------------

Popkultur

Blumenkittel & Geschrammel: 5 Gründe, warum Post Malone mit seinem Nirvana-Tribut alles richtig gemacht hat

Published on

Post Malone
Foto: Lorne Thomson/Redferns/Getty Images

Wenn künftige Generationen im Corona-Tagebuch der Populärkultur blättern werden, wird unter „vorletzte Aprilwoche 2020“ vielleicht Folgendes zu lesen sein: Rapper mit eintätowiertem Stacheldraht auf der Stirn schafft mit links (und Travis Barker am Schlagzeug) das, was Cobain-Imitator Wes Scantlin von Puddle of Mudd spektakulär vergeigte … nämlich vernünftige Nirvana-Cover zu spielen.

von Markus Brandstetter

Die Rede ist natürlich von Post Malone, der vor kurzem für den guten Zweck ein bemerkenswertes Nirvana-Set aus seinem Haus streamte. Post Malone, ja genau, jener Rapper, der vielen Aficionados der Stromgitarre vielleicht erst seit seiner Zusammenarbeit mit Ozzy Osbourne ein Begriff ist und bei ganz traditionellen Rockfans möglicherweise sogar für Stirnrunzeln sorgt. Dabei zeigte Malone mit seinem Set eindrucksvoll, dass er nicht nur keinerlei Berührungsängste mit anderen Genres hat, sondern dass er auch jederzeit in Rock-Besetzung auf Tour gehen könnte… und zwar locker.

15 Songs, eine Stunde, siebzehn Minuten und siebenundzwanzig Sekunden. Mit Post Malone an Gesang und Gitarre, Travis Barker an den Drums, Brian Lee am Bass und Gitarrist Nick Mack – allesamt in verschiedenen Räumen im Haus des beliebten Rappers. Für dieses besondere Konzert werden Malone & Kollegen mit Lob überhäuft – und das zurecht. Warum?

1. Die Sache mit dem Abliefern.

Zugegebenermaßen: Nach der sagenhaft obskuren Performance von Wes Scantlin, der mit seiner Band Puddle Of Mudd den Song About A Girl nach allen Regeln der Kunst verhunzte, lag die Messlatte in Sachen Nirvana-Cover dieser Tage recht tief. Aber auch ohne den Vergleich mit der seltsam nach Verstopfung klingenden Performance Scantlins muss  man sagen: Post Malone lieferte einfach ab. Dass bei ihm ein Rocker im Körper eines Rappers steckt, konnte man erahnen – der Musiker machte sowohl an seiner Les Paul als auch stimmlich eine gute Figur. Man hatte durchwegs den Eindruck, dass hier vier gute Musiker einfach ihrem Fantum Ausdruck verleihen und mit jeder Menge Garagenenergie ein paar Songs spielen, die sie seit Jahren lieben. Dabei wirkte Post Malone keine Sekunde prätentiös – und die Musik Nirvanas bei ihm niemals wie ein Fremdkörper.

2. Die Sache mit dem Kleid.

Sowohl Post Malone als auch Bassist Brian Lee spielten ihr Nirvana-Tribut in Frauenkleidern – und das war nicht nur ein weiterer Verweis auf Kurt Cobain, sondern ein durchwegs politisches Zeichen. Cobain, der in den 1990er-Jahren öfters in blumigen Kitteln aufgetreten war, galt als die absolute Antithese zum muskulösen Macho-Rock. Die Zeit des Patriarchats im Rock sah Cobain als Sache der Vergangenheit – die einzige Zukunft des Rock’n’Rolls sei weiblich, sagte er, der bekennende Feminist in der Endphase des Spandexhosenrocks einmal.

Die Sache mit dem Patriarchat, so viel kann man wohl sagen, ist auch (und vor allem) im Rap noch nicht hundertprozentig gegessen. Zwar fordern immer mehr Künstler*innen altbackene Rollenbilder und Gendervorstellungen heraus – aber dass gerade einer der erfolgreichsten Rapper der Jetztzeit (und das ist Post Malone nun einmal) bärtig und gesichtstätowiert in Frauenkleidern auftritt, ist auch 2020 noch ein durchaus relevantes Zeichen … und zweifellos auch ein schönes Tribut an den Spirit Cobains.

3. Die Sache mit Travis Barker am Schlagzeug.

Mal ehrlich: Wie viel kann man falsch machen, wenn man Travis Barker am Schlagzeug sitzen hat? Barkers grandioses Duracell-Häschen-Drumming rettete sogar den einen oder anderen Auftritt von Blink 182, wenn Alien-Aficionado Tom DeLonge die richtigen Töne mal wieder um einen Viertelton verpasste. Barker beim Spielen zuzuhören (und zuzusehen!) macht einfach immer Spaß – und das war an diesem Tag nicht anders.

Nirvana: „Reunion“ in Los Angeles mit Dave Grohls Tochter Violet als Sängerin.

4. Die Sache mit dem Geld.

Der Auftritt machte nicht nur Spaß, sondern brachte auch jede Menge Geld für den guten Zweck – genauer gesagt für die Forschung und das Gesundheitssystem – ein. Über 4,6 Millionen Dollar sind bislang gespendet worden. Wer etwas beitragen möchte, kann dies auf der YouTube-Seite des Streams immer noch tun. Das Ziel sind 7,5 Millionen Dollar. Google toppt die ganze Sache noch: Bis zu einer Summe von 5 Millionen gibt es für jeden gespendeten Dollar einen vom Konzern obendrauf.

5. Die Sache mit dem Lob von höchster Stelle.

Für den Auftritt bekam Malone Lob von höchster Stelle – und zwar mehrfach.  Nirvana-Bassist Krist Novoselic zeigte sich auf seiner Twitter-Seite vom Konzert ganz begeistert. „Post Malone and crew are killing it“, kommentierte er – und zeigte sich gerührt. „So stolz auf Post Malone und seine Crew“, schrieb der Musiker später – und merkte in einem weiteren Tweet an: „Ich glaube nicht, dass man noch besser spielen könnte als diese Jungs. Sie sind echt on fire!!!“

Auch Courtney Love zollte auf ihrer Instagram-Seite Post und Band Respekt. „GÄNSEHAUT! FUCK YES!“, so Love. „Gönn dir einen Margarita, @postmalone. Nichts als Liebe von hier“, schrieb die Hole-Chefin und Witwe Cobains weiter – und gratulierte dem Musiker zu den erreichten Spenden.

Fazit.

Post Malone hat mit seinem Nirvana-Tribute definitiv viele Herzen für sich gewonnen, die ihm vorher wohl nicht ohne weiteres zugeflogen wären. Und vielleicht noch wichtiger: Er konnte mit dem Auftritt viele junge Fans für eine Band interessieren, die sie möglicherweise noch gar nicht gekannt hatten – ihn aber sehr wohl. Ein Erfolg – in jeglicher Hinsicht.

So klang der „Teen Spirit“: Die zehn größten Nirvana-Hits

Don't Miss