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Popkultur

„Permanent Vacation“: Wie Aerosmith ihr großes Comeback vorbereiteten

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Aerosmith
Foto:J ohn Atashian/Getty Images)

Als die Siebziger enden und die Achtziger beginnen, wird es im Hause Aerosmith zugig. Die großen Erfolge verfliegen langsam, dann kommt es auch noch zum Streit. Doch die US-Rocker raufen sich wieder zusammen, feiern dank eines Hip-Hop-Covers ihr großes Comeback und spielen sich zurück an die Spitze des Rockolymp. Der erste Streich: Permanent Vacation.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Permanent Vacation anhören:

Man mag es heutzutage kaum glauben, doch es gab einmal Zeiten, da wäre das Flugzeug Aerosmith beinahe abgestürzt. Blicken wir auf die ausgehenden Siebziger und beginnenden Achtziger zurück: Erfolgreiche Alben wie Toys In The Attic (1975) und Rocks (1976) gehören der Vergangenheit an. Gitarrist Joe Perry hat die Gruppe nach einem Streit mit Frontmann Steven Tyler verlassen. Mit Rock In A Hard Place (1982) veröffentlichen die übrigen Bandmitglieder ein enttäuschendes Album, kurz danach steigt auch Rhythmusgitarrist Brad Whitford aus. Doch zwei Jahre später kehren Perry und Whitford zu den Luftschmitzen zurück — und die Maschine gewinnt langsam wieder an Höhe.

Der Startschuss für das große Aerosmith-Comeback fällt mit Done With Mirrors (1985), denn obwohl das Album nicht erfolgreicher gerät als sein Vorgänger Rock In A Hard Place, findet das klassische Aerosmith-Line-up darauf wieder zusammen. „Ich persönlich finde, dass Done With Mirrors unser uninspiriertestes Album ist“, stellt Gitarrist Perry in einem Interview klar. „Aber ich habe gehört, dass unsere Fans die Platte mögen, also werde ich mich nicht hinstellen und ihnen sagen, dass es schlecht ist. Wir mussten dieses Album aufnehmen, um zum nächsten zu gelangen, also hat es seinen Zweck erfüllt.“ Aerosmith bleiben nach der Veröffentlichung von Done With Mirrors noch eine Weile in der Versenkung — doch dann ändert ein Cover-Song alles.

Aerosmith goes Hip-Hop

Als Produzentenlegende Rick Rubin an Raising Hell arbeitet, dem dritten Album der US-amerikanischen Hip-Hop-Gruppe Run-D.M.C., hat er eine Idee. Warum nicht Rap und Rock zusammenbringen und die Vergangenheit mit der Gegenwart verschmelzen? Er stellt fest, dass Run-D.M.C. bei ihren Live-Auftritten ein Sample des Aerosmith-Songs Walk This Way verwenden und schlägt dem Hip-Hop-Trio eine Kollaboration mit den altgedienten Bluesrockern vor. Begeistert sind Run-D.M.C. zunächst nicht, lassen sich aber zu der Zusammenarbeit überreden. Am 4. Juli 1986 erscheint Walk This Way noch einmal, diesmal von Run-D.M.C. und Aerosmith. Plötzlich stehen Steven Tyler und Co. wieder in der Mitte der musikalischen Gesellschaft. Doch das war noch nicht alles.

Kurz nach ihrem Single-Erfolg nehmen Aerosmith die Arbeit an ihrem nächsten Album Permanent Vacation auf. Aus der Zusammenarbeit mit Run-D.M.C. haben die Rocker gelernt und holen sich für das Songwriting Profis wie Desmond Child und Jim Vallance an Bord. „Wir hatten das Gefühl, dass wir unseren kreativen Prozess auseinandernehmen, untersuchen und neu zusammensetzen müssen“, erklärt Bassist Tom Hamilton in einem Interview. „Dazu gehörte auch, dass wir Leute von außerhalb dazugeholt haben, und das war für uns ein großer Erfolg. Wir haben für diese Songs wirklich zusammengearbeitet. Es war nicht so, als wäre ein dahergelaufener Typ hereingekommen und hätte uns gezeigt, wie wir den neuen Aerosmith-Song zu spielen haben.“

Einen besonders großen Erfolg landen Aerosmith mit der Single Dude (Looks Like A Lady). „Eines Tages haben wir Mötley Crüe getroffen“, berichtet Steven Tyler in der Aerosmith-Autobiografie Walk This Way. „Sie sagten die ganze Zeit ‚Dude!‘. Dude hier und Dude da, alles war Dude. Aus dieser Session ist Dude (Looks Like A Lady) entstanden.“ Eine andere Version der Geschichte lautet, dass Steven Tyler in einer Bar auf Mötley-Crüe-Frontmann Vince Neil traf und den Sänger für eine Frau hielt. Mötley Crüe scheinen in jedem Fall etwas damit zu tun zu haben. „Jeder 4- oder 5-Jährige in Amerika konnte den Song mitsingen“, erinnert sich Co-Komponist Desmond Child. „Ich dachte nur: Ihr wisst schon, dass es in dem Lied um einen Transvestiten geht?“

Permanent Vacation: der Grundstein für zwei noch erfolgreichere Alben

Als Permanent Vacation am 18. August (USA) beziehungsweise am 25. August (Deutschland) erscheint, landen Aerosmith nach acht Jahren wieder in der US-Top-20, verkaufen mehr als fünf Millionen Exemplare des Albums und melden sich eindrucksvoll und lautstark zurück. Die Jahre der Kreativlosigkeit und des Drogenkonsums scheinen vorbei. „Wir kamen unter unseren Problemen hervorgekrochen und hatten wieder einen Bezug zu uns“, erzählt Gitarrist Brad Whitford im Buch Aerosmith: The Ultimate Illustrated History Of Boston’s Bad Boys. „Das war eine wundervolle Erfahrung, denn nach all dem Drogenmissbrauch stirbt man innerlich. Und man stirbt auch musikalisch.“ Aerosmith sind wieder da — doch es kommt immer noch mehr.

Obschon Aerosmith mit ihrem neunten Album Permanent Vacation ein großer Erfolg gelingt, ist Gitarrist Joe Perry noch immer nicht zufrieden: „Mit Permanent Vacation kamen wir schon nah an das heran, was wir wollten, aber auf dem Album gab es noch eine Menge zweitklassige Songs. Letztendlich landeten 13 Stücke auf der Platte, von denen wir viele nie live gespielt haben. Für mich war das eine Zeit-, Musik- und Plastikverschwendung.“ Die Reise geht also weiter und Aerosmith legen noch einmal eine große Schippe drauf: Pump. Ganze sieben Millionen Mal geht der Permanent Vacation-Nachfolger über die Ladentheke und markiert das zweiterfolgreichste Aerosmith-Album nach Get A Grip (1993). Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte, die ihr hier nachlesen könnt.

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Zeitsprung: Am 30.3.2004 erscheint „Honkin’ On Bobo“ von Aerosmith.

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