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Popkultur

Roboterperücke und Mixer-Mikrofon: So war das fulminante Live-Debüt von The Stooges

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The Stooges
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Vor 55 Jahren gaben The Stooges (damals noch unter etwas anderem Namen) ihr Live-Debüt — auf einer Halloween-Party. Wie das war? Wild, psychedelisch und erinnerungswürdig!

 von Markus Brandstetter

The Stooges waren keine Band wie jede andere — und so ist es auch nicht überraschend, dass der erste Auftritt der Wegbereiter des Punk keine brave Konzert-Premiere war. Am 31.10.1967 — also an Halloween — spielte die Gruppe (damals noch mit dem Bandnamen The Psychedelic Stooges) auf einer Hausparty in Ann Arbor im US-Bundesstaat Michigan zum ersten Mal live. Wie sich Gitarrist Ron Asheton einmal erinnerte, riss die Band das sprichwörtliche Dach ab. „Es war anders als alles andere, was ich je erlebt hatte“, erzählte der damals anwesende MC5-Manager  John Sinclair einmal. „Ich weiß nicht, ob 20 Leute da waren. Ich war entsetzt. Ich dachte nur: ‘Mein Gott, die können das bis in die Innenstadt hören.‘“

Iggy im Nachthemd mit Roboterperücke

The Stooges (bestehend aus Iggy Pop, Ron und Scott Asheton sowie Dave Alexander) waren aber nicht nur laut und wild, sondern vor allem experimentierfreudig, mutig, extravagant und einzigartig. Wie speziell der Abend, der im Haus von Scott Richardson von der Band SRC stattfand, war, beschrieb der US-amerikanische Rolling Stone einmal eindrücklich wie folgt: „Iggy saß in einem Nachthemd aus einem Secondhand-Laden und einer Roboterperücke, die er durch das Aufkleben von Folienstreifen auf eine Badekappe kreiert hatte, auf dem Boden und spielte Hawaii-Gitarre, wobei jede Saite auf denselben Ton gestimmt war, bevor er experimentelle Geräusche mit einem Theremin, einem Staubsauger und dem ‘Osterizer’ machte, einem surrenden Mixer, der halb mit Wasser gefüllt war und in den er ein Mikrofon steckte. Die Band schmetterte schwere Drones hinter ihm und sorgte für ein lautes, drogenlastiges, verrücktes Ereignis, das die vielen anwesenden Prominenten aus Michigan nicht so schnell vergessen werden.“

Ron Asheton erinnert sich

„Wir stellten unsere Verstärker so lange auf, bis uns die Sicherungen durchbrannten, also spielten wir vielleicht eine halbe Stunde oder 40 Minuten. Es war unser erster Auftritt in der Öffentlichkeit, auch wenn es eher eine Party-Atmosphäre war. Es war eine Party, aber es war unser erster Job“, erinnert sich Gitarrist Ron Asheton in einem Interview im Jahr 1988, in dem er dem Reporter auch das Haus zeigt.

Dieser Abend sollte nur ein Vorgeschmack darauf werden, was von der Band künftig zu erwarten war — denn vor allem Iggy Pop war schon bald für seine obskuren, aber auch durchaus brutalen Aktionen auf der Bühne berüchtigt (unter anderem schnitt er sich die Brust mit Glasscherben blutig). Für Iggy & Co. ging es schnell aufwärts — schon im Folgejahr wurde die Band von Elektra Records unter Vertrag genommen. Zu diesem Zeitpunkt war aus The Psychedelic Stooges nur noch The Stooges geworden. Ein Jahr später erschien das selbstbetitelte Debütalbum der Band — produziert von Velvet-Underground-Mitglied John Cale. So absurd ihr erstes Livekonzert war, so speziell war die Gruppe zu diesem Zeitpunkt immer noch, erinnert sich Rhinos A&R Jason Jones gegenüber Vinyl Me. „Die Stooges waren kaum eine Band, als sie ihr erstes Album machten. Sie waren eher eine Art industrielles Theater als eine Rockband. Ihr Material bestand aus rückkopplungsgespickten, sich wiederholenden Riffs, die zu ausgedehnten, halluzinatorischen Improvisationen mutierten. Ursprünglich waren sie mehr im Sinne des [Avantgarde-Komponisten und Musiktheoretikers] Harry Partch.“

Ungestüm sollten The Stooges auch später in ihrer Karriere bleiben — aber ihr Debütkonzert geht, genau wie ihre Frühphase, definitiv als ganz spezielle Zeit in die Geschichte ein. Mit dem Proto-Punk hatte ihre Live-Premiere musikalisch nur wenig zu tun, aber sie zeugte von der Kompromisslosigkeit und dem Hang zum Exzessiven, der die Band später zu den Urvätern des Punk machen sollte.

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