Strukturen und Schichtungen… das klang vollkommen anders als alles andere. Daher war es eine Riesenehre, mich in einer Arbeit mit Queen und Freddie zu befassen.“

„In manchen Klängen kann ich Farben erkennen, die ich noch nie zuvor gesehen habe“

Jack Coulters Kunst basiert auf Synästhesie. Er sieht Töne als Farben und hat nicht selten mit einem „visuellen Overload“ zu kämpfen, wie er sagt. „Oft fühlt sich das so an, als ob man beim Fernseher die Sättigung bis zum Maximum aufgedreht hätte“, so der Maler. Zu den bekanntesten Musikern, die Synästheten waren, zählt Duke Ellington. „Ich höre einen Ton von einem der Jungs aus der Band in einer bestimmten Farbe. Wenn ein anderer dieselbe Note spielt, höre ich sie trotzdem in einer anderen Farbe“, sagte Ellington einst. „Das G von Johnny Hodges klingt zum Beispiel hellblau-satiniert“, geht die Beschreibung weiter, die Coulter sofort sprachlos machen sollte: „Wie bei mir! Das hätte ich nicht besser formulieren können“, so der Maler, der ganz ähnlich wahrnimmt wie Ellington. „In manchen Klängen kann ich sogar Farben erkennen, die ich noch nie zuvor gesehen habe.“


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 „Ich wollte die Essenz von Freddie einfangen“

Natürlich drängt sich die Frage auf, in welchen Schattierungen er den nun Mr. Bad Guy, den Titelsong von Mercurys Soloalbum aus dem Jahr 1985, gesehen hat: „Das Bild entspricht genau den Farbtönen, die ich darin gesehen hab“, holt Coulter aus, „und ich habe alles da rausgeholt. Aber ich wollte damit nicht nur den Klang wiedergeben, sondern mich auch vor Freddie verneigen. Beim Estate waren sich alle einig, dass er das Bild geliebt hätte. Ich musste sogar weinen, als sie mir das sagten.“

In einem Video, das die Entstehung des Bilds zeigt, sieht man seine extravagante Herangehensweise: „Purer Wahnsinn, das ist mein Ansatz. Ich springe über die Leinwand und tanze um sie herum“, so Coulter. „Ich habe mich vor allem auf die Details des Songs konzentriert“, berichtet er weiter. „Ich wollte richtig eintauchen in diese Welt. Meine Ohren nehmen einfach alles wahr, da kann ich eh nichts dran ändern. Um Freddies ganze Musikalität zu erfassen, habe ich diesen Titel regelrecht inhaliert.“

Links: Jack Coulters Gemälde zu Mr. Bad Guy. Rechts: Das Studio des Künstlers. Foto: Jack Coulters

„Nach der Schule habe ich dann immer meine Lieblingssongs gemalt“

Für Coulter ist es nicht das erste Gemälde, das auf einem konkreten Song basiert. Auch Smells Like Teen Spirit von Nirvana oder der Stones-Klassiker Start Me Up dienten ihm bereits als Inspiration. Dazu macht er auch selbst Musik und hat stets ein Aufnahmegerät dabei, um Stimmen und andere Audioschnipsel einzufangen, die ihn irgendwie berühren.

Sozialisiert mit einem bunten Stilmix, in dem Prince und Bob Dylan, Blondie, Brian Eno oder auch Franz Liszt gleichermaßen ihren Platz hatten, besorgte er sich schon früh eigene Alben in irgendwelchen Trödelläden. „Nach der Schule habe ich dann immer meine Lieblingssongs gemalt.“ Und da er nie gewöhnliche Pinsel benutzt, sondern viel mit Stöcken und anderen Werkzeugen experimentiert, nahm er irgendwann sogar ein Musikinstrument in seinen Werkzeugpool auf: „Ja, ich arbeite oft mit einem Violinbogen. Ich spiele richtig damit. Überhaupt fühlt sich das Arbeiten mit ungewöhnlichen Gegenständen eher wie eine Performance an – und nicht bloß wie der gewöhnliche Akt des Malens. Ab und zu mache ich auch Skulpturen und benutze dafür kaputte Instrumente.“

Eines von Coulters frühsten Werk längt noch in seinem Schlafzimmer. Foto: Jack Coulter

Das Leben als Synästhet sei aber durchaus auch schmerzhaft und frustrierend, so Coulter. „Gerade in meiner Generation wird das Thema viel zu oft verherrlicht. Dabei geht’s mir gerade nach dem Malen ziemlich schlecht, weil die Migräneschübe, die ja eigentlich immer da sind, dann noch stärker kommen.“

Für seine visuelle Verneigung vor Freddie Mercury war nicht nur der Klang von Mr. Bad Guy eine Inspiration; auch den gut 30 Jahre alten Text fand der junge Maler „wahnsinnig auf den Punkt gebracht, intensiv, einfach nur ehrlich“, so Coulter. „Ich hätte ihn gerne mal persönlich gesprochen und ihn nach seinen Lieblingsmalern gefragt“, sagt der Künstler abschließend, dessen Mr. Bad Guy-Werk nun auch das neue Mercury-Boxset Never Boring ziert. Während Details des Bilds auf den einzelnen Sleeves auftauchen, liegt der Sammlung auch ein exklusives Poster mit Coulters Interpretation bei. „Die Leute, mit denen ich daran gearbeitet habe, haben ihn alle die ganze Zeit Freddie genannt. Auch dadurch fühlte ich mich seltsam verbunden mit ihm.“

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