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Popkultur

„Bitch, I’m Madonna“: 6 Anekdoten, die nur aus dem Leben der „Queen of Pop“ stammen können

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Madonna
Foto: Peter Noble/Redferns/Getty Images

Blonde Ambition: Wer so ehrgeizig wie Madonna den Gipfel des Erfolgs erklimmt, eckt an – und fasziniert. Ersteres tut die Mutter aller Pop-Göttinnen stets mit großem Enthusiasmus, reißt mit ihrem Selbstbewusstsein aber auch konservative Mauern ein. So sammelt sie in ihrer Karriere allerhand bemerkenswerte Anekdoten, die wir euch nicht vorenthalten wollen.

von Victoria Schaffrath

Hört zur Einstimmung in Madonnas Greatest-Hits-Compilation Celebration von 2009 rein:

1. Bevor sie „Madonna“ wird, spielt sie Schlagzeug in einer Post-Punk-Band.

Schaut man auf Madonnas Modestil zum Beginn ihrer Karriere, dann überrascht ein gewisser Punk-Einfluss nicht mehr. Bevor sie 1982 ihren ersten Plattenvertrag unterschreibt, haust sie in einer leerstehenden Synagoge im New Yorker Stadtteil Queens (mehr Punk geht kaum) und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Ihr Mitbewohner und Lebensgefährte Dan Gilroy versteht sich als Musiker und drückt „Madge“ irgendwann eine Gitarre in die Hand. Den ersten selbstgeschriebenen Song bezeichnet sie als „religiöses Erlebnis“.

Madonna, nicht faul, traut sich bald mehr zu und beginnt, Schlagzeug zu spielen. Das Paar gründet daraufhin die Band The Breakfast Club und spielt die New Yorker Clubszene auf und ab, sodass sie irgendwann auch im legendären CBGB landet. Ab jetzt will die junge Frau wie ihr Vorbild Debbie Harry Front-Luft schnuppern und verlangt nach dem Platz am Mikrofon, worauf Gilroy nicht gerade großzügig reagiert. Beziehung und Band gehen vor die Hunde; Madame Ciccone zieht weiter zur Post-Punk-Gruppe Emmy, wo ihr Gesang Vergleiche mit Pat Benatar und Chrissie Hynde beschwört. So kann man die 2008 noch kontroverse Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame durchaus gutheißen.

2. Sie verschafft sich mit einer ungewöhnlichen Ansage einen Plattenvertrag.

Ein mittelmäßiges Demo-Tape von Everybody reicht 1982 aus, um Madonna auf den Weg zum Superstar zu bringen. Eine Rohversion der Nummer nimmt sie mit dem DJ Mark Kamins auf, der wiederum Ambitionen hat, zum Produzenten aufzusteigen. Also lädt dieser seinen Label-Kontakt Michael Rosenblatt ein, der ausgerechnet die noch unbekannten Wham! im Gepäck hat, als er bei einer von Kamins’ Clubnächten auftaucht. Natürlich läuft die Gruppe der jungen Sängerin vor die Füße.

Man tauscht Nummern aus, und wenig später spricht Madonna dann bei Sire Records vor. Rosenblatt wittert bei der Italo-Amerikanerin bereits das gewisse Etwas, weiß aber, dass eine Fehlinvestition Konsequenzen mit sich bringt: „Ich fragte sie, was sie sich hiervon erhoffte. Das frage ich immer, und die falsche Antwort ist, dass man nur seine Kunst machen möchte, denn hier geht es ums Geschäft. Madonna antwortete mit ‚Ich will die Welt regieren‘. Ab da wollte ich sie unter Vertrag nehmen.“

3. Sie verhilft den MTV Video Music Awards zu Ruf und Quote.

Wer gleich drei Einträge in der Liste der krassesten „VMA“-Momente bekommt, muss sich offenbar mächtig ins Zeug gelegt haben. Zum ersten Mal sorgt Madonna 1984 für große Augen: Im Rahmen der ersten MTV Video Music Awards im September des Jahres legt sie einen Auftritt hin, der den Ruf der Show für immer beeinflussen soll. Die Veröffentlichung der Single Like A Virgin steht noch bevor, sodass das Publikum gar nicht so recht weiß, wie ihm geschieht, als die Visionärin da im Hochzeitskleid auf einer festlichen Torte erscheint.

„Die Münder der Leute standen offen“, erinnert sich Madonnas langjährige Publizistin später. Das wundert kaum, denn mit der heiligen Institution der Ehe hat die Performance wenig zu tun: Angefangen beim Gürtel, auf dem gülden die Worte „boy toy“ prangen, bis zu den recht suggestiven Bewegungen, die die passionierte Tänzerin da mit ihrem Schleier vollführt, bricht sie gleich mit einer ganzen Reihe an Tabus. Das verleiht der jährlichen Preisverleihung nicht nur den Ruf einer Skandal-Show, sondern ebnet auch den Weg für Generationen an selbstbestimmten Musikerinnen.

4. Sie rockt Live Aid trotz eines Fauxpas von Black Sabbath.

Rockbands und Knigge-Benimmregeln gehen ungefähr so gut zusammen wie Madonna und Black Sabbath. Beweisstück A: Das Zusammentreffen der beiden Musikgrößen im Vorfeld des Live-Aid-Konzerts 1985. Als die Düster-Briten nämlich ihren Proberaum beziehen, steht plötzlich eine quirlig-kostümierte Frau Ciccone inklusive weiblicher Begleitung im Türrahmen. Vielleicht liegt es am schummrigen Licht oder einfach an Madonnas relativ junger Karriere, aber erkennen tut den enthusiastischen Gast niemand.

Tony Iommi, ganz der Profi, versteht natürlich keinen Spaß, wenn es um wertvolle Probezeit geht – und lässt die Besucherinnen prompt vom Sicherheitspersonal entfernen. „Und dann muss ich mir anhören, dass ich soeben Madonna rausgeschmissen habe. Ein wenig peinlich war das schon“, erinnert er sich in einem Interview. Madonnas Auftritt beim Jahrhundert-Event am Folgetag tut das keinen Abbruch. Neben Legenden wie Sabbath und Queen kann sie sich durchaus behaupten und beweist wieder einmal ihren Sturkopf. Nachdem die Magazine Playboy und Penthouse nämlich ohne ihre Zustimmung uralte Nacktbilder der jungen Frau veröffentlicht hatten, zeigt die Live-AidShow, dass Madonna sich dafür nicht schämt – und schon gar nicht vorhat, sich zu verkriechen.

5. Sie liest Steven Tyler die Leviten – live und in Farbe.

Zu Beginn der Neunziger übernimmt Madonna die volle kreative Kontrolle ihrer Karriere und auch ihrer Aktfotos. Das Album Erotica und der Bildband Sex (übrigens mit einem noch unbekannten Vanilla Ice als Model) sorgen mal wieder für Schlagzeilen und für allerhand unangebrachte Kommentare. Ganz vorn mit dabei: Steven Tyler von Aerosmith. Das mit der Selbstbestimmung und der Belästigung bringt er damals wohl irgendwie durcheinander.

„Madonna, Baby, ich habe dein Buch gesehen“, höhnt er 1994 während einer Preisverleihung, bei der sie die Laudatio vortragen durfte, und hält unheilschwanger seine Hand in die Höhe. „Warum benutzt Madonna wohl diese beiden Finger zum Masturbieren? Weil es meine sind.“ Nach dieser Perle des feinsinnigen Humors braucht auch die scharfzüngige Pop-Ikone einen Moment, um sich zu fangen. Dann holt die personifizierte Blonde Ambition zum Konter aus: „Wenn ich deine Finger benutze, ist es keine Selbstbefriedigung. Es ist sexueller Missbrauch.“ Das lassen wir mal so stehen.

6. Die First Lady des Grunge schmeißt mit Make-up nach ihr.

Nach der Kritik-intensiven Erotica-Phase reicht es Madonna erstmal mit den gewagten Auftritten und sie gibt sich zunächst gediegen. Bereitet sie unbewusst ihre Evita-Darstellung vor? Bei den MTV Video Music Awards 1995 könnte man jedenfalls meinen, es ist nicht Madonna, sondern eine Handelsvertreterin, die da nach der Show ein Interview gibt. Plötzlich fliegt eine Puderdose durch das Bild, und der diametrale Gegensatz zu Madonnas Gebaren kündigt sich an: eine sichtbar aufgedrehte Courtney Love. Die Hole-Frontfrau kann sich da natürlich auf ein tragisches Jahr berufen und weist ganz offenbar ein mittelschweres Drogenproblem auf, das sie im Juli des Jahres bereits dazu bewegt hatte, Kollegin Kathleen Hanna eine zu verpassen.

„Courtney Love braucht Aufmerksamkeit, sie wirft ihren Puder nach mir“, bemerkt die irritierte Madonna, bevor Moderator Kurt Loder die Cobain-Witwe heran beordert. „Nein, tu das nicht, bitte“, versucht die Like-A-Prayer-Schöpferin noch, die Situation abzuwenden, doch zu spät: Es folgen die womöglich unangenehmsten Minuten, die je im Live-Fernsehen festgehalten wurden. Immer wieder nehmen die zwei Medienprofis sich in den nächsten Jahren ins Visier, mal soll kollaboriert werden, mal gibt man sich spinnefeind. Letztlich bringt „Madge“ sowieso nichts aus der Ruhe. Warum? „Bitch, she’s Madonna.“

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10 Songs, die jeder Madonna-Fan kennen muss

Popkultur

„Atomic City“: Neuer U2-Song feiert die Post-Punk-Jahre

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U2 HEADER
Foto: Jason Kempin/Getty Images

Und plötzlich ist ein brandneuer Song von U2 gelandet: Auf Atomic City schwelgen die Iren im Sound früherer Jahre und läuten zugleich eine furiose neue Ära ein. Hier bei uns gibt es Song samt Video!

U2 fahren die Motoren langsam hoch. Kürzlich erst gaben sie einen Überraschungsauftritt mitten auf dem Strip in Las Vegas, um ihre furiose Residence im Sphere zu bewerben. Die startet am heutigen Freitag und verspricht ein revolutionäres Konzerterlebnis: 160.000 Lautsprecher und 260 Millionen Videopixel läuten dieses Wochenende eine neue Ära in Sachen Livemusik ein.

Hommage an Las Vegas

Passend dazu erscheint heute die brandneue Single Atomic City. Produziert wurde der Song von Jacknife Lee und Steve Lillywhite und ist als Hommage an Las Vegas zu verstehen – die Stadt wurde in den fünfziger Jahren als Atomic City bezeichnet. Musikalisch ist der Song ein Kniefall vor dem magnetischen Geist des Post-Punk der Siebziger und Bands wie Blondie oder The Clash, die U2 beide stark beeinflussten. Hier gibt es die starke Nummer zu hören:

Aufgenommen wurde die Single in Los Angeles und erscheint passend vor den anstehenden Terminen der Band im Sphere in Las Vegas, wo sie ihr bahnbrechendes Album Achtung Baby aus dem Jahr 1991 zelebrieren. Der Frontmann Bono selbst sagt über die Single: „Es ist ein Liebeslied an unser Publikum: Where you are is where I’ll be.“ Das dazugehörige Musikvideo wurde unter der Regie von Ben Kutchins gedreht und zeigt U2s nächtlichen Überraschungsauftritt des Songs in Downtown Las Vegas letzter Woche. Da hat sich mal jemand mit Schnitt und Post-Production beeilt.

Jetzt können wir nur noch warten und morgen schon die Bilder dieser grandiosen neuen Show mit Ersatzschlagzeuger Bram van den Berg bestaunen. Oder doch vielleicht eher gleich Flüge buchen?

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U2: Alle Alben im Ranking

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Popkultur

„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge

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Tom DeLonge HEADER
Foto: Christopher Polk/Getty Images

Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:

… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …

Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan

Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?

DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …

Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?

In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.

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blink-182: Alle Studioalben im Ranking

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Zeitsprung: Am 29.9.1986 trumpfen Iron Maiden erneut auf mit „Somewhere In Time“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1986.

von Christof Leim

In den Achtzigern stürmen Iron Maiden von einem Triumph zum nächsten. Dabei reiben sie sich fast bis zur Überlastung auf, halten aber konsequent Kurs und Niveau und entdecken neue Sounds. Am 29. September 1986 erscheint Somewhere In Time – und Eddie wird zum Cyborg.

Hier könnt ihr das Album hören:

Die Geschichte von Somewhere In Time beginnt mit völliger Erschöpfung. Kann nach einer Welteroberung schon mal passieren: 1984 hatten die fünf Briten auf der World Slavery Tour elf Monate lang in 28 Ländern auf vier Kontinenten gespielt – und zwar satte 193 Shows vor geschätzten 3,5 Millionen Fans. Der Preis: Bruce Dickinson (Gesang), Steve Harris (Bass), Dave Murray (Gitarre), Adrian Smith (Gitarre) und Nicko McBrain (Schlagzeug) sind fix und fertig. Deshalb fordern die Musiker sechs Monate Pause. Daraus werden zwar nur vier, doch zum allerersten Mal seit Jahren steht die Maiden-Maschine ein Weilchen still. 

Neues Spielzeug

Die Konsequenzen hört man: Harris, Smith und Murray experimentieren mit Gitarrensynthesizern, mit denen sich Keyboardsounds über die Gitarre und den Bass erzeugen lassen. Dickinson indes zweifelt an seiner Motivation und will musikalisch in eine andere Richtung. Er komponiert vor allem akustisches (also stromloses, ruhiges) Material, das von den Kollegen und dem Produzenten aber abgelehnt wird. Der Sänger zeigt sich verletzt, freut sich aber darüber, für eine Weile „nur“  singen zu müssen. Für ihn springt Adrian Smith in die Bresche und liefert im Alleingang mehrere fertige Tracks, die auf einhellige Begeisterung stoßen und Somewhere In Time maßgeblich prägen sollten.

Futuristische Fahrzeuge, klassische Patronengurte: Iron Maiden auf dem Pressefoto für „Somewhere In Time“ – Foto: Aaron Rapoport/Promo

Erst im Januar 1986 geht es zurück ins Studio, genauer: in mehrere Studios. Drums und Bass nehmen Iron Maiden in den Compass Point Studios auf den Bahamas auf, in dem auch AC/DC Back In Black eingespielt hatten. Gitarren und Gesänge bringen die Musiker in den Wisseloord Studios im niederländischen Hilversum auf Band, abgemischt wird schließlich in den Electric Lady Studios in New York. Damit wird Somewhere In Time nicht nur zum teuersten Album der bisherigen Bandkarriere, sondern auch zum technisch ambitioniertesten. Wie für die Beständigkeit in der Maiden-Welt der Achtziger typisch, ändert sich an der sonstigen Formel wenig. Die Produktion übernimmt ein weiteres Mal Stammproduzent Martin Birch.

Fünf Minuten mindestens

Somewhere In Time erscheint am 29. September 1986 und steigt in Großbritannien auf Platz drei ein. In den USA schafft die Band mit Platz elf ihre bis dato beste Platzierung. Auf dem Cover prangt natürlich das unvergleichliche Iron Maiden-Monster Eddie in einem aufwändigen Science-Fiction-Gemälde. Schon im Intro der ersten Nummer, dem vom Film Blade Runner inspirierten Quasi-Titelstück Caught Somewhere In Time aus der Feder von Steve Harris, hören die Fans die besagten Gitarren-Synthesizer. Doch am grundsätzlichen Stil von Iron Maiden hat sich nichts geändert. Es galoppiert der Bass, wie es sich gehört, die Gitarren riffen, und Dickinson lässt seine Sirenenstimme aufheulen. Wo Iron Maiden drauf steht, ist Heavy Metal drin, vermutlich bis ans Ende aller Tage. Allerdings klingt Somewhere In Time insgesamt weniger rau, sondern bei gleichem Energieniveau erwachsener, vielschichtiger und, wenn mal so will, futuristischer.

Von den acht Songs fällt keiner kürzer aus als fünf Minuten aus, das Gros stammt von Steve Harris, drei Beiträge kommen von Adrian Smith. Dazu gehört die erste Single Wasted Years, in der Maiden so eingängig klingen wie es nur geht, ohne ihren eigenen Sound zu verlieren. Der Text erzählt von Heimatlosigkeit und Entfremdung – ein klarer Kommentar zur endlosen World Slavery Tour. Als Wasted Years drei Wochen vor dem Album als Single ausgekoppelt wird, sieht man auf dem Cover das Cockpit einer Zeitmaschine, in deren Armaturenbrett sich der Kopf von Eddie spiegelt. Der Grund: Sein neues Aussehen sollte nicht vor Erscheinen des Albums verraten werden, schließlich hat das Maskottchen mittlerweile Kultstatus erreicht.

Auf der Vorabsingle durfte Eddie sich noch nicht ganz zeigen…

Filme und Bücher als Inspiration

Das folgende Sea Of Madness, ein dramatischer Uptempo-Banger, stammt ebenfalls von Smith, setzt aber keine besonderen Akzente. Für Heaven Can Wait, einen Harris-Song über eine Nahtoderfahrung, rekrutieren Maiden die Gäste einer Kneipe, um die „Oh-Oh“ -Fußballchöre im Mittelteil einsingen zu lassen.

Das ebenso harte wie vertrackte The Loneliness Of The Long Distance Runner basiert nicht nur im Titel auf einer Kurzgeschichte des britischen Autoren Alan Sillitoe. Stranger In A Strange Land hingegen geht direkt ins Ohr und wird deshalb als zweite Single ausgekoppelt. Inspiriert wurde Adrian Smith hierfür durch ein Gespräch mit einem Arktisforscher, der einen gefrorenen Körper im Eis gefunden hatte. Vom gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Robert A. Heinlein hingegen leiht sich Smith lediglich den Titel. 

Egal, wo und wann: Eddie ist immer cool

Die Credits für Deja-Vu teilt sich Harris mit Dave Murray, der im Schnitt für jedes zweite Album einen Song beisteuert. Alexander The Great stammt vom Bassisten alleine und reiht sich mit einer Spielzeit von achteinhalb Minuten in den Reigen der großen Maiden-Epen ein, diesmal mit explizit historischem Bezug.

Ein Cover wie ein Bildband

Ein sicherer Hit ist zweifelsfrei das Artwork der Platte: Hier steht Eddie als Weltraum-Terminator mit Cyborg-Auge und Laserpistolen in einer futuristischen Stadt, die vor Details nur so überquillt. Der Künstler Derek Riggs, der Künstler hinter diesem Werk, erinnert sich an den Arbeitsauftrag: „Wir haben uns eigens in Amsterdam getroffen und drei Tage lang über das Cover gesprochen. Sie wollten eine Kulisse wie in Blade Runner, eine Science-Fiction-Stadt.“ Um das zu erreichen, erschafft Riggs eine Skyline mit Werbeslogans und Firmennamen, die er größtenteils erfindet, um Copyright-Probleme zu vermeiden. Dabei dreht er richtig auf und auch ein wenig durch. 

Immense Detailfülle und jede Menge versteckte Späßchen: Das Artwork aus der Feder von Derek Riggs

Wer genau hinguckt, kann unter anderem erkennen: den Sensenmann und die Katze mit Heiligenschein von Live After Death, den abstürzenden Himmelsstürmer aus Flight Of Icarus, ein Flugzeug über der „Aces High Bar“ , das „Ancient Mariner Seafood Restaurant“, ein Straßenschild zur „Acacia Avenue“ , ein Konzertposter mit dem Ur-Eddie, die Dame aus Charlotte The Harlot, die Tardis aus Doctor Who, Batman, eine Uhr, die zwei Minuten vor Mitternacht anzeigt, das „Phantom Opera House“ , den Ruskin Arms Pub (eine der ersten Spielstätten der Band) sowie die exakt gleiche Straßenlaterne wie auf dem Cover des Debüts. Irgendwo steht sogar auf Japanisch „Pickelcreme“ , auf Russisch „Joghurt“  und in Spiegelschrift „Dies ist ein sehr langweiliges Gemälde“. Drei Monate sitzt Derek Riggs an dem Werk, mitgezählt eine mehrwöchige Zwangspause, weil er irgendwann Halluzinationen bekommt und aussetzen muss. Kurzum: Das Cover ist Wahnsinn. Und absolut großartig.

…und die Rückseite ist genauso bombastisch.

Auf die Straße. Natürlich.

Natürlich geht es für die fünf Musiker umgehend auf Konzertreise: Der Somewhere On Tour getaufte Trek zieht von September 1986 bis Mai 1987 um die Welt, mit dabei ein überdimensionaler Cyborg-Eddie, der über die Bühne spaziert, zwei riesige Podeste rechts und links in Form von Monsterkrallen, eine aufwändige, sehr helle Lightshow sowie ein pulsierendes Leuchtherz als Teil von Bruces Bühnenoutfit. 

Somewhere On Tour: Dave Murray schreddert, Eddie guckt kritisch – Foto: Ebet Roberts/Redferns/Getty Images

So stressig und geradezu selbstmörderisch wie zwei Jahre zuvor auf der World Slavery Tour sollte es jedoch nicht mehr werden, auch die Zeiten, in denen Iron Maiden jedes Jahr ein Album und eine Welttour hinlegen, sind mit Somewhere In Time vorbei. Doch die Metal-Weltherrschaft der Achtziger haben Iron Maiden da längst inne.

Zeitsprung: Am 28.4.1988 starten Iron Maiden ihre Welttournee in einem Kölner Club.

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