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Popkultur

So klang der „Teen Spirit“: Die zehn größten Nirvana-Hits

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Foto: Steve Pyke/GettyImages

Auch wenn ihr Name bis in alle Ewigkeit mit dem Grunge-Genre verbunden sein wird, haben die größten Songs von Nirvana eine ganz eigene, wirklich unvergleichliche Magie und eine Energie, die unbedingt zeitlos ist. Die Karriere des Trios aus Seattle war extrem kurz, doch ihr Aufstieg war kometenhaft: Nachdem sie mit ihrem zweiten Album Nevermind schlagartig zur größten Band der damaligen Rocklandschaft geworden waren, markierte der tragische Tod von Kurt Cobain schon 1994 das Ende von Nirvana. Ihr musikalischer Nachlass klingt heute noch genauso umwerfend wie damals – das beweist schon ein flüchtiger Blick auf ihre Top-10…

von Tim Reacock

10. All Apologies

Zwar tauchte der Song All Apologies schon kurz nach der Veröffentlichung von Nevermind in ihren Live-Sets auf (z.B. als Nirvana im Herbst 1991 durch England tourten), aber es dauerte danach noch bis Februar 1993, bis die Band das Stück im Studio mit Produzent Steve Albini in seine endgültige Form brachte. Ähnlich wie der Song Dumb klang auch das hypnotische All Apologies ganz anders als die sonst eher aggressiven Titel, die den Großteil von In Uteroausmachen. Von Cobain selbst als „friedliche, glückliche Glückseligkeit“ bezeichnet, hat der Titel bis heute nichts von seinem jenseitigen Charme eingebüßt.


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9. Serve The Servants

Schon mit Serve The Servants, dem Eröffnungstitel von In Utero, nahmen Nirvana den Gerüchten, die besagten, der Nachfolger zu Nevermind sei dermaßen aggressiv, dass man das Album kaum durchhören könne, jeglichen Wind aus den Segeln. Größtenteils autobiografisch, befasst sich Cobain mit seinem zerrütteten Elternhaus und den Schattenseiten von Ruhm und Erfolg (Zitat: „Teenage angst has paid off well/Now I’m bored and old“), wobei auch Novoselic und Grohl eine der größten Performances ihrer Karriere hinlegen.

8. On A Plain

Mit der Zeile „One more special message to go/Then I’m done and I can go home“ bezieht sich Cobain doch tatsächlich auf die Tatsache, dass der Songtext für On A Plain (von Nevermind) erst kurz vor der Aufnahme entstanden war. Trotzdem wirkt nichts an diesem Pop-Punk-Klassiker übereilt oder unausgegoren – im Gegenteil: Alles sitzt, von vorne bis hinten, sogar die extrem hohen Hintergrundgesänge von Dave Grohl. 2004 bezeichnete Produzent Butch Vig das Stück schlicht als „großartigen Popsong“. Dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen.

7. Frances Farmer Will Have Her Revenge On Seattle

Eines der eher gradlinigen Stücke von In Utero ist Frances Farmer Will Have Her Revenge On Seattle, ganz klar von William Arnolds Buch Shadowland beeinflusst. Der 1978 veröffentlichte, an die eigene Biografie angelehnte Roman handelt von der Schauspielerin und Moderatorin Farmer, die mit psychischen Problemen kämpft und schließlich gegen ihren Willen in ein Heim eingewiesen wird. Über den wütenden Text sagte Cobain zum US-Rolling Stone: „Ich denke mal, dass ich damit der Welt zeigen will, dass es diese Bürokratie überall gibt – und dass es jeden treffen kann. Eine echt üble Sache ist das.“

6. Drain You

Auch wenn Drain You von Nevermind auf den ersten Blick wie eine astreine Hymne wirkt, nimmt dieser Titel doch ein paar überraschende Wendungen. Zunächst einmal wäre da die Perspektive: Geschrieben ist das Liebeslied aus der Perspektive zweier Babys, die sich ein Krankenhausbett teilen, wobei eine Zeile wie „I travel through a tube and end up in your infection“ zu jenen medizinischen Spezialitäten zählt, die Cobain auf In Utero immer wieder untergebracht hat. Außerdem fällt auf, dass er kein klassisches Gitarrensolo einstreut, um stattdessen auf eine Art Noise-Breakdown à la Sonic Youth zu setzen, was sehr gut funktioniert und dem Track sogar noch mehr Nachdruck verleiht.

5. In Bloom

Ein perfektes Beispiel für die einzigartige laut-vs.-leise-Dynamik der Band ist In Bloom, der genauso zeitlos daherkommt, wie die drei Megasingles des dazugehörigen Nevermind-Albums. Der Wechsel zwischen ruhigen, vom Bass getragenen Strophen und euphorischen Refrains darf daher längst als ihr Markenzeichen gelten. Mit der Zeile „He’s the one, who likes all our pretty songs“ macht Cobain sogar einen Seitenhieb gegen all jene, die nach dem Durchbruch von Nirvana auch noch schnell auf den Grunge-Zug aufspringen wollten. Ob das alle auch so verstanden haben, ist letztlich gar nicht so wichtig: Schließlich klang der Song für ihre riesige globale Fangemeinde wie eine einzige Party.

4. Come As You Are

Come As You Are basiert auf einem Riff, das ein wenig an die Stücke Eighties (von Killing Joke) und Life Goes On (von The Damned) erinnert, aber letztlich doch in seiner eigenen Liga spielt. Was als mürrischer Alt-Rock beginnt, explodiert regelrecht, sobald die Band zum ersten Refrain ausholt. Die Verantwortlichen bei Geffen waren sich zunächst nicht ganz einig, ob sie nun Come As You Are oder In Bloom als Nachfolger-Single zu Smells Like Teen Spirit veröffentlichen sollten, entschieden sich dann aber für diesen Track – womit sie goldrichtig lagen: Es wurde der zweite US-Hit für Nirvana und auch in Großbritannien ein Top-10-Erfolg.

3. Heart-Shaped Box

Die herzförmige Box, klarer Höhepunkt, erste Single und Herzstück von In Utero, ist tatsächlich von einer solchen kleinen Kiste inspiriert, die Cobain von seiner Frau Courtney Love bekommen hatte. Seinem Biografen Michael Azerrad sagte der Frontmann später, dass der emotionale Text auch von einigen Dokumentarfilmen über an Krebs erkrankte Kinder inspiriert sei, doch die Gerüchte, dass es sich dabei um ein (etwas obskures) Liebeslied für seine Gattin handelt, halten sich hartnäckig. Unabhängig davon ist es ein umwerfender Song, und auch das grandiose Video, das unter der Regie von Anton Corbijn entstand, räumte 1994 gleich zwei Preise bei den MTV VMAs ab (u.a. in der Kategorie „Best Alternative Video“).

2. Lithium

Wegen der krassen Rhythmuswechsel soll Lithium derjenige Song gewesen sein, an dem Nirvana im Studio am längsten gesessen haben, bis das Nevermind-Album schließlich komplett im Kasten war. Sinnvoll investierte Zeit, denn das Ergebnis ist ein echter Meilenstein: Kontrast- und Abwechslungsreich, mit fast schon jazzig daherkommenden Strophen, die in wilde Refrains münden, wobei Cobain am Mikrofon zu absoluter Höchstform aufläuft – das alles macht Lithium zum Inbegriff von einem gelungenen Pop/Punk-Balanceakt. 1992 verriet Cobain in einem Interview mit Flipside, dass die religiöse Zeile „I’m not scared/Light my candles in a daze/’Cause I’ve found God“ auf einen Typen anspielt, der nach dem Tod seiner Freundin im Glauben eine „letzte Möglichkeit zum Weiterleben“ gefunden hatte. Die mysteriöse Aura des Songs ist auch nach all den Jahren kein bisschen weniger umwerfend.

1: Smells Like Teen Spirit

Eine Liste wie diese kann nur mit einem Song enden: Smells Like Teen Spirit. Denn selbst wenn sich der Staub ja eigentlich schon längst wieder gelegt hat, kann man nur staunen über diesen Track: Der etwas schräge Titel z.B. stammt tatsächlich von einem beiläufigen Spruch, den Cobains Freundin Kathleen Hanna über ein Deo gemacht hat! Die Dynamik, das krasse Laut-Leise-Zusammenspiel, ist bekanntermaßen von den Pixies inspiriert. Aus diesen Details entstand ein Song, der als Hymne einer Generation und Soundtrack einer ganzen Ära gelten darf. „Ich hab halt versucht, den ultimativen Popsong zu schreiben“, kommentierte Cobain im Januar 1994 gegenüber dem US-Rolling Stone. Was ihm, auf seine Art, auch gelungen ist!

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